Normen
B-VG Art18 Abs2
Nö ROG 1976 §24
Örtliches Raumordnungsprogramm der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17.12.87
B-VG Art18 Abs2
Nö ROG 1976 §24
Örtliches Raumordnungsprogramm der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17.12.87
Spruch:
Die Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 1989, Z R/1-R-243/58, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Juni 1989 bis 29. Juni 1989, wird, soweit damit für das Grundstück Nr. 1179/1, KG Weidling, die Widmung Grünland - Landwirtschaft festgelegt wird, als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1327/01 eine Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1. Das Stadtamt der Stadtgemeinde Klosterneuburg wies mit Bescheid vom 18. Dezember 2000 ein Ansuchen auf Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996 auf dem Grundstück Nr. 1179/1, KG Weidling, ab, da das Grundstück als Grünland - Landwirtschaft gewidmet sei. Der Stadtrat der Stadtgemeinde Klosterneuburg wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 20. Juni 2001 als unbegründet ab. Die Niederösterreichische Landesregierung gab auch der dagegen erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 10. August 2001 keine Folge.
2. Die auf Art144 B-VG gestützte zu B1327/01 protokollierte Beschwerde behauptet die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 30. September 2003 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 1989, Z R/1-R-243/58, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Juni 1989 bis 29. Juni 1989, soweit damit für das Grundstück Nr. 1179/1, KG Weidling, die Widmung Grünland - Landwirtschaft festgelegt wird, von Amts wegen zu prüfen.
3.1. Der Verfassungsgerichtshof ist im Einleitungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde die in Rede stehende Verordnung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat und dass auch er zur Beurteilung der Beschwerde die in Prüfung gezogene Verordnung anzuwenden hätte.
3.2. Den vorgelegten Akten ließ sich folgende Widmungsgeschichte betreffend das Grundstück Nr. 1179/1, KG Weidling, entnehmen:
"[...] Gemäß §24 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 275/1968, gelten die auf Grund des §5 der Bauordnung für Niederösterreich erlassenen Regulierungspläne als vereinfachte Flächenwidmungspläne. Zur Erlassung vereinfachter Flächenwidmungspläne wurden gemäß der Übergangsbestimmung des §24 Abs3 leg. cit. Gemeinden innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Raumordnungsgesetzes am 1. Jänner 1969 verpflichtet, die bisher keinen Regulierungsplan erlassen hatten. Gemäß §10 leg. cit. war jede Gemeinde innerhalb von sechs Jahren ausgehend von den Ergebnissen der Grundlagenforschung verpflichtet, durch Verordnung ein örtliches Raumordnungsprogramm aufzustellen, welches als behördliche Maßnahme jedenfalls die Erlassung eines Flächenwidmungsplanes vorzusehen hat. Im vereinfachten Flächenwidmungsplan waren lediglich die Widmungsarten Bauland, Grünland und Verkehrsflächen festzulegen. Die Geltung von Regulierungsplänen als vereinfachte Flächenwidmungspläne und die Verpflichtung zur Erlassung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes wurden auch im Raumordnungsgesetz 1974 (vgl. §24), Wiederverlautbarung des NÖ Raumordnungsgesetzes durch Kundmachung der NÖ Landesregierung vom 23. April 1974, LGBl. 118/1974 und im NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (vgl. §30), LGBl. 8000-0, festgelegt.
