Normen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
AbfallwirtschaftsG 2002 §2
Tir AbfallwirtschaftsG §2
B-VG Art137 / sonstige Klagen
AbfallwirtschaftsG 2002 §2
Tir AbfallwirtschaftsG §2
Spruch:
Die Klage wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Klagebegehren
1. In ihrer auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund begehrt die klagende Partei aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Juni 2009, 2007/07/0014-7, (unter genauer Aufschlüsselung der Zusammensetzung der geltend gemachten Beträge) die Fällung eines Erkenntnisses wie folgt:
"Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei den Betrag von € 2.561,80 samt 6 % Zinsens seit Klagseinbringung zu bezahlen sowie die Kosten dieses Rechtsstreites zu ersetzen; dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."
2. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lag dabei folgender Sachverhalt zu Grunde:
2.1. Die klagende Partei war im Zeitraum März 2005 bis August 2005 Geschäftsführer der A GmbH Nfg Co KG, eines Abfallwirtschaftsunternehmens, welches von der REWE-Gruppe beauftragt worden war, die Abfälle näher bestimmter Supermärkte in Tirol einer Entsorgung (soweit möglich einer stofflichen oder thermischen Verwertung) zuzuführen. Im gegenständlichen Zeitraum wurden die angefallenen Abfälle der Penny-Markt- und Billa-Filialen in Kirchberg i.T., Westendorf, Brixen, Kössen und Fieberbrunn vom genannten Abfallunternehmen zur thermischen Verwertung an eine Deponie in Oberösterreich geliefert.
Nach Strafanzeige durch die Deponie "Wörgl Riederberg" wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 19. Oktober 2005 die klagende Partei zu einer Geldstrafe in Höhe von € 600,- verurteilt. Begründend führt die Behörde aus, dass die klagende Partei gegen §27 Abs1 lita Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. 44/2003, (im Folgenden: TAWG) iVm §§7 litf und 8 lite der Verordnung vom 1. Dezember 1992, mit der ein Abfallwirtschaftskonzept erlassen wird (Tiroler Abfallwirtschaftskonzept), LGBl. 51/2004, verstoßen habe, indem sie nicht verwertbare "hausmüllähnliche Gewerbeabfälle" der Penny-Markt- und Billa-Filialen in Kirchberg i.T., Westendorf, Brixen, Kössen und Fieberbrunn nicht zu der für diesen Einzugsbereich festgelegten öffentlichen Deponie "Wörgl Riederberg" verbracht habe.
In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Tirol (im Folgenden: UVS Tirol) brachte die klagende Partei im Wesentlichen vor, dass der von ihrem Unternehmen gesammelte Abfall weder als Hausmüll noch als hausmüllähnlicher Abfall und damit auch nicht als Siedlungsabfall zu bezeichnen gewesen sei. Vielmehr habe es sich dabei um betriebliche Abfälle iSd §2 Abs3 TAWG gehandelt, die nicht der Andienungspflicht gemäß §10 TAWG unterlägen.
2.2. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2006 wies der UVS Tirol die Berufung - unter Modifizierung des Spruches - als unbegründet ab. Der UVS Tirol ging in der Begründung seiner Entscheidung davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Abfällen - den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zufolge - um "hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (verpackte überlagerte Lebensmittel)" gehandelt habe, der als "Siedlungsabfall" iSd §2 Abs1 TAWG anzusehen sei.
