Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Österreichische Apothekerkammer ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-
bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des
Disziplinarberufungssenates der Österreichischen Apothekerkammer beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen vom 12. Oktober 2006 wurde der Beschwerdeführer, ein Apotheker, des Disziplinarvergehens gemäß §39 Abs1 Z1 des Bundesgesetzes über die österreichische Apothekerkammer (Apothekerkammergesetz 2001, im Weiteren: ApkG), BGBl. I 111 in der damals geltenden Fassung BGBl. I 41/2004, für schuldig erkannt; über den Beschwerdeführer wurde gemäß §41 Abs1 Z1 ApkG die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises ausgesprochen und er wurde zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.
2. Dem Beschwerdeführer wird angelastet, durch Verfassung eines in der Ausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" vom 13. Jänner 2004 veröffentlichten Leserbriefes ein Verhalten gesetzt zu haben, das gemäß §39 Abs1 Z1 ApkG die Ehre oder das Ansehen der Apothekerschaft beeinträchtigt.
2.1. Der inkriminierte Leserbrief hat (in der veröffentlichten Fassung) folgenden Wortlaut:
"Überhöht
Obwohl die im ASVG gesetzlich festgelegte Rezeptgebühr heuer 4,35 Euro beträgt, wurden in den Apotheken seit Jahresbeginn Selbstbehalte für kassenfreie Medikamente von bis zu 5,60 Euro eingehoben.
Zur Verteidigung der Apotheker sei gesagt, dass diese von der Apothekerkammer massiv dazu gedrängt wurden, die überhöhten Rezeptgebühren aufgrund einer fadenscheinigen Änderung des Gesamtvertrages mit dem Hauptverband zu kassieren.
Da aber dabei die gesetzeswidrig eingenommenen Gelder ausschließlich auf den Konten der Apothekenbesitzer gelandet sind, wurde das Ansehen des Berufsstandes der Apotheker stark beeinträchtigt.
Der Apothekerkammer wäre zu empfehlen, personelle Änderungen vorzunehmen und die geschätzte Summe der ungesetzlichen Einnahmen von ca. 300.000,- Euro an anerkannte Hilfsorganisationen wie Friedensdorf Austria oder Ärzte ohne Grenzen etc. zu spenden.
Mag.pharm. Dr. N. H., Linz."
Unstrittig ist, dass dieser veröffentlichte Text im Wesentlichen dem Originalwortlaut des Leserbriefes entspricht.
2.2. Der Disziplinarberufungssenat, die nunmehr belangte Behörde, führte aus, dass es im Hinblick auf den disziplinarrechtlichen Vorwurf des Verstoßes gegen §39 Abs1 Z1 ApkG darauf ankomme, welchen Eindruck der "unbefangene und unbeteiligte Leser" über den Inhalt des Leserbriefes gewinnen konnte und musste.
Wörtlich heißt es (Hervorhebung im Original):
"Bei einer objektiven Betrachtung des Leserbriefes ist jedenfalls ein massiver Vorwurf gegen die gesamte Apothekerschaft herauszulesen. Es kann dabei dem Leser der Oberösterreichischen Nachrichten nicht zugemutet werden, streng zwischen der Apothekerkammer einerseits und dem Stand der österreichischen Apotheker andererseits zu unterscheiden. Insbesondere die Diktion 'massiv gedrängt', 'gesetzwidrig eingenommene Gelder' sowie 'fadenscheinige Änderung des Gesamtvertrages' stellt einen erheblichen, nicht nur moralischen, sondern auch rechtlichen Vorwurf dar. Zwar ist dem Disziplinarbeschuldigten zuzustimmen, dass er im ersten Halbsatz des zweiten Absatzes ein Vorbringen 'zur Verteidigung der Apotheker' erstattet. Auch dies kann aber am Gesamteindruck des Artikels nichts Wesentliches ändern. Dazu ist auch zu betonen, dass der Disziplinarbeschuldigte im dritten Absatz noch einmal unterstreicht, dass die gesetzeswidrig eingenommenen Gelder ausschließlich au[f] den Konten der Apothekenbesitzer gelandet seien. Mit diesem Satz gab der Disziplinarbeschuldigte die im Verfahren immer wieder vorgebrachte strenge Trennung zwischen der von ihm kritisierten Apothekerkammer einerseits und den Apothekern andererseits selbst auf und erhob damit sinngemäß - zumindest in den Augen eines unbeteiligten Lesers - einen Vorwurf gegen die gesamte Apothekerschaft in Österreich. Der Aufruf an die Apothekerkammer, die geschätzte Summe der angeblich ungesetzlichen Einnahmen zu spenden, ist im Übrigen zu den restlichen Ausführungen in seinem Leserbrief im Widerspruch. Wenn nämlich tatsächlich gesetzwidrig eingenommene Gelder auf den Konten der Apothekenbesitzer gelandet sein sollten, hätte der Spendenaufruf an diese und nicht an die Apothekerkammer gerichtet werden müssen. Dieser Umstand zeigt, dass der Disziplinarbeschuldigte letztlich sehr pauschale und allgemeine Anschuldigungen gegen die gesamte Apothekerschaft - zumindest in den Augen des unbeteiligten Lesers - erhob.
