VfGH V200/90

VfGHV200/9027.6.1990

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Kuchl am 22.8.1989 beschlossenen von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 6.3.1990 aufsichtsbehördlich genehmigten und in der Zeit zwischen dem 28.3. und dem 17.4.1990 kundgemachten Verordnung ZEAP 030/0-32/1990 über die Abänderung des Flächenwidmungsplanes für den Bereich "Brennhoflehen" mangels Legitimation; kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Nachbarn durch einen für ein Nachbargrundstück geltenden Flächenwidmungsplan

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Die Antragsteller begehren mit ihrem auf Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten (Individual-)Antrag die "Aufhebung der von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Kuchl am 22. 8. 1989 beschlossenen, von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 6. 3. 1990 aufsichtsbehördlich genehmigten und in der Zeit zwischen dem 28. 3. und 17. 4. 1990 durch Kundmachung verlautbarten Verordnung Zahl EAP 030/0-32/1990 über die Abänderung des Flächenwidmungsplanes für den Bereich 'Brennhoflehen'".

Mit der angefochtenen Verordnung sei für das sogenannte "Brennhoflehen", eine etwa 12 ha große Fläche in der KG Kellau, anstelle der bisherigen Widmung als Grünland die Widmung als Gewerbegebiet bzw. als Immissionsschutzstreifen festgelegt worden. Die Antragsteller seien Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Nr. 67, 69, 70/1 und 71 KG Kellau, die im Norden an die umgewidmeten Grundstücke des Brennhoflehens unmittelbar angrenzten.

2. Der Antrag ist nicht zulässig.

Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird durch einen für ein Nachbargrundstück geltenden Flächenwidmungsplan zwar in die Rechtssphäre des Nachbarn eingegriffen, weil diese Verordnung zur Folge hat, daß - nach Maßgabe der in Betracht kommenden Bauvorschriften - für Bauten auf der Nachbarparzelle baubehördliche Bewilligungen erteilt werden dürfen. Eine solche Verordnung greift aber nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Nachbarn ein, weil ein solcher unmittelbarer Eingriff erst durch einen für das Nachbargrundstück erteilten Baubewilligungsbescheid bewirkt wird (vgl. zB VfSlg. 10.225/1984, 10.475/1985, 10.493/1985, 11.179/1986, 11.529/1987, VfGH 27. 2. 1990 V133/89).

Selbst wenn man davon ausgeht, daß in einem derartigen Baubewilligungsverfahren den Antragstellern die Rechtsstellung von Nachbarn iS des §7 Abs1 des (Sbg.) Baupolizeigesetzes - BauPolG, LGBl. 117/1983 idgF, zukäme (die Antragsteller bezweifeln dies mit Rücksicht auf §7 Abs1 Z1 lita dieses Gesetzes, wonach (verfassungsrechtlich unbedenklich: s. VfSlg. 10.844/1986) die Eigenschaft eines Nachbarn nur bei Nichtüberschreiten eines näher bezeichneten Abstandes des Grundstückes vom geplanten Bau gegeben ist) und somit die angefochtene Verordnung iS der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreifen würde, so wäre nach dem Dargelegten dieser Eingriff kein unmittelbarer.

3. Der Antrag war somit mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen, was nach §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.

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