Normen
B-VG Art140 Abs1
B-VG Art140 Abs1
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit einer nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachten Eingabe stellt der - derzeit in Haft befindliche Einschreiter gemäß Art140 B-VG den Antrag auf "Überprüfung einer vermutlichen Verfassungswidrigkeit betreffs Verurteilungen auf Grund des Unterhaltsgesetzes (Alimentationsklagen)". Bei Verletzung des §198 StGB würden unter Umständen auch unbedingte Haftstrafen von nicht unbeträchtlicher Länge verhängt, dadurch wirtschaftliche Not für die Familie ausgelöst und die nichtgetilgten Schulden "beim nächsten Strafantrag dazugezählt".
2. Der Einschreiter stellt offenkundig den Antrag, §198 StGB als verfassungswidrig aufzuheben. Nach dieser Bestimmung ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten zu bestrafen, wer seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt oder die Erziehung des Unterhaltsberechtigten gefährdet wird oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet wäre.
3. Der VfGH hat zur Beurteilung der Prozeßvoraussetzungen Einsicht in den Strafakt des Antragstellers genommen und hiebei festgestellt, daß der Einschreiter bereits zweimal wegen §198 StGB verurteilt wurde (Jugendgerichtshof Wien 22 U 788/82 und Landesgericht für Strafsachen Wien 3c Vr 8953/85, Hv 6385/85). Gegen die Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, die wegen §§146, 147 Abs3 und §198 Abs1 StGB erfolgte, erhob der Einschreiter Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an den Obersten Gerichtshof. Dieser verwarf die Nichtigkeitsbeschwerde und gab der Berufung durch Verkürzung der Strafzeit teilweise statt (9 Os 114/86).
4. Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 B-VG ist, daß die bekämpfte Gesetzesstelle für den Antragsteller nicht bloß behaupteterweise sondern tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (vgl. VfSlg. 8009/1977). Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüberhinaus erforderlich, daß der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar durch das Gesetz selbst tatsächlich erfolgt ist, daß dieser Eingriff nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, daß die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden und daß dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 9724/1983).
Dem Einschreiter stand ein solcher Weg zur Verfügung. Er hätte im Zuge des Rechtsmittelverfahrens beim Obersten Gerichtshof seine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des §198 StGB geltend machen können. Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG ist ein Rechtsmittelgericht, sofern es - gleich dem Antragsteller - Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des anzuwendenden Gesetzes hegen sollte, zur entsprechenden Anrufung des VfGH verpflichtet (vgl. VfSlg. 8552/1979, 9394/1982, zuletzt VfGH 28. Feber 1987 G161/86). Ein Individualantrag ist daher nicht zulässig; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Charakter des Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (VfSlg. 8312/1978, 8594/1979, 9583/1982, 10251/1984).
5. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
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