VfGH B665/95

VfGHB665/9530.11.1995

Zurückweisung der Beschwerde eines nicht ernannten Bewerbers um die Planstelle eines Gerichtsvorstehers gegen die Ernennung einer Mitbewerberin mangels Legitimation; keine Parteistellung aufgrund der Aufnahme in einen von den richterlichen Personalsenaten zu erstattenden Besetzungsvorschlag mangels bindender Wirkung dieser Vorschläge; kein Eingehen auf die Bedenken gegen das Frauenförderungsgebot des Bundes-GleichbehandlungsG

Normen

B-VG Art14 Abs4 lita
B-VG Art86
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
LDG 1984 §26
RDG §33
Bundes-GleichbehandlungsG §41, §42, §43
B-VG Art14 Abs4 lita
B-VG Art86
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
LDG 1984 §26
RDG §33
Bundes-GleichbehandlungsG §41, §42, §43

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Richter des Bezirksgerichtes (BG) Hartberg. Er bewarb sich im Jahre 1994 innerhalb der Ausschreibungsfrist um die Planstelle des Vorstehers dieses Gerichtes. In den Besetzungsvorschlägen des Gerichtshofes erster Instanz und des Oberlandesgerichtes scheint er als Erstgereihter auf.

Mit Dekret des Bundesministers für Justiz (BMJ) vom 27. Jänner 1995, Zl. 188.229/1-III 5/94, wurde jedoch eine Mitbewerberin mit Wirksamkeit vom 1. Feber 1995 zur Vorsteherin des BG Hartberg ernannt. Hievon wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Feber 1995, Zl. Jv 2212-4/94, verständigt.

2.a) Gegen das vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Dekret des BMJ wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin wird die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (nämlich der §§41 bis 43 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes - B-GBG, BGBl. 100/1993, und des Frauenförderungsplanes für das Justizressort, JMZ 275.02/35-III/4/94) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

Die Beschwerde wird in erster Linie damit begründet, daß durch die erwähnten Rechtsvorschriften Männer diskriminiert würden.

Zur Parteistellung und damit zu seiner Legitimation führt der Beschwerdeführer aus:

"Dem Beschwerdeführer ist bekannt, daß nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte prinzipiell kein Rechtsanspruch auf Ernennung besteht und Bewerber im Ernennungsverfahren keine Parteistellung genießen, es sei denn, die Parteistellung ließe sich aus besonderen Rechtsvorschriften ableiten. Diese Rechtsprechung der Höchstgerichte zeigt in letzter Zeit - im Sinn einer Beseitigung des Rechtsschutzdefizites von Mitbewerbern - erfreuliche Aufweichungstendenzen. In diesem Zusammenhang ist auf die zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz ergangenen Entscheidungen hinzuweisen, die vom Vorliegen einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft ausgehen und den - in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag - aufgenommenen Bewerbern ein Recht auf Teilnahme an dem durch den Besetzungsvorschlag konretisierten Verleihungsverfahren zugestehen. Mit der Aufnahme in diesem verbindlichen Besetzungsvorschlag wird der Bewerber Partei im Sinne des §3 DVG (VfSlg. 6151/1970, 7084/1973, 7092/1973, 7094/1973).

Der Beschwerdeführer übersieht nicht, daß diese Entscheidungen, da die in Art86 B-VG vorgesehenen Besetzungsvorschläge keinen bindenden Charakter für die belangte Behörde haben, nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall angewendet werden können. Die Parteistellung des Beschwerdeführers und somit die Antragslegitimation ist aber trotzdem aus nachstehenden Gründen gegeben:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 8643/1974) ist die Parteistellung eines Bewerbers dann anzunehmen, wenn das Gesetz ein Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren vorsieht und bestimmte Voraussetzungen für die Aufnahme in einen Besetzungsvorschlag und damit auch für die Ernennung normiert. In diesem Fall hat jeder Mitbewerber, der diese Voraussetzungen erfüllt, einen Rechtsanspruch darauf, daß nur derjenige ernannt wird, der die genau umschriebenen Voraussetzungen erfüllt. Jeder Mitbewerber muß daher an dem gesetzlichen Bewerbungsverfahren als Partei teilnehmen und sich gegen eine Entscheidung wehren können, mit der ein Bewerber trotz Nichterfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ernannt wird; somit Rechtsschutz gegen eine durch Ermessensmißbrauch unsachliche Entscheidung haben.

