VfGH B1635/99

VfGHB1635/9919.6.2000

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Erweiterung eines bereits eingeleiteten Disziplinarverfahrens

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BDG 1979 §94
BDG 1979 §123
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BDG 1979 §94
BDG 1979 §123

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer steht als Finanzbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 2.10.1998 war gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren eingeleitet (und unterbrochen) worden. Mit einem weiteren Beschluss der genannten Disziplinarkommission vom 17.2.1999 wurde dieses Disziplinarverfahren - auf Grund der ergänzenden Disziplinaranzeige der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 12.2.1999 - in Anwendung des §123 Abs1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 erweitert. Nach dem zuletzt genannten Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen (GZ 01 036/17-DK/98) bestehe der Verdacht, der Beschwerdeführer habe schuldhaft seine Dienstpflichten gemäß §43 Abs1, §45 Abs1 und Abs2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 iVm §52 BAO und §8 Z1 lita AVOG verletzt, weil er in seiner Funktion als Vorstand des Finanzamtes Salzburg-Land bei einer abgabepflichtigen Firma eine beratende Tätigkeit aus sachfremden Motiven ausgeübt habe, die über die gewöhnliche Informationspflicht gegenüber Parteien hinausgeführt habe und für die eine sachliche Zuständigkeit des Finanzamtes Salzburg-Land gar nicht gegeben gewesen sei. Dadurch habe er eine Weiterleitung an das sachlich zuständige Finanzamt Salzburg-Stadt für einen Zeitraum von rd. 4 1/2 Monaten verzögert. Weiters habe er auf einer steuerlichen Erfassung der betreffenden Firma beim Finanzamt Salzburg-Land bestanden. Nachdem diese Erfassung von der Leiterin der Veranlagungsleitstelle beim Finanzamt Salzburg-Land verweigert wurde, habe er die am Finanzamt Salzburg-Land befindlichen Unterlagen der Firma wiederum an sich genommen und ihre Weiterleitung an das sachlich zuständige Finanzamt um weitere rd. 4 Monate verzögert. Auch in diesem Zeitraum habe er Rechtsauskünfte an die betreffende Firma erteilt und weitere Mitteilungen ihres steuerlichen Vertreters entgegengenommen.

1.2.1. Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt gab mit ihrem Bescheid vom 30.6.1999 der Berufung des Beschwerdeführers gegen den (Erweiterungs)Beschluss der Disziplinarkommission (vom 17.2.1999) nicht Folge.

1.2.2. Der Bescheid der Berufungskommission wird wörtlich ua. wie folgt begründet:

"Die Disziplinarkommission muss bei Fällung ihres Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber erzielen, ob ein bestimmter Beamter sich einer Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht hat, weil für die Erhebung dieser Frage das ordentliche Verfahren vorgesehen ist; erst für dieses ist ausdrücklich normiert, dass der Sachverhalt 'ausreichend' und nicht mehr nur vorläufig zu klären ist. Beim Einleitungsbeschluss handelt es sich daher noch um eine Entscheidung im Verdachtsbereich.

...

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf eine Disziplinaranzeige, deren Grundlage umfangreiche Ermittlungen der Dienstbehörde I. Instanz bilden.

Für die Berufungskommission steht es nicht in Frage, dass die Disziplinarkommission berechtigt war, auf Grund dieser Ermittlungen vom Vorliegen eines begründeten Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen durch den (Berufungswerber-)BW auszugehen, zumal nach eigener Aussage des BW zwischen ihm und dem verschiedentlich für H bzw. die C auftretenden Wirtschaftstreuhänder Dr. E ein Freundschaftsverhältnis bestand.

Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit seine Auskünfte eine rechtliche Bindung der zuständigen Abgabenbehörde bewirkt haben könnten - hier ist dem BW zuzugestehen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ... eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben allenfalls folgende Bindung an eine erteilte Auskunft immer nur diejenige Behörde treffen kann, die die entsprechenden Auskünfte und Zusagen erteilt hat - bildet eine bewusste Hinwegsetzung über gesetzliche Zuständigkeitsregelungen seitens eines Amtsvorstandes schon wegen der negativen Beispielswirkung gegenüber seinen Mitarbeitern eine disziplinarrechtlich erhebliche Verletzung von Dienstpflichten.

Dies gilt auch für den Verdacht, dass der BW in diesem Fall die Grenzen der Auskunftspflicht in die Richtung der eines rechtsberatenden Vertreters vergleichbaren aktiven Beratung der Partei in einem Fall überschritten habe, in dem er - falls er nicht wider besseres Wissen eine fehlende Zuständigkeit beanspruchte - sich zumindest für zuständig hielt, ohne Konsequenzen aus der damit verbundenen Befangenheit zu ziehen.

