VfGH B1173/87

VfGHB1173/8710.6.1988

Jubiläumszuwendung nach §20 Abs1 GehaltsG 1956 Geldleistung öffentlich-rechtlicher Natur - kein Eingriff in das Eigentumsrecht;

Strengere Voraussetzungen für Gewährung der Jubiläumszuwendung aufgrund der 42. GehaltsG-Nov. - keine Bedenken gegen §20c Abs1 im Hinblick auf das Gleichheitsgebot; kein rigorores Kürzungssystem;

keine - Willkür indizierende - denkunmögliche Annahme, daß Voraussetzung für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung nur unmittelbar für den Bund geleistete Dienste sind; keine gleichheitswidrige Anwendung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
StGG Art5
GehG 1956 §20c Abs1 idF der 24. GehG-Nov
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
StGG Art5
GehG 1956 §20c Abs1 idF der 24. GehG-Nov

 

Spruch:

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bundesminister für Finanzen stellte auf Grund des Antrages des Bf., ihm aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 40 Jahren eine Jubiläumszuwendung zu gewähren, mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. September 1987 fest, daß dem Bf. eine Jubiläumszuwendung gemäß §20c des Gehaltsgesetzes 1956 (im folgenden: GG 1956) nicht gebührt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde. Mit ihr wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung von Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des vom Bf. als verfassungswidrig angesehenen §20c Abs1 GG 1956, geltend gemacht.

Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt bzw. die Ablehnung ihrer Behandlung anregt.

II. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Der Bf. stand nach den von ihm außer Streit gestellten Ausführungen der bel. Beh. ab dem 1. August 1952 zunächst als Beamter der Verwendungsgruppe B, ab dem 1. August 1962 als Beamter der Verwendungsgruppe A in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und gehörte bis zu seiner mit Wirkung vom 1. Oktober 1987 erfolgten Versetzung in den Ruhestand dem Dienststand an.

Mit 1. September 1967 wurde zwischen dem Bf. und der Österreichischen Industrieverwaltungs-Gesellschaft m.b.H. - in der Folge Österreichische Industrieverwaltungs-Aktiengesellschaft, nunmehr Österreichische Industrieholding-Aktiengesellschaft (ÖIAG) - ein privatrechtliches Dienstverhältnis begründet, das neben dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Bf. zum Bund bestand, und zwar während des gesamten folgenden Zeitraumes, innerhalb dessen der Bf. dem Dienststand angehörte.

Mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen wurde dem Bf. auf sein Ansuchen unter Berufung auf §44 Abs4 der Dienstpragmatik "in Ausübung des freien Ermessens ein Urlaub vom 1. September 1967 bis 31. August 1969 unter der Voraussetzung bewilligt . . ., daß für die Zeit des Urlaubes Bezüge entfallen, hingegen dieser Zeitraum für die Vorrückung in höhere Bezüge und für die Bemessung des Ruhegenusses angerechnet wird". Ein weiterer derartiger Urlaub wurde dem Bf. auf sein Ansuchen unter Berufung auf §44 Abs1 und 2 der Dienstpragmatik zunächst bis zum 31. Dezember 1970 und schließlich für die Zeit ab dem 1. Jänner 1971 "auf die Dauer der Tätigkeit für die Österreichische Industrieverwaltungs-Aktiengesellschaft" bewilligt. Dieser Urlaub dauerte bis zur Versetzung des Bf. in den Ruhestand an.

2. Nach §20c Abs1 GG 1956 in der durch die 42. Gehaltsgesetz-Nov., BGBl. Nr. 548/1984 (mit Wirkung vom 1. Jänner 1987) geänderten Fassung kann dem Beamten aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25 und 40 Jahren für treue Dienste eine Jubiläumszuwendung gewährt werden. Die Jubiläumszuwendung beträgt bei einer Dienstzeit von 25 Jahren 200 vH und bei einer Dienstzeit von 40 Jahren 400 vH des Monatsbezuges, der der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten in dem Monat entspricht, in den das Dienstjubiläum fällt. Zur Dienstzeit im Sinne dieser Regelung zählt nach §20c Abs2 Z1 GG 1956 - unter anderem - die im bestehenden Dienstverhältnis zurückgelegte Zeit, soweit sie für die Vorrückung wirksam ist.