Gemäß §8 AVG ist derjenige Partei kraft rechtlichen Interesses, für den die Rechtsordnung vorsieht, daß bestimmte Umstände in Bezug auf seine Person von der Behörde bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen sind und damit zum rechtlichen Interesse werden. Ob einer Person ein rechtliches Interesse zusteht, ist also jeweils der Rechtsordnung zu entnehmen; dazu sind alle von den Verwaltungsbehörden in der jeweiligen Verwaltungssache anzuwendenden Rechtsvorschriften heranzuziehen.

Das RDG ordnet in den §§30 und 32 ein Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren an und bestimmt in §33 Abs1 Grundsätze für die Erstattung der Besetzungsvorschläge. Diese Grundsätze gelten natürlich auch als bindende Richtlinie für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung.

'§33 (1) Bei der Beratung ..... über die Erstattung der

Besetzungsvorschläge hat jeder Stimmführer sachlich, gerecht und

nach eigener Überzeugung vorzugehen. In den Besetzungsvorschlag

sind die fähigsten und vertrauenswürdigsten Bewerber aufzunehmen.

..... hat hiebei auf die Eignung, die bewiesenen Fähigkeiten und

Kenntnisse, den Fleiß und Eifer, die besonderen Verdienste sowie

das dienstliche und außerdienstliche Verhalten der Bewerber genau

zu achten. Bei gleichwertigen Bewerbern entscheidet ..... die bei

diesem Gericht zurückgelegte Dienstzeit. ...'

Im gegenständlichen Fall liegt die Ernennung auf die Planstelle im Ermessen der belangten Behörde. Der grundlegende Sinn des §33 Abs1 RDG kann nur darin liegen, daß bei der Besetzung von Planstellen der jeweils beste Bewerber zum Zug kommen soll. Die Parteistellung der Mitbewerber zur Ermessenskontrolle garantiert, daß tatsächlich der beste (bestgeeignete) Mitbewerber ernannt wird. Würde man dem Beschwerdeführer bloß das Recht auf Bewerbung zuerkennen, es im übrigen aber der Behörde - ohne Kontrolle - überlassen, über diese Bewerbung zu entscheiden, würde man der Behördenwillkür Tür und Tor öffnen. Nur ein entsprechendes ordnungsgemäßes Verfahren, eine sachlich gerechtfertigte Entscheidung und die Überprüfbarkeit dieser Entscheidung entsprechen den Erfordernissen zur Sicherung der fehlerfreien Ermessensübung. Es ist daher dem Beschwerdeführer als Betroffenen ein subjektives Recht auf Handhabung des Ermessens im Sinn des Gesetzes - somit die Parteistellung - einzuräumen.

Der Beschwerdeführer übersieht nicht, daß ein Rechtsanspruch auf Ernennung nicht bestehen kann, weil dann die Einhaltung des Stellenplanes tatsächlich unmöglich oder zumindest erschwert wäre. Unrichtig ist aber, daß die Parteistellung im Ernennungsverfahren auf Grund eines rechtlichen Interesses die Einhaltung des Stellenplanes unmöglich machen würde, weil in diesem Fall der Beschwerdeführer als Bewerber nur die Entscheidung der belangten Behörde auf Ermessensausübung im Sinn des Gesetzes kontrollieren kann. Auch die Besetzung schulfester Stellen hat die Unrichtigkeit dieser Begründung zur Verneinung der Parteistellung gezeigt. Die schulfesten Stellen können nicht mehrfach besetzt werden und werden es trotz Parteistellung der Mitbewerber nicht. Soweit es dem Beschwerdeführer bekannt ist, fehlt daher eine überzeugende Begründung, warum er im Ernennungsverfahren im Gegensatz zu allen anderen Verfahren mit Ermessensentscheidung keine Parteistellung haben sollte.