Die dargestellten verdachtsgegenständlichen Handlungsweisen sind zweifellos auch geeignet, dass Ansehen der Finanzverwaltung in der Öffentlichkeit nachhaltig zu schädigen.

Offen zutageliegende Umstände für das Vorliegen von Einstellungsgründen waren nicht ersichtlich.

Wie bereits oben dargestellt, wurden dem BW die Ermittlungsergebnisse der FLD für Salzburg mit Schreiben vom 21.1.1999 samt Beilagen zur Kenntnis gebracht und er zu einer Stellungnahme bis 8.2.1999 aufgefordert. Statt einer inhaltlichen Stellungnahme forderte der BW jedoch mit Fax vom 8.2.1999 eine Fristverlängerung bis 17.2.1999. Nachdem diese Fristverlängerung nicht gewährt wurde und der BW statt dessen zu einer Einvernahme für den 12.2.1999 geladen wurde, gab der BW am 11.2.1999 bekannt, dass er am 12.2.1999 auf Urlaub sei. Diese Vorgangsweise kann in ihrer Gesamtheit im Einklang mit den Ausführungen der Disziplinarkommission nur als bewusster Versuch einer Verfahrensverzögerung gewertet werden. Eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör kann unter diesen Umständen nicht zugrundegelegt werden.

...

Der vom BW erhobene Einwand der Verjährung vermag der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen: ... Gemäß §94 Abs1

Z1 BDG ist ... entscheidend, wann eine Dienstpflichtverletzung der Disziplinarbehörde zur Kenntnis gelangt. Dafür, dass dies vor der Aussage von G P am 28. August 1998 der Fall gewesen sei, hat der BW keine konkreten Anhaltspunkte genannt und sind solche auch im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Eine Verjährung hätte somit frühestens am 28. Februar 1999 eintreten können. Der angefochtene Bescheid wurde jedoch tatsächlich am 17. Februar 1999 erlassen und ist am 19. Februar 1999 dem BW zugestellt worden. Dem BW ist hier offensichtlich eine Verwechslung mit dem Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission vom 23. März 1999 ... unterlaufen.

...

In seiner Berufung gegen den angefochtenen Bescheid hat der BW darüber hinaus die Richtigkeit zahlreicher Feststellungen der Dienstbehörde I. Instanz bestritten bzw. diese Feststellungen durch weiteres Vorbringen ergänzt sowie den Schlussfolgerungen der Dienstbehörde I. Instanz eigene - für ihn günstigere - entgegengestellt. Insbesondere habe er Gründe gehabt, seine Zuständigkeit als gegeben ansehen zu können, keine rechtswidrigen Auskünfte erteilt bzw. Weisungen gegeben, mangels von der M eingereichter Abgabenerklärungen könne kein Schaden entstanden sein, er sei weder gegenüber Dr. E noch der M befangen gewesen und habe auch die von Dr. T wiedergegebene Äußerung so nicht gemacht.

Der Ort, all dies zu würdigen, ist aber nach dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, wie er sich im Lichte von Lehre und Rechtsprechung darstellt, das ordentliche Disziplinarverfahren selbst, nicht aber das Verfahren zur Erlassung des Einleitungsbescheides bzw. das Verfahren über eine Berufung gegen diesen Bescheid.

Da sohin offen zutageliegende Umstände für das Vorliegen von Einstellungsgründen auch im Verfahren vor der Berufungskommission nicht hervorgekommen sind, konnte der Berufung keine Folge gegeben werden."

1.3.1. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

1.3.2. In der Beschwerdeschrift finden sich ua. die folgenden Ausführungen:

"Die belangte Behörde läßt ... in bedenklicher Weise eine Auseinandersetzung mit dem umfassenden Vorbringen des Beschwerdeführers vermissen; sie führt das Berufungsverfahren über einen Einleitungsbeschluß überhaupt ad absurdum, wenn sie meint, daß in diesem Verfahren ohnedies nichts zu prüfen sei. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber ein derartiges Verfahren vorgesehen hat, bedeutet aber schon, daß auch im Einleitungsverfahren zumindestens zu prüfen ist - wie die Berufungsbehörde auch grundsätzlich richtig ausführt -, ob ein begründeter Verdacht einer Disziplinarverfehlung vorliege. Die Berufungsbehörde hat dabei selbst zu prüfen, ob ein solcher begründeter Verdacht aus der Aktenlage hervorgeht und nicht 'außer Frage zu stellen', daß die Disziplinarkommission erster Instanz berechtigt sei, von einem solchen auszugehen! Diese Ausführungen zeigen vielmehr, daß die Berufungsbehörde in einer dem Gesetz widersprechenden und selbst auferlegten Beschränkung ihrer Kognitionsbefugnis den Inhalt der Disziplinarsache gar nicht mehr - nicht einmal in Richtung eines für die Einleitung notwendigen begründeten Verdachtes - geprüft hat, sondern willkürlich die Ermittlungen ... der erstinstanzlichen Behörde als Grundlage herangezogen hat, ohne sich mit diesen selbst auch nur in geringster Weise auseinanderzusetzen. Der angefochtene Bescheid läßt damit jedes Eingehen auf den Sachverhalt und jede nachvollziehbare Beweiswürdigung vermissen, sodaß von einem krassen und gehäuften Verkennen der Rechtslage und der Verfahrensvorschriften ausgegangen werden muß.

