VfGH V17/87

VfGHV17/8730.9.1987

Antrag des Landesvolksanwaltes von Vbg. auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn teilweise; nach §18 Abs1 Vbg. RPG müssen im Flächenwidmungsplan jedenfalls alle (Grund-)Flächen, auf denen Krankenanstalten errichtet wurden und bestehen bleiben sollen, als "Vorbehaltsflächen" ausgewiesen sein - kein Entscheidungsspielraum des Verordnungsgebers; im vorliegenden Fall "Krankenanstalt" iS des §18 Abs1; daran ändert nichts, daß sie keinen Gemeinnützigkeitscharakter iS des §6 Vbg. SpitalsG hat; Gesetzwidrigkeit der Verordnungsstellen

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs3
Verordnung der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 23.6.1981
Vlbg SpitalG §3 und §6
Vlbg RaumplanungsG §18 Abs1
VfGG §57 Abs1 Satz 1
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs3
Verordnung der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 23.6.1981
Vlbg SpitalG §3 und §6
Vlbg RaumplanungsG §18 Abs1
VfGG §57 Abs1 Satz 1

 

Spruch:

I. Die von der Vorarlberger Landesregierung genehmigte

V der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 23. Juni 1981 wird, soweit sie sich auf die Grundparzellen 8272/2 und 8272/3 bezieht, als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. März 1988 in Kraft.

III. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg stellte mit Berufung auf Art139 B-VG und Art58 Abs2 der Vlbg. Landesverfassung LGBl. 30/1984 den Antrag, der VfGH möge den von der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 23. Juni 1981 als V beschlossenen (von der Vorarlberger Landesregierung zur Zl. VIIa - 310.20 gemäß §19 Abs7 Vlbg. RaumplanungsG LGBl. 15/1973 genehmigten und am 27. April 1982 in Kraft getretenen) Flächenwidmungsplan der Stadt Dornbirn "im Bereiche der Grundparzellen ... und ..." wegen Widerspruchs zu §18 Abs1 Vlbg. RaumplanungsG, "zur Vlbg. Planzeichenverordnung und zur Vlbg. Spitalbauverordnung" aufheben.

Begründend führte der antragstellende Volksanwalt ua. aus:

"Beim Landesvolksanwalt von Vorarlberg wurde der

Eigentümer einer durch Bescheid der Vlbg. Landesregierung vom

23. Jänner 1970, Zl. IV b-167/70, als solche anerkannten

Krankenanstalt vorstellig und sah sich darin beschwert, daß die

Grundstücke Gpn ... und ... - auf denen die im Jahr 1967 errichtete

gegenständliche Krankenanstalt situiert ist - im Flächenwidmungsplan

als Bau-Mischgebiet ausgewiesen sind. . .

Nach §18 Abs1 Vlbg. RaumplanungsG sind als Vorbehaltsflächen jene Flächen festzulegen, die Zwecken des Gemeinbedarfes, wie für Krankenanstalten, Altersheime, Schulen, Kindergärten, Kinderspielplätze, Amtsgebäude, Kirchen usw. dienen. Gemäß Punkt A 1.5 der Anlage der V der Vlbg. Landesregierung über die Form der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne LGBl. 39/1975 sind Krankenanstalten mit der Signatur 'KH' auszuzeichnen.

Das Vorhandensein einer Krankenanstalt ist sohin ein Umstand, der bei Festlegung der Widmung des Grundstückes und Auszeichnung desselben im Flächenwidmungsplan zu berücksichtigen ist. Dem wurde offenkundig nicht Rechnung getragen. Allein schon wegen dieses Widerspruches zur höherrangigen 'Planzeichenverordnung' wäre der Flächenwidmungsplan in dem in Prüfung gezogenen Umfang als rechtswidrig aufzuheben.