3. Die bel. Beh. wertete bei der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Bf. die Zeit des ihm gewährten Karenzurlaubes, weil sie für die Vorrückung wirksam ist, auf Grund des §20c Abs2 Z1 GG 1956 als Dienstzeit im Sinne des §20c Abs1 dieses Gesetzes. Von der Auffassung ausgehend, daß nach §20 Abs1 GG 1956 neben der Vollendung von Dienstzeiten von bestimmter Dauer auch die Leistung "treue(r) Dienste" eine Voraussetzung für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung bildet, verneinte die bel. Beh. im Fall des Bf. das Vorliegen dieser Voraussetzung mit der Begründung, der Bf. habe in der Zeit vom 1. September 1967 (dem Beginn des Karenzurlaubes) bis zur Vollendung einer Dienstzeit von 40 Jahren (im April 1987) und darüber hinaus bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand (1. Oktober 1987) rund 20 Jahre lang Dienste nicht für den Bund, sondern ausschließlich für einen anderen Dienstgeber geleistet.

4. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. etwa VfSlg. 8823/1980, 9186/1981, 10072/1984) kann das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

a) Der Bf. erachtet die eine Grundlage des angefochtenen Bescheides bildende Vorschrift des §20c Abs1 GG 1956 als gleichheitswidrig. Dies insofern, als seiner Ansicht nach durch die mit der 20. Gehaltsgesetz-Nov. vorgenommene Einfügung der Worte "für treue Dienste" in den §20 Abs2 GG 1956 - die Bestimmung, die dem mit der 24. Gehaltsgesetz-Nov. neu geschaffenen §20c Abs1 GG 1956 vorausging - in einer dem Gleichheitsgrundsatz widersprechenden Weise in bestehende Rechtspositionen eingegriffen worden ist. Der Bf. habe im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gesetzesänderung bereits eine Dienstzeit von drei Jahren zurückgelegt und habe darauf vertrauen können, daß ihm die Zeit der Tätigkeit bei der ÖIAG für die Gewährung der Jubiläumszuwendung in gleicher Weise angerechnet werde wie eine Dienstzeit in der Finanzverwaltung. Er werde durch die angewendete Vorschrift unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes einem Beamten gleichgestellt, dem von vornherein bekannt gewesen sei, daß ihm die Jubiläumszuwendung nicht gewährt werden könne.

Mit diesem Vorbringen wird die Gleichheitswidrigkeit des bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten §20c Abs1 GG 1956 nicht dargetan. Selbst wenn durch die in Rede stehende Gesetzesänderung die Gewährung der Jubiläumszuwendung an im Vergleich zur früheren Rechtslage strengere Voraussetzungen geknüpft worden sein sollte - nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die 20. Gehaltsgesetz-Nov. (57 der Blg. zu den Sten. Prot. des NR, XII. GP., S. 19) sollten durch die Neufassung des §20 GG 1956 lediglich "im wesentlichen die bisherigen Richtlinien für die Gewährung einmaliger Belohnungen aus Anlaß von Dienstjubiläen in einer dem Art18 B.-VG. entsprechenden Weise gesetzlich geregelt" werden - kann hier - worauf die bel. Beh. zutreffend hinweist - keineswegs von einem rigorosen Kürzungssystem im Sinne des Erk. VfSlg. 11309/1987, die Rede sein. Aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles besteht mithin nach Ansicht des VfGH nicht das Bedenken, daß §20c Abs1 GG 1956 gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Der Bf. ist mithin nicht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinem Gleichheitsrecht verletzt worden.

b) Nach Ansicht des Bf. hat die bel. Beh. dadurch, daß sie die von ihm (im öffentlichen Interesse) erbrachte Dienstleistung für eine Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Alleineigentum des Bundes stehen, nicht als Dienstleistung für den Bund und damit nicht als Dienstleistung im Sinne der von §20c Abs1 GG 1956 geforderten Leistung "treue(r) Dienste" gewertet hat, dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt.