Nach dem unbestrittenen Vorbringen war das Grundstück Nr. 1179/1, KG Weidling, nach dem Regulierungsplan, der als vereinfachter Flächenwidmungsplan in Geltung stand, als Bauland festgelegt. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg änderte mit Verordnung vom 7. Dezember 1983 den vereinfachten Flächenwidmungsplan 'durch Festlegungen in der KG Weidlingbach, Weidling, Gugging und Höflein', genehmigt mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 24. Februar 1984, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 29. März 1984 bis 16. April 1984 und widmete ua. das Grundstück Nr. 1179/1, KG Weidling, als Grünland - Landwirtschaft. Mit Verordnung vom 17. Dezember 1987 beschloss der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg das örtliche Raumordnungsprogramm, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 1989, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Juni bis 29. Juni 1989, in dem für das Grundstück Nr. 1179/1 erneut die Widmungs- und Nutzungsart Grünland - Landwirtschaft festgelegt wurde. Im Verfahren zur Änderung des vereinfachten Flächenwidmungsplans 1984 gab die Beschwerdeführerin während der Auflagefrist keine Stellungnahme ab. Die im Verfahren zur Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogramms 1989 erhobene Einwendung gegen die Grünlandwidmung wurde mit der Beurteilung, 'der bestehende Rechtsstand solle nicht abgeändert werden', nicht berücksichtigt.
[...] In der 'Vorbegutachtung' zu 'Änderungen des vereinfachten Flächenwidmungsplanes für die Katastralgemeinden Höflein, Weidlingbach, Gugging und Weidling' wird zum Blatt Nr. 7/1, welches auch das Grundstück Nr. 1179/1 beinhaltet, ausgeführt:
'einzelne Geb nachtragen; die Hangneigungen an der Mühlberggasse (bis zu 40%) schließen eine Bebauung nahezu aus. Festlegungen sollten sich daher am Bestand orientieren; siehe Naturschutzgutachten.'
Der Sachverständige für Naturschutz gab - nach Ausführungen allgemeiner Natur zur Lage des Gemeindegebietes Klosterneuburg zum überwiegenden Teil im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald - zum Blatt Nr. 7/1 folgende Stellungnahme ab:
'Vom Standpunkt des Landschaftsschutzes wird empfohlen, die Wohnbaulandwidmung bis Grundstück 1184/2 beidseits der Mühlbergstraße zurückzunehmen. Einzeln stehende Altbauten auf Hangflächen mit Neigungen bis zu 40% sind gewiß eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Durch die infolge der extremen Hanglage nötigen Kunstbauten (beispielsweise ist der Weg heute nur ca. 4 m breit und müßte auf 8,5 m verbreitert werden) wird die Störung des geschützten Landschaftsbildes in der Folge einer Baulandwidmung beidseits der Mühlbergstraße nur noch deutlicher spürbar und sichtbar werden.'
Aus dem Motivenbericht ergibt sich Folgendes:
'Im Zuge der Grundlagenforschung für die Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes hat sich ergeben, daß in der ersten Phase katastralgemeindeweise Änderungen des bisherigen aus dem Jahre 1966 stammenden Flächenwidmungsplanes und Regulierungsplanes der Stadtgemeinde durchgeführt werden sollen.
[...] Der bisherige Flächenwidmungsplan und Regulierungsplan im Maßstab 1:10.000 enthält generalisierte Widmungsgrenzen, welche vielfach ohne Berücksichtigung des oft sehr bewegten Geländes in den verschiedenen Talschaften des Gemeindegebietes ein durchgehendes Siedlungsband vorsehen, und sich bei der Detailbearbeitung des Bebauungsplanes kaum oder nur mit hohen und unwirtschaftlichen Erschließungskosten verwirklichen lassen. Aus der Durcharbeitung des Bebauungsvorschlages im Maßstab 1:1000 lassen sich die tatsächlich möglichen Baulandabgrenzungen sehr viel besser abschätzen.'
