Normen
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
EStG 1988 §124b Z48 idF Art7 Z35 BudgetbegleitG 2001
EStG 1988 §3 Abs1 Z4 idF Art7 Z2 BudgetbegleitG 2001
VfGG §19 Abs3 Z2
ZPO §193
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
EStG 1988 §124b Z48 idF Art7 Z35 BudgetbegleitG 2001
EStG 1988 §3 Abs1 Z4 idF Art7 Z2 BudgetbegleitG 2001
VfGG §19 Abs3 Z2
ZPO §193
Spruch:
Die Verhandlung wird für geschlossen erklärt.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Mit ihrem am 9. März 2001 beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehren 64 Mitglieder des Nationalrates
- Art7 Z2 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr 142/2000, betreffend den Entfall des §3 Abs1 Z4 litc EStG 1988, sowie
- die Wendung '§3 Abs1 Z4,' in §124b Z48 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, idF des Art7 Z35 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr 142/2000,"
als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Gemäß §25 Abs1 Z1 litc EStG 1988 zählen Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) iS des §2 Abs3 Z4 EStG 1988. "Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung" waren jedoch durch §3 Abs1 Z4 litc EStG 1988 einkommensteuerfrei gestellt worden.
Art7 Z2 Budgetbegleitgesetz 2001 hob nun die litc des §3 Abs1 Z4 EStG 1988, somit jene Vorschrift, die diese Einkommensteuerfreiheit statuiert hatte, auf. §3 Abs1 Z4 EStG 1988 lautete sodann wie folgt:
"2. ABSCHNITT
Steuerbefreiungen
§3. (1) Von der Einkommensteuer sind befreit:
... (Z 1-3)
4. a) das Wochengeld und vergleichbare Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen
b) Erstattungsbeträge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung für Kosten der Krankenheilbehandlung und für Maßnahmen der Rehabilitation sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen
c) (aufgehoben)
d) Sachleistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung oder aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die der inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht
e) Übergangsgelder aus der gesetzlichen Sozialversicherung.
... (Z 5 ff)"
In den §124b wurde die folgende - hier verkürzt wiedergegebene - Z48 eingefügt:
"48. §3 Abs1 Z4, (...), jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2000, sind anzuwenden, wenn
- die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2001;
- die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, erstmalig für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2000 enden."
ArtI Z1a Euro-Steuerumstellungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 59/2001 (ausgegeben am 26. Juni 2001), fügte in §3 Abs1 Z4 EStG 1988 von neuem eine litc ein, mit der bestimmte Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung wiederum für einkommensteuerfrei erklärt wurden. §3 Abs1 Z4 litc EStG 1988 hat nunmehr folgenden Wortlaut:
"c) Erstattungsbeträge für Kosten im Zusammenhang mit der Unfallheilbehandlung oder mit Rehabilitationsmaßnahmen, weiters einmalige Geldleistungen, soweit nicht Ansprüche auf laufende Zahlungen abgefunden werden, aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, oder aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbstständig Erwerbstätigen".
Auch §124b Z48 EStG 1988 wurde geändert. Der darin enthaltene - im vorliegenden Antrag angefochtene - Ausdruck "§3 Abs1 Z4," wurde ersetzt durch die Wortfolge:
"§3 Abs1 Z4 litc in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 sowie".
3. Im Hinblick auf die soeben wiedergegebene Neufassung des §3 Abs1 Z4 litc sowie des §124b Z48 EStG 1988 durch das Euro-Steuerumstellungsgesetz 2001 lud der Verfassungsgerichtshof mit Verfügung vom 6. Juli 2001 sowohl die Bundesregierung als auch die Antragsteller ein, sich binnen sechs Wochen zu den Konsequenzen des genannten Gesetzes für die weitere Zulässigkeit des Antrags zu äußern.
3.1. Die Bundesregierung erstattete innerhalb der gesetzten Frist eine Äußerung, in der sie (primär) beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge den Antrag zur Gänze als unzulässig zurückweisen. Dies wird wie folgt begründet:
"... Das Inkrafttreten der vom Nationalrat einstimmig beschlossenen Neufassung des §3 Abs1 Z4 litc EStG 1988 an dem der Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag hat bewirkt, dass Art7 Z2 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 nicht (mehr) in der angefochtenen Fassung in Geltung steht. Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine nicht mehr in Geltung stehende Gesetzesbestimmung nicht (mehr) Gegenstand eines zulässigen Antrages eines Drittels der Mitglieder des Nationalrats sein kann (vgl. hiezu jüngst VfGH 16. März 2000, G150/00 und VfGH 28. Juni 2001, G72/00), erweist sich der vorliegende Antrag hinsichtlich der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung als unzulässig.
