VfGH V217/90

VfGHV217/9011.10.1993

Aufhebung eines Plandokuments infolge Verletzung des Gleichheitsrechts bei Handhabung der für die Änderung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes maßgeblichen Vorschriften der Wr BauO 1930; keine Überprüfung des Vorliegens wichtiger Rücksichten; krasse Bevorzugung eines Liegenschaftseigentümers bezüglich der Bebaubarkeit in gleicher Lage befindlicher Grundstücke gegenüber einem anderen

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Plandokument Nr 5827. Beschluß des Wr Gemeinderates vom 26.06.85
Wr BauO 1930 §1 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Plandokument Nr 5827. Beschluß des Wr Gemeinderates vom 26.06.85
Wr BauO 1930 §1 Abs1

 

Spruch:

I. Der Antrag, die Verordnung des Wiener Gemeinderates vom 26. Juni 1985, Pr.Zl. 1949/85, Plandokument Nr. 5827, insoweit wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben, als für das Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, die gärtnerische Ausgestaltung festgesetzt worden ist, wird zurückgewiesen.

II. Die Verordnung des Wiener Gemeinderates vom 26. Juni 1985, Pr.Zl. 1949/85, Plandokument Nr. 5827 (Beschlußfassung bekanntgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1985) wird insoweit als gesetzwidrig aufgehoben, als sie sich auf den durch die Brigittagasse, die Dammstraße, die Pappenheimgasse und die Hartlgasse begrenzten Gebäudeblock bezieht.

Die Wiener Landesregierung ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zur Zl. 89/05/0099 das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen von der Bauoberbehörde für Wien im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 2. März 1989 anhängig, mit welchem dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Lagergebäudes auf dem (in seinem Eigentum stehenden, an der Pappenheimgasse zwischen Dammstraße und Hartlgasse liegenden) Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, mit der Begründung versagt wurde, daß der Flächenwidmungsplan Plandokument Nr. 5827 für das Grundstück die gärtnerische Ausgestaltung vorsehe. Der Verwaltungsgerichtshof hält die bezogene Verordnung PD 5827 für präjudiziell und stellt unter der Zl. A90/90 folgenden Antrag:

"... die Verordnung des Wiener Gemeinderates vom 26. Juni 1985, Pr.Zl. 1949/85, Plandokument Nr. 5827, insoweit wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben, als für das Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, die gärtnerische Ausgestaltung festgesetzt worden ist, allenfalls die Verordnung für den gesamten Gebäudeblock, begrenzt durch die Brigittagasse, die Dammstraße, die Pappenheimgasse und die Hartlgasse als gesetzwidrig aufzuheben, allenfalls die Verordnung zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben."

Die Anlaß zur Antragstellung bietenden Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung legt der Verwaltungsgerichtshof wie folgt dar:

"Nach §1 Abs1 BO obliegt die Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne dem Gemeinderat. Über unwesentliche Abänderungen und Ergänzungen dieser Pläne beschließt die örtlich zuständige Bezirksvertretung. Abänderungen dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn wichtige Rücksichten es erfordern.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung diese Gesetzesstelle als ausreichende Grundlage für die Festsetzung und Änderung von Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen beurteilt. Er ist insbesondere davon ausgegangen, daß der Begriff 'wichtige Rücksichten' im Sinne des Art18 B-VG ausreichend determiniert ist, wobei Rücksichten, die für eine Abänderung sprechen, nur dann als so wichtig angesehen werden, daß sie die Abänderung erfordern, wenn sie die Summe aller dagegenstehenden Rücksichten überwiegen, wenn sie also gewichtiger sind als die dagegenstehenden Rücksichten (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Dezember 1957, Slg. Nr. 3297). In einer Reihe von Fällen hat der Verfassungsgerichtshof geprüft, ob wichtige Rücksichten im aufgezeigten Sinne vorlagen (vgl. etwa die bei Geuder/Hauer, Das Wiener Baurecht, 3. Aufl., zu §1 wiedergegebenen Entscheidungen dieses Gerichtshofes). Im Hinblick auf diese Rechtsprechung geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß §1 Abs1 BO eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erlassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen bildet.

