Normen
StGG Art2
Nö BauO 1996 §6
Nö BauO 1996 §48
VfGG §88
StGG Art2
Nö BauO 1996 §6
Nö BauO 1996 §48
VfGG §88
Spruch:
I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den ersten Halbsatz des Spruches des angefochtenen Bescheides im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 14.750,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde, soweit diese sich auch gegen den zweiten Halbsatz des Spruches des Bescheides richtet, abgelehnt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
A. I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 950/1, KG Vösendorf. Sie betreibt auf diesem Grundstück eine gewerbebehördlich genehmigte Kaffeerösterei. Der maßgebliche Flächenwidmungsplan (Beschluss des Gemeinderats der Marktgemeinde Vösendorf vom 19. Dezember 1994, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. März 1995) sieht für das Grundstück Nr. 950/1, auf dem sich der Gewerbebetrieb befindet, die Widmung "Bauland-Kerngebiet", für die benachbarten Grundstücke Nr. 1044/1 bis 1044/9, KG Vösendorf die Widmung "Grünland-Kleingärten" vor.
2.1. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Vösendorf erteilte mit Bescheid vom 30. März 1998 die Baubewilligung zur Errichtung der Kleingartensiedlung "Mitterberggasse" samt Kanalprojekt auf den Grundstücken Nr. 1044/1 bis 1044/9 sowie 1044/11 bis 1044/23 und 1044/26, je KG Vösendorf. Die Einwendungen der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft betreffend die Emissionen ihres Betriebes und den Flächenwidmungsplan wurden als unbegründet abgewiesen, da diese nicht die Behauptung der Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß §6 Abs2 NÖ Bauordnung 1996 beinhaltet hätten. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Vösendorf wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 28. Mai 1998 als unbegründet ab.
2.2. Mit dem ersten Halbsatz des angefochtenen Bescheides wies die Niederösterreichische Landesregierung die dagegen erhobene Vorstellung, soweit sie sich gegen die Bauvorhaben auf den Grundstücken Nr. 1044/1 bis 1044/9 richtet, als unbegründet ab; im Übrigen wurde die Vorstellung mit dem zweiten Halbsatz als unzulässig zurückgewiesen. Gestützt wird dieser Bescheid insbesondere darauf, dass Nachbarn nur dann im Baubewilligungsverfahren Parteistellung haben bzw. erlangen, wenn sie einerseits Nachbarn gemäß §6 Abs1 NÖ Bauordnung 1996 sind und andererseits durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs2 dieser Bestimmung erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden und diese Rechte spätestens in der Bauverhandlung geltend machen.
Die Errichtung der Kleingartenanlage setze sich zusammen aus technisch und rechtlich trennbaren einzelnen Bauwerken, sodass das gesamte Projekt kein unteilbares Ganzes darstelle. Hinsichtlich der mit Kleingartenhäusern zu bebauenden Grundstücke Nr. 1044/11 bis 1044/23 habe die beschwerdeführende Gesellschaft gemäß §6 Abs1 NÖ Bauordnung 1996 keine Parteistellung, da die genannten Grundstücke nicht an ihr Grundstück angrenzen, zumal noch Baugrundstücke dazwischen liegen. Es fehle ihr bezüglich dieser Bauvorhaben die Rechtsmittellegitimation. Daran ändere auch die bisher ergangene Sachentscheidung nichts. Im Gegensatz dazu könne die beschwerdeführende Gesellschaft bezüglich der Grundstücke Nr. 1044/1 bis 1044/9 durch die Erhebung rechtzeitiger Einwendungen Parteistellung erlangen. Es sei jedoch zwischen der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren und den einzelnen Rechten des Nachbarn zu unterscheiden. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe im Wesentlichen vorgebracht, dass ihr Gewerbebetrieb Emissionen von Lärm, Geruch, Staub, Abgasen, Erschütterungen, Blendungen und Spiegelungen verursache, die für die zukünftigen Benutzer der Kleingartenhäuser über das ortsübliche Ausmaß hinausgehen und diese unzumutbar belästigen würden. Deshalb müsse die beschwerdeführende Gesellschaft mit der Erteilung von für sie belastenden Auflagen gemäß §79 Abs2 GewO rechnen.