Die gegenständliche V ist jedoch noch mit einer weiteren Rechtswidrigkeit behaftet, zumal §2 Abs1 der V der Vlbg. Landesregierung über die Beschaffenheit der Krankenanstalten (Spitalbauverordnung) - gesetzliche Grundlage im §7 Abs6 Spitalgesetz, LGBl. 18/1959, idF LGBl. 13/1962 normiert, daß Krankenanstalten so gelegen sein müssen, daß sie ihren Zweck erfüllen können und daß schädliche Einwirkungen durch die Beschaffenheit des Baugrundes, durch die Witterung und durch die Umwelt möglichst ausgeschlossen sind. Aus dem Gebot der gegenseitigen Treuepflicht (etwa zwischen Bund und Ländern) kann abgeleitet werden, daß die Gebietskörperschaften verpflichtet sind, im Rahmen ihrer rechtlichen Pflichten auch dort gegenseitig auf die Aufgaben und Interessen des anderen Rechtsträgers Rücksicht zu nehmen, wo besondere Bedachtnahmepflichten gesetzlich nicht eigens normiert sind. Die Gemeindevertretung von Dornbirn hat es bei Erlassung des in Rede stehenden Flächenwidmungsplanes unterlassen, eine so weit über die Gpn ... und ... hinausreichende Vorbehaltsfläche festzulegen, daß aus der Umgebung der Krankenanstalt schädliche Einwirkungen hintangehalten werden können. Durch die Widmung der Umgebung als Bau-Mischgebiet kam es aber zu Ansiedlungen von Bauwerken, von denen mit einer Krankenanstalt unverträgliche Lärmimmissionen ausgehen. Im §18 Abs2 und 3 Vlbg. RaumplanungsG wäre das erforderliche Instrumentarium zur Verfügung gestanden, den Raum für ein den Anforderungen der Spitalsbauverordnung gerecht werdendes Bestehen der als Krankenanstalt geltenden HNO-Station zu gewährleisten. Zur Zeit der Errichtung dieser Station waren die Voraussetzungen für ihren Bestand aus diesem Blickwinkel gegeben, der in Geltung stehende Flächenwidmungsplan hat diese in rechtswidriger Weise zerstört.

In der Nichtbeachtung der zwingenden Bestimmungen des §18 Abs1 RaumplanungsG liegt der den Flächenwidmungsplan mit Gesetzwidrigkeit belastende Fehler. Wenn die die V erlassende Verwaltungsbehörde meint, den Gemeinbedarf von der Gemeinnützigkeit weiter abhängig machen zu dürfen, so ist diese Auslegung gesetzlos. Die Bestimmung des §18 Abs1 besagt nach Auffassung des Antragstellers, daß die dort aufgezählten Begriffe 'Krankenanstalten ... Abfallbeseitigungsanlagen' jedenfalls dem Gemeinbedarf dienen, daß es sich aber auf Grund der Wendung 'wie für' um eine nur demonstrative Aufzählung handelt. Für ein Messen des Gemeinbedarfes an der Gemeinnützigkeit aber - wie dies die Stadtgemeinde Dornbirn gegenüber dem Landesvolksanwalt als notwendig erachtete - bleibt beim klaren Wortlaut des Gesetzes kein Raum.

Der Landesvolksanwalt regt daher an, zur Behebung der Gesetzwidrigkeit den Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Dornbirn insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als für die Grundstücke Gpn ... und ... - worauf sich die Krankenanstalt befindet - und die benachbarten Grundstücke in dem für eine Krankenanstalt notwendigen Umfang nicht Vorbehaltsfläche, sondern die Widmung Mischgebiet festgelegt wurde."

1.2. Die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn und die Vorarlberger Landesregierung erstatteten schriftliche Äußerungen, worin sie den angeführten Flächenwidmungsplan als gesetzmäßig verteidigten.