Bei dem dem Beschwerdeführer gehörenden Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, auf welches sich das dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Baubewilligungsverfahren bezieht, handelt es sich um eine Grundfläche im dicht verbauten Gebiet des Wiener Gemeindebezirkes Brigittenau. Mit dem Plandokument Nr. 5827 hat der Wiener Gemeinderat den bisher gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan aufgehoben und einen neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgesetzt. Die mit diesem Plandokument aufgehobenen früheren Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, von deren Geltung der Gemeinderat bei seiner Beschlußfassung ausging, sahen für den durch die Pappenheimgasse, die Dammstraße, die Brigittagasse und die Hartlgasse begrenzten Gebäudeblock eine Baulandwidmung die Bauklasse IV und die geschlossene Bauweise vor. Das Plandokument Nr. 5368, beruhend auf dem Beschluß des Gemeinderates vom 21. März 1975, Pr. Zl. 776/75, hat die Baulandwidmung Wohngebiet vorgesehen, wobei eine vollständige Bebauung des Grundstückes Nr. 3448/1 nach diesem Plandokument möglich gewesen wäre. Das Plandokument Nr. 4367, beruhend auf dem Beschluß des Gemeinderates vom 22. April 1966, Pr. Zl. 804/66, hatte gleichfalls die Bauklasse IV und die geschlossene Bauweise vorgesehen, jedoch die Baulandwidmung gemischtes Baugebiet. Eine entsprechende Verbauung sah auch das Plandokument Nr. 2787, beruhend auf einem Beschluß des Stadtsenates vom 24. Juli 1956, Pr. Zl. 1729/56, vor. Der Verfassungsgerichtshof hat nun zwar auf Grund eines Antrages des Verwaltungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 7. Oktober 1987, V76/87, ausgesprochen, daß die Verordnung Plandokument Nr. 5368 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1986 gesetzwidrig war, allein dies kann nach den bisherigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen nicht dazu führen, daß nunmehr für das genannte Grundstück eine gärtnerische Ausgestaltung vorgesehen ist, obwohl bisher stets eine geschlossene Bebauung in einer der Bauklasse IV entsprechenden Gebäudehöhe festgesetzt gewesen war. Wenn der Magistrat der Stadt Wien in seinem Antrag an den Gemeinderat in diesem Zusammenhang ausführt, daß die Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes deshalb durchgeführt werden soll, 'um damit für das gesamte Plangebiet eine einheitliche Rechtslage zu erreichen', so trifft dies gerade für das Grundstück des Beschwerdeführers nicht zu. Als Ziele, die erreicht werden sollen, nennt der Magistratsantrag freilich auch die Verringerung der baulichen Ausnützbarkeit der Grundflächen, doch rechtfertigt ein solches Planungsziel in die hier nicht vorgenommene Festsetzung einer gärtnerischen Ausgestaltung, insbesondere dann nicht, wenn im selben Gebäudeblock gegenüber den früheren Bebauungsbestimmungen eine wesentlich größere Bebauung ermöglicht wird. Als Folge einer sachlich nicht gerechtfertigten Änderung scheint hier eine krasse Verletzung des auch den Verordnungsgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes vorzuliegen. Auf die Änderungen bezüglich des Grundstückes des Beschwerdeführers wurde in dem Antrag überhaupt nicht eingegangen, sodaß der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen kann, welche 'wichtigen Rücksichten' für eine derartige Festsetzung nach Meinung der Stadtplanung überhaupt angeführt werden können. Der Umstand, daß das angeführte Grundstück nicht zur Gänze entlang der Baulinie bebaut ist, könnte nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht als gewichtiger beurteilt werden, als jene Interessen, die für eine Beibehaltung der früher stets bejahten Bebauungsmöglichkeit ins Treffen zu führen sind. Die vorgenommene ungleiche Behandlung von Grundeigentümern dürfte vielmehr eine Verletzung des Gleichheitssatzes bedeuten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher nicht nur davon aus, daß keine wichtigen Rücksichten die Festsetzung der gärtnerischen Ausgestaltung hier erforderten sondern, daß darüberhinaus durch diese Maßnahme der Planung auch der Gleichheitssatz verletzt worden ist."

2. Der Wiener Gemeinderat trat diesem Antrag mit einer (für ihn in Handhabung des §98 der Wiener Stadtverfassung vom Stadtsenat beschlossenen) Äußerung entgegen, in welcher im wesentlichen folgendes vorgebracht wird:

"Nach §1 Abs1 der Bauordnung für Wien obliegt die Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne dem Gemeinderat. Über unwesentliche Abweichungen und Ergänzungen dieser Pläne beschließt die örtlich zuständige Bezirksvertretung. Abänderungen dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn wichtige Rücksichten es erfordern.

