VfGH B1154/95

VfGHB1154/9514.3.1996

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Erteilung einer Zwischenbewilligung nach dem LuftFG unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Gebühr; keine Bedenken gegen die angewendete Tarifpost der Austro Control-GebührenV

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
Austro Control-GebührenV Abschnitt II TP22 litc
LuftFG §20
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
Austro Control-GebührenV Abschnitt II TP22 litc
LuftFG §20

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte bei der Austro Control GmbH die Erteilung einer Zwischenbewilligung gemäß §20 Luftfahrtgesetz. Diesem Antrag wurde mit Bescheid der Austro Control GmbH unter gleichzeitiger Vorschreibung einer für diese Amtshandlung zu entrichtenden Gebühr in Höhe von S 1.000,-- stattgegeben.

Der gegen die Gebührenvorschreibung gerichteten Berufung blieb der Erfolg versagt: Mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid setzte der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die Gebühr unter Berufung auf §§1 und 3 Abs1 iVm Abschnitt II TP22 litc Austro Control-Gebührenverordnung (ACGV), BGBl. 2/1994, mit S 1.600,-- fest.

2. In ihrer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde behauptet die beschwerdeführende Gesellschaft die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordung und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Sie meint, daß bei der Festlegung der Gebühren im Abschnitt II TP22 unsachlich zwischen den verschiedenen Gewichtsklassen von Luftfahrzeugen differenziert werde und daß darüber hinaus die ACGV gegen das im ArtI §6 Abs2 des Bundesgesetzes, BGBl. 898/1993, über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden (im folgenden: Austro Control Gesetz bzw. ACG), festgelegte Kostendeckungsprinzip verstoße.

3. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er die Gesetzmäßigkeit der ACGV und die Sachlichkeit der Differenzierungen innerhalb der TP22 verteidigt.

4. Darauf hat die beschwerdeführende Gesellschaft repliziert.

II. Der Verfassungsgerichtshof

hat die vorliegende Beschwerde mit den hg. zu B2113/94, zu B 2114/94, zu B2126/94, zu B2511/94 und zu B663/95 protokollierten Beschwerden gemäß §187 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.

III. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Gemäß §20 Abs1 Luftfahrtgesetz, BGBl. 253/1957 (LFG), bedürfen u.a. nicht zugelassene Zivilluftfahrzeuge für die Überstellung von einem Flugplatz auf einen anderen eine sogenannte Zwischenbewilligung. Für die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer solchen Zwischenbewilligung ist gemäß §20 Abs1 LFG iVm ArtI §2 Abs1 ACG die Austro Control GmbH zuständig.

Der Partei, in deren Interesse eine Amtshandlung von der Austro Control GmbH gesetzt wird, ist hiefür gemäß Abschnitt I ACGV eine "Gebühr" vorzuschreiben. In Abschnitt II dieser Verordnung sind die einzelnen gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festgesetzt; die im vorliegenden Fall angewendete TP22 lautet:

"22. Zwischenbewilligung (§20 LFG) außerhalb des Bundesgebietes für

a) Segelflugzeuge und Freiballone .............. 1 200

b) Motorluftfahrzeuge bis 500 kg ............... 1 400

c) Motorluftfahrzeuge von 501 bis 1 000 kg ..... 1 600

d) Motorluftfahrzeuge von 1 001 bis 1 500 kg ... 1 800

e) Motorluftfahrzeuge von 1 501 bis 2 000 kg ... 2 000

f) Motorluftfahrzeuge von 2 001 bis 5 000 kg ... 2 400

g) Motorluftfahrzeuge von 5 001 bis 10 000 kg .. 2 800

h) Motorluftfahrzeuge von 10 001 bis 25 000 kg . 3 200

i) Motorluftfahrzeuge von 25 001 bis 50 000 kg . 3 600

j) Motorluftfahrzeuge von 50 001 bis 100 000 kg 4 000

k) Motorluftfahrzeuge von 100 001 bis 200 000 kg 4 400

l) Motorluftfahrzeuge über 200 000 kg .......... 5 000".

Die ACGV stützt sich auf ArtI §6 Abs2 ACG, der den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ermächtigt und verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für die von der Austro Control GmbH durchzuführenden Verwaltungsverfahren eine Gebührenordnung zu erlassen. Der letzte Satz dieser Bestimmung lautet:

"Der Ermittlung der Höhe der Gebühren ist das Kostendeckungsprinzip zugrunde zu legen."

2. a) Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet zum einen, daß der Bundesminister bei Erlassung der ACGV ein entsprechendes Ermittlungsverfahren nicht durchgeführt habe und die Sätze der ACGV überhöht festgelegt worden seien; zum anderen meint die beschwerdeführende Gesellschaft, daß die Abstufung innerhalb der TP22 des Abschnittes II der ACGV in sich unsachlich sei:

"... So etwa sieht die ACGV vor, daß gemäß TP22 litc für Motorluftfahrzeug von 501 bis 1000 kg für die Erteilung einer Zwischenbewilligung gemäß §20 LFG eine Gebühr von S 1.600,-- zur Vorschreibung gelangt. Gemäß TP22 litl ist für Motorluftfahrzeug über 200.000 kg lediglich eine Gebühr für die Erlangung einer Bewilligung gemäß §20 LFG von S 5.000,-- zu entrichten. Es stellt sich sohin die Abstufung hinsichtlich der vorzuschreibenden Gebühren dergestalt dar, daß für ein Motorluftfahrzeug, welches um das 200fache schwerer ist als ein Motorluftfahrzeug gemäß TP22 litc lediglich eine 3,125fache Gebühr zur Vorschreibung gelangt. Im Sinne des §20 LFG hat jedoch die Austro Control GmbH vor Erteilung der Zwischenbewilligung zu beurteilen, ob das Zivilluftfahrzeug verkehrssicher im Sinne des §17 LFG ist. Es bedarf keiner gesonderten Erwähnung, daß die Überprüfung etwa einer BOEING 747 oder eines BOEING AIRBUS 340 jeweils einen Arbeitsaufwand der Prüfungsorgane der Austro Control GmbH verursachen, der weit über den 3,125fachen für die Überprüfung im Sinne des §20 LFG für ein Motorflugzeug von 501 bis 1000 kg hinausgeht. Es ist überdies allgemein bekannt, daß die Überprüfung eines Großraumpassagierflugzeuges den zigfachen Arbeitsaufwand im Sinne des §20 LFG bedeutet, wie die Überprüfung eines Motorluftfahrzeuges in der Klasse von 501 bis 1000 kg. Die Vorschreibung einer Gebühr gemäß TP22 litc in der Höhe von S 1.600,-- ist im Zusammenhalt mit der TP22 litl sachlich nicht gerechtfertigt.

Die belangte Behörde hat sohin bei Erlassung der gegenständlichen Verordnung zu unseren Lasten für die Erteilung von Zwischenbewilligungen bei Großraumflugzeugen im Verhältnis zu Kleinflugzeugen eine viel zu geringe Gebühr veranschlagt und ist diese unsachliche Differenzierung zwischen Motorluftfahrzeugen bis 1000 kg und Motorluftfahrzeugen über 200.000 kg sachlich nicht gerechtfertigt. Wir werden dadurch in unserem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und Schutz vor Willkür der Behörde verletzt."

b) Was den Vorwurf eines unzureichenden Ermittlungsverfahrens betrifft genügt es, auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes B2113/94 ua. und B2511/94 vom heutigen Tag zu verweisen, die der Ausfertigung dieser Entscheidung beigeschlossen sind.

Zum Vorwurf der Unsachlichkeit der TP22 weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß die für die Erlassung einer Zwischenbewilligung erforderlichen Überprüfungen nur zum Teil gewichts- und größenabhängig seien und führt dazu aus:

"Gemäß §20 LFG dürfen nicht zugelassene Zivilluftfahrzeuge nur mit schriftlicher Bewilligung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (der ACG - vgl. §2 Abs1 des Austro Control-Gesetzes) von einem Flugplatz auf einen anderen im Fluge überstellt werden. Diese Zwischenbewilligung ist gemäß Abs2 zu erteilen, wenn das Zivilluftfahrzeug verkehrssicher ist und der Luftfahrzeughalter eine den österreichischen Vorschriften entsprechende Haftpflichtversicherung nachgewiesen hat. Gemäß Artikel 31 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (AIZ), BGBl. Nr. 97/1949, idgF, muß jedes in der internationalen Luftfahrt verwendete Luftfahrzeug mit einem Lufttüchtigkeitszeugnis versehen sein, das von dem Staat, in dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, ausgestellt oder als gültig erklärt wurde.

Für die Feststellung der 'Verkehrssicherheit' für Luftfahrzeuge, für die kein Lufttüchtigkeitszeugnis entsprechend

Artikel 31 AIZ ausgestellt wurde, ist eine formale Überprüfung der entsprechenden äquivalenten Nachweise erforderlich, zB:

Diese Überprüfungen sind weitgehend gewichtsunabhängig.

Die Festlegung der Gebühr in Abhängigkeit vom Abfluggewicht ist auch in Anlehnung an die in anderen Gebührenordnungen übliche Praxis der umsatz- oder vertragssummenabhängigen Gebühren erfolgt (zB Grundlage der Bemessung von Gerichts- und Notargebühren).

Für die Ausstellung einer Zwischenbewilligung ist entsprechend der einzusehenden Nachweise (in Abhängigkeit von der Art und Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen), des Umfanges der Auflagen und entsprechender Ausfertigung nach den bisherigen Erfahrungen ein Zeitaufwand von zwei bis zwölf angefangenen halben Stunden erforderlich."

In den beiden schon zitierten Entscheidungen hat der Verfassungsgerichtshof dargelegt, daß es dem Kostendeckungsprinzip nicht widerspricht, wenn der Verordnungsgeber die Gesamtkosten, die der Austro Control GmbH bei der Erbringung ihrer Leistungen entstehen, den einzelnen Leistungstypen nach sachlichen Gesichtspunkten zuordnet. Der Verordnungsgeber hat dabei freilich einen gewissen Spielraum: Er darf bei der Zurechnung der Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger sowohl auf die Höhe der mit der Einzelleistung verbundenen direkten Kosten als auch auf andere Umstände (wie etwa die Nutzenäquivalenz) abstellen, soweit sich hiefür eine sachliche Rechtfertigung findet.

Angesichts dessen und der vom Bundesminister in der Gegenschrift dargelegten Umstände hat der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die angewendete Tarifpost der ACGV und sieht sich nicht veranlaßt, ein Verordnungsprüfungsverfahren zur Zberprüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Vorschrift einzuleiten.

c) Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die beschwerdeführende Gesellschaft in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nur durch in die Verfassungssphäre reichende Vollzugsfehler bei Erlassung des angefochtenen Bescheides verletzt worden sein. Derartiges wurde in der Beschwerde nicht behauptet und ist auch im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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