Dass die vom Disziplinarbeschuldigten angesprochene Regelung im Jänner 2004 von zahlreichen Medien ebenso vehement kritisiert und auch bekämpft wurde, ist zwar zutreffend. Es muss aber einen Unterschied machen, ob eine Kritik an der Politik der Apothekerkammer bzw. an dem Vorgehen der Apotheker selbst von einem Journalisten, also von 'außen' erhoben wird, oder ob dies aus dem Stand der Apotheker selbst geschieht. Zwar bezeichnete sich der Disziplinarbeschuldigte in seinem Leserbrief nicht ausdrücklich als Apotheker, aufgrund des von ihm angeführten akademischen Grades 'Mag. pharm.' wird diese Eigenschaft aber jedem unbeteiligten Leser sehr stark nahe gelegt.
...
Wenn der Disziplinarbeschuldigte nunmehr vorbringt, dass seine Angaben im Leserbrief Tatsachenbehauptungen gewesen seien, die voll und ganz wahr wären, so ist dem entgegen zu halten, dass dies zumindest hinsichtlich der angeblichen Schadenssumme von Euro 300.000,- nicht zutrifft. Es handelt sich vielmehr um eine reine Fantasiezahl, deren Berechnung er überhaupt nicht nachvollziehbar darlegen konnte. Aber auch darüber hinaus kommt es auf die Frage, ob es sich um Tatsachenbehauptungen handelt bzw. ob guter Glauben vorgelegen ist, nicht an. Die relevante disziplinäre Strafbestimmung stellt nämlich lediglich darauf ab, ob die Ehre oder das Ansehen der Apothekerschaft beeinträchtigt wurde. Ob dieses Ansehen auch durch die Änderung des Gesamtvertrages im Dezember 2003 Schaden erlitten
hatte, wie dies der Berufungswerber ... behauptet, kann dahingestellt
bleiben und ändert jedenfalls nichts an der disziplinären Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten.
Dem wiederholten Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten, er habe die Apotheker in Wahrheit verteidigt und nicht angegriffen (...) ist zu entgegnen, dass - wie oben ausgeführt - eine solche strikte Trennung einer Gesamtbetrachtung des Leserbriefes nicht entnommen werden kann.
Wenn der Disziplinarbeschuldigte weiters vorbringt, dass der Vorwurf, er hätte mit keinem Wort erwähnt, dass die Aktion bereits abgeblasen war, falsch sei, da er im Leserbrief die Mitvergangenheit verwendet habe (...), so ist dem Folgendes zu erwidern: Zwar trifft die Verwendung der Mitvergangenheit zu, daraus kann für den Leser der Zeitung jedoch nicht abgeleitet werden, ob die Aktion nunmehr beendet ist oder ob diese weitergeht und sich der Leserbriefschreiber lediglich auf die bis dahin eingehobenen Gelder bezieht (im zweiteren Fall wäre naturgemäß auch die Mitvergangenheit zu verwenden gewesen). Der Leserbrief lässt also nicht erkennen, ob solche Vorgänge nach Ansicht des Leserbriefschreibers auch in den nächsten Tagen weiter geschehen könnten oder nicht.
Die weiteren vom Disziplinarbeschuldigten ... angeführten
Argumente über die seiner Meinung nach richtige Leseart seines Leserbriefes wurden bereits durch die oben dargelegten Ausführungen widerlegt. Wenn der Berufungswerber nunmehr erneut in anderen Worten vorbringt, dass die Apothekerkammer verantwortlich gewesen sei, so muss erneut auf die obigen Argumente verwiesen werden, wonach diese strenge Trennung - wenn sie vielleicht sogar auch vom Disziplinarbeschuldigten intendiert war - in der Diktion des Leserbriefes jedenfalls nicht zum Tragen kommt.