Ein gleiches gilt betreffend das Ermittlungsverfahren: Wie im Sachverhalt geschildert, hat sich der (Beschwerdeführer-) BF keineswegs geweigert, eine umfassende Stellungnahme (zu immerhin 13 aufgeworfenen Fragepunkten) abzugeben, sondern lediglich eine Fristerstreckung bis 17.2.1999 begehrt, an welche Frist er sich selbst auch gehalten hat. In der Berufung hat er sich auch darüber beschwert erachtet, daß er kürzestfristig zu einer Stellungnahme geladen wurde, noch dazu für einen Zeitpunkt, zu dem er Urlaub eingetragen hatte. Zu diesen Verfahrensmängeln findet die Berufungsbehörde lediglich in tendenziöser Weise zu bemerken, daß anstelle einer inhaltlichen Stellungnahme zum 8.2.1999 der BF eine Fristverlängerung 'forderte' (von einer Forderung kann aufgrund der Textierung des Schreibens keineswegs die Rede sein); nachdem die Fristverlängerung nicht gewährleistet worden sei und der BF zu einer Einvernahme für den 12.2.1999 geladen worden sei, habe er am 11.2. bekannt gegeben (immerhin am Tag nach Erhalt der Ladung), daß er am 12.2. auf Urlaub sei. Diese Vorgangsweise könne nur als bewußter Versuch einer Verfahrensverzögerung gewertet werden; eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör könne unter diesen Umständen nicht zugrunde gelegt werden.

Auch diese 'Beweiswürdigung' ist grob willkürlich und unsachlich: Eine Stellungnahmefrist vom 21.1. bis 8.2. ist in Anbetracht des Umfanges der Vorhalte keineswegs als jedenfalls ausreichend zu betrachten, zumal auch Akteneinsicht und die Nachforderung eines nicht beigelegten Schreibens, auf das im Text Bezug genommen wurde, notwendig waren. Wie auch immer, geht es nicht an, in der Folge den BF während seines Urlaubes zu laden, noch dazu unter 2-tägiger Frist. Wäre die Sache im übrigen wirklich so dringend gewesen, hätte der Bescheid noch am 12.2., also am Tag der Ladung, erlassen werden können; tatsächlich wurde dieser Bescheid erst am 17.2.1999 ausgestellt und am 19.2. zugestellt, also zu einem Zeitpunkt, als die erstinstanzliche Behörde die Stellungnahme vom 17.2. bereits hatte, die am genannten Tag dorthin im Wege der Fernablichtung übermittelt wurde. Der BF hat daher in keiner Weise eine Verzögerung zu verantworten, und wäre es ein Leichtes gewesen, diese Stellungnahme abzuwarten und zu verarbeiten - wenn sich nicht gerade die erstinstanzliche Behörde dieses ersparen wollte!

Die Berufungsbehörde hat sich aber weder damit noch mit der Stellungnahme inhaltlich auseinandergesetzt und somit den Verfahrensfehler der erstinstanzlichen Behörde zu ihrem eigenen gemacht. Auch in dieser krassen Verletzung von Verfahrensvorschriften ist daher eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz zu erblicken.

...

Mit Eingabe vom 26.4.1999 hat der BF mitgeteilt, daß aus dem Disziplinarakt hervorgehe, daß der komplette Sachverhalt bereits seit Anfang 1998 bekannt sei und spätestens seit Anfang September 1998 disziplinaranhängig sei; es sei somit Verjährung gem. §94 Abs1 Z1 BDG eingetreten.

Die belangte Behörde hat dies in ihrem Bescheid weder geprüft noch verarbeitet, sondern lediglich vorgebracht, daß kein Anhaltspunkt hervorgekommen sei, daß der Sachverhalt vor dem 28.8.1998, einer Aussage von Frau G P, hervorgekommen sei. Eine Verjährung hätte daher frühestens am 28.2.1999 eintreten können. Gerade aber die Aussage der Frau G P vom 28.8.1998 weist darauf hin, daß konkret zu bereits bestehenden Verdachtsmomenten befragt wurde. Sie hat ja nicht etwa einfach eine Mitteilung erstattet, sondern wurde bereits an diesem Tag als Zeugin vernommen. Die Verdachtsmomente müssen daher älter sein. Aufgrund der knappen Verjährungssituation (auch nach Meinung der Berufungsbehörde war 28.2.1999 Verjährungsstichtag, der Bescheid wurde am 19.2.1999 zugestellt) hätte daher in diese Richtung zumindestens geprüft werden müssen, ob der Sachverhalt nicht der Disziplinarbehörde bereits länger bekannt war und damit Verjährung vorliegt. Die belangte Behörde hat zu diesem Themenkomplex jegliches Beweis- und Ermittlungsverfahren unterlassen und damit neuerlich den Gleichheitssatz, aber eben auch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt."

