VfGH B892/86

VfGHB892/8615.10.1986

Art144 Abs1 B-VG; mangelnde Bescheidqualität eines Schreibens des Amtsführenden Präsidenten des Landesschulrates für Ktn. - Mitteilung einer Rechtsansicht (betreffend subjektive Rechte bei Handhabung der Verpflichtung nach §7 Abs2 Bundes-SchulaufsichtsG)

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs3
VfGG §19 Abs3 Z1 lita
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs3
VfGG §19 Abs3 Z1 lita

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Nach ihrem Vorbringen haben der Klub der Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei im Ktn. Landtag und die Österreichische Volkspartei, Landesparteileitung Ktn., an den Landeshauptmann als Präsidenten des Landesschulrates für Ktn. den Antrag gestellt

"gemäß §7 Abs2 BSAG eine Weisung des Herrn Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport darüber einzuholen, daß die am 4. November 1985 und seither bis heute gefaßten Beschlüsse des 'Kollegiums des Landesschulrates für Kärnten' gesetzwidrig und daher nicht zu vollziehen sind. Dies insbesondere im Hinblick darauf, daß in dieser Zeit ein Kollegium des Landesschulrates für Kärnten im Rechtssinne nicht existent war und der als 'Kollegium des Landesschulrates für Kärnten' tätig gewordene Restkörper dieses Organs keine rechtliche Funktionsfähigkeit hatte und daher nicht gesetzmäßig rechtswirksam tätig werden konnte.

In eventu, nämlich für den Fall, daß nicht oder nicht für alle Beschlüsse im obigen Sinne die obige Weisung eingeholt oder erteilt wird, wolle ein Feststellungsbescheid über die (mangelnde) Gesetzmäßigkeit der besagten Beschlüsse und über die dadurch bewirkte Verletzung unseres Rechtes auf gesetzmäßige Zusammensetzung des besagten Organs unter unserer Beteiligung im Verhältnis unserer Mandatszahl im Landtag, sowie auf Unterbleiben jeder Funktionsausübung durch ein in diesem Sinne nicht gesetzmäßig zusammengesetztes Organ erlassen werden."

Der Amtsführende Präsident des Landesschulrates für Ktn. beantwortete den Antrag am 14. August 1986 unter der Z 5635/86 mit folgender an die bevollmächtigten Vertreter der Antragsteller gerichteten Erledigung:

"Zu Ihrem Antrag vom 18. 7. 1986, auf Untersagung der Durchführung der Beschlüsse des Kollegiums des Landesschulrates für Kärnten, den Sie namens Ihrer Mandanten

1. Klub der ÖVP-Abgeordneten im Kärnter Landtag

2. Österreichische Volkspartei Landesparteileitung Kärnten eingebracht haben, wird Ihnen mitgeteilt:

Nach Art14 Abs3 lita des Bundes-Verfassungsgesetzes ist Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung in den Angelegenheiten der Zusammensetzung und Gliederung der Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern und Bezirken.

Die gesetzeskonforme Konstituierung und deren weitere Aufrechterhaltung dieser Kollegien ist daher Landessache. Nach jeder Neubildung zu Beginn einer Funktionsperiode wird die Durchführung der Konstituierung und die Liste der Mitglieder und Ersatzmitglieder der Kollegien vom Land (Landtag, Amt der Landesregierung) dem Bund (Landesschulrat, Bezirksschulräte) mitgeteilt. Diese Mitteilung ist für die Schulbehörden des Bundes die unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme der Tätigkeit der Kollegien. Ebenso wäre es Aufgabe des Landes, dem Bund mitzuteilen, wenn nach seiner Rechtsmeinung die rechtliche Existenz eines dieser Kollegien nicht mehr gegeben wäre. Die Feststellung der rechtlichen Existenz der Kollegien, insbesondere gegenüber unbeteiligten Stellen, fällt in die Zuständigkeit des Landes.

Dies schließt nicht aus, daß auch Organe der Bundesvollziehung sich mit der Frage der rechtlichen Existenz der Kollegien, und zwar solange die zuständigen Landesstellen darüber nicht abgesprochen haben, als Vorfrage, zu befassen haben.