... Das Inkrafttreten der in Rede stehenden Bestimmung hat
überdies zur Folge, dass der in §124b Z48 EStG 1988 angefochtenen
Wendung '§3 Abs1 Z4' nunmehr ... ein anderer normativer Gehalt
beizumessen ist, der zwangsläufig dazu führt, dass auch dem diese Wendung enthaltenden §124b Z48 EStG 1988 eine andere rechtliche Bedeutung zukommt als vor Inkrafttreten der in Rede stehenden Gesetzesnovelle. Angesichts dieser Änderung der Rechtslage dürfte aber im Lichte der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch die Anfechtung dieser Bestimmung nicht (mehr) zulässig sein, weil es im Hinblick auf die möglicherweise sogar identischen Auswirkungen auf die materielle Rechtslage nicht einsichtig wäre, eine für die Zulässigkeit eines Gesetzesprüfungsantrages entscheidende Unterscheidung danach zu treffen, ob eine Bestimmung als solche oder ('nur') hinsichtlich der in ihr enthaltenen Verweisung geändert wird."
3.2. Die Antragsteller erstatteten innerhalb der gesetzten Frist weder auf Grund der hg. Verfügung vom 6. Juli 2001 noch zu der ihnen übermittelten Äußerung der Bundesregierung eine Stellungnahme.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß dem zweiten Satz des Art140 Abs1 B-VG ist ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates berechtigt, die Verfassungswidrigkeit bundesgesetzlicher Bestimmungen vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Die einschreitenden 64 Abgeordneten zum Nationalrat verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates. Dem genannten Antragserfordernis ist somit entsprochen.
Wie sich allerdings aus Art140 Abs4 B-VG ergibt - wonach der Verfassungsgerichtshof, wenn die bekämpfte Gesetzesbestimmung bei Fällung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses bereits außer Kraft getreten ist, nur dann den Ausspruch treffen kann, daß die bekämpfte Norm verfassungswidrig war, wenn das Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes oder eines einzelnen eingeleitet wurde -, ist ein von Mitgliedern des Nationalrates eingebrachter Antrag als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (vgl. die im hg. Beschluß vom 28. Juni 2001, G72/00, unter Pkt. 3.b) angeführte Rechtsprechung).
2. Der Antrag wendet sich gegen den durch Art7 Z2 Budgetbegleitgesetz 2001 verfügten Entfall des §3 Abs1 Z4 litc EStG 1988 (idF BGBl. Nr. 28/1991) sowie gegen die zugehörige Inkrafttretensbestimmung des §124b Z48 EStG 1988 idF des Art7 Z35 Budgetbegleitgesetz 2001.
Da - wie soeben (Pkt. I.1.) dargelegt - sowohl die Z2 als auch die Z35 des Art7 Budgetbegleitgesetz 2001 (letztere in dem bekämpften Umfang) seit dem Inkrafttreten des Euro-Steuerumstellungsgesetzes 2001 am 27. Juni 2001 nicht mehr in Geltung stehen, können sie auch nicht (mehr) Gegenstand eines zulässigen Antrags eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates sein. Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe die zur Aufhebung beantragten Gesetzesvorschriften "in der erweislichen oder doch vom Ergebnis her erschließbaren Absicht (geändert), ein anhängiges Gesetzesprüfungsverfahren ganz oder teilweise zu vereiteln" (idS VfSlg. 10.091/1984 (S 707)), was im Hinblick auf das Ziel des Art140 B-VG, eine umfassende Kontrolle der Legislativakte auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu gewährleisten, als verfassungswidrig zu werten wäre, bestehen nicht (vgl. auch VfSlg. 14.802/1997 (S 397)), zumal mit dem Euro-Steuerumstellungsgesetz 2001, soweit es die bekämpften Vorschriften neu gefaßt hat, wohl in erster Linie ein legistisches Versehen bereinigt werden sollte, das zu einer - gemessen an der Absicht des Gesetzgebers des Budgetbegleitgesetzes 2001 - überschießenden Regelung geführt hat.
Der Antrag war daher schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.
3. Da dieser Zurückweisungsgrund (vgl. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953) erst nach Vertagung der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2001 hervorgekommen ist, war es entbehrlich, diese fortzusetzen, zumal §19 Abs3 Einleitungssatz iVm Z2 VerfGG 1953 allgemein bestimmt, daß unzulässige Anträge "ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung" zurückzuweisen seien; diese Besonderheit des verfassungsgerichtlichen Verfahrens führt - arg. a maiori ad minus - dazu, daß in einem solchen Fall - abweichend von §193 ZPO - auch der Beschluß auf Schließung der mündlichen Verhandlung auf die gleiche Weise gefaßt und in die schriftliche Ausfertigung des das Verfahren beendenden Beschlusses aufgenommen werden kann.
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