Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Oberösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Vertreters die mit S 15.000,- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 113/1 KG Urfahr. An dieses Grundstück schließt das Grundstück Nr. 265/4 KG Urfahr an. Diese 110 m2 große Grundparzelle war ursprünglich Teil des Grundstückes Nr. 113/1, wurde jedoch am 4. November 1950 zum Zweck der Verbreiterung einer Straße in das öffentliche Gut abgetreten. Die Grundabtretung erfolgte aufgrund eines Baubewilligungsbescheides vom 12. Oktober 1949 des Magistrats Linz-Urfahr für das Grundstück Nr. 113/1 und aufgrund eines Genehmigungsbescheides dieser Behörde vom 3. November 1949 für die Teilung des Grundstückes Nr. 113/1 in die Baugrundstücke Nr. 113/1 und 113/14. Beide Bescheide enthalten die Bedingung, daß der betreffende Grundstückstreifen kosten- und lastenfrei in das öffentliche Gut der Stadtgemeinde Linz abzutreten ist.
Die durch die Abtretung ermöglichte Straßenverbreiterung wurde bisher nicht durchgeführt.
b) Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 3. Juli 1992 wurde ein auf §18 Oberösterreichische Bauordnung (OÖ BauO), LGBl. 35/1976 idF LGBl. 82/1983, gestützter Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückstellung des Grundstückes Nr. 265/4 KG Urfahr abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 28. Oktober 1992 keine Folge gegeben. Auch die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung blieb erfolglos, die Oberösterreichische Landesregierung gab ihr mit Bescheid vom 15. Jänner 1993 ebenfalls keine Folge.
2. Gegen diesen Vorstellungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie wegen Anwendung von verfassungswidrigen Gesetzesbestimmungen, nämlich §18 Abs4 und Abs7 OÖ BauO, in ihren Rechten verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Sowohl die Landeshauptstadt Linz als auch die Oberösterreichische Landesregierung haben in einer Äußerung bzw. Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat am 2. Oktober 1993 von Amts wegen beschlossen, ua. aus Anlaß dieses Verfahrens die Verfassungsmäßigkeit der Abs4 und 7 des §18 OÖ BauO, LGBl. 35/1976 idF LGBl. 82/1983, zu prüfen. Mit Erkenntnis vom 17. März 1994, G233,235/93, hat er die Wendung "4," in Abs7 des §18 OÖ BauO als verfassungswidrig aufgehoben, gleichzeitig aber ausgesprochen, daß der Abs4 des §18 leg.cit. nicht verfassungswidrig ist.
5. Aufgrund der Erwägungen in diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof sodann im fortgesetzten Beschwerdeverfahren am 17. März 1994 aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen die Gesetzmäßigkeit des Regulierungsplanes U II der Stadt Urfahr (Beschluß des Gemeinderates vom 9. Jänner 1903) zu prüfen.
Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1994, V64/94, hat der Verfassungsgerichtshof diese in Prüfung gezogene Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Der Verfassungsgerichtshof
hat im nunmehr neuerlich fortgesetzten Beschwerdeverfahren über die Beschwerde erwogen:
1. Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vorneherein auszuschließen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt (s. zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).
2. Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-
enthalten.
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