VfGH B2798/94

VfGHB2798/946.3.1995

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde (gegen die Stattgabe einer Vorstellung gegen die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Bordellbewilligung) mangels Vorliegen eines innerhalb der Beschwerdefrist gefaßten Beschlusses des zuständigen Gemeinderates bzw mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer dringenden Verfügung des Bürgermeisters

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Tir GemeindeO 1966 §26
Tir GemeindeO 1966 §43
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Tir GemeindeO 1966 §26
Tir GemeindeO 1966 §43

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. November 1994 wurde der Vorstellung des J S gegen einen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel (betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Bordellbewilligung) Folge gegeben und die Angelegenheit gemäß §112 Abs5 (Tiroler) Gemeindeordnung 1966 (TGO 1966) an den Stadtrat der Stadtgemeinde Kitzbühel zur neuerlichen Entscheidung verwiesen.

2. Mit der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde bekämpft die Stadtgemeinde Kitzbühel den eben genannten Bescheid der Tiroler Landesregierung. In der Beschwerde wird die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die Beschwerde wurde am 23. Dezember 1994 zur Post gegeben.

Die einschreitenden Rechtsanwälte berufen sich auf die ihnen erteilte Vollmacht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §26 TGO 1966 obliegen dem Gemeinderat die Beschlußfassung und Überwachung der Vollziehung in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, soweit die Beschlußfassung nicht durch Gesetz ausdrücklich einem anderen Organ zugewiesen ist. Zum Aufgabenkreis des Gemeinderates zählt somit auch die Beschlußfassung zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof.

2. Aus der Beschwerde ging nicht hervor, ob ihre Einbringung auf einem entsprechenden Beschluß des Gemeinderates beruht. Die Gemeinde wurde deshalb vom Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß "ein Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Gemeinderates, in der die Einbringung der gegenständlichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde beschlossen wurde", fehlt. Gleichzeitig erging unter Androhung der Säumnisfolgen die Aufforderung, diesen Mangel binnen vier Wochen zu beheben.

Innerhalb dieser Frist wurde von der Stadtgemeinde Kitzbühel ein Sitzungsprotokoll der betreffenden Gemeinderatssitzung vorgelegt. Diese Sitzung fand am 26. Jänner 1995 statt. Die Gemeinderäte faßten folgenden Beschluß:

"In der Angelegenheit J S, Innsbruck, Bordellbewilligung gemäß §15 Landes-Polizeigesetz, wird die Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8.11.1994, Zahl 1518/1387, einstimmig beschlossen, Vollmachtserteilung an die Rechtsanwaltskanzlei Dr. G."

3.a) Der Beschwerdeangabe zufolge wurde der angefochtene Bescheid der beschwerdeführenden Gemeinde am 14. November 1994 zugestellt. Der letzte Tag der (sechswöchigen) Beschwerdefrist war sohin der 27. Dezember 1994. (Der 26. Dezember 1994 war ein Feiertag.)

Der in Rede stehende Gemeinderatsbeschluß wurde (wie oben erwähnt) am 26. Jänner 1995 - also nach Ablauf der Beschwerdefrist - gefaßt.

b) Gemäß §43 TGO 1966 kann zwar der Bürgermeister in dringenden Fällen, in denen die zeitgerechte Einberufung des Gemeinderates, des Gemeindevorstandes (Stadtrates) oder eines besonderen Ausschusses nicht möglich ist, in Angelegenheiten, die ihrer Beschlußfassung zustehen, allein entscheiden. Aus dem vorliegenden Sachverhalt läßt sich jedoch nicht erkennen, daß Gründe vorgelegen wären, die den Bürgermeister verpflichtet hätten, eine dringende Verfügung iS des §43 TGO 1966 zu treffen (vgl. VfSlg. 10646/1985 und 13161/1992).

4. Da nach dem unter Pkt. 3 Gesagten der Beschwerde kein (innerhalb der Beschwerdefrist gefaßter) Beschluß des hiefür zuständigen Gemeinderates zugrundeliegt und die Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer dringenden Verfügung seitens des Bürgermeisters nicht gegeben waren, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (s. die gleichartigen Entscheidungen VfSlg. 13161/1992 und VfGH 20.6.1994, B567/94; vgl. weiters VfSlg. 10646/1985, 12385/1990, 12553/1990).

III. Dies konnte gemäß §19

Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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