Der Bf. ist mit diesem Vorbringen nicht im Recht. Es könnte dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er die Gewährung einer Jubiläumszuwendung für treue Dienste (von bestimmter Dauer) nur unter der Voraussetzung gewährt, daß diese Dienste unmittelbar für den Bund geleistet wurden, nicht aber auch dann, wenn solche Dienstleistungen für einen vom Bund verschiedenen Dienstgeber erbracht wurden. Eine Vorschrift mit dem von der bel. Beh. angenommenen Inhalt stünde demnach nicht in Widerspruch zu dem - auch den Gesetzgeber bindenden (siehe etwa VfSlg. 8435/1978, 9204/1981, 9224/1981) - Gleichheitsgebot. Es kann mithin der Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt.

c) Auch der Vorwurf, die bel. Beh. habe - insbesondere dadurch, daß sie die Dienstzeit des Bf. während der letzten 20 Jahre als "rein fiktiv" bezeichnete - willkürlich gehandelt und dadurch den Bf. im Gleichheitsrecht verletzt, erweist sich als nicht begründet. Die bel. Beh. ist nämlich, wie bereits erwähnt, in Wahrheit durchaus davon ausgegangen, daß auch die Zeit des Karenzurlaubes "zur Dienstzeit im Sinne des §20c Abs1 und Abs2 Z1 GG 1956 zählt" (Seite 3 oben des angefochtenen Bescheides). Wenn sie gleichzeitig aber, wie ebenfalls schon erwähnt, den Standpunkt einnahm, die Gewährung einer Jubiläumszuwendung setze überdies voraus, daß die während dieser Dienstzeit geleisteten Dienste unmittelbar für den Bund erbracht wurden, so liegt darin keine - unter Umständen Willkür indizierende (VfSlg. 7038/1973, 7962/1976, 9169/1981) Denkunmöglichkeit. Die bel. Beh. war erkennbar bemüht, eine Entscheidung zu treffen, die dem von ihr angenommenen Gesetzesinhalt entspricht. Auch wenn sie dabei rechtswidrig gehandelt haben sollte, liegt nicht Willkür vor (siehe etwa VfSlg. 10105/1984). Damit ist nichts darüber ausgesagt, ob die bel. Beh. das Gesetz richtig angewendet hat. Dies zu prüfen ist Aufgabe des VwGH.

d) Da es nach dem Dargelegten keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die bel. Beh. gegenüber dem Bf. willkürlich vorgegangen wäre, ist mit dem Hinweis, es sei etwa zehn Beamten aus dem Personalstand des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, die gleich dem Bf. nach Gewährung eines Karenzurlaubes bis zu 20 Jahre lang in einem Angestelltenverhältnis zur ÖIAG gestanden seien, zum Unterschied vom Bf. die Jubiläumszuwendung nach §20c Abs1 GG 1956 gewährt worden, für den Bf. nichts zu gewinnen: ein allenfalls gesetzwidriges Vorgehen einer Behörde in vergleichbaren Fällen vermag für den Bf. kein Recht auf ein gleichartiges Vorgehen zu begründen (siehe etwa VfSlg. 8266/1978, 8790/1980, 9966/1984).

5. Die Jubiläumszuwendung nach §20c Abs1 GG 1956 deren Gewährung im freien Ermessen der Dienstbehörde liegt (VwGH Zl. 410/73 vom 11. 10. 1973) - gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Sie ist somit eine Geldleistung öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. auch VfSlg. 10508/1985; ferner den Beschluß des VfGH A3/87 vom 25. 6. 1987). Schon deshalb unterliegt sie nicht dem Schutz des Art5 StGG (siehe zB VfSlg. 2869/1955, 4260/1962, 10508/1985). Der Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechtes geht somit ins Leere.

6. Das Beschwerdeverfahren hat keinen Anhaltspunkt für die Annahme ergeben, daß der Bf. aus von ihm nicht vorgebrachten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattgefunden hätte.

Die Beschwerde war somit abzuweisen.

7. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

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