Den Ausführungen des Disziplinarrates über den Verstoß gegen Artikel I und 44 AbsI der Berufssitte des Apothekerstandes (...) ist zuzustimmen. Insbesondere hat der Disziplinarbeschuldigte gegen seine Verpflichtung verstoßen, alles zu vermeiden, was dem Ansehen seines Berufsstandes schaden könnte. Bei redlicher Vorgehensweise hätte der Disziplinarbeschuldigte keinen Grund gehabt, derart massive Vorwürfe in einer äußerst scharfen und emotional gefärbten Diktion gegenüber der Allgemeinheit zu erheben."
Angesichts dessen könne aber von einer "atypisch geringen Schuld" des Beschwerdeführers iSd Strafaufhebungsgrundes des §39 Abs5 ApkG keine Rede sein. Insbesondere habe der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Verfassens des Leserbriefes gewusst, dass die von ihm kritisierte Regelung des Gesamtvertrages bereits außer Kraft gesetzt war, weshalb ein Sorgfaltsverstoß vorliege.
3. Gegen diesen Bescheid des Disziplinarberufungssenates richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie - ohne nähere Begründung - die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.
II. Die maßgeblichen Bestimmungen des ApkG lauten:
"1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Rechtsstellung und Sitz
§1. (1) Zur Vertretung der Apothekerschaft, der selbständigen und der angestellten Apotheker, ist die 'Österreichische Apothekerkammer' in Wien eingerichtet. Ihr Wirkungsbereich erstreckt sich auf das Bundesgebiet. In den Bundesländern sind Landesgeschäftsstellen eingerichtet.
..."
"4. Abschnitt
Disziplinarverfahren
Disziplinarvergehen
§39. (1) Apotheker oder Aspiranten machen sich eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie
1. durch ihr Verhalten der Allgemeinheit, den Kunden oder den Kollegen gegenüber die Ehre oder das Ansehen der Apothekerschaft beeinträchtigen oder
2. Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung sie nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.
..."
"Disziplinarstrafen
§41. (1) Disziplinarstrafen sind
1. der schriftliche Verweis,
..."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die Beschwerde begehrt die Aufhebung des bekämpften Bescheides wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, ohne diesen Antrag näher zu begründen. Beim Verfassungsgerichtshof sind jedoch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die dem Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften entstanden (zu §39 Abs1 Z1 ApkG s. etwa die Ausführungen in VfSlg. 15.867/2000 zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung), weshalb es ausgeschlossen ist, dass der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
2. Der Beschwerdeführer bringt nach Darstellung der Sach- und Rechtslage im Wesentlichen vor, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt zu sein. Dazu führt er unter Hinweis auf die Medienberichterstattung zur "Rezeptgebühren-Affäre" zusammengefasst aus, dass sein Leserbrief einen Versuch darstelle, das bereits schwer beeinträchtigte Ansehen der Apotheker wieder herzustellen und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass "die Apotheker schuldlos sind und die Apothekerkammer die Verantwortung für das bekannt gewordene Ärgernis trägt". Der Leserbrief greife zwar "frontal und berechtigt" die Apothekerkammer an, verteidige aber die Apotheker, zu denen auch der Beschwerdeführer zähle. Insofern habe die belangte Behörde aus der im Leserbrief geäußerten Kritik an der Apothekerkammer fälschlicher Weise einen Vorwurf gegen die gesamte Apothekerschaft herausgelesen. Zur Kritik an der Interessensvertretung sei man als betroffener Apotheker aber jedenfalls berechtigt.
Schließlich stimme der Inhalt des Leserbriefes zur Gänze mit den Fakten überein und es könne dem Beschwerdeführer im Lichte des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit auch auf Grund des Zeitpunktes seiner Verfassung kein Vorwurf gemacht werden.
3.1. Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art10 Abs2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.
Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat (s. zB EGMR 26.4.1979, Fall Sunday Times, EuGRZ 1979, 390; 25.3.1985, Fall Barthold, EuGRZ 1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (vgl. VfSlg. 12.886/1991, 14.218/1995, 14.899/1997, 16.267/2001 und 16.555/2002).