In der gegen die Entscheidung des UVS Tirol erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof rügte die klagende Partei die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und regte weiters die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gemäß Art234 EG an. Begründend brachte die klagende Partei u.a. vor, dass durch die grobe Verkennung der maßgeblichen Rechtslage durch den UVS Tirol bei der Zuordnung der gegenständlichen Abfälle gegen die Vorgaben des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I 102/2002 idF BGBl. I 181/2004, (im Folgenden: AWG 2002) verstoßen worden sei sowie die Vorgaben des Europäischen Abfallverzeichnisses (Entscheidung der Kommission vom 3. Mai 2000 zur Ersetzung der Entscheidung 94/3/EG über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 75/442/EWG des Rates über Abfälle und der Entscheidung 94/904/EG des Rates über ein Verzeichnis gefährlicher Abfälle im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle [2000/532/EG], ABI. L 226 vom 6.9.2000, S. 3), die österreichische Abfallverzeichnisverordnung (Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über ein Abfallverzeichnis, BGBl. II 570/2003; im Folgenden: AVV) und die ÖNORM S2100 nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Wären die in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Europäischen Abfallverzeichnisses maßgeblichen Zuordnungsvorschriften der AVV bzw. der ÖNORM S2100 angewendet worden, hätte dies - bei richtiger rechtlicher Beurteilung - jedenfalls zur Qualifizierung der gegenständlichen Abfälle als "betriebliche Abfälle" führen müssen.
2.3. Mit Erkenntnis vom 25. Juni 2009 wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der klagenden Partei als unbegründet ab und begründet seine Entscheidung hinsichtlich der Zuordnung der gegenständlichen Abfälle im Wesentlichen folgendermaßen:
"§2 Abs1 TAWG [in der vom Verwaltungsgerichthof im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung] lautete:
'Begriffsbestimmungen
(1) Hausmüll sind alle nicht gefährlichen Siedlungsabfälle im Sinne des §2 Abs4 Z. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002.
[...]
(3) Betriebliche Abfälle sind alle diesem Gesetz unterliegenden Abfälle mit Ausnahme des Hausmülls.'
§2 Abs4 Z2 AWG 2002 lautet:
'Begriffsbestimmungen
§2. [...]
(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
[...]
2. 'Siedlungsabfälle' Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind; bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Art1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABI. Nr. L 194 vom 25.7.1975 S 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG , ABI. Nr. L 78 vom 26.3.1991 S 32, und die Entscheidung 96/350/EG, ABI. Nr. L 135 vom 6.6.1996 S 32, zu berücksichtigen.
[...]
Aus der Definition der Siedlungsabfälle im §2 Abs4 Z2 AWG 2002 ergibt sich zunächst, dass auch Abfälle, die nicht aus privaten Haushalten, sondern etwa aus Gewerbebetrieben stammen, Siedlungsabfälle sein können. Der Gesetzgeber stellt ausschließlich auf die Zusammensetzung der Abfälle ab. Ob diese Abfälle in Haushaltsmengen anfallen oder nicht, ist für die Zuordnung zur Kategorie der Siedlungsabfälle irrelevant.
Hinsichtlich der Zuordnung von Abfällen verweist §2 Abs4 Z2 AWG 2002 auf das Europäische Abfallverzeichnis, nicht aber auf die Ö-Norm S 2100 oder die Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003 (AVV). Das Beschwerdevorbringen, das sich auf die Ö-Norm S 2100 und die AVV stützt, geht daher von vornherein ins Leere.
Die verfahrensgegenständlichen Abfälle sind den Siedlungsabfällen zuzuordnen. Das ergibt sich schon aus der Überlegung, dass es sich bei Lebensmittelabfällen - wie dies überlagerte verpackte Lebensmittel sind - um Abfälle handelt, wie sie typischerweise auch in Haushalten anfallen und daher als Siedlungsabfälle einzustufen sind.
Ein Blick auf das Europäische Abfallverzeichnis bestätigt dieses Ergebnis.
Kapitel 15 und 20 des Abfallverzeichnisses lauten:
'15 VERPACKUNGSABFALL, AUFSAUGMASSEN, WISCHTÜCHER, FILTERMATERIALIEN UND SCHUTZKLEIDUNG (a. n. g.)