[...] Entlang des Mühlberg[weg]es ist an beiden Seiten bis einschließlich der an das Grundstück der Beschwerdeführerin im Osten angrenzenden Grundstücke Nr. 1184/5 und 1184/2 die Widmungs- und Nutzungsart Bauland-Wohngebiet festgelegt. Für das Grundstück Nr. 1179/1 der Beschwerdeführerin wurde ebenso wie für die auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Grundstücke und die im Westen angrenzenden Grundstücke Grünland - Landwirtschaft festgelegt, wobei bestehende Gebäude auf den westlich vom Grundstück der Beschwerdeführerin gelegenen Grundstücken Nr. 1173/3 und 1170/2 als erhaltenswerte Bauten im Grünland gewidmet sind; bestehende Gebäude auf den unmittelbar angrenzenden Grundstücken Nr. 1178, 1184/1 und 1184/3 dürften auf als Grünland - Landwirtschaft gewidmeten Grundstücken konsenswidrig errichtet worden sein."
3.3. Aus folgenden Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung:
"[...] Die Rechtmäßigkeit der Rückwidmung einer Baufläche hängt - wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Gleichheitssatz ableitete - davon ab, ob ihr eine entsprechende, auf die konkrete Fläche bezogene Grundlagenforschung vorangegangen ist und ob die gebotene Interessenabwägung in ausreichendem Maße vorgenommen wurde (vgl. dazu VfSlg. 13.282/1992; zu Klosterneuburg: VfSlg. 14.643/1996, 15.853/2000). Die Auswahl der für eine Rückwidmung in Betracht kommenden Grundstücke hat dabei nach sachlichen Kriterien zu erfolgen. Die genannten Interessen sind im Falle der Umwidmung nur soweit zu berücksichtigen, als sie durch Entschädigungsregelungen raumordnungsrechtlich nicht gesondert behandelt und abgegolten werden (vgl. VfSlg. 13.282/1992).
In dem zu einer Rückwidmung in Klosterneuburg ergangenen Erkenntnis VfSlg. 14.643/1996 hob der Verfassungsgerichtshof das örtliche Raumordnungsprogramm der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 bezüglich der Grünlandwidmung näher bezeichneter Grundstücke nicht als gesetzwidrig auf. Im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Teilen des örtlichen Raumordnungsprogrammes hielt der Verfassungsgerichtshof seine zunächst gefassten Bedenken hinsichtlich einer mangelnden Grundlagenforschung nicht aufrecht. Der Verfassungsgerichtshof anerkannte das das Interesse an der Aufrechterhaltung der Baulandwidmung überwiegende öffentliche Interesse an der Erhaltung der Stegleitenwiese 'als einzig verbleibende, durchgehend grüne und unbebaute Erholungsfläche, welche vom Kierlingbach bis zum Ölberg reicht und somit den letzten zusammenhängenden Grünkeil im Kierlingtal bildet'. Auch seien Überlegungen zur rechtlich gebotenen Entschädigung der von einer Umwidmung betroffenen Grundstückseigentümer jedenfalls 'ansatzweise' angestellt worden. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg sei somit ihrer Pflicht zur Interessenabwägung nachgekommen. Dagegen hielt der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken hinsichtlich einer mangelhaften Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und jenen der von einer Rückwidmung - in Klosterneuburg - betroffenen Grundeigentümer im Erkenntnis VfSlg. 15.853/2000 aufrecht. Die Auswahl der Grundstücke zur Rückwidmung sei - die Stadtgemeinde Klosterneuburg hat als Begründung für die Rückwidmung die für die Erschließung zu hohe Straßensteigung des 'Eichweges' ins Treffen geführt - insbesondere im Hinblick auf die im steilsten Teil des 'Eichweges' liegenden, als Bauland gewidmeten Grundstücke und die geleisteten Aufschließungskosten unsachlich gewesen. Die sich aus der Wienerwald-Deklaration (einer von der mit Vereinbarung, LGBl. 0800-0, zwischen den Ländern Burgenland, Niederösterreich und Wien eingerichteten Planungsgemeinschaft erarbeiteten Empfehlung) ergebende Zielsetzung, die Zersiedelung zu vermeiden, kann auch allein keine ausreichende sachliche Rechtfertigung der Rückwidmung darstellen, wenn keine ausreichende Interessenabwägung stattgefunden hat (vgl. VfSlg. 15.853/2000).