Die belangte Behörde verwies im bekämpften Bescheid auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es im Zusammenhang mit Immissionsschutz auf die Belästigungen, die vom Baugrundstück ausgehen, und daher nur auf dessen Widmung ankomme. Auch aus dem Wortlaut und dem Sinn des §6 Abs2 iVm §48 NÖ Bauordnung 1996 gehe hervor, dass nur solche Emissionen Gegenstand von subjektiv-öffentlichen Rechten der Nachbarn sein können, die vom beantragten Bauvorhaben selbst ausgehen. Weiters wird im bekämpften Bescheid ausgeführt, dass Immissionen auch dann noch als zumutbar angesehen werden müssen, wenn sie sich im Rahmen des in der Widmungs- und Nutzungsart Bauland-Kerngebiet sonst üblichen Ausmaßes halten. Bei der Errichtung einer Wohnung im Nahbereich dieser Widmung habe die Bevölkerung eine solche Beeinträchtigung durch Betriebe hinzunehmen. Eine Berufung auf §79 Abs2 GewO sei nicht nachvollziehbar, da die dort aufgezählten Belästigungen und Gefahren in der Widmungs- und Nutzungsart Bauland-Kerngebiet gar nicht zulässig seien. Daher käme der beschwerdeführenden Gesellschaft selbst im Falle der "Zweiseitigkeit kein Recht auf Gefährdung der Nachbarschaft zu". Ausgehend vom Grundsatz der Kompetenztrennung habe sich die Baubehörde auch nicht mit künftigen Vorschreibungen in einem gewerberechtlichen Verfahren auseinander zu setzen. Auflagen nach §79 Abs2 GewO hätte die Gewerbebehörde bereits allenfalls anlässlich der Errichtung der Kleingartenhäuser auf den Grundstücken Nr. 1044/11 bis 1044/23, bezüglich derer der beschwerdeführenden Gesellschaft aufgrund der Lage jedenfalls keine Parteistellung im Bauverfahren zukomme, erteilen müssen. Mit den Einwendungen betreffend die unzulässige Gebäudehöhe und Bebauungsweise hat die beschwerdeführende Gesellschaft zwar Parteistellung erlangt, aber keine Rechtsverletzung aufgezeigt.
3. In der vorliegenden auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (Flächenwidmungsplan, §6 Abs1 NÖ BauO 1996) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der Beschwerde beantragt. Durch die Grundstücksteilung, das nunmehrige Bestehen sehr vieler kleiner Grundstücke im Nahbereich, die jedoch nicht unmittelbar an die Betriebsanlage angrenzen und durch die Bestimmung des §6 Abs1 Z3 NÖ Bauordnung 1996, habe der beschwerdeführende Nachbar in vielen Fällen keinerlei Rechte. Eine Bestimmung, die subjektiv-öffentliche Rechte eines Anrainers nur an die Tatsache der gemeinsamen Grundstücksgrenze oder an eine Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche anknüpfe, sei unsachlich.
4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie ua. auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verweist und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. 1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem richtungsweisenden Erkenntnis VfSlg. 12.468/1990 zu §6 Abs8 der Wiener Bauordnung erkannt hat, ist einer Vorschrift, die die Errichtung von Betrieben in Wohngebieten beschränkt, ein allgemeiner Grundsatz zu entnehmen, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen will. Erfasst man die Regelung nach dem evidenten Zweck, so fehlte es an einer sachlichen Rechtfertigung für die Annahme, dass eine vom Gesetz verpönte schwer wiegende Beeinträchtigung ausschließlich dann zu unterbinden ist, wenn die Quelle der Emissionen geschaffen werden soll, nicht hingegen in dem bloß durch die zeitliche Abfolge verschiedenen Fall, dass sie bereits besteht und erst durch die Errichtung von Wohnhäusern ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Aussagen in den Erkenntnissen VfSlg. 13.210/1992 (zu §23 Abs2 OÖ Bauordnung), VfSlg. 14.943/1997 (zu §134 Abs3 und §134a der Bauordnung für Wien), VfSlg. 15.188/1998 (zu §21 Abs2 der Kärntner Bauordnung 1992) und VfSlg. 15.691/1999 zu §26 Stmk. BauG wiederholt.
Diese Judikatur hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. Juni 2000, B224/98, B446/98, B447/98, B778/98, auf §30 Tiroler Bauordnung 1989 angewendet und diese Bestimmung ebenfalls dahingehend ausgelegt, dass sie Einwendungen des Betriebsinhabers gegen eine heranrückende Wohnbebauung zulässt.
2. Im gegenständlichen Fall hat die Niederösterreichische Landesregierung §6 iVm §48 Niederösterreichische Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, idF: NÖ BauO 1996, so ausgelegt, dass sich der Inhaber eines Gewerbebetriebes nicht gegen eine heranrückende Wohnbebauung durch eine Kleingartensiedlung zur Wehr setzen könne.