Bei dem gegenständlichen Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, handelt es sich um eine Grundfläche im dichtverbauten Gebiet. Bis zur Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch das angefochtene Plandokument Nr. 5827 stand für das hier interessierende Gebiet das Plandokument Nr. 5368, welches auf dem Gemeinderatsbeschluß vom 21. März 1975, Pr.Zl. 776/75, beruhte, in Geltung. Dieses sah für den durch die Pappenheimgasse, die Dammstraße, die Brigittagasse und die Hartlgasse begrenzten Gebäudeblock die Baulandwidmung Wohngebiet, die Bauklasse IV sowie die geschlossene Bauweise vor. Nach dem Plandokument Nr. 5368 wäre eine vollständige Bebauung des Grundstückes Nr. 3448/1 möglich gewesen.

Als wesentliches Ziel, das durch die Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erreicht werden soll, wird im Antrag des Magistrates der Stadt Wien an den Wiener Gemeinderat unter anderem die Verringerung der baulichen Ausnützbarkeit der Grundflächen besonders angeführt. Damit soll generell eine Verringerung der Verbauung und der Bebauung der im Plangebiet befindlichen Grundflächen erreicht werden. Diese städtebauliche Maßnahme, der gerade im dichtverbauten Gebiet besondere Bedeutung zukommt, wurde im gegenständlichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan insbesondere durch die Beschränkung der Gebäudehöhe - so auch im gegenständlichen Gebäudeblock - sowie auch durch die Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung unverbauter Grundflächen Rechnung getragen. Dieses Ziel, die Verbauung der Grundflächen zu verringern, ist auf das gesamte Plangebiet bezogen. Ein weiteres wichtiges Anliegen bestand darin, die Begrünung der von der Bebauung freibleibenden Hofflächen vorzuschreiben und auf den vorhandenen Baum- und Vegetationsbestand Bedacht zu nehmen.

Bei der Neufestsetzung des gegenständlichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes galt es weiters Sorge dafür zu tragen, - mittlerweile erkannte - städtebauliche Nachteile, die bei der Realisierung des bisher gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes hätten entstehen können, wie z.B. große ungedeckte Feuermauern, die Entfernung von wertvollem Baumbestand, die Ausnützbarkeit von Liegenschaften zu Lasten anderer Grundstücke und dgl. hintanzuhalten bzw. zu minimieren. Im Hinblick auf das örtliche Stadtbild war weiters die Festsetzung unterschiedlicher Gebäudehöhen bzw. die Gestaltung auch größerer Hofbereiche durch Begrenzung mit Baufluchtlinien wesentlich.

Das angeführte Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, welches im dichtverbauten Gebiet liegt, ist nicht zur Gänze entlang der Baulinie bebaut und weist einen erhaltungswürdigen Baumbestand auf. Bei der Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes war daher maßgebend, daß die vollständige Bebauung dieses Grundstückes den dem Stadtentwicklungsplan zugrunde liegenden Zielsetzungen für das dicht bebaute Gebiet diametral entgegensteht und überdies die Bebauung dieses Grundstückes die Entfernung des erhaltungswerten Baumbestandes nach sich ziehen würde.

Durch die Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes sollte für das gegenständliche Plangebiet eine einheitliche Rechtsbasis geschaffen werden. Keinesfalls wurde jedoch angestrebt, daß für jede Liegenschaft im Plangebiet die gleiche Rechtslage (d.h. die gleichen Bestimmungen) gelten sollte.

Da durchaus sachliche, wichtige Gründe dafür sprechen, daß mit dem bekämpften Beschluß des Wiener Gemeinderates vom 26. Juni 1985, Pr.Zl. 1949/85, Plandokument Nr. 5827, für das Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, gemäß §5 Abs4 litp der Bauordnung für Wien die gärtnerische Ausgestaltung angeordnet wurde, erachtet der Gemeinderat der Stadt Wien den angefochtenen Teil der Verordnung bzw. die Verordnung vom 26. Juni 1985 nicht für rechtswidrig."