[...] Der Verfassungsgerichtshof hegt vorläufig das Bedenken, dass die Stadtgemeinde Klosterneuburg hinsichtlich der Rückwidmung des Grundstücks Nr. 1179/1 durch die Änderung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes 1984 und der Beibehaltung der Widmung im vrtlichen Raumordnungsprogramm 1989 von einer unzureichenden Grundlagenforschung und fehlerhaften Interessenabwägung ausgegangen ist:
Aus einem Auszug aus dem vereinfachten Flächenwidmungsplan in der Fassung der Änderung 1984 und den darin eingezeichneten Höhenlinien scheint sich zu ergeben, dass zwar auf dem dem Grundstück Nr. 1179/1 gegenüberliegenden Grundstück Nr. 1181 eine erhebliche Hangneigung von ca. 40% bestehen, jedoch das Grundstück Nr. 1179/1 nur eine Hangneigung von ca. 20% aufweisen dürfte, die jener der angrenzenden als Bauland - Wohngebiet gewidmeten Grundstücke Nr. 1184/5 und 1184/2 entsprechen dürfte. Aus dem vorgelegten Ausschnitt des vereinfachten Flächenwidmungsplans 1984 scheint auch hervorzugehen, dass ein zusammenhängender, nordöstlich gelegener Baulandbereich (Grundstücke Nr. 1183/42 bis 1183/28) in einem steilen Gelände mit einer 40%-igen Hangneigung liegen dürfte. Die angenommene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dürfte sich laut Erläuterungsbericht ausschließlich aus der Neigung von Hangflächen bis zu 40% ergeben. Der Verfassungsgerichtshof hegt einerseits Zweifel, ob bei einer Hangneigung von 20% von der Notwendigkeit der Errichtung von das Landschaftsbild beeinträchtigenden Kunstbauten ausgegangen werden kann; andererseits wären jedenfalls die angrenzenden, in gleicher Lage befindlichen Grundstücke Nr. 1184/5 und 1184/2 in gleicher Weise von dieser Problematik betroffen. Die unterschiedlichen Hangneigungsverhältnisse allein dürften daher eine unterschiedliche Behandlung des als Grünland gewidmeten Grundstücks Nr. 1179/1 und anderer als Bauland gewidmeter Grundstücke nicht rechtfertigen. Daran dürften auch die Randlage des Grundstücks und die Tatsache, dass es bisher unbebaut war, nichts ändern.
Auch die Erschließbarkeit des unmittelbar an Bauland angrenzenden Grundstückes scheint hinsichtlich eines möglichen Anschlusses an das Kanalnetz, an Wasser-, Strom- und Telefonleitungen ohne unwirtschaftlichen Aufwand gewährleistet zu sein. Die Straßenbreite dürfte gemäß der Einzeichnung im Flächenwidmungsplan 1984 sowohl entlang der als Bauland - Wohngebiet gewidmeten Grundstücke am Mühlberg als auch entlang des Grundstücks Nr. 1179/1 8,5 m (vgl. §6 Abs5 NÖ BauO 1976, LGBl. 8200-1) betragen; die Straße dürfte auch eine Steigung von unter 12% aufweisen. Insofern scheinen die von der Stadtgemeinde Klosterneuburg ins Treffen geführten Gründe die Auswahl dieses Grundstückes zur Rückwidmung in Grünland nicht zu rechtfertigen.
Eine konkrete Interessenabwägung bei der Rückwidmung unter den in Betracht kommenden Grundstücken durch das örtliche Raumordnungsprogramm vorzunehmen, scheint aber schon deshalb erforderlich, da gemäß §24 NÖ ROG 1976 in der zum Zeitpunkt der Umwidmung geltenden Fassung im Fall des Ausschlusses oder der Verringerung der Bebaubarkeit nur jene Aufwendungen zu ersetzen waren, die im Hinblick auf die bisherige Widmungs- oder Nutzungsart getätigt wurden (vgl. VfSlg. 15.853/2000). Unter diesen Umständen dürften selbst 'ansatzweise' angestellte Überlegungen zur rechtlich gebotenen Entschädigung der von der Umwidmung betroffenen Grundstückseigentümer nicht ausreichend sein (vgl. VfSlg. 14.643/1996)."