15 01 Verpackungen (einschließlich getrennt gesammelter kommunaler Verpackungsabfälle)
15 01 01 Verpackungen aus Papier und Pappe
15 01 02 Verpackungen aus Kunststoff
15 01 03 Verpackungen aus Holz
15 01 04 Verpackungen aus Metall
15 01 05 Verbundverpackungen
15 01 06 gemischte Verpackungen
15 01 07 Verpackungen aus Glas
15 01 09 Verpackungen aus Textilien
15 01 10* Verpackungen, die Rückstände gefährlicher Stoffe enthalten oder durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind
15 01 11* Verpackungen aus Metall, die eine gefährliche feste poröse Matrix (z.B. Asbest) enthalten, einschließlich geleerter Druckbehältnisse
15 02 Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung
15 02 02* Aufsaug- und Filtermaterialien (einschließlich Ölfilter a. n. g.), Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind
15 02 03 Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung mit Ausnahme derjenigen, die unter 15 02 02 fallen
...
20 SIEDLUNGSABFÄLLE (HAUSHALTSABFÄLLE UND ÄHNLICHE
GEWERBLICHE UND INDUSTRIELLE ABFÄLLE SOWIE ABFÄLLE AUS
EINRICHTUNGEN), EINSCHLIESSLICH GETRENNT GESAMMELTER FRAKTIONEN
20 01 Getrennt gesammelte Fraktionen (außer 15 01) 20 01 01 Papier und Pappe/Karton
20 01 02 Glas
[...]
20 01 08 biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle
20 01 25 Speiseöle und -fette
[...]
20 01 39 Kunststoffe
[...]
20 01 99 sonstige Fraktionen a. n. g.
[...]
20 03 Andere Siedlungsabfälle
20 03 01 gemischte Siedlungsabfälle
[...]'
Dass eine Zuordnung der Abfälle zum Kapitel 15 des Abfallverzeichnisses nicht in Frage kommt, ist offensichtlich, da es sich nicht um (bloßen) Verpackungsabfall handelt, sondern um verpackte überlagerte Lebensmittel.
Aus dem angefochtenen Bescheid und dem Akt ergibt sich, dass sich die verpackten überlagerten Lebensmittel aus Stoffen zusammensetzen, die im Kapitel 20 des Abfallverzeichnisses angeführt sind (z.B. Glas, Pappe/Karton, Speiseöle und -fette, Kunststoffe) oder solchen Stoffen ähnlich sind (z.B. Wurstwaren, die den biologisch abbaubaren Küchen- und Kantinenabfällen vergleichbar sind).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, 2005/07/0135, ausgesprochen hat, ist dann, wenn ein zu beurteilender Abfall aus Stoffen besteht, die einem oder mehreren Abfallcodes des Kapitels (Gruppe) 20 (z.B. 20 01 01, 20 01 08 und 20 01 39) des Europäischen Abfallverzeichnisses zuzuordnen sind, dieser Abfall als Siedlungsabfall anzusehen. Der Umstand, dass diese Stoffe nicht getrennt gesammelt wurden, hindert nur ihre Zuordnung zu den genannten Abfallcodes, ändert aber nichts an der Einstufung dieser Stoffe als Siedlungsabfälle. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stoffe, die bei getrennter Sammlung als Siedlungsabfälle anzusehen sind, bei Vereinigung zu einem Abfallgemisch diese Eigenschaft nicht mehr aufweisen sollten. Ein solches Gemisch ist auch unschwer dem Abfallcode 20 03 01 ('gemischte Siedlungsabfälle') zuzuordnen.
Daraus folgt, dass keine Bedenken dagegen bestehen, die gegenständlichen Abfälle der Kategorie Siedlungsabfall zuzuordnen. Somit handelt es sich um Hausmüll im Sinne des §2 Abs1 TAWG.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß §42 Abs1 VwGG abzuweisen war."
