Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer haben sich als Eigentümer betroffener Liegenschaften in einem Enteignungsverfahren nach den §§17 bis 20 Bundesstraßengesetz 1971 durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Erstmals im Berufungsverfahren stellten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. November 1993 einen Antrag auf Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung sowohl für das Verfahren I. Instanz (Vertretungshandlungen im Zeitraum vom 1. Oktober 1992 bis 22. Oktober 1992) als auch für jenes II. Instanz (Vertretungshandlungen im Zeitraum 2. Dezember 1992 bis 26. März 1993). Mit dem Berufungsbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Juli 1994 wurde der erstinstanzliche Enteignungsbescheid, mit welchem eine Entschädigung in Höhe von S 257.248,-- festgesetzt wurde, zur Gänze bestätigt und die Frage des Ersatzes der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung einem eigenen Bescheid vorbehalten. Mit dem - mit der vorliegenden Beschwerde bekämpften - Kostenbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. August 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Ersatz der Kosten der anwaltlichen Vertretung im Umfang von S 94.104,72 im Enteignungsverfahren gemäß §74 AVG iVm §7 Abs3 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71/1954 idF BGBl. Nr. 297/1995, (im folgenden: EEG) abgewiesen und gleichzeitig auf der Grundlage der zuletzt genannten Bestimmung zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihnen durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstanden sind, eine Pauschalvergütung in Höhe von S 5.000,-- zuerkannt.
2. In der auf Artikel 144 B-VG gestützten Beschwerde gegen diesen Bescheid erachten sich die Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, nach Art6 Abs1 EMRK, auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK) sowie in ihren Rechten wegen Anwendung der - ihres Erachtens - verfassungswidrigen Bestimmung des §7 Abs3 EEG als verletzt und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde hat unter Aktenvorlage eine Gegenschrift erstattet, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet, hinsichtlich der von den Beschwerdeführern behaupteten Verfassungswidrigkeit des §7 Abs3 EEG auf
Artikel 18 Abs1 B-VG verwiesen und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat in einer Äußerung die Verfassungskonformität der Regelung des §7 Abs3 EEG ua. unter Hinweis darauf darzulegen versucht, daß eine Rückwirkung dieser Vorschrift auf vor dem Inkrafttreten des §7 Abs3 EEG gesetzte Vertretungshandlungen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen auszuschließen sei.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat unter anderem aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde am 18. Juni 1997 beschlossen, §7 Abs3 EEG auf seine Verfassungsmäßigkeit gemäß Artikel 140 B-VG zu überprüfen. Mit Erkenntnis vom 17. Juni 1998, G372/97 ua., hob er die genannte Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf.
III. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war, ohne daß des näheren darauf einzugehen war, daß die Anwendung der Vorschrift des §7 Abs3 EEG auf vor ihrem Inkrafttreten gesetzte Vertretungshandlungen aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig war (vgl. E. v. 17.6.1998, G372/97 ua., S 14).
Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
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