4. Die Niederösterreichische Landesregierung legte Verwaltungsakten vor und teilte mit, auf die Erstattung einer Äußerung zu verzichten.
5. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg erstattete eine Äußerung, in der sie zusammengefasst Folgendes vorbringt:
"[...]
Bei den einzelnen Verfahren zu Änderungen und zur Erstellung des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg wurde jeweils nach dem Stand der Rechtslage, dem Stand der Technik unter Beauftragung befugter Fachexperten und unter Beiziehung der Sachverständigen des Amtes der NÖ Landesregierung vorgegangen.
Die historische Entwicklung des Entstehens der heutigen Gemeinde aus sieben selbständigen Einzelgemeinden (1955), die Zugehörigkeit zur Großstadt Wien (1938 - 1955) sowie die den Plänen zu Grunde liegende Rechtsentwicklung, die Entwicklung der raumordnungsrelevanten Erkenntnisse, wie sparsamer Umgang mit Grund und Boden, Erschließungs-, Entsorgungs- und Versorgungspflicht für alle Teile des Baulandes bei gleichzeitiger Beachtung der wirtschaftlichen Machbarkeit und Nachhaltigkeit, die vermehrte Beachtung ökologischer und landschaftsbildlicher Komponenten (Wienerwalddeklaration, Landschafts- und Naturschutz, Natura 2000 udgl.) erforderte eine generelle Überarbeitung der örtlichen Raumordnung der Stadtgemeinde.
Aus der Summe der Regulierungspläne, die im wesentlichen nach der NÖ Bauordnung 1883 erstellt waren, wäre dem 1965 beschlossenen maximalen Einwohnerziel von 35.000 eine viel zu große Gesamtfläche an Bauland gegenübergestanden, deren ordnungsgemäße Aufschließung, Ent- und Versorgung die Gemeinde vor unlösbare Aufgaben gestellt hätte.
Insgesamt wurden 1984, 1985 und 1989 weit über 300 ha rückgewidmet. Dies entspricht gemäß örtlichem Durchschnitt rund 4 - 5.000 Bauplätzen. Die mittlere Wohndichte liegt in Klosterneuburg bei rund 30 Einwohnern pro ha. In den zentralen Stadtbereichen liegt sie beträchtlich über diesem Mittelwert, in flächenmäßig sehr großen Gebieten jedoch wesentlich niedriger. Dies führt zu teurer kommunaler Infrastruktur, sowohl bei ihrer Errichtung, als auch beim Betrieb und in der Erhaltung. Die Rücknahme von Baulandbereichen, deren Erschließung und infrastrukturelle Versorgung aus topographischen Gründen schwierig und unverhältnismäßig kostenaufwendig bzw. unwirtschaftlich ist, war daher im Sinne der positiven Gesamtentwicklung der Stadt und des Erhalts eines funktionsfähigen Gemeinwesens anzustreben.
Neben diesen Gesichtspunkten waren für die gegenständliche Rückwidmung der Parzelle 1179/1 KG Weidling im vereinfachten Flächenwidmungsplan 1984 gemäß Begründung vor allem die Fakten maßgebend, daß der gegenständliche Bereich am Ende des Mühlberges weitgehend unbebaut war, das Gelände ab der heutigen Baulandgrenze an der östlichen Grundgrenze des gegenständlichen Grundstückes zunehmend steiler wird (30 - 40%) und der Ausbau des Weges als Erschließungsstraße unwirtschaftliche Aufwendungen erfordert hätte."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, dass das Beschwerdeverfahren, das Anlass zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist und dass der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die Beschwerde die in Prüfung gezogene Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg anzuwenden hätte, haben sich als zutreffend erwiesen.