So hat der Präsident (Amtsführende Präsident) des Landesschulrates nach den Bestimmungen des §7 Abs2 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes, wenn er einen Beschluß des Kollegiums des Landesschulrates für gesetzwidrig hält - und das wäre auch dann der Fall, wenn das Kollegium rechtswidrig konstituiert wäre - vor Durchführung des Beschlusses unverzüglich eine Weisung des Bundesministers einzuholen.

Dieser Verpflichtung war sich der Amtsführende Präsident des Landesschulrates für Kärnten, der in der Sitzung des Kollegiums am 4. 11. 1985 den Vorsitz geführt hat, auch bewußt und hat (wie übrigens auch schon vorher bei der Weiterführung der Sitzung nach dem Ausscheiden mehrerer Mitglieder) die entsprechenden Überlegungen angestellt. Er ist jedoch auf Grund der Rechtslage nicht zur Auffassung gelangt, daß den Beschlüssen dieser Kollegiumssitzung wegen rechtswidriger Zusammensetzung des Kollegiums die Gesetzmäßigkeit fehlt.

Dessen ungeachtet wurde sofort nach der Zurücklegung der Mitgliedschaft durch die Mitglieder der ÖVP-Fraktion des Kollegiums des Landesschulrates für Kärnten dem Bundesminister darüber berichtet. Der Bundesminister hat von sich aus bisher keinen Anlaß gefunden, irgendwelche Weisungen zu erteilen, sondern hat die vorgelegten Beschlüsse in Behandlung genommen und aus den beschlossenen Dreiervorschlägen auch schon Ernennungen durchgeführt.

Die Verpflichtung aus den Bestimmungen des §7 Abs2 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit von Beschlüssen des Kollegiums, betrifft nur den Präsidenten (Amtsführenden Präsidenten) des Landesschulrates, und er allein hat die erforderliche Beurteilung zu treffen. Bei diesem Vorgang handelt es sich um eine gesetzliche Aufgabenzuweisungen an ein Vollzugsorgan, aber um kein Verfahren, in welchem anderen Personen subjektive Rechte (Rechtsansprüche, Mitwirkungsrechte) zukommen und in welchem andere Personen daher auch nicht die Stellung von Parteien oder Beteiligten im Sinne der Verwaltungs-Verfahrensvorschriften zukommen kann. Es muß daher auch jeder Anspruch auf einen Feststellungsbescheid an solche Personen zurückgewiesen werden."

2. Gegen diese von den Einschreitern als Bescheid gewertete Erledigung richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des unter 1. genannten Landtagsklubs und der unter 2. genannten politischen Partei an den VfGH, in der sie behaupten, daß der Instanzenzug erschöpft sei, daß sie in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt seien, und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.

II. Der VfGH hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist ein Verwaltungsakt dann ein Bescheid, wenn er gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit normativ regelt, wenn er also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat (s. zB VfSlg. 6187/1970 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht gegeben. Das Schreiben des Amtsführenden Präsidenten des Landesschulrates weist nicht die formellen Erfordernisse eines Bescheides auf. Es enthält die Mitteilung der Rechtsansicht des Amtsführenden Präsidenten des Landesschulrates an die Antragsteller, daß anderen Personen als dem Präsidenten (Amtsführenden Präsidenten) des Landesschulrates bei der Handhabung der Verpflichtung nach §7 Abs2 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes, BGBl. 240/1962, idF BGBl. 321/1975 keine subjektiven Rechte (Rechtsansprüche, Mitwirkungsrechte) zukommen. Daraus wird die Schlußfolgerung gezogen, daß kein Anspruch solcher Personen auf einen Feststellungsbescheid besteht. Demnach wird mit der angefochtenen Erledigung über den Antrag der Bf. nicht entschieden, sondern nur mitgeteilt, aus welchen Gründen eine solche Entscheidung nicht in Betracht komme.

Da sich die vorliegende Beschwerde sohin nicht gegen einen Bescheid iS des Art144 B-VG richtet, war sie wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis war nicht auf die Frage einzugehen, ob etwa weitere Hindernisse für die Durchführung des von den Bf. in ihrer Beschwerde beantragten verfassungsgerichtlichen Verfahrens vorliegen.

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