II. 1. Der vom Verwaltungsgerichtshof primär gestellte Antrag, die angefochtene Verordnung "insoweit wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben, als für das Grundstück Nr. 3448/1, KG Brigittenau, die gärtnerische Ausgestaltung festgesetzt worden ist", erweist sich als unzulässig, weil diese Grundstücksbezeichnung dem Plandokument nicht zu entnehmen ist (vgl. dazu VfSlg. 11807/1988). Hingegen bestehen an der Zulässigkeit des (ersten) Eventualantrages ("die Verordnung für den gesamten Gebäudeblock, begrenzt durch die Brigittagasse, die Dammstraße, die Pappenheimgasse und die Hartlgasse, als gesetzwidrig aufzuheben")

2. Der Verordnungsprüfungsantrag ist (in diesem Umfang) auch gerechtfertigt.

Für den in Rede stehenden Häuserblock (einschließlich des Grundstücks 3448/1) sah das (unmittelbar vorangehende, auf einem Gemeinderatsbeschluß vom 21. März 1975 beruhende) Plandokument 5368 die Baulandwidmung Wohngebiet, Bauklasse IV und geschlossene Bauweise vor, und zwar derart, daß die Bebauung (in geschlossener Bauweise) entlang aller den Gebäudeblock umschließender Straßenzüge zulässig war. Im Rahmen der Planungsarbeiten, die dem nunmehrigen PD 5827 vorangingen, wurde diese Baulandwidmung (in den Planentwürfen 1 bis 3) mit der Modifikation beibehalten, daß die Gebäudehöhe auf 18 m beschränkt wurde. Hinzu trat (in Verfolg eines allgemeinen Planungszieles, welches auch bei zahlreichen anderen Gebäudeblöcken aktualisiert wurde) die Festsetzung (großflächiger) gärtnerischer Ausgestaltung im hofseitigen Bereich des Gebäudeblocks innerhalb von Baufluchtlinien, die sich richtungsmäßig im wesentlichen am Verlauf der straßenseitigen Baulinien orientieren. Der "Entwurf 3", welcher (neben dem Antragstext) in der Zeit vom 7. März bis 4. April 1985 zur öffentlichen Einsicht aufgelegt wurde, enthält folgende zeichnerische Darstellung:

Während der Auflagefrist langte bei der zuständigen Magistratsabteilung 21 (ua.) ein mit 12. März 1985 datiertes Schreiben der Magistratsdirektion, Stadtbaudirektion-Gruppe Planung, ein, das wie folgt lautet:

"Im Zuge der Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes für einen Teilbereich des 20. Bezirkes PD 5827 - Brigittaplatz, wird die Dienststelle ersucht, die bereits übermittelten Projektspläne für eine Bebauung des städtischen Grundstückes Dammstraße - Hartlgasse - Pappenheimgasse im Rahmen des Vollwertigen Wohnens, entsprechend einzuarbeiten und im Rahmen des Verfahrens zu berücksichtigen."

Aus den bezughabenden Plänen, die diesem Schreiben von der Magistratsabteilung 21 mit dem Vermerk "beiliegend 1 Lageplan MA 41 - 2 Schnitte der Arch. H.G. & H. angeschlossen wurden) geht hervor, daß sich das zitierte Schreiben insbesondere auf ein Wohnbauvorhaben (mit zur Hartlgasse paralleler Hauptachse) erstreckt, welches im nordwestlichen Teil des Gebäudeblocks derart situiert ist, daß es von der Baulinie zur Hartlgasse rund 16 m entfernt ist und nahe an die Baulinie zur Pappenheimgasse heranreicht.

Die Magistratsabteilung 21 äußerte sich zum Schreiben der Gruppe Planung in ihren mit 15. Mai 1985 datierten "Stellungnahmen und Äußerungen (Bericht gemäß §2 (4) BO für Wien)" folgendermaßen:

"Die Projektsunterlagen für die Wohnhausanlage, die im Rahmen des sogenannten 'Vollwertigen Wohnens' zur Errichtung gelangen soll, werden unter Bedachtnahme auf den Baubestand im Entwurf berücksichtigt. Die Gebäudehöhe soll jedoch wie bisher mit 18,0 m festgelegt werden. Der Plan wird entsprechend geändert."

Die hier vorgesehene Änderung wurde im Plan "Entwurf IV" vorgenommen; hiebei wurde (auch) westlich des vorhin erwähnten Wohnbauvorhabens gärtnerische Ausgestaltung festgesetzt sowie die "gärtnerische Ausgestaltung" im Innenbereich des Gebäudeblocks (insbesondere) dahin geändert, daß die parallel zur Baulinie an der Pappenheimgasse vorgesehene Baufluchtlinie eliminiert wurde.