3.2. Bei der Unbedenklichkeit der von der belangten Behörde angewendeten Rechtsvorschriften könnte eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung nur vorliegen, wenn dem Gesetz ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt oder wenn das Gesetz denkunmöglich angewendet worden wäre, was aber nur dann der Fall wäre, wenn die Behörde einen einer Gesetzlosigkeit gleichkommenden Fehler begangen hätte (vgl. VfSlg. 12.796/1991, weiters 7907/1976 und die dort angeführte Vorjudikatur), sowie insbesondere dann, wenn die Behörde dem Gesetz einen Inhalt unterstellt hätte, der die von der Verfassung dem Gesetzgeber gesetzten Schranken überstiege (vgl. VfSlg. 10.386/1985).
3.3. Das Beschwerdevorbringen erweist sich in mehrfacher Hinsicht als begründet:
3.3.1. Anders als die belangte Behörde zunächst vermeint, kann ein Leser - wobei auf den Maßstab eines "einigermaßen aufmerksamen Lesers" abzustellen ist (s. VfSlg. 13.694/1994) - dem inkriminierten Text klar entnehmen, dass der Beschwerdeführer damit zwar Kritik an der Vorgehensweise der (Österreichischen) Apothekerkammer äußerte, Apothekerkollegen hingegen keineswegs zum Vorwurf machte, für die Einhebung "überhöhter Rezeptgebühren" verantwortlich zu sein. In diesem Sinne ist insbesondere auch die Formulierung, wonach "gesetzeswidrig eingenommene Gelder ausschließlich auf den Konten der Apothekenbesitzer gelandet sind", nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang des Leserbriefes zu beurteilen; sie bringt - wenn auch mit einer gewissen Polemik - die Meinung des Beschwerdeführers zum Ausdruck, dass die überhöhten Rezeptgebühren von der Apothekerkammer zu verantworten waren, letztlich aber, indem sie von den Apothekern eingehoben wurden, diesen von Seiten der Allgemeinheit angelastet wurden und damit ihrem Ansehen schadeten.
Dem Beschwerdeführer geht es mit seiner Äußerung sohin erkennbar darum, einerseits das Vorgehen der gesetzlichen Interessenvertretung zu kritisieren, andererseits auf die dadurch herbeigeführte Schädigung des Ansehens der Apotheker hinzuweisen. Dass der Beschwerdeführer dabei die Sachlage unsachlich entstellt habe - auf die Höhe der Schadenssumme als solche kommt es hier nicht an -, wird selbst von der belangten Behörde, die an mehrfacher Stelle auf die kritische Medienberichterstattung zur Neuregelung bei der Einhebung der Rezeptgebühren hinweist, nicht behauptet.
Im Lichte dessen kann es dem Beschwerdeführer - bei einem verfassungskonformen Verständnis des §39 Abs1 Z1 ApkG - nicht angelastet werden, mit seiner Äußerung die Ehre oder das Ansehen von Standeskollegen beeinträchtigt zu haben.
3.3.2. Unter Bedachtnahme darauf, dass das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen erfordert (vgl. nur VfSlg. 14.037/1995), kann die geäußerte Kritik am Vorgehen der gesetzlichen Interessensvertretung aber auch nicht - wie im angefochtenen Bescheid - als "Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen der Apothekerschaft" nach §39 Abs1 Z1 ApkG angesehen werden. Soweit die Behörde daher in der "Kritik an der Politik der Apothekerkammer" einen "Vorwurf gegen die gesamte Apothekerschaft" erblickt, misst sie der Bestimmung des §39 Abs1 Z1 ApkG auch unter diesem Gesichtspunkt einen verfassungswidrigen, die Grenzen des Art10 Abs2 EMRK überschreitenden Inhalt bei. Ob die geäußerte Kritik das Disziplinarvergehen verwirklichen würde, wenn sie gegen den Berufsstand der Apotheker gerichtet wäre, kann aus der Sicht des Falles dahingestellt bleiben.
3.4. Indem die belangte Behörde somit §39 Abs1 Z1 ApkG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hat, wurde der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt.
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
IV. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer iHv € 360,- sowie die entrichtete Eingabengebühr iHv € 180,- enthalten.
Dem Kostenzuspruch steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer den "Bund (Bundesministerium für Gesundheit und Frauen)" und nicht die Österreichische Apothekerkammer als den zum Kostenersatz zu verpflichtenden Rechtsträger benennt, weil die Bezeichnung des Rechtsträgers, in dessen Namen die belangte Behörde gehandelt hat, keinen notwendigen Bestandteil eines Kostenbegehrens iSd §88 VfGG darstellt (vgl. VfSlg. 17.140/2004).
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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