VfGH B1878/88

VfGHB1878/882.10.1989

Vorschreibung einer Grundumlage für die Mitgliedschaft in der Bäckerinnung; keine Bedenken gegen die ausreichende inhaltliche Vorherbestimmung der Festlegung der Grundumlagen durch die Fachgruppen; keine Bedenken im Hinblick auf das Gleichheitsgebot gegen die Wahl der Rechtsform als Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung der Grundumlagen gemäß §57a Abs6 HandelskammerG; keine Verletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz / Verletzung keine
B-VG Art18 Abs1
HandelskammerG §57a
HandelskammerG §57a Abs6
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz / Verletzung keine
B-VG Art18 Abs1
HandelskammerG §57a
HandelskammerG §57a Abs6

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist aufgrund von einschlägigen Gewerbeberechtigungen Mitglied der Innung der Bäcker und des Gremiums des Lebensmittelhandels der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg.

Mit Bescheid des - aufgrund eines Delegierungsbeschlusses des Vorstandes entscheidenden - Präsidenten der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg vom 7. Juli 1988 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft eine Grundumlage für ihre Mitgliedschaft bei den genannten Fachgruppen in der Höhe von 3.870 S vorgeschrieben, und zwar hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Bäckerinnung 2.670 S (= Grundbetrag 2.250 S zzgl. Zuschlag für einen fachlich ausgebildeten Arbeitnehmer 420 S) und hinsichtlich der Mitgliedschaft im Gremium des Lebensmittelhandels 1.200 S (= der vom Gremium festgesetzte Betrag in Höhe von 400 S in dreifacher Höhe gem. §57a Abs6 HKG).

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft bestätigte mit Bescheid vom 11. Oktober 1988 den erstinstanzlichen Bescheid.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet, in ihren Rechten wegen Anwendung von für verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des HKG und des für gesetzwidrig gehaltenen Grundumlagenbeschlusses der Innung der Bäcker in der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg verletzt zu sein und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Gemäß §57a Abs3 HKG werden Grundumlagen durch die jeweils zuständige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft vorgeschrieben, die über Verlangen des Umlagepflichtigen darüber mit Bescheid zu entscheiden hat (§57g Abs1 HKG). Gegen einen solchen Bescheid ist gemäß §57g Abs2 HKG eine Berufung an die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vorgesehen, gegen deren Entscheidung ein weiteres Rechtsmittel nicht eingerichtet ist. Der Instanzenzug ist daher erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

2. Träger einschlägiger Gewerbeberechtigungen sind ex lege Mitglied der jeweils fachlich zuständigen Fachgruppe (Innung, Gremium) und der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft (sowie auch der analogen Selbstverwaltungskörperschaften auf Bundesebene). Gemäß §57a HKG haben die Mitglieder von Fachgruppen im Rahmen der Handelskammerorganisation Grundumlagen zu entrichten. Die Grundumlage wird von der Fachgruppe beschlossen und bedarf der Genehmigung durch die Landeskammer.

Die Festlegung der Grundumlage durch die Fachgruppe ist in §57a HKG doppelt determiniert: Zum einen ist bestimmt, daß die Grundumlage nur zur Bedeckung der in §57a Abs1 HKG genannten Aufgaben herangezogen werden darf; zum anderen legt §57a Abs6 HKG Höchstgrenzen fest, die bei der Festlegung der Grundumlage nicht überschritten werden dürfen. In diesem Zusammenhang ist auch der 2. Satz des §57d von Bedeutung, der festlegt:

"Die in den §§57 bis 57c vorgesehenen Kammerumlagen, Grundumlagen, Einverleibungsgebühren und Gebühren für Sonderleistungen sind innerhalb der in diesen Bestimmungen festgelegten Höchstgrenzen nur in solcher Höhe festzusetzen, daß ihr Aufkommen zusammen mit allfälligen sonstigen Einnahmen den in den genehmigten Jahresvoranschlägen festgelegten Aufwand deckt und unter Bedachtnahme auf die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird."

Hinsichtlich der Festlegung im einzelnen bestimmt §57a Abs5

HKG:

"Die Grundumlage kann

a) auf Grund einer allgemein leicht feststellbaren Bemessungsgrundlage (zum Beispiel Brutto-Lohn- und Gehaltssumme einschließlich Zulagen, Umsatzsumme, durchschnittliche Zahl Sozialversicherungsbeiträge, Betriebsvermögen und dergleichen) oder

b) in einem festen Betrag

festgesetzt werden. Bei Auswahl der Bemessungsgrundlage nach lita und litb ist auf die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmungen und die in den einzelnen Berufszweigen gegebenen besonderen Verhältnisse wie Größe der Betriebe, Lohnintensität, Ertragsverhältnisse und dergleichen Bedacht zu nehmen. Es können auch zwei oder mehrere Bemessungsgrundlagen nebeneinander angewendet werden, wenn dies dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht."

Wird die Grundumlage nach §57a Abs5 litb HKG mit einem festen Betrag festgesetzt, "so ist sie von natürlichen Personen, die in das Handelsregister eingetragen sind, ferner von Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften) sowie von Gebietskörperschaften, Genossenschaften und Vereinen in doppelter Höhe und von allen anderen juristischen Personen in dreifacher Höhe des festen Betrages zu entrichten" (§57a Abs6 HKG erster Satz).