Der Nachbar könne insoweit subjektiv-öffentliche Rechte geltend machen, als er sich auf von den zu bebauenden Grundstücken ausgehende Immissionen berufe; auch seien aufgrund der in der Widmungskategorie "Bauland-Kerngebiet" zulässigen Emissionen keine in §79 Abs2 GewO aufgezählten Belästigungen und Gefahren zu erwarten. Letztere würden auch im Falle ihres - unerwarteten - Auftretens bereits aufgrund der bewilligten Kleingartenprojekte, bezüglich derer der beschwerdeführenden Gesellschaft keine Parteistellung zukomme, Auflagen nach der Gewerbeordnung nach sich ziehen.
Die belangte Behörde begründet ihre Rechtsauffassung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und zitiert ua. die Erkenntnisse Z90/06/0123 vom 6. Dezember 1990 und Z92/06/0192 vom 9. März 1993. Weiters geht sie davon aus, dass die Aufzählung der Nachbarrechte in §6 Abs2 NÖ BauO 1996 erschöpfend sei und der Wortlaut iVm §48 leg. cit. erkennen lasse, dass nur die vom geplanten Projekt ausgehenden Emissionen zu berücksichtigen seien.
Die Beschwerde erweist sich im Ergebnis als gerechtfertigt, da der belangten Behörde ein in die Verfassungssphäre reichender Vollzugsfehler unterlaufen ist, der auch nicht dadurch beseitigt werden kann, dass die Behörde abweichend von ihrer Rechtsansicht, dass das beanspruchte Recht der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht in §6 Abs2 NÖ BauO 1996 enthalten sei, inhaltlich "ergänzend" auf die zu erwartende Beeinträchtigung durch den Betrieb und die Wahrscheinlichkeit von Auflagen gemäß §79 Abs2 GewO eingegangen ist.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
3. §§6, 48 NÖ BauO 1996, LGBL. 8200-0, lauten:
"§6
Parteien, Nachbarn und Beteiligte
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach §32, §33 Abs2, §34 Abs2 und §35 haben Parteistellung bzw. können erlangen:
1. der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerks
2. der Eigentümer des Baugrundstücks
3. die Eigentümer der Grundstücke, die mit dem Baugrundstück eine gemeinsame Grenze haben oder von diesen durch eine öffentliche Verkehrsfläche, ein Gewässer oder einen Grüngürtel mit einer Breite bis zu 14 m getrennt sind (Nachbarn), und
4. die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z. 2 und 3, z.B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller, Kanalstrang (Nachbarn).
Nachbarn werden nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Im Baubewilligungsverfahren werden sie nur dann Parteien, wenn sie diese Rechte spätestens in der Bauverhandlung geltend machen. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs1 Z. 4) sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§63) ergeben, gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§4 Z. 9) der Gebäude der Nachbarn dienen.
(3) Bei gewerblichen Betriebsanlagen werden im baubehördlichen Verfahren subjektiv-öffentliche Rechte nur nach Abs2 Z.3 begründet.
(4) Grenzt eine Straße (§1 des NÖ Landesstraßengesetzes, LGBl. 8500) an das Baugrundstück, dann hat der Straßenerhalter Parteistellung im Sinne des Abs1. Abweichend davon darf der Straßenerhalter nur jene Rechte geltend machen, die die Benützbarkeit der Straße und deren Verkehrssicherheit gewährleisten. §21 Abs6 gilt sinngemäß.
§48
Immissionsschutz
(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen
1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.
(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Bauwerke und deren Benützung verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen auswirken. Die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungs- und Nutzungsart ist dabei zu berücksichtigen."
