VfGH A13/04

VfGHA13/0428.9.2004

Abweisung einer Klage auf Auszahlung einer zuerkannten, zur Begleichung einer offenen Stromrechnung jedoch nicht ausbezahlten Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Wiener Sozialhilfegesetz infolge schuldbefreiender Wirkung der direkten Überweisung des eingeklagten Betrages an Wien Energie; kein Kostenersatz für das Land Wien mangels Vertretung durch einen Rechtsanwalt

Normen

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
Wr SozialhilfeG §11
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
Wr SozialhilfeG §11

 

Spruch:

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 14. und 24. Oktober 2003 beim Magistrat der Stadt Wien, MA 12 - "wien sozial", die Zuerkennung einer Geldaushilfe nach dem Wiener Sozialhilfegesetz - WSHG, LGBl. Nr. 11/1973 idgF, für Stromkosten in Höhe von EUR 120,-- beantragt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 4. November 2003 wurden diese Anträge abgewiesen; begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, der in Rede stehende Aufwand sei bereits mit dem - dem Kläger zuerkannten - Richtsatz abgegolten.

Mit Schriftsatz vom 24. November 2003, beim Magistrat der Stadt Wien am 27. November 2003 eingelangt, erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Berufung an die Wiener Landesregierung.

Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. Februar 2004, MA 15-II-2-7959/2003, wurde dem Kläger - in Stattgebung seiner Berufung - eine Geldleistung im beantragten Ausmaß zuerkannt.

Begründend heißt es dazu:

"Im Hinblick darauf, dass die Magistratsabteilung 12, Sozialzentrum für den 3. und 11. Bezirk, bereits am 10.11.2003 und somit noch vor Einbringung der Berufung am 27.11.2003, die Magistratsabteilung 6 - Buchha1tungsabteilung 4, angewiesen hat, den gegenständlich beantragten Teilbetrag für Strom an die Wien Energie, Kundendienst zu überweisen, war, ohne Eingehen auf die diesbezüglichen Rechtsfragen und auch ohne Präjudiz im Hinblick auf zukünftige Anträge betreffend Stromkosten, wie im Spruch zu entscheiden."

2. Die vorliegende, auf Art137 B-VG gestützte Klage - beim Verfassungsgerichtshof am 5. Mai 2004 eingelangt - begehrt, das Land Wien schuldig zu erkennen, dem Kläger den Betrag von EUR 120,-- samt 4 vH Zinsen seit 8. März 2004 sowie die - mit EUR 2,88 bezifferten - Kosten dieses Rechtsstreites binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründend wird dazu ua. ausgeführt, das beklagte Land habe sich - trotz wiederholter Aufforderung - geweigert, den dem Kläger mit Bescheid vom 3. Februar 2004 zuerkannten Betrag "tatsächlich" auszuzahlen.

3. Die beklagte Partei hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, worin die kostenpflichtige Abweisung der Klage beantragt wird.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. VfGH 10. Juni 2003, A3/03 mwN) - Klage erwogen:

1. Die §§11, 12 und 13 WSHG lauten auszugsweise samt Überschriften:

"Lebensbedarf

§11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

  1. 1. Lebensunterhalt,
  2. 2. Pflege,
  3. 3. Krankenhilfe,
  4. 4. Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen,
  5. 5. Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.

(2) Der Lebensbedarf kann in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gesichert werden.

Lebensunterhalt

§12. Der Lebensunterhalt umfaßt insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Geldleistungen

§13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(2) ...

(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, daß er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

(4) - (5) ...

(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.

(7) - (10) ..."

2. Wie sich aus §11 Abs2 WSHG ergibt, kann der persönliche Lebensbedarf nicht nur durch Geldleistungen, sondern auch durch Sachleistungen gesichert werden. Dieser Form der Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist es gleichzuhalten, wenn das Land als Träger der Sozialhilfe Geldleistungen nicht dem Hilfesuchenden, sondern an Dritte auszahlt, um die zweckentsprechende Verwendung der zuerkannten Geldleistungen (hier: die Abdeckung eines Rückstandes an Stromkosten als Voraussetzung der Sicherung der Stromversorgung des klägerischen Haushaltes, dem auch drei minderjährige Kinder angehören) sicherzustellen.

Die direkte Überweisung des eingeklagten Betrages an Wien Energie entsprach somit dem Gesetz und hatte daher schuldbefreiende Wirkung, weshalb die Klage abzuweisen war (siehe in diesem Sinne schon das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2004, A16/03).

3. Dem anwaltlich nicht vertretenen beklagten Land waren die begehrten Kosten nicht zuzusprechen (vgl. VfGH 24. Februar 2004, A11/03 mwN).

4. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).

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