VfGH A4/94

VfGHA4/9427.9.1994

Abweisung eines gegen das Land gerichteten Klagebegehrens auf Rückerstattung eines Strafbetrages in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung aufgrund eines vom Landeshauptmann erlassenen Strafbescheides mangels passiver Klagslegitimation; Stattgabe des Begehrens auf Zuspruch der gesetzlichen Verzugszinsen für den Verfahrenskostenbeitrag; Verantwortlichkeit des Landes für die Rückzahlung des in diesem Fall dem Land zufließenden Verfahrenskostenbeitrags

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z11
B-VG Art103 Abs1
B-VG Art137 / Zinsen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita
AuslBG §28 Abs3
VStG §64 Abs2
B-VG Art10 Abs1 Z11
B-VG Art103 Abs1
B-VG Art137 / Zinsen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita
AuslBG §28 Abs3
VStG §64 Abs2

 

Spruch:

Das beklagte Land ist schuldig, dem Kläger zuhanden seiner Vertreterin 4 % Zinsen aus 8.750 S vom 7. Februar 1994 bis 17. Mai 1994 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Unter Berufung auf Art137 B-VG

begehrt der Kläger mit der am 31. März 1994 eingelangten Klage das Urteil, das Land Niederösterreich sei schuldig, ihm 96.250 S samt 4 % Zinsen seit 7. Februar 1994 zu bezahlen und die Kosten dieses Rechtsstreites zu ersetzen.

Mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 1. April 1992 sei über ihn wegen Verwaltungsübertretungen nach §28 Abs1 lita AuslBG eine Geldstrafe von insgesamt 87.500 S verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8.750 S auferlegt worden. Den Betrag von 96.250 S habe er am 1. Juni 1992 der Bezirkshauptmannschaft Mödling überwiesen. Mit Erkenntnis vom 18. Februar 1993 habe der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes jedoch aufgehoben. Obwohl mit Schriftsatz vom 24. Jänner 1994 die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens und die Rückerstattung des bezahlten Betrages begehrt worden sei, habe er das Geld nicht wieder erhalten.

Das beklagte Land Niederösterreich beantragt die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens. Das Verwaltungsstrafverfahren sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. März 1994 eingestellt, die Rückzahlung des Strafbetrages (im Wege des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales) veranlaßt worden und am 28. April 1994 die Rückzahlung des Verfahrenskostenbeitrages erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 1994 gab der Kläger bekannt, daß die in Rede stehenden Beträge dem Konto seiner Vertreterin am 17. bzw. 24. Mai 1994 gutgeschrieben worden seien; er schränke daher das Klagebegehren auf Zahlung von 4 % Zinsen aus 96.250 S vom 7. Februar 1994 bis 17. Mai 1994 und aus 87.500 S vom 18. Mai 1994 bis 24. Mai 1994 sowie den Ersatz der Prozeßkosten ein.

Dagegen ist das beklagte Land im Hinblick darauf, daß es sich bei der Vollziehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes um eine Bundesangelegenheit handle, der Auffassung, daß zumindest die Zinsen für den Strafbetrag, der gemäß §28 Abs3 AuslBG vom Bund vereinnahmt wurde, und die Kosten für das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vom Bund zu tragen seien.

II. Die Klage ist zulässig.

Der Verfassungsgerichtshof bejaht in ständiger Rechtsprechung seine Zuständigkeit nach Art137 B-VG in Ansehung von Ansprüchen auf Erstattung eines Strafbetrages samt Verfahrenskostenbeiträgen nach Aufhebung des Strafbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VfSlg. 8812/1980, 10506/1985, 12693/1991). Das gilt auch für das hier gestellte Begehren auf Verzugszinsen, die einen Annex des mit Klage nach Art137 B-VG geltend gemachten vermögensrechtlichen Anspruches bilden (vgl. VfSlg. 7571/1975, 10496/1985, 10795/1986 und 12693/1991).

III. Das Klagebegehren ist jedoch nur hinsichtlich der 4 % Zinsen aus 8.750 S für die Zeit vom 7. Februar bis zum 17. Mai 1994 begründet.

Das Verwaltungsstraferkenntnis, mit dem der rückgeforderte Strafbetrag über den Kläger verhängt wurde, stützt sich in der Sache auf §28 Abs1 Z1 lita AuslBG. Da die Vollziehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gemäß Art10 Abs1 Z11 B-VG Bundessache ist, der Landeshauptmann bei der Erlassung des Strafbescheides sohin im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung tätig wurde (Art103 Abs1 B-VG) und der Strafbetrag gemäß §28 Abs3 AuslBG idF BGBl. 23/1988 dem Reservefonds gemäß §64 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (seit der AlVG-Novelle BGBl. 681/1991 Fonds der Arbeitsmarktverwaltung, dessen Rechtsnachfolger seit Inkrafttreten des Arbeitsmarktservicegesetzes am 1. Juli 1994 das Arbeitsmarktservice ist) zufloß, ist das beklagte Land weder in der Angelegenheit, in der die Zahlung erging, funktional zuständig noch ist ihm der Strafbetrag von 87.500 S zugekommen. Das Klagebegehren ist daher mangels passiver Klagslegitimation auch nach Einschränkung des Klagebegehrens insoweit abzuweisen, als die Zahlung von 4 % Zinsen aus 87.500 S begehrt wurde (VfSlg. 9281/1981 mit Literaturhinweisen, 12198/1989 und VfGH 27.9.1993, A2/93).

Der Verfahrenskostenbeitrag fließt allerdings gemäß §64 Abs2 letzter Satz VStG 1991 jener Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfSlg. 9507/1982). Da das Verfahren (erster Instanz), zu dessen Kosten der Kläger einen Beitrag zu leisten hatte, vor der Bezirkshauptmannschaft Mödling stattfand, deren Aufwand das beklagte Land zu tragen hat (vgl. VfSlg. 9507/1982), war es auch für die Rückzahlung des Verfahrenskostenbeitrages verantwortlich. Wenn aber das Gesetz - wie hier - nichts Gegenteiliges bestimmt, sind auch bei öffentlichen-rechtlichen Schuldverhältnissen Verzugszinsen zu entrichten (s. VfSlg. 5079/1965, 10489/1985, 10889/1986 und 11064/1986). Da der Kläger die Rückzahlung des Verfahrenskostenbeitrages am 24. Jänner 1994 begehrt hat, ist dem Begehren auf Zuspruch von 4 % Zinsen aus 8.750 S vom 7. Februar 1994 bis 17. Mai 1994 stattzugeben.

Ersatzfähige Kosten sind dem gleichwohl überwiegend obsiegenden Land nicht entstanden.

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