3. In der vorliegenden Klage vom 14. April 2010 bringt die klagende Partei zur Begründung des Staatshaftungsanspruches im Wesentlichen vor, der Verwaltungsgerichtshof habe mit seiner Entscheidung offenkundig gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, indem er die für die Abfallzuordnung maßgeblichen Vorgaben der AVV und der ÖNORM S2100 unter Verstoß gegen die maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht angewendet und daher die Beschwerde der klagenden Partei zu Unrecht abgewiesen habe. Sie führt aus, dass der Verwaltungsgerichthof zu Unrecht ausschließlich das Europäische Abfallverzeichnis und damit unmittelbar Gemeinschaftsrecht für die Abfallzuordnung herangezogen habe, obwohl dieses in gemeinschaftsrechtlich gebotener Weise durch die AVV und die ÖNORM S2100 in die österreichische Rechtsordnung umgesetzt worden sei. Die Umsetzung des Europäischen Abfallverzeichnisses durch diese beiden Regelwerke schließe jedenfalls eine unmittelbare Anwendung des Europäischen Abfallverzeichnisses aus. Der Verwaltungsgerichtshof habe durch die von ihm getroffene Feststellung, dass die AVV sowie die ÖNORM S2100 nicht für die Zuordnung der gegenständlichen Abfälle heranzuziehen seien, gemeinschaftsrechtliche Umsetzungs- und Anwendungspflichten missachtet und dadurch ein "judikatives Umsetzungsdefizit" geschaffen. Der klagenden Partei sei aus diesem höchstgerichtlichen Unrecht bis zur Einbringung der Staatshaftungsklage ein Gesamtschaden in der Höhe von € 2.561,80 entstanden.
4. Die beklagte Partei, der Bund, erstattete, vertreten durch den Bundeskanzler, eine Gegenschrift, in der er das Klagsvorbringen zur Gänze bestreitet sowie die Zurückweisung der Klage beantragt. Begründend führt die beklagte Partei aus, dass der vom Kläger behauptete Staatshaftungsanspruch schon deswegen nicht zu Recht bestehe, weil der Verwaltungsgerichtshof mit der Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid des UVS Tirol keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts verletzt habe. Der Verwaltungsgerichtshof gehe vertretbar davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Abfällen um Siedlungsabfälle bzw. Hausmüll nach dem TAWG handle. Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführe, werde der Siedlungsabfallbegriff entgegen dem Klagsvorbringen nicht durch die AVV und die ÖNORM S2100 konkretisiert. Vielmehr verweise die Begriffsbestimmung des §2 Abs1 TAWG auf die Begriffsbestimmung des §2 Abs4 Z2 AWG 2002, nach welcher bei der Zuordnung von "Siedlungsabfällen" das Europäische Abfallverzeichnis zu berücksichtigen sei. Der Begriff des Siedlungsabfalls nach dem AWG 2002 decke sich somit mit dem des europäischen Abfallrechts. Die AVV, die aus kompetenzrechtlichen Gründen grundsätzlich auf den Vollzugsbereich des Bundes beschränkt sei, sei von dieser Verweiskette nicht umfasst. Die Anwendung des Europäischen Abfallverzeichnisses ergebe sich somit aus einer Verweiskette innerstaatlicher Vorschriften. In der Nichtanwendung der AVV durch den Verwaltungsgerichtshof könne jedenfalls keine hinreichend qualifizierte Gemeinschaftsrechtswidrigkeit erkannt werden.
5. In der Replik zur Gegenschrift brachte die klagende Partei bezüglich der Anwendbarkeit der AVV und ÖNORM S2100 ergänzend wörtlich vor:
"Das AWG legt fest, was Abfall ist. Die AVV legt fest, welcher Abfallart ein Abfall zuzuordnen ist.
Wenn also die Abfalleigenschaft einer Sache feststeht, hat der Abfallbesitzer festzulegen, welcher Abfallart dieser Abfall zuzuordnen ist. Dies geschieht in Österreich nach der geltenden AVV. Jede andere Vorgangsweise und hier insbesondere die vom Verwaltungsgerichtshof eingeschlagene ist als offenkundiger Verstoß gegen Unionsrecht grob unionsrechtswidrig, und damit den von mir eingeklagten Staatshaftungsanspruch begründend, zu werten."
II. Die Klage ist aus folgenden Gründen nicht zulässig:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinen Entscheidungen zu A4/10 (VfGH 2.5.2011, A4/10) und A13/10 (VfGH 29.6.2011, A13/10) seine Judikatur bestätigt, dass es nicht seine Aufgabe sei, in einem Staatshaftungsverfahren wie dem hier vorliegenden - ähnlich einem Rechtsmittelgericht - die Richtigkeit der Entscheidungen anderer Höchstgerichte zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof ist nur zur Beurteilung berufen, ob ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. u.a. EuGH 30.9.2003, Rs C-224/01 , Köbler gg. Republik Österreich) vorliegt (vgl. VfSlg. 17.214/2004, 17.095/2003). Wie sich aus dieser Rechtsprechung ergibt, hat der Verfassungsgerichtshof seine Zuständigkeit gemäß Art137 B-VG auf jene Fälle beschränkt, aus denen sich ein Staatshaftungsanspruch unmittelbar aufgrund des Unionsrechts ergibt. Soweit ein Schadenersatzanspruch nach den österreichischen Vorschriften über das Amtshaftungsrecht begründet wird, ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben (vgl. VfSlg. 16.107/2001).
2. Wie der Verfassungsgerichtshof in den eingangs genannten Entscheidungen bereits ausgesprochen hat, ist eine auf den Titel der Staatshaftung gestützte Klage unter anderem nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht (nunmehr das Unionsrecht) geltend gemacht wird, der iS der Rechtsprechung des EuGH offenkundig ist. Wie der EuGH in der Rechtssache Köbler (EuGH, Köbler, Rz 51 ff.) festhält, liegt ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht durch ein nationales letztinstanzliches Gericht unter Berücksichtigung der Besonderheit der richterlichen Funktion und der berechtigten Belange der Rechtssicherheit insbesondere dann vor, wenn gegen eine klare und präzise Vorschrift verstoßen oder eine einschlägige Rechtsprechung des EuGH offenkundig verkannt wird.
Der Kläger im Staatshaftungsverfahren hat daher begründet darzulegen, dass eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist. Der behauptete Verstoß muss also der Art nach möglich sein. Lässt eine Klage dies jedoch vermissen oder werden lediglich Auslegungsfragen aufgeworfen, so wird dadurch dieser Anforderung nicht Genüge getan. Eine solche Klage ist unzulässig.
3. Die klagende Partei behauptet nun zwar einen die Staatshaftung auslösenden Verstoß gegen das Unionsrecht durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 2009, 2007/07/0014, es ist aus ihrer Begründung aber nicht nachvollziehbar, worin ein solcher Verstoß gegen Unionsrecht gelegen sein soll. Das Abfallwirtschaftsrecht ist eine zwischen Bund und Ländern geteilte Kompetenzmaterie, abfallwirtschaftliche Regelungen im Bereich der Siedlungsabfälle fallen in die Zuständigkeit der Länder; daher ist das TAWG anzuwenden. Dieses verweist in seinem §2 Abs1 - in Umsetzung von Unionsrecht - auf die Begriffsbestimmungen des AWG 2002, welches in seinem §2 Abs4 wiederum auf das durch die Kommission festgesetzte Europäische Abfallverzeichnis verweist. Ein offenkundiger Verstoß gegen Unionsrecht ist von vornherein nicht erkennbar, da der kompetenzrechtlich zuständige Gesetzgeber, nämlich das Land Tirol, das Unionsrecht mittels Verweisung, die zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Europäischen Abfallverzeichnisses führt, umgesetzt hat.
III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die Klage ist daher zurückzuweisen.
2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
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