Die belangte Behörde hatte bei ihrer Entscheidungsfindung - und hat dies tatsächlich getan - auch das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GBG) anzuwenden. Gemäß §3 B-GBG darf im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis auf Grund des Geschlechtes niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Z5). Gemäß §43 B-GBG sind nur solche Bewerberinnen, die für die angestrebte höherwertige Verwendung nicht geringer geeignet sind als der bestgeeignete Mitbewerber, die also selbst bestgeeignet sind, bis zu einer bestimmten Quote bevorzugt zu bestellen. Aus diesen gesetzlichen Regelungen ergibt sich eine weitere Ermessensbindung und die Parteistellung. Aus der Sicht des einzelnen männlichen bestgeeigneten Mitbewerbers bleibt immer die Tatsache bestehen, daß er bei Anwendbarkeit der Vorrangregel bei gleicher Eignung mit der Mitbewerberin keine Chance hat, zum Zug zu kommen. Darin ist jedenfalls eine Diskriminierung des bestgeeigneten Mannes zu sehen (weil die Vorrangregel auch jedenfalls den Zufall zu seinen Lasten ausschaltet), die ausschließlich an das Geschlecht anknüpft: Kraft Gesetzes kommt er allein wegen des Geschlechtes nicht zum Zug. Es liegt daher eine vom speziellen Gleichheitssatz des Art7 Abs1 Satz 2 B-VG ausdrücklich verpönte - wenn auch nicht absolut verbotene - Differenzierung vor. Bei solchen Differenzierungen greift ein strengerer Prüfungsmaßstab als sonst beim Gleichheitssatz. Der Beschwerdeführer muß daher die Möglichkeit haben, eine solche eingreifende Entscheidung zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen. Auch unter Berücksichtigung des Art3 StGG hat gerade der bestgeeignete Mitbewerber ein subjektives Recht auf eine gleichheitsgemäße Behandlung in dem Sinn, daß seine Bewerbung und die der Mitbewerberin einer besonders genauen und umfassenden Beurteilung unterzogen werden; einerseits ist nur er derjenige, der ohne das B-GBG zum Zug gekommen wäre und andererseits bedarf die Beurteilung des tatsächlichen Vorliegens einer bestgeeigneten weiblichen Mitbewerberin und eines bestgeeigneten männlichen Mitbewerbers - auch wegen der Seltenheit dieser Fälle - einer besonders genauen und strengen Prüfung. Verfahrensmäßig hätte dies - auch im Fall der Nichternennung des Beschwerdeführers - zur Erlassung eines begründeten Bescheides an den Beschwerdeführer führen müssen.

Die vorgenannten Bestimmungen des B-GBG dienen nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern schaffen auch insbesondere für weibliche Mitbewerber subjektive Rechte. Dies ist im Zweifel unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzipes anzunehmen; es zeigt sich aus §15 B-GBG, der sogar Schadenersatzansprüche der nach diesem Gesetz Verletzten vorsieht. Dies kann nicht bedeuten, daß der Mitbewerber allein auf solche verwiesen wäre; er muß vielmehr auch das Recht haben, solche Verletzungen, die sich aus einem Verwaltungsakt ergeben, direkt zu bekämpfen. Jedes andere Ergebnis würde dem Rechtsstaatprinzip widersprechen, das nicht nur verlangt, daß die Rechtsordnung relativ bestimmt ist, sondern auch entsprechende Einrichtungen zur Sicherung der Einhaltung der relativ bestimmten Rechtsvorschriften vorsieht; es müssen die Rechte und Pflichten der Einzelnen relativ präzise festgelegt und deren Durchsetzung durch entsprechende Institutionen garantiert sein (Walter, Österr. Bundesverfassungsrecht 112). Für die Ernennung auf Richterplanstellen legen die Bestimmungen des §33 Abs1 RDG relativ bestimmt fest, nach welchen Grundsätzen diese zu erfolgen hat; diese Regelungen werden durch das Bundesgleichbehandlungsgesetz dahin präzisiert, daß niemand auf Grund des Geschlechtes diskriminiert werden darf (§3). Das Gesetz schützt damit Frauen und Männer und verlangt demgemäß konform mit Art7 Abs1 B-VG, daß auch Männer nicht zugunsten von Frauen diskriminiert werden dürfen. Nur solange eine Unterrepräsentation von Frauen in bestimmten Bereichen besteht, sind Frauen beim beruflichen Aufstieg zu bevorzugen, aber nach der bindenden Bestimmung nur dann, wenn sie für die angestrebte höherwertige Verwendung (Funktion) nicht geringer geeignet sind als der bestgeeignete Mitbewerber; also nur bei Gleichwertigkeit bzw. gleichfalls bestehender Besteignung. Diese ist wiederum nach den Grundsätzen des §33 Abs1 RDG zu beurteilen. Diese Beurteilung ist durch das Gesetz relativ bestimmt, sodaß auch die Möglichkeit bestehen muß, die Durchsetzung dieser relativ präzisen Festlegungen erwirken zu können, was die Einräumung der Parteistellung an denjenigen Mitbewerber, der substantiiert eine Verletzung der relativ präzise festgelegten Gesetzesbefehle behauptet, zwingend macht. Die Parteistellung muß insbesondere demjenigen Bewerber um eine Planstelle eingeräumt werden, der von zwei Personalsenaten, die bereits die Bestimmungen des §33 Abs1 RDG und das B-GBG anzuwenden hatten, an erster Stelle vorgeschlagen worden war und damit qualifiziert bescheinigt erhalten hatte, daß er der bestgeeignete Bewerber ist und seine Mitbewerberin nicht als in gleicher Weise bestgeeignet angesehen werden kann.

Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich im konkreten Fall auch die Rechtsprechung zu Art3 StGG (Grundrecht auf freien Zugang zu den öffentlichen Ämtern) nicht mehr auf einen bloßen Bewerbungsanspruch reduzieren. Im Sinn einer Chancengleichheit des bestgeeigneten männlichen Mitbewerbers und der bestgeeigneten weiblichen Mitbewerberin muß dem jeweiligen bestgeeigneten Mitbewerber, in concreto dem Beschwerdeführer, daher ein subjektives Recht auf gleichheitsgemäße Behandlung seiner Bewerbung und Fällung einer sachlich gerechtfertigten Entscheidung zukommen. Letztere ist Grundvoraussetzung für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Vorzugsregelung (partielle Besserstellung der Frau) im B-GBG.

Die zur Frage der Parteistellung ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (u.a. VwSlg. 9929/1979) und des angerufenen Gerichtshofes (u.a. VfSlg. 8066/1977) sind daher auch auf Grund des völlig anders gelagerten Sachverhaltes und der Verschiedenheit der zu besetzenden Planstellen nicht zur Begründung der Verneinung der Parteistellung anzuwenden.

Durch die Ladung des Beschwerdeführers und der Mitbewerberin zu einem Anhörungsgespräch ('Hearing') bei der belangten Behörde, wurde zwischen diesen beiden Mitbewerbern eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft begründet, sodaß dem Beschwerdeführer schon aus diesem Grund Parteistellung zukommt".

b) Der Einschreiter erhebt Beschwerde gegen das zitierte Dekret des BMJ "bzw. gegen die allenfalls als Bescheid anzusehende, dem Beschwerdeführer am 2.2.1995 zugestellte Verständigung des Präsidiums des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1.2.1995, Jv 2212-4/94". Diese Verständigung wird aber dann in der Beschwerdeschrift nicht mehr erwähnt und auch nicht deren Aufhebung beantragt.

Daher ist auf diese Verständigung nicht einzugehen.

3. Der BMJ erstattete eine Gegenschrift, in der er primär begehrt, die Beschwerde zurückzuweisen. Außerdem wird Kostenzuspruch beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. Das bekämpfte Dekret des BMJ ist ein Bescheid iS des Art144 B-VG, weil es jedenfalls die Dienstrechtssphäre der ernannten Mitbewerberin berührt.

Näher zu erörtern ist, ob dem Beschwerdeführer im Verfahren zur Besetzung der Planstelle des Vorstehers des BG Hartberg Parteistellung zugekommen ist; nur diesfalls wäre er legitimiert, Verfassungsgerichtshofbeschwerde zu erheben.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (s. etwa VfSlg. 779/1929, 5918/1969, 6806/1972, 7843/1976, 8558/1979, VwSlg. 1079 A/1949, 3863 A/1956, 6850 A/1966, 8139 A/1977, 8454 A/1979, 9734 A/1979, 9792 A/1979, 9929 A/1979, 10058 A/1980; VwGH 31.3.1983, 82/09/0124; 4.9.1990, 90/09/0120) besteht in der Regel weder ein Anspruch auf Ernennung zur Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses noch auf Ernennung im Dienstverhältnis (Überstellung, Beförderung); ebensowenig kommt dem Bewerber im Ernennungsverfahren Parteistellung zu. Dies gilt insbesondere auch für ein Verfahren betreffend die Ernennung eines anderen Beamten (VfSlg. 6806/1972, 7843/1976; VwSlg. 3151 A/1953).

