VfGH B817/00 - B7/01

VfGHB817/00 - B7/0120.6.2001

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge ", sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, verfügen" in litl des §1 Abs2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/1997, und des Abs8 des §3 dieses Gesetzes idF BGBl. Nr. 895/1995 mit E v 20.06.01, G5/01 ua.

Quasi-Anlaßfall: E v 20.06.01, B7/01.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit 27.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg wird dem Antrag einer türkischen Staatsangehörigen auf Ausstellung einer Bestätigung über ihre Ausnahme vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) als Tochter eines österreichischen Staatsbürgers im Sinne des §3 Abs8 AuslBG keine Folge gegeben. Eine solche Bestätigung ist auszustellen, wenn die Voraussetzungen des §1 Abs2 litl AuslBG vorliegen. Demnach sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes u.a. Ausländer ausgenommen, die Kinder österreichischer Staatsbürger sind, wenn sie noch nicht 21 Jahre alt sind oder ihnen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt, sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 verfügen. Die Bestätigung wird mit der Begründung verweigert, die Beschwerdeführerin verfüge über einen solchen Aufenthaltstitel nicht, weshalb die Voraussetzungen des §1 Abs2 litl AuslBG nicht vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und auf "Schutz vor Inländerdiskriminierung" wegen unsachlicher Besserstellung von Angehörigen von EWR-Bürgern gegenüber Angehörigen von Österreichern behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ", sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, verfügen" in litl des §1 Abs2 des AuslBG idF BGBl. I 78/1997, und des Abs8 des §3 dieses Gesetzes idF BGBl. 895/1995 ein und hob diese Bestimmungen mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G5/01 ua., auf.

II. Die belangte Behörde hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid ist daher ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung (§19 Abs4 Z3 VerfGG) aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 4.500 S enthalten.

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