VfGH B1263/2012

VfGHB1263/201217.6.2013

Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Anlassfall

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungsbestimmungen in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Die Österreichische Postbus Aktiengesellschaft ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 2.620,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist ein der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft zugewiesener Bundesbeamter und verrichtet seinen Dienst als im gewerblichen Personenverkehr eingesetzter Buslenker. Er absolvierte am 30. März und am 12. Mai 2012 Weiterbildungsmaßnahmen gemäß der Grundqualifikations- und Weiterbildungsverordnung — Berufskraftfahrer — GWB, BGBl II 139/2008, und erhielt für die auf die Teilnahme entfallenden Dienstzeiten einen Pauschalbetrag in der Höhe von jeweils € 63,– gemäß §1 Abs6 der Postbus — Weiterbildungsverordnung, BGBl II 450/2011.

2. Mit dem vorliegenden Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 27. August 2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Feststellung, dass "die auf die Weiterbildungsmaßnahmen entfallenden Zeiten als Dienstzeit abgegolten werden", abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wird im Wesentlichen ausgeführt, dass weder das Kraftfahrliniengesetz noch die GWB – sowohl für Angestellte als auch für Beamte – eine Aussage darüber träfen, ob die Zeit der Bildungsmaßnahme als Arbeitszeit abzugelten sei. Die dienstrechtlichen Folgen der Teilnahme an entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen würden ausschließlich in der Postbus — Weiterbildungsverordnung geregelt; darin sei u.a. festgelegt, dass die Teilnahme an angeordneten Weiterbildungsmaßnahmen für die beamteten Omnibuslenker eine Dienstpflicht darstelle, dass für die auf den Besuch der Weiterbildungsmaßnahme entfallende Dienstzeit kein Gehalt gebühre und dass dem Beamten stattdessen ein Pauschalbetrag in Höhe von € 63,– zustehe. Es bestehe sohin keine Rechtsgrundlage für eine über diesen Pauschalbetrag "hinausgehende Abgeltung der auf die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen entfallenden Dienstzeit".

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die – auf Art144 B-VG gestützte – Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung (§1 Abs6 Postbus — Weiterbildungsverordnung) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird. Zur Gesetzwidrigkeit des §1 Abs6 Postbus — Weiterbildungsverordnung wird u.a. vorgebracht, dass er ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden sei; es fehle im Lichte des §17a Abs3 Z1 Poststrukturgesetz die Ermächtigung in den Dienstrechtsgesetzen, den Bezug eines Beamten durch Verordnung zu schmälern und die auf eine Weiterbildungsmaßnahme entfallende Dienstzeit nicht mit dem üblichen Bezug abzugelten.

4. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B‑VG von Amts wegen mit Beschluss vom 4. März 2013 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Abs5 und 6 des §1 der Postbus — Weiterbildungsverordnung ein. Mit Erkenntnis vom 17. Juni 2013, V29/2013, hob er die soeben genannten Bestimmungen als gesetzwidrig auf.

II. Erwägungen

1. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat gesetzwidrige Verordnungsbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,– enthalten.

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