Etwas anderes gilt nur in jenen Fällen, in denen die Auslegung der für die Ernennung maßgebenden Vorschriften zum Ergebnis führt, daß im Ernennungsverfahren subjektive Rechte der Bewerber unmittelbar berührt werden (s. zB VfSlg. 6806/1972, S 719; 7843/1976, S 423; vgl. in diesem Zusammenhang auch VfSlg. 8232/1978, 9000/1980, 12102/1989).

b) Zu einem solchen Ergebnis gelangte zB der Verfassungsgerichtshof im Beschluß VfSlg. 6806/1972 für das Verfahren betreffend die Ernennung der Bezirksschulinspektoren. Nach Art81b Abs1 litb B-VG haben die Landesschulräte für die Besetzung der Dienstposten des Bundes für die bei den Landes- und Bezirksschulräten tätigen Schulaufsichtsbeamten sowie für die Betrauung von Lehrern mit Schulaufsichtsfunktionen Dreiervorschläge zu erstatten, und zwar an den gemäß Art66 Abs1 oder Art67 Abs1 B-VG oder auf Grund sonstiger Bestimmungen zuständigen Bundesminister, dem die Auswahl unter den vorgeschlagenen Personen obliegt. Das für den Verfassungsgerichtshof im konkreten Fall maßgeblich gewesene Gesetz vom 14. Mai 1919, StGBl. 91, betreffend die definitive Anstellung der Bezirksschulinspektoren, idF des Bundesgesetzes BGBl. 296/1964, (inzwischen durch §130 Abs2 Z4 Beamten-Dienstrechtsgesetz, BGBl. 329/1977, aufgehoben), bestimmte in §1, daß als Bezirksschulinspektoren für dieses Amt geeignete, fachlich vorgebildete Lehrer ohne Unterschied des Geschlechtes, die sich auf dem Gebiet des allgemeinbildenden Pflichtschulwesens bereits betätigt haben, auf Vorschlag des Landesschulrates (Art81b Abs1 litb B-VG) zu ernennen sind, sowie daß jedem Vorschlag des Landesschulrates eine Ausschreibung und Bewerbung voranzugehen hat.

Der Verfassungsgerichtshof führte in diesem Zusammenhang wörtlich aus:

"Aus Art81b Abs2 B-VG und §1 des Gesetzes StGBl. Nr. 291/1919 i.d.F. BGBl. Nr. 296/1964 ergibt sich, daß nur ein Bewerber ernannt werden darf, der die angeführten Voraussetzungen erfüllt und in den Dreiervorschlag aufgenommen worden ist.

Wie der Verfassungsgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall im Erk. Slg. Nr. 6151/1970 ausgeführt hat, bildeten die in einen verbindlichen Dreiervorschlag aufgenommenen Personen eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft. Sie hätten ein Recht auf Teilnahme an dem durch den Besetzungsvorschlag konkretisierten Verleihungsverfahren. Die Verleihungsbehörde könne nicht als berechtigt angesehen werden, durch einen der Rechtskontrolle nicht unterworfenen Verleihungsakt unter den Bewerbern eine Auswahl zu treffen. Die Aufnahme in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag sei eine Angelegenheit, die das Dienstverhältnis des Beamten berühre und ihn damit zur Partei im Sinne des §3 DVG mache."

In dem die Anfechtung der Ernennung eines Berufsschulinspektors betreffenden Beschluß VfSlg. 7843/1976 bekräftigte der Verfassungsgerichtshof diese Auffassung, wobei er die Verbindlichkeit der von den Landesschulräten gemäß Art81b Abs1 litb B-VG zu erstattenden Dreiervorschläge (allein) aus Art81b Abs2 B-VG herleitete.

c) Das Erkenntnis VfSlg. 6151/1970, auf das sich der Beschluß VfSlg. 6806/1972 berief, hatte die Verleihung einer schulfesten Stelle iS des (im konkreten Fall maßgeblich gewesenen) Landeslehrer-Dienstrechts-Überleitungsgesetzes 1962 - LaDÜG 1962, BGBl. 245, betroffen. Nach §21 Abs5 dieses Gesetzes waren für jede einzelne ausgeschriebene Stelle von den landesgesetzlich hiezu berufenen Organen aus den Bewerbungsgesuchen Besetzungsvorschläge zu erstatten. §21 Abs7 LaDÜG 1962 ordnete an, daß von der zur Verleihung zuständigen Behörde nur einem in den Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber, der die in Abs1 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, die Stelle verliehen werden kann.

