B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sowie einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Steiermark ist schuldig, der Beschwerdeführerin die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten zuhanden ihres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die RGB Entwicklungs- und Errichtungs GmbH sowie die Loser Bergbahnen GmbH schrieben Bauleistungen für das Bauvorhaben "Schibrücke Loser Erlebniswelt, Mühlgrabenbrücke" im Unterschwellenbereich aus. Mit Schreiben vom 17. August 2004 teilten die Auftraggeber den Bietern, darunter auch der Beschwerdeführerin, mit, dass die ausgeschriebenen Arbeiten aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht vergeben werden. Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin beim UVS für die Steiermark einen Antrag auf Nachprüfung und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, für die Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt € 5.000,-- zu entrichten waren.
Die Antragstellerin entrichtete zunächst jedoch nur € 2.500,-- und zog ihre Anträge kurz darauf zurück (und stellte gleichzeitig den Antrag auf Rückzahlung der von ihr bereits einbezahlten Pauschalgebühr, welcher jedoch mit Bescheid vom 20. September 2004 vom UVS mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass das Steiermärkische Vergabenachprüfungsgesetz keine rechtliche Grundlage für die Rücküberweisung von ordnungsgemäß entrichteten Pauschalgebühren vorsehe; dagegen hat die beschwerdeführende Gesellschaft in der zu B1365/04 protokollierten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben).
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Oktober 2004 schrieb der UVS der Beschwerdeführerin die Zahlung der noch ausstehenden Pauschalgebühr von € 2.500,-- vor.
In der dagegen erhobenen Beschwerde nach Art144 B-VG wird die Anwendung verfassungswidriger bzw. gesetzwidriger genereller Normen behauptet und die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof beschloss aus Anlass der vorliegenden Beschwerde, gemäß Art139 Abs1 und140 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §18 Abs1 und Abs2 zweiter Satz des Steiermärkischen Vergabe-Nachprüfungsgesetzes, LGBl. für die Steiermark Nr. 43/2003, sowie zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §1 Abs1 Z7 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. September 2003 über die Höhe und über die Art der Einhebung der Verwaltungsabgaben in Vergabenachprüfungsverfahren (Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. für die Steiermark Nr. 71/2003, einzuleiten.
2. Mit Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, G35/06, V24/06, wurden die in Prüfung gezogenen Bestimmungen (abgesehen von hier nicht maßgeblichen Teilen des ersten Absatzes) als verfassungswidrig bzw. gesetzwidrig aufgehoben.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung bzw. eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung bzw. einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.
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