VfGH B772/86

VfGHB772/8615.6.1987

Feststellung der Datenschutzkommission, daß

die Ärztekammer für Stmk. durch die laufende Bekanntgabe jener Beträge, die als Kammerbeitrag und Kammerumlage vom Kassenhonorar der Bf. einzubehalten war, an die Gebietskrankenkasse gegen §7 DatenschutzG verstoßen hat; Auftraggeber iSd §3 Z3 DSG zur - hier im öffentlichen Bereich erfolgten - Übermittlung von Daten war das zuständige Organ der Ärztekammer, nicht aber die Ärztekammer selbst; hoheitlich handelndes Staatsorgan bzw. dessen Rechtsträger nur dann beschwerdeberechtigt, wenn diese Berichtigung in der Bundesverfassung ausdrücklich vorgesehen ist; keine Beschwerdelegitimation der Ärztekammer für Stmk.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ÄrzteG 1984 §§56 ff
DSG 1978 §3 Abs3
DSG 1978 §7
VfGG §19 Abs3 Z2 lite
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ÄrzteG 1984 §§56 ff
DSG 1978 §3 Abs3
DSG 1978 §7
VfGG §19 Abs3 Z2 lite

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Dr. A K und Dr. O K sind in Graz als Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde tätig. Daher sind sie Angehörige der Ärztekammer für Steiermark (StÄK). Die Einhebung von Kammerumlagen und Kammerbeiträgen, deren Höhe ihnen jeweils bekanntgegeben wurde, erfolgte durch Einbehalt von ihrem Kassenhonorar bei der Gebietskrankenkasse für Steiermark. Zu diesem Zwecke wurden von der StÄK der Gebietskrankenkasse jene Beträge bekanntgegeben, die vom quartalsmäßig auszuzahlenden Kassenhonorar abzuziehen sind.

Dr. A K und Dr. O K erhoben mit Schreiben vom 19. Februar 1985 und 13. Juni 1985 an die Datenschutzkommission beim Bundeskanzleramt, die gemäß dem 5. Abschnitt des Datenschutzgesetzes, BGBl. 565/1978 (DSG), eingerichtet wurde, mit der Begründung Beschwerde, daß die Übermittlung dieser Daten durch die StÄK an die Gebietskrankenkasse ohne gesetzliche Grundlage erfolge.

Dieselbe Behauptung stellten die beiden Fachärzte in Beitragsverfahren vor dem Verwaltungsausschuß der StÄK betreffend das Beitragsjahr 1985 auf, Dr. A K auch in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Beschwerdeausschuß der StÄK betreffend das Beitragsjahr 1984. Dr. A K verwies in einem Schreiben vom 5. November 1984, Dr. O K in einem Schreiben vom 24. Dezember 1984, beide an den Beschwerdeausschuß der StÄK gerichtet, auf einen Verdacht "der Verletzung des Geheimnisbruches" und stellten fest, daß "eine strafrechtliche Verfolgung nicht ausgeschlossen ist". Anträge auf Aussetzung der anhängigen Verfahren wurden nicht gestellt. Auf Grund dieser Behauptungen haben der Verwaltungsausschuß und der Beschwerdeausschuß der StÄK die anhängigen Verfahren unterbrochen. Die StÄK stellte einen Antrag gemäß §14 Abs3

DSG.

2. Über diese Anträge entschied die Datenschutzkommission (DSK) mit Bescheid vom 26. Juni 1986, Z120.075/17-DSK/86, zugestellt am 14. Juli 1986, indem sie gemäß §14 Abs1 und 3 DSG feststellte, daß die StÄK durch die laufende Bekanntgabe jener Beträge, die als Kammerbeitrag und Kammerumlage vom Kassenhonorar des Dr. A K und der Dr. O K einzubehalten waren, an die Gebietskrankenkasse für Steiermark gegen §7 DSG verstoßen habe. Ferner stellte sie fest, daß die Genannten dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung ihrer Daten verletzt worden seien. Der Bescheid erging an Dr. A und Dr. O K, sowie an die StÄK.

3. Gegen diesen Bescheid der DSK erhob die StÄK Beschwerde an den VfGH, in der sie die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und Rechtsverletzung infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptete, die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragte.

4. Die DSK erstattete als bel. Beh. eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung, und einen ergänzenden Schriftsatz, in dem sie unter Hinweis auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1986, Zlen. 86/12/0200 und 0201, die Zurückweisung der Beschwerde beantragte.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die bf. StÄK sieht sich durch den angefochtenen Bescheid wegen denkunmöglicher Anwendung des §7 DSG und wegen Anwendung des nach ihrer Ansicht verfassungswidrigen §7 DSG verletzt. Sie sei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten berührt, weil sie als Folge des angefochtenen Bescheides praktisch die Kammerbeiträge und Kammerumlagen nicht mehr einheben könnte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, daß die StÄK durch laufende Bekanntgabe von Beiträgen, die als Kammerbeiträge und Kammerumlage vom Kassenhonorar des Dr. A K und der Dr. O K einzubehalten waren, an die Gebietskrankenkasse für Steiermark gegen §7 DSG verstoßen habe. Die bel. Beh. hatte bei der Erlassung des Bescheides das DSG jedenfalls in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Nov. BGBl. 370/1986 (1. Juli 1986) anzuwenden.

2. Die StÄK hat nach ihrem eigenen Vorbringen als Auftraggeber die Daten des Dr. A K und der Dr. O K an die Gebietskrankenkasse zum Zwecke der Hereinbringung der Kammerbeiträge und Kammerumlagen übermittelt. Gemäß §§39, 39a, 39b, und 44 des Ärztegesetzes, BGBl. 92/1949 idF BGBl. 460/1974, wiederverlautbart als §§56, 57, 58 und 75 mit Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz, BGBl. 373/1984 (Ärztegesetz 1984), erfolgt die Vorschreibung und Hereinbringung von Kammerumlagen und Kammerbeiträgen im Verwaltungsweg (vgl. auch VfSlg. 8731/1980 und 10389/1985). Die für das Verwaltungsverfahren zuständigen Behörden sind in erster Instanz der Verwaltungsausschuß, in zweiter und letzter Instanz der Beschwerdeausschuß (§79 des Ärztegesetzes 1984).

Gemäß §3 Z3 DSG ist Auftraggeber im Sinne des DSG der Rechtsträger, der die Ermittlung, Verarbeitung oder Übermittlung von Daten veranlaßt oder selbst durchführt. Im öffentlichen Bereich (2. Abschnitt) ist darunter das örtlich und sachlich zuständige Organ des Rechtsträgers zu verstehen.

Da, wie schon ausgeführt, die Übermittlung von Daten an die Gebietskrankenkasse im vorliegenden Fall im öffentlichen Bereich erfolgt ist, war Auftraggeber im Sinne des §3 Z3 DSG das zuständige Organ der StÄK (der Verwaltungsausschuß), nicht aber die StÄK selbst.

Einem hoheitlich handelnden Staatsorgan bzw. dessen Rechtsträger kommt jedoch, da sie dabei nicht in ihren Rechten verletzt werden können, Beschwerdeberechtigung nur dann zu, wenn diese Berechtigung in der Bundesverfassung ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. Art131 Abs1 Z2 und 3 B-VG).

Die Beschwerde der StÄK war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Da eine Abtretung der Beschwerde an den VwGH gemäß Art144 Abs3 B-VG nur im Falle der Abweisung oder der Ablehnung der Behandlung der Beschwerde vorgesehen ist, war der dahin zielende Antrag der StÄK abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 mangels Legitimation der bf. StÄK ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte