VfGH B3227/95

VfGHB3227/9510.10.1997

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Vorschreibung von Ankündigungsabgabe für Werbesendungen; kein Verstoß gegen den Anwendungsvorrang des EG-Rechts; kein Widerspruch zum freien Beschlußrecht der Gemeinde

Normen

Haushaltssatzung 1995 der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16.12.94
Tir AnkündigungssteuerG 1975 §3
FAG 1993 §15
Haushaltssatzung 1995 der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16.12.94
Tir AnkündigungssteuerG 1975 §3
FAG 1993 §15

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Bescheid vom 20. März 1995 schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck dem nunmehr beschwerdeführenden Österreichischen Rundfunk für Werbesendungen des Monats Feber 1995 Ankündigungsabgabe in betragsmäßig bestimmter Höhe vor. Die dagegen erhobene Berufung wies die Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck mit Bescheid vom 14. September 1995 unter Bezugnahme auf Bestimmungen des Ankündigungssteuergesetzes 1975, LGBl. für Tirol 28 idF LGBl. 74/1975, sowie der Haushaltssatzung 1995 der Landeshauptstadt Innsbruck (Gemeinderatsbeschluß vom 16. Dezember 1994) ab.

Dieser Berufungsbescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die beschwerdeführende Partei die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend macht und die Bescheidaufhebung begehrt.

Die belangte Berufungskommission hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Die Beschwerde ist nicht gerechtfertigt.

1. In weitwendigen Ausführungen wiederholt die beschwerdeführende Partei die im wesentlichen schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides erörterte Behauptung, daß Art33 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:

einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG) die Vorschreibung einer Ankündigungsabgabe hindere; hilfsweise regt sie ein Vorgehen nach Art177 EGV an.

Hiezu genügt es, auf das hg. Erk. G322,323/97 vom 4. Oktober 1997 hinzuweisen, welches die Besteuerung der Rundfunkwerbung im Geltungsbereich des NÖ AnzeigenabgabeG betrifft. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei der dort vertretenen, auch für die Rechtslage im vorliegenden Beschwerdefall zutreffenden Auffassung, daß der von der beschwerdeführenden Partei kritisierten Rechtsvorschrift der Anwendungsvorrang des EG-Rechtes nicht entgegensteht.

2. Des weiteren macht die beschwerdeführende Partei mit Beziehung auf das hg. Erk. VfSlg. 2170/1951 geltend, daß §1 Abs1 des AnkündigungssteuerG 1975 (der die Ermächtigung der Gemeinden betrifft, durch Beschluß des Gemeinderates von den zu geschäftlichen Werbezwecken dienenden öffentlichen Ankündigungen innerhalb ihres Gebietes eine Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erheben) deshalb verfassungswidrig sei, weil der Ausnahmebestimmungen vorsehende §3 gegen das aus §15 FAG 1993 abzuleitende Verbot verstoße, die Ermächtigung zur Ausschreibung der Abgabe im Rahmen des freien Beschlußrechtes der Gemeinde einzuschränken; die Verfassungswidrigkeit der Ausnahmeregelung höhle (wie die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf VfSlg. 8806/1980 meint) den Grundtatbestand aus.

Hiebei verkennt die beschwerdeführende Partei jedoch, daß §3 des AnkündigungssteuerG 1975 der Sache nach eine gleichsam negativ formulierte, abgrenzende Umschreibung der Abgabengegenstände enthält, welche - wie die etwas später vorgenommene Gegenüberstellung zeigt - dem Vorbild des §2 Abs1 des (Tiroler) Ankündigungssteuergesetzes, LGBl. 21/1948, folgt. Der Gerichtshof verweist hiezu auf sein Erk. VfSlg. 14269/1995, wonach die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem FAG 1948 (- welches als erstes FAG eine Ankündigungsabgabe vorsah -) stehenden Landesgesetze über eine Ankündigungsabgabe den finanzausgleichsrechtlichen Begriffsinhalt dieser Abgabe wesentlich geprägt haben, und meint, daß diese Auffassung auch im hier gegebenen Zusammenhang sinngemäß zutrifft.

§3 Abs1 §2 Abs1 AnkündigungssteuerG

AnkündigungssteuerG 1975 LGBl. 21/1948

(1) Der Steuer unterliegen (1) Der Steuer unterliegen

insbesondere nicht: insbesondere nicht:

1. Ankündigungen 1. Ankündigungen

öffentlich-rechtlicher öffentlich-rechtlicher

Körperschaften mit Ausschluß Körperschaften mit Ausschluß

ihrer Unternehmungen oder ihrer Unternehmungen oder

Ankündigungen gesetzlich Ankündigungen gesetzlich

anerkannter Kirchen anerkannter Kirchen

und Religionsgesellschaften; und Religionsgesellschaften;

2. Ankündigungen, die Wahlen in 2. Ankündigungen, die Wahlen in

Körperschaften des öffentlichen Körperschaften des öffentlichen

Rechts betreffen, oder von Rechts betreffen, oder von

politischen Versammlungen; politischen Versammlungen;

3. Ankündigungen öffentlicher 3. Ankündigungen öffentlicher

Verkehrsunternehmungen über Verkehrsunternehmungen über

Verkehrs- und Verkehrs- und

Beförderungsverhältnisse Beförderungsverhältnisse

oder Ankündigungen von oder Ankündigungen von

Unternehmungen zur Versorgung Unternehmungen zur Versorgung

mit Elektrizität, Gas oder gung mit Elektrizität, Gas oder

Wasser, über ihre Tarife und Wasser, über ihre Tarife und

Bedingungen sowie sonstige im Bedingungen sowie sonstige im

öffentlichen Interesse nötige öffentlichen Interesse nötigen

Hinweise solcher Unternehmungen; Hinweise solcher

Unternehmungen;

4. a) die durch gesetzliche 4. die durch Gesetz oder

Vorschriften vorgeschriebene Satzung vorgeschriebene

äußere Bezeichnung der äußere Bezeichnung der Be-

Betriebsstätte oder Wohnung, Betriebsstätte oder Wohnung,

ausgenommen durch Steck- ausgenommen durch

(Aushänge-) Schilder, Steckschilder (§3, Abs1,

Leuchtschilder und Punkt 4);

Leuchtschriften (§4 Abs1

Z. 4);

b) die gesetzlich vorgeschriebene

Anschrift auf beiden Seiten von

Geschäftsfahrzeugen bis zu

1/2 Quadratmeter Schriftfläche;

5. Werbeschriften zur Fremden- 5. Werbeschriften zur

Fremdenverkehrswerbung, die von Fremdenverkehrswerbung, die von

Betrieben des Gastgewerbes zur Betrieben des Gastgewerbes zur

Verteilung aufgelegt werden; Verteilung aufgelegt werden;

6. der Aushang von Zeitungen an 6. der Aushang von Zeitungen an

öffentlichen Anschlagtafeln. öffentlichen Anschlagtafeln.

3. Die Haushaltssatzung 1995 der Landeshauptstadt Innsbruck bestimmt in ZIII, daß gemäß §57 Abs3 des Stadtrechtes "im Haushaltsjahr 1995 Gemeindeabgaben nach folgenden Rechtsgrundlagen im nachstehenden Ausmaß erhoben (werden): ...

6. Die Ankündigungssteuer nach dem Ankündigungssteuergesetz, LGBl. Nr. 28/1975, mit dem gesetzlichen Höchstausmaß". Nach §4 Abs1 Z1 des AnkündigungssteuerG 1975 beträgt das Höchstausmaß der Steuer (u.a.) für Ankündigungen, die im Rundfunk oder im Fernsehrundfunk vorgenommen werden, 20 Prozent vom Entgelt.

Im Hinblick auf die eben zitierte Festlegung der Abgabenhöhe für die Rundfunkwerbung in der Haushaltssatzung zieht die beschwerdeführende Partei deren Gesetzmäßigkeit mit dem Argument in Zweifel, daß ein Widerspruch zum freien Beschlußrecht der Gemeinde vorliege.

Hiezu genügt jedoch der Hinweis, daß es sich bei der vorgenommenen Regelung der Abgabe einschließlich ihrer Höhe bloß um eine bestimmte Technik der Normgebung handelt, dergemäß der Abgabensatz nicht unmittelbar mit einem Prozentsatz, sondern durch eine (ihrem Wesen nach als statisch zu beurteilende) Verweisung auf das mit 20 Prozent festgelegte Höchstausmaß des Gesetzes festgelegt wird. Daß der Verordnungsgeber im Rahmen seines freien Beschlußrechtes jedoch beabsichtigt habe, einen höheren als einen Hundertsatz von 20 festzulegen und hieran durch das Gesetz gehindert worden sei, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet.

4. Im Beschwerdeverfahren ist schließlich auch nicht hervorgekommen, daß gegen die von der belangten Behörde bei der Erlassung ihres Bescheides herangezogenen Rechtsvorschriften aus anderen als den von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Gründen in Ansehung ihrer Verfassungsmäßigkeit bzw. Gesetzmäßigkeit Bedenken bestünden oder daß ein in die Verfassungssphäre reichender, im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wahrzunehmender Vollzugsfehler unterlaufen wäre.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

III. Diese Entscheidung wurde

gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

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