2. Auch die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung treffen zur Gänze zu:
Weder die Niederösterreichische Landesregierung noch der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg ist den im Prüfungsbeschluss gefassten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegengetreten. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg legte ihrer Äußerung ausschließlich die bereits im Anlassbeschwerdeverfahren vorgelegte - wortgleiche - Stellungnahme des Stadtbildkonsulenten zugrunde.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt dabei, dass der Rückwidmung des Grundstücks Nr. 1179/1 in Grünland - Landwirtschaft durch die Änderung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes 1984 und der Beibehaltung der Widmung im örtlichen Raumordnungsprogramm 1989 keine schlüssige, den Gegebenheiten der konkreten Fläche entsprechende Grundlagenforschung vorangegangen ist und die gebotene Interessenabwägung in fehlerhafter Weise vorgenommen wurde (vgl. dazu VfSlg. 13.282/1992; zu Klosterneuburg: VfSlg. 14.643/1996, 15.853/2000).
Aus einem Auszug aus dem vereinfachten Flächenwidmungsplan in der Fassung der Änderung 1984 und den darin eingezeichneten Höhenlinien ergibt sich, dass zwar auf dem dem Grundstück Nr. 1179/1 gegenüberliegenden Grundstück Nr. 1181 eine erhebliche Hangneigung von ca. 40% besteht, jedoch das Grundstück Nr. 1179/1 nur eine Hangneigung von ca. 20% aufweist, die jener der angrenzenden als Bauland - Wohngebiet gewidmeten Grundstücke Nr. 1184/5 und 1184/2 entspricht. Aus dem vorgelegten Ausschnitt des vereinfachten Flächenwidmungsplans 1984 geht auch hervor, dass ein zusammenhängender, nordöstlich gelegener Baulandbereich (Grundstücke Nr. 1183/42 bis 1183/28) in einem steilen Gelände mit einer 40%-igen Hangneigung liegt. Die angenommene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in Folge der Errichtung von Kunstbauten ergibt sich laut Erläuterungsbericht ausschließlich aus der Neigung von Hangflächen bis zu 40%. Die Grundlagenforschung vermag daher die Rückwidmung des bloß 20% geneigten Grundstückes Nr. 1179/1 nicht zu rechtfertigen. Daran ändert auch die Randlage des Grundstücks und die Tatsache, dass es bisher unbebaut war, nichts.
Auch die Erschließbarkeit des unmittelbar an Bauland angrenzenden Grundstückes ist hinsichtlich eines möglichen Anschlusses an das Kanalnetz, an Wasser-, Strom- und Telefonleitungen ohne unwirtschaftlichen Aufwand gewährleistet. Die Straßenbreite beträgt gemäß der Einzeichnung im Flächenwidmungsplan 1984 sowohl entlang der als Bauland - Wohngebiet gewidmeten Grundstücke am Mühlberg als auch entlang des Grundstücks Nr. 1179/1 8,5 m (vgl. §6 Abs5 NÖ BauO 1976, LGBl. 8200-1); die Straße weist auch eine Steigung von unter 12% auf. Insofern können die von der Stadtgemeinde Klosterneuburg ins Treffen geführten Gründe die Auswahl dieses Grundstückes zur Rückwidmung in Grünland nicht rechtfertigen.
Eine konkrete Interessenabwägung unter den in Betracht kommenden Grundstücken war aber schon deshalb erforderlich, da eine Abgeltung der beeinträchtigten Interessen nach der zum Zeitpunkt der Umwidmung geltenden Fassung des §24 NÖ ROG 1976 nur in einem sehr eingeschränkten Maße vorgesehen war (vgl. VfSlg. 15.853/2000).
3. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung zur Kundmachung dieser Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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