VfGH B1156/2012

VfGHB1156/201223.6.2014

Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Anlassfall

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1. Mit Bescheid verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Perg den Beschwerdeführer, sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß §65 Abs1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) zu unterziehen und an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken. Für den Fall des Nichterscheinens ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wies sie auf die Möglichkeit der zwangsweisen Vorführung hin. Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe notwendig erscheine, ergebe sich im konkreten Fall daraus, dass der Verdacht auf versuchten Einbruch in mehrere Objekte bestehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsgrundlage zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung überschießend und mit Art8 EMRK nicht vereinbar sei.

3. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §65 Abs1 SPG ein. Mit Erkenntnis vom 23. Juni 2014, G90/2013, hob er §65 Abs1 SPG als verfassungswidrig auf.

4. Die Beschwerde ist begründet.

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht auszuschließen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zBVfSlg 10.404/1985).

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von € 220,– enthalten.

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