VfGH A12/87

VfGHA12/8726.11.1987

Klage gegen die Republik Österreich wegen eines Betrages aus einer amtswegigen Aufrechnung des Lohnsteuerguthabens gegen die aushaftende Gerichtsgebührenschuld durch das Finanzamt; gem. §239 Abs1 BAO kann die Rückzahlung von (Steuer-)Guthaben begehrt werden; hier wäre auch weiterer Rechtszug gegen die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes gem. §276 BAO offen gestanden; Zurückweisung der Klage wegen Unzuständigkeit des VfGH; kein Kostenzuspruch an die beklagte Partei, die nicht anwaltlich vertreten war und der auch keine sonstigen ersatzfähigen Kosten entstanden sind

Normen

B-VG Art137 / Bescheid
VfGG §41
BAO §215 Abs2
BAO §239 Abs1
BAO §276
BAO §311
ABGB §1438 und §1441
B-VG Art137 / Bescheid
VfGG §41
BAO §215 Abs2
BAO §239 Abs1
BAO §276
BAO §311
ABGB §1438 und §1441

 

Spruch:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Verfahrenskosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung

I. 1. Der - derzeit in Haft befindliche - Einschreiter beantragte beim Finanzamt Mistelbach die Durchführung des Lohnsteuerausgleiches für das Jahr 1986. Das Finanzamt stellte daraufhin mit Bescheid vom 3. März 1987 fest, daß die Berechnung des Jahresausgleiches für 1986 ein Guthaben von S 902,-- ergeben hätte. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, daß dieses Guthaben auf das Konto der Einbringungsstelle beim OLG 1016 Wien überwiesen werden würde. Diese hatte zuvor mit Schreiben vom 17.2.1987 dem Finanzamt Mistelbach mitgeteilt, daß der Einschreiter der Republik Österreich noch Gerichtsgebühren schulde und hatte unter einem deren Aufrechnung mit dem festgestellten Lohnsteuerguthaben angeregt.

2. Der Einschreiter erhob in der Folge gegen den Bescheid des Finanzamtes Mistelbach vom 3.3.1987 Berufung, worin er die Berechtigung der Überweisung des Lohnsteuerguthabens an das OLG Wien bestritt. Der Betrag liege überdies unter dem Existenzminimum und sei daher nicht pfändbar.

3. Das Finanzamt Mistelbach wies mit Berufungsvorentscheidung vom 11.6.1987 das Rechtsmittel des Einschreiters ab, wobei in der Begründung lediglich mitgeteilt wurde, daß der Betrag über "Auftrag" des OLG Wien der dortigen Einbringungsstelle überwiesen wurde. Dieser Bescheid blieb in der Folge unbekämpft.

4. Mit der nunmehr beim VfGH erhobenen - auf Art137 B-VG gestützten - Klage gegen die Republik Österreich wegen S 902,--, bekämpft der Kläger die amtswegige Aufrechnung seines Lohnsteuerguthabens gegen die aushaftende Gerichtsgebührenschuld durch das Finanzamt Mistelbach.

5. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) als beklagte Partei legte den Verwaltungsakt vor und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung der Klage infolge Unzuständigkeit des VfGH.

II. 1. Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die weder im ordentlichen Rechtsweg noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Da der Kläger im vorliegenden Fall offenkundig einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Bund geltend macht, ist zu prüfen, ob nicht der Anspruch im ordentlichen Rechtsweg auszutragen oder durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist.

3. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des Art137 B-VG aus folgenden Gründen nicht gegeben:

Gemäß §239 Abs1 Bundesabgabenordnung, BGBl. 194/1961 idgF (BAO), kann der Abgabepflichtige die Rückzahlung von (Steuer-)Guthaben begehren. Ein derartiger Antrag unterliegt der Entscheidungspflicht gem. §311 BAO, und es hätte die Finanzbehörde im Rahmen dieses Verfahrens insbesondere über die Richtigkeit der - offenbar auf §215 Abs2 BAO iVm §§1438 und 1441 ABGB gestützten - Aufrechnung des festgestellten Lohnsteuerguthabens gegen die offene Gerichtsgebührenschuld bescheidmäßig abzusprechen.

Im vorliegenden Fall wäre dem Kläger überdies ein weiterer Rechtszug (§276 BAO) gegen die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes offen gestanden, von dem er jedoch offensichtlich keinen Gebrauch gemacht hat.

4. Daraus ergibt sich, daß über das Begehren des Klägers jedenfalls durch Bescheid der Verwaltungsbehörde abzusprechen wäre. In diesem Zusammenhang erscheint es unverständlich, warum die Frage der Rechtmäßigkeit bzw. der gegenseitigen Aufrechnung von im öffentlichen Recht begründeten Ansprüchen im Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit - wie dies die beklagte Partei in ihrer Äußerung vermeint - zu entscheiden wäre.

5. Die Klage war daher infolge Unzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung fußt auf §41 VerfGG 1953 (die beklagte Partei war nicht rechtsanwaltlich vertreten; auch sonstige ersatzfähige Kosten fielen nicht an (vgl. VfSlg. 10316/1985)).

7. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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