Die planliche Darstellung im "Entwurf IV" bietet folgendes Bild:

Anläßlich der Behandlung des (nach Abschluß der Planungsarbeiten eingebrachten) Magistratsantrags im Gemeinderatsausschuß für Stadtentwicklung und Stadterneuerung brachten zwei Mitglieder des Gemeinderates einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt lautet:

"Im Antragsplan PD 5827, betreffend Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungsplanes soll im Bereich 20., Pappenheimgasse - Hartlgasse unter Bedachtnahme auf die vorgeschlagenen Bestimmungen bzw. Widmungen für den vorgesehenen Baublock die Höhenbeschränkung von Bauklasse IV, 18 m, entfallen und dafür die Bauklasse IV, unbeschränkt, ausgewiesen werden. (EPK, Vorgarten und gärtnerische Ausgestaltung)."

Der Magistrat änderte hierauf seinen Antrag, was dem amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Stadterneuerung mit Schreiben vom 17. Juni 1985 wie folgt mitgeteilt wurde:

"Aufgrund des Antrages der Gemeinderäte Dr. Swoboda und Prof. Petrik - eingebracht in der Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Stadtentwicklung und Stadterneuerung - wurde der Antragsplan Plan Nr. 5827 entsprechend geändert und zwar derart, daß für einen Teil des Baublockes 20., Pappenheimgasse - Hartlgasse die Höhenbeschränkung der Bauklasse IV (auf 18,0 m) entfallen soll.

Der Plan wird entsprechend geändert (Rotdruck V) dem Stadtsenat und dem Gemeinderat zur Beschlußfassung vorgelegt."

Dementsprechend erhielt der betreffende Planteil des (sodann vom Gemeinderat zum Beschluß erhobenen) Plandokuments folgende zeichnerische Fassung:

Konfrontiert man das eben dargestellte Verwaltungsgeschehen (welches dem in Ablichtung vorgelegten Verordnungsakt entnommen wurde) mit der namens des Gemeinderates erstatteten Äußerung, so zeigt sich, daß diese den konkreten Planungsablauf hinsichtlich des betreffenden Gebäudeblocks überhaupt außer Betracht läßt und Behauptungen über die Beweggründe für die Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes bezüglich des Grundstücks 3448/1 aufstellt, die schlechthin unzutreffend sind. Der Akteninhalt widerlegt das Vorbringen, bei der Neufestsetzung sei "maßgebend (gewesen), daß die vollständige Bebauung dieses Grundstückes den dem Stadtentwicklungsplan zugrunde liegenden Zielsetzungen für das dicht bebaute Gebiet diametral entgegensteht und überdies die Bebauung dieses Grundstückes die Entfernung des erhaltungswerten Baumbestandes nach sich ziehen würde" (Hervorhebung nicht in der Äußerung). Maßgebend für die vorgenommene Änderung jener Planung, gemäß der die Bebauung des an der Pappenheimgasse gelegenen Grundstücks (weiterhin) möglich gewesen wäre, war vielmehr nachweislich ausschließlich die Absicht, das innerhalb desselben Gebäudeblocks im Stadium eines "Vorentwurfs" geplante Bauvorhaben eines anderen Liegenschaftseigentümers zu ermöglichen und zu fördern. Damit ist aber zugleich dargetan, daß die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag geltend gemachte Verletzung des Gleichheitsrechtes bei der Handhabung der für die Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes maßgeblichen Vorschriften durch den Verordnungsgeber stattgefunden hat (vgl. VfSlg. 12171/1989 mwH und VfSlg. 12013/1989). Denn der Verordnungsgeber hat es nicht bloß unterlassen, das Vorliegen der im §1 Abs1 BauO f Wien genannten "wichtigen Rücksichten" (s. dazu grundlegend VfSlg. 3297/1957, zur Berücksichtigung (auch) anderer als der öffentlichen Interessen VfSlg. 3809/1960) zu überprüfen und die hiezu erforderliche Interessenabwägung vorzunehmen, sondern hat weiters bezüglich der Bebaubarkeit in grundsätzlich gleicher Lage befindlicher Grundstücke überhaupt von vornherein einen Liegenschaftseigentümer ohne konkreten, bei der Planung offengelegten zwingenden Grund gegenüber einem anderen kraß bevorzugt, indem dem einen - wie dargestellt - eine besonders günstige Bebauung gewährleistet, dem anderen die Bebauung hingegen überhaupt untersagt wurde.

3. Dem (ersten Eventual-)Antrag des Verwaltungsgerichtshofs war sohin Folge zu geben und die angefochtene Verordnungsstelle als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG.

III. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

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