3.a) In der Beschwerde wird zunächst unter Hinweis auf Art18 Abs2 B-VG die ausreichende inhaltliche Vorherbestimmung der Festlegung der Grundumlagen durch die Fachgruppen im HKG bezweifelt. Der Verfassungsgerichtshof hegt jedoch keine derartigen Bedenken. Die derzeitige Regelung ist vom Gesetzgeber der 4. HKG-Novelle, BGBl. 208/1969, nach Aufhebung der Vorgängerbestimmung wegen mangelnder inhaltlicher Determinierung durch den Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 5872/1968) beschlossen worden. Hauptanliegen dieser Novelle war in ihrem das Umlagenrecht betreffenden Teil die ausreichende inhaltliche Vorherbestimmung der Umlagenvorschreibungen (vgl. Reiger, Verfassungsrechtliche Überlegungen zur 4. HKG-Nov., WipolBl. 1969, 213ff).

Die Gestaltungsmacht der Fachgruppen bei der Beschlußfassung über die Grundumlage wurde durch die 4. HKG-Novelle mehrfach gesetzlich begrenzt: Wie dargelegt ist die Höhe der Umlage einerseits durch eine gesetzliche Aufgabenumschreibung und andererseits durch eine Höchstgrenze bestimmt; für eine sachgerechte Festlegung innerhalb dieser Grenzen bieten die wiedergegebene Regelung der Abs5 und 6 des §57a HKG und die Gebarungsrichtlinie des §57d HKG ausreichende inhaltliche Determinanten. Dabei kommt - was die Beschwerde verkennt - auch dem zweiten Satz des §57a Abs5 HKG Bedeutung zu, und zwar in doppelter Hinsicht: Einerseits gibt diese Bestimmung der Fachgruppe Kriterien vor, nach denen sie die Grundumlage entweder nach lita auf Basis einer bestimmten Bemessungsgrundlage oder nach litb in einem festen Betrag festsetzen soll und andererseits verlangt sie im Falle der Festlegung nach lita eine bestimmte sachgerechte Heranziehung von Bemessungsmaßstäben. Wieso dies mit Abs6 dieser Bestimmung in Widerspruch stehen soll, wie dies die Beschwerde vermeint, ist unerfindlich.

Der Verfassungsgerichtshof hegt daher auch aus Anlaß dieses Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §57a Abs5 HKG (vgl. auch VfSlg. 7246/1973).

b) Die bekämpfte Vorschreibung der Grundumlagen für die Mitgliedschaft im Gremium des Lebensmittelhandels stützt sich auf einen Beschluß dieses Gremiums, demzufolge die Grundumlage gemäß §57a Abs5 litb HKG mit einem festen Betrag von 400 S festgesetzt wurde.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hegt keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung dieses Betrags, meint aber, daß §57a Abs6 erster Satz HKG, der für Kapitalgesellschaften die Entrichtung in der dreifachen Höhe des festen Betrags verlangt, gleichheitswidrig sei.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft führt in ihrer Gegenschrift aus, daß die in dieser Vorschrift normierte Staffelung der Grundumlage nach der Rechtsform des Kammermitglieds den Grundsätzen einer Durchschnittsbetrachtung entspreche. Sie weist darauf hin, daß Gesellschaften mit beschränkter Haftung über ein Mindestkapital von 500.000 S verfügen müssen, "womit Gesellschaften mit beschränkter Haftung zusammen mit den anderen Kapitalgesellschaften ganz deutlich über das Niveau der in einfacher bzw. doppelter Höhe umlagepflichtigen Mitglieder gehoben sind". Die Bundeskammer verweist darauf, daß das Anknüpfen an die Rechtsform auch im Abgabenrecht häufig vorkommt und mit keiner erkennbaren Verfassungswidrigkeit behaftet sei.

Auch der Verfassungsgerichtshof hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die an die Rechtsform anknüpfende Staffelung, die dann Platz greift, wenn der Grundumlagenbeschluß einen festen Betrag festsetzt. Der Gesetzgeber des HKG konnte die Rechtsform als Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung von Grundumlagen in der in §57a Abs6 HKG festgelegten Weise wählen, ohne dabei den Gleichheitsgrundsatz zu verletzen. Der Gerichtshof sieht daher auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Grund für die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens.

c) Die bekämpfte Vorschreibung der Grundumlage für die beschwerdeführende Gesellschaft beruht hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft in der Innung der Bäcker auf einem Beschluß der Innung, demzufolge sich die Grundumlage aus einem Grundbetrag von 2.250 S und Zuschlägen (pro beschäftigten fachlich ausgebildeten Arbeitnehmer 420 S und pro Lehrling 160 S) zusammensetzt.

In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, daß die Festsetzung eines Grundbetrags insofern gesetzwidrig sei, als sie ohne Bedachtnahme auf die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfolge.

Dem hält die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg in ihrer von der Bundeskammer vorgelegten Stellungnahme folgendes entgegen:

"Der einheitliche Grundbetrag spiegelt die im wesentlichen homogene kleingewerbliche Struktur der Bäckereibetriebe in Vorarlberg wieder. Auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird mit den für fachlich ausgebildete Arbeitnehmer und Lehrlinge gestaffelten Zuschlägen Rücksicht genommen. Durch Bedachtnahme auf die Anzahl und Qualifikation der Beschäftigten wird in geradezu typischer Art und Weise auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Betriebe abgestellt. Die Umlagenhöhe kann leicht festgestellt werden und hat den Vorteil, daß deren Berechnung vom Mitglied ebensoleicht nachvollzogen werden kann."

Der Verfassungsgerichtshof pflichtet diesen Überlegungen bei und hegt daher auch keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Umlagenbeschlusses der Innung.

d) Da die in der Beschwerde geltend gemachten Bedenken gegen die den Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen nicht zu Recht bestehen und auch die übrigen angewendeten Rechtsgrundlagen des HKG unbedenklich sind, ist die beschwerdeführende Gesellschaft somit nicht wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt worden.

Da die Beschwerdeführerin nur die Verletzung von Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet hat, war die Beschwerde auf Grund des oben Ausgeführten daher (vgl. zB VfSlg. 9607/1983) abzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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