Die mit diesem Erkenntnis eingeleitete Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof in der Folge fortgesetzt (etwa VfSlg. 12102/1989, 12556/1990 mwH, VfGH 9. Oktober 1995 B1231/94; s. dazu ausführlich Waas, Bewerberkonkurrenz bei Bundes- und Landeslehrern - zugleich Analyse einer Judikaturdivergenz; in: FS Schwarz (1992), S 665 ff.), und zwar auch auf dem Boden der durch das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz - LDG 1984, BGBl. 302, geschaffenen Rechtslage, wobei sich die Verbindlichkeit des zwingend vorgeschriebenen Besetzungsvorschlages aus §26 Abs8 dieses Gesetzes ergibt: Danach kann die Stelle von der zur Verleihung zuständigen Behörde nur einem in den Besetzungsvorschlag, soweit jedoch mehrere Besetzungsvorschläge vorgesehen sind, in alle Besetzungsvorschläge aufgenommenen Bewerber, der die in §26 Abs1 LDG 1984 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, verliehen werden.

Die Verbindlichkeit des in Art14 Abs4 lita (letzter Satz) B-VG zwingend vorgesehenen Besetzungsvorschlages der Schulbehörde des Bundes erster Instanz leitete der Verfassungsgerichtshof (in erster Linie) auch aus dieser Vorschrift ab (zB VfSlg. 7084/1973, S 457 f.; 7094/1973, S 497).

d) Im Unterschied dazu maß der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8066/1977 unter Berufung auf zahlreiche Literaturstellen den gemäß Art86 B-VG für die Ernennung von Richtern vorgesehenen Besetzungsvorschlägen der durch die Gerichtsverfassung hiezu berufenen Stellen mit der Begründung keinen bindenden Charakter zu, daß ein solcher weder in der Bundesverfassung noch im Richterdienstgesetz (RDG) noch in einer sonstigen einfach-gesetzlichen Regelung vorgesehen sei. Der Verfassungsgerichtshof führte im Anschluß daran wörtlich aus (VfSlg. 8066/1977, S 366 der Amtlichen Sammlung):

"Die in der Rechtsprechung für den Fall eines die Verleihungsbehörde bindenden Besetzungsvorschlages zur Frage der Parteistellung im Verleihungsverfahren entwickelten Überlegungen können somit auf die gemäß Art86 Abs1 B-VG einzuholenden und nach dem RDG zu erstattenden Besetzungsvorschläge nicht übertragen werden; aus Art86 Abs1 B-VG ist ... ein Recht der beim OGH ernannten Richter auf Teilnahme an dem die Dienstposten der Vizepräsidenten und des Präsidenten betreffenden Verleihungsverfahren nicht zu erschließen."

Auch der Verwaltungsgerichtshof verneinte die Parteistellung der Bewerber um ein Richteramt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (VwSlg. 9929 A/1979).

2.a) Der Verfassungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von der zu den Lehrer- und Richterernennungen ergangenen Judikatur abzurücken. Insbesondere hat sich die hier maßgebende Rechtslage seit dem Erkenntnis VfSlg. 8066/1977 nicht geändert.

Nach wie vor binden die nach dem RDG erstatteten Besetzungsvorschläge das ernennende Organ nicht. Gerade und nur der verbindliche Charakter der bei bestimmten Lehrerernennungen zu erstattenden Vorschläge hat den Verfassungsgerichtshof zur Annahme veranlaßt, daß die in die Besetzungsvorschläge aufgenommenen Beamten Parteistellung haben; nur diese Verbindlichkeit gewährleistet ihnen nämlich ein Recht auf Teilnahme an den durch die Besetzungsvorschläge konkretisierten Verleihungsverfahren.

Weder aus Art86 B-VG noch aus dem RDG läßt sich ableiten, daß die von den richterlichen Personalsenaten zu erstattenden Vorschläge verbindlich sind.

Auch sonst bietet der Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt für die Auffassung, der Gesetzgeber habe mit der Gestaltung des der Ernennung auf eine Richter-Planstelle vorausgehenden Verfahrens über das - ausschließlich im öffentlichen Interesse gelegene - Ziel der Besetzung der Planstelle mit dem hiefür am besten geeigneten Kandidaten hinaus die Parteistellung bestimmter Kandidaten begründen wollen.

b) Aus dem Gesagten folgt, daß der angefochtene Bescheid des BMJ nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreift, weshalb es ausgeschlossen ist, daß der Beschwerdeführer durch ihn in seinen Rechten verletzt wurde. Damit aber ist dieser zur Erhebung der Beschwerde nicht legitimiert.

Die Beschwerde war infolgedessen zurückzuweisen.

c) Der Antrag des BMJ, Kosten zuzusprechen, war abzuweisen, weil keine nach §88 VerfGG ersatzfähigen Kosten erwachsen sind.

3. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gefaßt werden.

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