VfGH G208/03

VfGHG208/038.6.2004

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des Glücksspielgesetzes zur Gänze mangels Legitimation; keine aktuelle Betroffenheit der Antragsteller mangels konkret dargelegten Interesses an einer Konzession für den Betrieb von Glücksspiel

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
GlücksspielG
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
GlücksspielG

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Die Einschreiter - ein Rechtsanwalt und die von ihm vertretene Aktiengesellschaft mit Sitz in München - führen aus, nach einer im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 7. November 2001 kundgemachten "Interessentensuche" des Bundesministeriums für Finanzen sei eine Neuerteilung der Konzession zur Durchführung der Sofortlotterien (§9 Glücksspielgesetz), der Klassenlotterie (§10 Glücksspielgesetz) und der Nummernlotterien (§12 Glücksspielgesetz) für den Zeitraum von 1. Jänner 2005 bis 31. Dezember 2019 erfolgt. Bis 31. Dezember 2004 sei die Österreichische Lotterien GmbH Inhaberin wirksamer Konzessionen für die genannten Ausspielungen. Am 7. Jänner 2002 habe der Bundesminister für Finanzen die genannten Konzessionen für den Zeitraum von 1. Jänner 2005 bis 30. September 2012 mit Bescheid wiederum an die Österreichische Lotterien GmbH vergeben.

Aufgrund des Glücksspielgesetzes dürften Konzessionen für den Gesamtbereich der Ausspielungen, d.h. für alle Ausspielungen, nur an einen einzigen Konzessionswerber vergeben werden. Ein solcher sei für die in Rede stehende Zeit bereits vorhanden gewesen und noch vorhanden. Angesichts der solcherart zwingend angeordneten Konzessionsvergabe (an die Österreichische Lotterien GmbH) seien die Antragsteller aktuell in ihren rechtlichen Interessen beeinträchtigt. Der Ausschluss aller anderen Konzessionswerber sei durch keinen weiteren verwaltungsbehördlichen Bescheid festzustellen.

Es werden sodann Verstöße gegen Art10 Abs1 Z4 B-VG, gegen das Gleichheitsgebot und die Freiheit der Erwerbsbetätigung sowie gegen das Gemeinschaftsrecht behauptet und begehrt, das Glücksspielgesetz, BGBl. 620/1989 "in der geltenden Fassung" zur Gänze, in eventu Teile davon, als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Der Antrag ist unzulässig.

Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.765/1994).

Entgegen ihren Ausführungen sind die Antragsteller durch die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht aktuell betroffen, da sie ihr Interesse an einer Konzession für den Betrieb eines Glücksspiels noch nicht in rechtlich erheblicher Weise durch einen darauf gerichteten Antrag kundgetan haben. Die Antragsteller weisen vielmehr selbst auf die ihnen in Beantwortung ihrer Anfrage mitgeteilte Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Finanzen hin, dass keine Bestimmung des Glücksspielgesetzes einen Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Durchführung der Klassenlotterie ausschließe (wenngleich er regelmäßig für Zeiträume, für die die gewünschte Konzession bereits vergeben sei, aussichtslos sein werde). Dass ein solcher Antrag von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre, vermag vor dem Hintergrund des die Antragslegitimation begrenzenden und in dieser Beziehung eindeutigen Inhalt des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG die Unzumutbarkeit dieses Weges nicht darzutun (VfSlg. 8846/1980 und 14.673/1996).

Die Bewerbung um eine einschlägige Konzession ist auch - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht deshalb unzumutbar, weil sie die gesetzlichen Voraussetzungen einer Konzessionserteilung erfüllen (eine österreichische Gesellschaft mit einem Stammkapital von 1.500 Millionen Schilling gründen) müssten. Denn die Antragsteller wenden sich auch gegen diese - sie beschwerenden - Voraussetzungen und können ihre Bedenken daher auch gegen einen den Antrag aus diesen Gründen abweisenden Bescheid ins Treffen führen. Der Antrag erweist sich somit schon mangels unmittelbarer aktueller Betroffenheit der Einschreiter als unzulässig.

III. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

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