2. Über den Antrag wurde erwogen:

2.1. Die Legitimation des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg zur Antragstellung ergibt sich aus Art58 Abs2 Vorarlberger Landesverfassung LGBl. 30/1984 und aus Art148i Abs2 B-VG iVm Art148e B-VG (vgl. VfSlg. 10966/1986, 11277/1987):

Der Antrag richtet sich (gemäß §57 Abs1 Satz 1 VerfGG 1953) gegen bestimmte Stellen, und zwar konkret bezeichnete Parzellen erfassende Partien eines Flächenwidmungsplanes, demnach gegen abtrennbare Teile einer V iS des Art139 B-VG (vgl. VfSlg. 8280/1978, 9690/1983 uam.; s. auch VfSlg. 10910/1986).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist der Antrag zulässig.

2.2. Kraft §18 Abs1 Vlbg. RaumplanungsG, LGBl. 15/1973 idF LGBl. 31/1985, (RPlG) müssen - in Flächenwidmungsplänen - ua. jene Flächen als "Vorbehaltsflächen" festgelegt werden (arg.: "Als Vorbehaltsflächen sind ... festzulegen ..."), die "Zwecken des Gemeinbedarfes" dienen. Welche Grundstücke solchen Zwecken dienen, führt das Gesetz beispielsweise an, darunter ausdrücklich Flächen für "Krankenanstalten". Damit ist - wie der Landesvolksanwalt zutreffend geltend macht - gesetzlich zwingend vorgeschrieben, daß jedenfalls alle (Grund-)Flächen, auf denen (bereits) Krankenanstalten errichtet wurden und bestehen bleiben sollen, im Flächenwidmungsplan als "Vorbehaltsfläche" auszuweisen sind. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut bleibt dem Verordnungsgeber in einem derartigen Fall kein wie immer gearteter Entscheidungsspielraum. Der VfGH hat daher nur mehr zu prüfen, ob das auf den vom Antrag erfaßten Grundflächen (: Gpn. ... und ...) befindliche Gebäude als "Krankenanstalt" iS des §18 Abs1 RPlG zu beurteilen ist. Diese Frage muß - wieder im Einklang mit der Rechtsmeinung des Landesvolksanwaltes - bejaht werden. Es handelt sich hier nämlich - unbestrittenermaßen - um eine mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 23. Jänner 1970, Zl. IV b - 167/70, anerkannte "Krankenanstalt" ("Sonderheilanstalt" und damit "Krankenanstalt" - iS des §3 Abs1 litb Vlbg. Spitalgesetz LGBl. 29/1967 in der Betriebsform einer Sonderstation für "Hals-, Nasen- und Ohren-Krankheiten"), wie es §18 Abs1 RPlG verlangt. Daß diese Station nicht Gemeinnützigkeitscharakter iS des §6 Vlbg. SpitalG, LGBl. 1/1979, trägt, ändert daran nichts; denn der unmißverständliche Text des §18 Abs1 RPlG setzt für "Krankenanstalten", die nach dem Gesagten ex lege ausnahmslos Zwecken des Gemeinbedarfs dienen, das Erfordernis der "Gemeinnützigkeit" - der Rechtsauffassung der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn zuwider - nicht voraus.

Damit erweist sich der Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Dornbirn im angeführten Umfang als gesetzwidrig.

Auf die vom Antragsteller des weiteren (bloß in Form einer "Anregung") angeschnittene Frage der gesetzmäßigen Widmung von Nachbargrundstücken und so der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes in (abtrennbaren - s. Punkt 2.1.) Teilen, die über den Aufhebungsantrag hinausgreifen, brauchte der VfGH nicht einzugehen, weil es hier an den Voraussetzungen des Art139 Abs3 B-VG fehlt.

2.3. Dem Antrag des Volksanwalts war daher vollinhaltlich stattzugeben und die V in dem in Punkt I. des Spruches bezeichneten Umfang als gesetzwidrig aufzuheben.

Die übrigen, das Inkrafttreten der Normaufhebung und die Kundmachungspflicht verfügenden Aussprüche beruhen auf Art139 Abs5 B-VG (Punkte II. und III. des Spruches).

2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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