Gemäß §1 Abs2 Z1 litc Niederösterreichisches Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-10 (idF: NÖ ROG 1976), ist generelles Leitziel der Raumordnung, die Ordnung der einzelnen Nutzungen in der Art vorzunehmen, dass gegenseitige Störungen vermieden werden und sie jenen Standorten zugeordnet werden, die dafür die beste Eignung besitzen. Gemäß §14 Abs2 Z9 NÖ ROG 1976 dürfen Wohnbauland und Sondergebiete mit besonderem Schutzbedürfnis nur außerhalb von Störungseinflüssen angeordnet werden. Gemäß §2 Z1 NÖ Kleingartengesetz, LGBl. 8210-3 sind Kleingärten Grundflächen, die für eine nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung und für Zwecke der Erholung bestimmt sind. Gemäß §16 Abs1 Z1 NÖ ROG 1976 dürfen im Wohngebiet Gebäude, die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienen sowie Betriebe, welche in das Ortsbild einer Wohnsiedlung eingeordnet werden können und keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- oder Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkung auf die Umgebung verursachen, errichtet werden. Gemäß §6 Abs1 NÖ Keingartengesetz dürfen in Kleingartenanlagen an Gebäuden nur Kleingartenhütten und die für die widmungsgemäße Nutzung erforderlichen Gemeinschaftsanlagen errichtet werden. In jedem Kleingarten darf nur eine Kleingartenhütte errichtet werden. Nebengebäude sind nicht zulässig. Das NÖ ROG 1976 enthält also ebenfalls Regelungen, denen als allgemeines Ziel einerseits die Sicherstellung der Qualität der Wohnverhältnisse, andererseits aber auch der Erholungsmöglichkeiten in Kleingartenanlagen zu entnehmen ist. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Errichtung von Gebäuden sind in Kleingartenanlagen jedoch noch wesentlich strenger als in Wohngebieten.
Auszugehen ist von den genannten Vorerkenntnissen zur Frage der heranrückenden Wohnbebauung - in Wohngebieten - und der Tatsache, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Errichtung von Gebäuden auf Grundstücken mit der Widmung "Grünland-Kleingärten" zur Sicherung des Erholungscharakters und der - wenn auch nicht ganzjährigen - Nutzung zu Wohnzwecken noch strenger sind. Daher kommt der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Bestimmung des §6 Abs2 Z2 iVm §48 NÖ BauO 1996 (wonach "subjektiv-öffentliche Rechte (...) durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, (...) die den Schutz vor Immissionen (§48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§63) ergeben") in Verbindung mit den widmungsrechtlichen Bestimmungen auch den Fall des Inhabers einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage erfasst, in dessen unmittelbarer Nähe ein Wohnhaus bzw. ein Kleingartenhaus errichtet werden soll. Denn möglicherweise erweist sich eine widmungsgemäße Verwendung der Baugrundstücke in Folge der Emissionen des Betriebes als nicht möglich. §6 Abs2 NÖ BauO 1996 enthält eine taxative Aufzählung subjektiv-öffentlicher Rechte, die in einer Bestimmung dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen begründet sind, die den Schutz vor Immissionen gewährleisten. Auch die Bestimmung des §48 NÖ BauO 1996 enthält keinen im Widerspruch zu dieser Annahme stehenden Wortlaut. Einerseits dient diese Bestimmung nicht ausschließlich der Erteilung von Auflagen betreffend das zu bewilligende Bauvorhaben, sondern betrifft auch Emissionen die von einem - wenn auch schon früher bewilligten - Bauwerk ausgehen. Sie kann auch die Grundlage für die Erteilung von Auflagen für das Bauvorhaben zum Schutz vor von einem bereits errichteten Bauwerk ausgehenden Emissionen sein. Die in Abs2 dieser Bestimmung geregelte Frage, ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, knüpft daran an, wie sich die durch die Bauwerke und deren Benützung verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf einen gesunden, normal empfinden Menschen auswirken. Diese Regelung ist bei verfassungskonformer Interpretation auch so zu verstehen, dass sie einen Schutz davor bietet, dass derartige Immissionen im Wohngebiet oder Kleingartengebiet dadurch entstehen, dass in der Nähe eines emittierenden Betriebes ein Wohnhaus oder eine Kleingartenhütte errichtet wird.
4. Da die belangte Behörde von einem sachlich nicht begründbaren und daher auch gleichheitswidrigen Verständnis der zitierten Gesetzesstellen ausgegangen ist, hat sie die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher im näher bezeichneten Umfang schon deshalb aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Betrag sind - entsprechend dem teilweisen Obsiegen -
S 11.250,- an Pauschalgebühr, S 2.250,- an Umsatzsteuer und S 1.250,-
an Eingabegebühr enthalten.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
B. Soweit sich die Beschwerde gegen den zweiten Halbsatz des Spruches des Bescheides richtet, wird ihre Behandlung aus folgenden Gründen abgelehnt:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art144 Abs2 B-VG).
Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.
Ihr Vorbringen lässt vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Einräumung der Parteistellung und Ausgestaltung der Parteirechte im Verwaltungsverfahren vgl. VfSlg. 8279/1978, 10.844/1986) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VerfGG 1953).
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