Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Vertreters die mit 15.000 S bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit dem angefochtenen Berufungsbescheid wird ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Juli 1990 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 5. November 1982 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zur Veranlagung der Einkommensteuer für 1981, worin sie behauptet, es habe sich wegen Nichtzustandekommens des in Aussicht genommenen Geschäftes nach Erlassung des Bescheides herausgestellt, daß der Veräußerungsgewinn niedriger sei als angenommen, mit dem Hinweis auf §304 BAO als unzulässig zurückgewiesen. Die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer betrage gemäß §207 Abs2 BAO fünf Jahre; diese - durch den Einkommensteuerbescheid bis zum Ende des Jahres 1982 unterbrochen gewesene - Frist habe mit Ablauf des Jahres 1987 geendet. Da mit Ablauf der Verjährungsfrist das Recht, eine Abgabe festzusetzen, erloschen sei, könne selbst bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes, ja sogar im Falle der materiellen Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung, keine Änderung finanzbehördlicher Akte mehr erfolgen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.
II. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des §304 Bundesabgabenordnung, BGBl. 194/1961, von Amts wegen geprüft. Mit Erkenntnis vom 22. Juni 1992, G3/92, hat er die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung wegen Verletzung des Gleichheitssatzes als verfassungswidrig aufgehoben.
Da der Bescheid in Anwendung eines gleichheitswidrigen Gesetzes ergangen ist, ist nicht auszuschließen, daß die Beschwerdeführerin dadurch im Gleichheitsrecht verletzt worden ist. Der Bescheid ist daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Betrag sind 2.500 S an Umsatzsteuer enthalten.
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