1.4. Die Berufungskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdeausführungen entgegentritt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

2.1. Die hier in erster Linie maßgeblichen Bestimmungen des §123 (überschrieben mit "Verfahren vor der Disziplinarkommission; Einleitung") und des §94 (über die "Verjährung") des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979 , BGBl. 333, idF BGBl. I 1998/123, haben folgenden Wortlaut:

"§123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluss dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen den Beschluss, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, nicht einzuleiten oder einzustellen (§118 BDG 1979), ist die Berufung an die Berufungskommission zulässig.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein."

"§94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§123 Abs1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt

1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof,

2. für die Dauer eines Verfahrens vor der Berufungskommission,

2a. für die Dauer eines Verfahrens vor einem unabhängigen Verwaltungssenat über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,

3. für die Dauer eines bei einem Gericht, bei einem unabhängigen Verwaltungssenat oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

4. für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und

5. für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung

a) über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat,

b) des Staatsanwaltes über die Zurücklegung der Anzeige oder

c) der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens bei der Dienstbehörde.

(3) ...

(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs1 Z2 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist."

2.2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.

2.2.2. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (so insbesondere gegen §123 BDG 1979) keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt (vgl. etwa VfSlg. 15.287/1998) und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass die Berufungskommission dem BDG 1979 einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hätte, könnte der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn der Berufungskommission Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.

2.2.3. Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungsphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtspr.; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1982, 14.573/1996).

2.2.4. Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungsphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

Insbesondere trifft es nicht zu, dass sich die Berufungskommission selbst, wie der Beschwerdeführer sinngemäß meint, in tatsachenmäßiger Hinsicht mit den Voraussetzungen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens (hier dessen Erweiterung) gegen den Beschwerdeführer und damit auch mit dessen "umfassenden Vorbringen" überhaupt nicht auseinandergesetzt hätte. Ausgehend von ihrer keinesfalls als unvertretbar zu qualifizierenden grundsätzlichen Rechtsauffassung, bei der Fällung eines Einleitungsbeschlusses (iSd §123 BDG 1979) müsse "noch nicht völlige Klarheit darüber erzielt (werden), ob sich ein bestimmter Beamter einer Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht hat, weil für die Erhebung dieser Frage das ordentliche Verfahren vorgesehen ist" (vgl. Erk. VfSlg. 15.287/1998, wonach es für einen Einleitungsbeschluss hinreicht, dass ausreichende Verdachtsmomente bestehen, der Beamte habe ein disziplinär zu ahndendes Verhalten gesetzt), gelangte die Berufungskommission - ungeachtet der im Einzelnen konkret verwendeten Wortwahl, die der Beschwerdeführer primär im Auge haben dürfte - ersichtlich und nachvollziehbar zur Rechtsauffassung, dass auf Grund der Ergebnisse der umfangreichen, von der die Disziplinaranzeige erstattenden Dienstbehörde (1. Instanz) gepflogenen Ermittlungen der Verdacht begründet sei, der Beschwerdeführer habe sich als Amtsvorstand ua. durch "bewusste Hinwegsetzung über gesetzliche Zuständigkeitregelungen" und durch die Überschreitung der "Grenzen der Auskunftspflicht in die Richtung ...(einer) aktiven Beratung der Partei" unter Ausserachtlassung der einschlägigen Befangenheitsbestimmungen verschiedene Dienstpflichtverletzungen zu Schulden kommen lassen, und schloss daraus - in jedenfalls vertretbarer Weise -, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erweiterung des bereits eingeleiteten Disziplinarverfahrens gegeben seien. Schließlich ist auch die Auseinandersetzung der Berufungskommmission mit der Verjährungseinrede des Beschwerdeführers nicht als denkunmöglich zu bewerten.

Die getroffene behördliche Entscheidung ist - zusammenfassend - also nicht mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel, der eine Verletzung des Beschwerdeführers in den geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bewirkte, belastet. Ob der Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung - etwa in der Frage der Einhaltung der Vorschriften des §45 AVG seitens der belangten Behörde, im Besonderen der Bestimmungen über das Parteiengehör - zu Grunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, dass eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und dort angeführte Rechtspr.; VfSlg. 14.807/1977 uva.).

2.2.5. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.3. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

2.4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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