VfGH B1492/12

VfGHB1492/1216.1.2013

VfGG §85 Abs2 / Begründung des Antrages
VfGG §85 Abs2 / Energierecht
VfGG §85 Abs2 / Begründung des Antrages
VfGG §85 Abs2 / Energierecht

 

Spruch:

Dem in der Beschwerdesache 1. der Agrargemeinschaft P, ..., 2. des G A, ..., 3. des J E, ...,

  1. 4. des Ing. J H, ..., 5. des Ing. K H, ..., 6. der H H, ...,
  2. 7. des W K, ..., 8. der N M, ..., 9. des P M, ..., 10. des

G P, ..., 11. des N P, ..., 12. der M P-P, ..., 13. des F S, ..., 14. der S W, ..., 15. des Mag. K R S, ..., 16. des E W, ..., 17. der K W, ..., 18. des F Z, ..., 19. der F C Z, ..., alle vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W W N und Dr. T K, ..., gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 19. Oktober 2012, Z ..., gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG keine Folge gegeben.

Begründung

Begründung

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid erteilte die belangte Behörde der beteiligten Partei die starkstromwegerechtliche Bau- und Betriebsbewilligung für den Neubau der "110 kV-Freileitung Vorchdorf - Steinfelden - Kirchdorf" sowie für den Neubau des Umspannwerkes Steinfelden und die Erweiterung des Umspannwerkes Kirchdorf und stellte fest, dass die genannte Freileitung dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung mit Energie entspreche.

2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde begehren die Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und begründen dies wie folgt:

Zwingende öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Ein das Projekt rechtfertigender zusätzlicher Energiebedarf sei nach den Projektunterlagen und dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden technischen Bericht "frühestens 2017 - 2020" gegeben. Ein Vollzugsaufschub habe somit keinerlei reale Auswirkungen auf das öffentliche Energieversorgungsinteresse.

Demgegenüber entstünde den Beschwerdeführern im Fall, dass der Beschwerde eine aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt und die Genehmigung konsumiert wird, ein unverhältnismäßiger Nachteil. Es träten "irreversible Eingriffe in das Natur- und Landschaftsbild, großflächige Vernichtung von bis zu 100-jährigem Hochwaldbestand im Bereich der 40 Meter breiten Trasse, verbunden mit jahrzehntelangen Nebenwirkungen in sensiblen benachbarten Waldbeständen" ein, die "nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bzw. erst nach Generationen [...] allmählich korrigiert werden könnten".

3. Die belangte Behörde bringt vor, dem Aufschub des Vollzugs des angefochtenen Bescheides stünden zwingende öffentliche Interessen entgegen: Dies ergebe sich schon daraus, dass eine 2-seitige Anspeisung näher genannter Umspannwerke bereits jetzt erforderlich sei, um die Versorgung zahlreicher Haushalte und Betriebe mit elektrischer Energie auch im Falle einer Leistungsunterbrechung gewährleisten zu können. Zudem hätten die im Bewilligungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen für Elektrotechnik und Energiewirtschaft darauf hingewiesen, dass (erst) durch die Realisierung der Freileitung das vom Stand der Technik zur Gewährleistung eines störungsfreien Betriebes des Netzes geforderte (n-1)-Kriterium erfüllt werde. Ein Zuwarten mit der Projektumsetzung bis zum Erreichen der versorgungsmäßigen Kapazitätsgrenzen sei nicht im Interesse einer sicheren Elektrizitätsversorgung gelegen.

Zudem hätten die Beschwerdeführer dem Gebot, die behaupteten unverhältnismäßigen Nachteile zu konkretisieren, nicht entsprochen und sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführer für die Eingriffe in ihr Eigentum entsprechende Entschädigungen erhielten. Schließlich weist die belangte Behörde darauf hin, dass ohnehin die Projektwerberin die Folgen einer mit Obsiegen der Beschwerdeführer eingetretenen Konsenslosigkeit des Baues zu tragen hätte.

Auch die beteiligte Partei E AG OÖ N GmbH erstattete einer Stellungnahme, in der sie unter Verweis auf die Netzzuverlässigkeit und Versorgungssicherheit die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

4. Gemäß §85 Abs2 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof über Antrag des Beschwerdeführers der Beschwerde mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verfassungsgerichtshof kann es dahingestellt sein lassen, ob, wie die belangte Behörde darlegt, zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen. Den Beschwerdeführern ist es jedenfalls nicht gelungen, im Rahmen der ihnen obliegenden Darlegungs- und Konkretisierungspflicht darzutun, dass mit der Ausübung der Berechtigung durch die beteiligte Partei für die Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist. Wenn die Beschwerdeführer ohne nähere Begründung behaupten, bei Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid verliehenen Berechtigung würden ihr unverhältnismäßige Nachteile entstehen, weil "irreversible Eingriffe in das Natur- und Landschaftsbild, großflächige Vernichtung von bis zu 100-jährigem Hochwaldbestand im Bereich der 40 Meter breiten Trasse, verbunden mit jahrzehntelangen Nebenwirkungen in sensiblen benachbarten Waldbeständen" einträten, die "nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bzw. erst nach Generationen [...] allmählich korrigiert werden könnten", übersehen sie, dass solche Beeinträchtigungen bereits Gegenstand des behördlichen Verfahrens einschließlich der dort vorgesehenen Interessenabwägung und der angefochtenen Entscheidung waren. Um unverhältnismäßige Nachteile iSd §85 Abs2 VfGG darzutun, müssten die Beschwerdeführer über die dort getroffenen Abwägungen hinausgehende, entsprechend konkretisierte Argumente darlegen (vgl. VfGH, 23.2.2007, B149/07-7; 11.5.2007, B743/07-2; 18.6.2008, B909/08-6). Solche Argumente bringen die Beschwerdeführer aber nicht vor.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die durch den angefochtenen Bescheid berechtigte Projektwerberin allein das mit der sofortigen Ausübung der Baumaßnahmen verbundene Risiko verlorener Aufwendungen und sonstiger Nachteile für den Fall des späteren Obsiegens der Beschwerdeführer trägt.

Dem Antrag ist daher keine Folge zu geben.

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