Normen
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer Anzeige eines Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. November 1978 wurde der Beschwerdeführer mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien - Bezirkspolizeikommissariat Mariahilf vom 12. März 1979 schuldig erkannt, er habe am 13. November 1978 in der Zeit von 07.00 Uhr bis 11.30 Uhr in Wien VI, Bienengasse vor dem Haus Nr. 4, den dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmten Pkw "in einem transportablen Halteverbot" abgestellt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. wurde über ihn in Anwendung des § 47 VStG 1950 deshalb eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von 3 Tagen) verhängt.
Nachdem diese Strafverfügung infolge rechtzeitig erhobenen Einspruches des Beschwerdeführers außer Kraft getreten und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war, erging das mit 20. Februar 1980 datierte Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien - Bezirkspolizeikommissariat Mariahilf, mit welchem dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, er habe am 13. November 1978 in der Zeit von 07.00 Uhr bis 11.30 Uhr "in Wien 6., vor dem Hause Nr. 4" den dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmten Pkw in einem beschilderten Halteverbot abgestellt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen. Hinsichtlich der verhängten Strafe erfolgte der gleiche Ausspruch wie in der erwähnten Strafverfügung vom 12. März 1979.
Über die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Berufung des Beschwerdeführers entschied die Wiener Landesregierung mit Bescheid vom 23. April 1981, indem das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt wurde. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer bringe vor (Blatt 30), daß nicht er sondern ein gewisser LP, wohnhaft in E, Ungarn, den bewußten Pkw an der angetroffenen Stelle, wo später die transportablen Halteverbotstafeln gestanden wären, aufgestellt habe. Die von ihm genannte Person könne seine vorgebrachte Darstellung bestätigen. Die belangte Behörde habe den vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Herrn P mit internationalem Rückscheinbrief um Auskunft ersucht. Der gegebenen Auskunft zufolge habe sich dieser zwar damals in Wien aufgehalten, aber kein Fahrzeug zum Lenken erhalten, weil er weder mit einem Pkw fahren könne noch dazu berechtigt sei. Somit gehe nicht nur der Einwand des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner bestrittenen Lenkereigenschaft ins Leere, sondern auch alle jene Einwände hinsichtlich etwaiger nicht getroffener Feststellungen bezüglich der ordnungsgemäßen Kundmachung des Halteverbotes, da diese Ergebnisse eindeutig aus dem Akt (bereits aus Blatt 1) zu ersehen seien. Dem Beschwerdeführer sei im Verfahren mehrmals Gelegenheit geboten worden, Akteneinsicht zu erhalten. Wenn von diesem Recht trotz der langen verstrichenen Zeit nicht Gebrauch gemacht worden sei, so könne dies kein Hindernis für den Abschluß des Strafverfahrens bilden. Die belangte Behörde sehe daher den inkriminierten Tatbestand als erwiesen an, da nach der Aktenlage nur der Beschwerdeführer als Täter in Frage komme, wobei sein Vorbringen nur als eine zur Abwendung der Strafe vorgebrachte Reihe von Behauptungen zu werten sei, die nicht verifiziert werden könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides entgegen der Vorschrift des § 44 a lit. a VStG 1950 die als erwiesen angenommene Tat nicht enthalte; gemeint, sei damit, daß der Spruch des Bescheides die in der Deliktsnorm des § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 umschriebenen Tatbestandsmerkmale überhaupt nicht anführe, nicht konkretisiere und individualisiere. Die Individualisierung und Konkretisierung der Tat dürfe nicht allein durch die Bescheidbegründung vorgenommen werden. Der Spruch des angefochtenen Bescheides enthalte auch entgegen der Vorschrift des § 44 a lit. c VStG 1950 keine Strafnorm. Dem ist jedoch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem mit seinem Erkenntnis vom 30. Oktober 1981, Zl. 81/02/0207) entgegenzuhalten, wonach die von der belangten Behörde gehandhabte Vorgangsweise, den Spruch ihres Berufungsbescheides so zu fassen, wie dies bereits wiedergegeben wurde, durchaus dem Gesetz entspricht und auf welche, um Wiederholungen zu vermeiden, ausdrücklich hingewiesen wird. In den Fällen, in denen - wie im vorliegenden - der Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz vollinhaltlich übernommen wurde, ist eine neuerliche Anführung der rechtserheblichen Tatbestandsmerkmale, zu denen auch die Tatzeit und der Tatort gehören, entbehrlich. Diese Rechtsansicht kommt auch in den in der Beschwerde angeführten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1981 (nicht: 1980), Zl. 3014/80, vom 27. Juni 1980, Zl. 3056/79, vom 9. Mai 1980, Zl. 1765/78, vom 26. (nicht: 23.) Juni 1974, Zl. 1925/73, und vom 18. September 1973, Zlen. 269, 271/72, zum Ausdruck. Anders verhält es sich, wenn die Berufungsbehörde eine Änderung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses vornimmt.
Der Beschwerdeführer ist aber insofern im Recht, als der Spruch des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wien - Bezirkspolizeikommissariat Mariahilf vom 20. Februar 1980, der durch den Spruch des angefochtenen Bescheides keine Änderung erfahren hat und damit Bestandteil dieses Bescheides geworden ist, keinen hinreichenden Tatort ausweist. Die Angabe, daß die Tat "in Wien 6., vor dem Hause Nr. 4" begangen worden sei, kann ohne genauere Bezeichnung der betreffenden Straße zur Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 nicht genügen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß diese Bezeichnung (Bienengasse) offenkundig nur aus Versehen unterblieben ist.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift demgegenüber vorbringt, "daß aber aus der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides der Tatort hervorgeht, sowie aus dem sonstigen Akteninhalt, den zur Kenntnis zu nehmen der Beschwerdeführer Gelegenheit hatte", so ist ihr zu entgegnen, daß diese Umstände nicht geeignet sind, die Verpflichtung der Behörde zur Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch eines Straferkenntnisses entbehrlich zu machen oder dieses zwingende Erfordernis zu ersetzen. Auch mit dem Einwand der belangten Behörde, es könne im Beschwerdefall keine Rede davon sein, "daß die Individualisierung und Konkretisierung der Tat allein in der Bescheidbegründung vorgenommen wurde", weil "sämtliche Tatbestandsmerkmale und die wesentlichen Sachverhaltsbestandteile mit Ausnahme eben der Straße, in der der Tatort lag, im Spruch angeführt werden", ist für ihren Standpunkt nichts gewonnen, weil im Hinblick auf die Notwendigkeit entsprechender Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat sämtliche Tatbestandsmerkmale einschließlich der eindeutigen Anführung des Tatortes im Spruch aufzuscheinen haben und auch eines dieser Tatbestandsmerkmale "nicht allein" in der Bescheidbegründung gefunden werden darf. Dazu kommt, daß selbst der Begründung des angefochtenen Bescheides der Tatort nicht entnommen werden kann.
Da die belangte Behörde somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, war dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevor-bringen einzugehen gewesen wäre.
Soweit nichtveröffentlichte Erkenntnisse zitiert wurden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 11. Dezember 1981
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