VfGH B298/80

VfGHB298/8022.2.1985

EStG 1972; nur teilweise Anerkennung des der Ehegattin als Dienstnehmer bezahlten Gehaltes als gewinnmindernde Betriebsausgabe;

keine Bedenken gegen §4 Abs4; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung;

keine Willkür

Normen

B-VG Art7 Abs1
StGG Art5
ABGB §44 ff
BAO §21 ff
EStG §4 Abs4
B-VG Art7 Abs1
StGG Art5
ABGB §44 ff
BAO §21 ff
EStG §4 Abs4

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bf. ist praktischer Arzt in Wörgl. In der Einkommensteuererklärung 1976 machte er als Betriebsausgaben iS des §4 Abs4 des Einkommensteuergesetzes 1972 (EStG 1972) ua. Aufwendungen für den Lohn geltend, den er seiner in der Arztpraxis mitarbeitenden Ehegattin bezahlt habe.

Die Finanzlandesdirektion für Tir. (FLD) setzte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 2. Mai 1980 die Einkommensteuer des Bf. für das Kalenderjahr 1976 fest. Sie erkannte darin nicht den ganzen vom Bf. geltend gemachten Lohnaufwand für seine Ehegattin in der Höhe von 13800 S zuzüglich eines Überstundenentgeltes von monatlich 3010 S an, sondern lediglich einen Gesamtmonatslohn von 12500 S.

Die tragende Bescheidbegründung lautet:

"Die Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten kann einerseits im Rahmen eines rein familienhaften Verhältnisses und andererseits aufgrund anderer Rechtsverhältnisse, etwa - wie im Gegenstandsfall behauptet - aufgrund eines Dienstverhältnisses erfolgen. Ein Dienstverhältnis zwischen Ehegatten setzt nach Lehre und Rechtsprechung das Vorliegen einer besonderen Vereinbarung voraus, die über die im Familienrecht begründete Mitwirkungspflicht hinausgeht (siehe dazu VwGH vom 5. Dezember 1973, Z 789/73). Ein Dienstverhältnis wird diesfalls mit einkommensteuerrechtlicher Wirkung aber nur angenommen werden können, wenn alle Merkmale eines solchen vorliegen. Dazu zählt, neben der Ersetzung einer sonst notwendigen Arbeitskraft im Betrieb, die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Vereinbarung und die laufende Auszahlung (VwGH vom 11. November 1960, Z 215/60) eines angemessenen Lohnes. Im Gegenstandsfall ist lediglich die Angemessenheit des bezahlten Lohnes strittig. Nach ständiger Rechtsprechung (VwGH vom 18. Mai 1977, Z 246, 453/77, und vom 14. September 1977, Z 27, 162/77) können Verträge zwischen nahen Angehörigen - auch wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechtes entsprechen - für den Bereich des Steuerrechtes nur Anerkennung finden, wenn sie unter anderem auch zwischen einander fremden Personen unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Das ist nach Ansicht des Senates im vorliegenden Falle nicht im vollen Umfange gegeben.

Nach der vom Senat durchgeführten Sachverhaltsergänzung (äußerer Betriebsvergleich, Betriebsbesichtigung, Vorhalt) und den Ergebnissen der mündlichen Berufungsverhandlung ist von folgenden Fakten auszugehen:

In der Ordination des Berufungswerbers waren im Jahre 1976 (abgesehen von der Aufräumerin) drei Dienstnehmerinnen tätig: I W, Diplomkrankenschwester, mit einem Jahresbruttolohn von 116248 S (letzter Monatslohn 8532 S) bei 35 Wochenstunden; F F, Schreibkraft usw. mit einem Jahresbruttolohn von 88800 S (letzter Monatslohn 6500 S) bei 40 Wochenstunden; W A (Ehegattin des Berufungswerbers) mit einem Jahresbruttolohn von 234817,48 S (letzter Monatslohn 17814,24 S) bei behaupteten 60 bis 70 Wochenstunden. Der Lohnaufwand für die Ehegattin erweist sich nach den Ergebnissen eines äußeren Betriebsvergleiches als ungewöhnlich hoch. Es wurden insgesamt 37 praktische Ärzte in ganz Tirol über die Jahre 1975 bis 1977, somit über 111 Veranlagungszeiträume untersucht; die geprüften Arztpraxen sind durchaus mit dem Betrieb des Berufungswerbers vergleichbar, da gerade in den Praxen der unter anderem teilweise miterfaßten Sprengelärzte die Zusammensetzung des Patientenstockes am ehesten der Praxis Dr. A entsprechen dürfte (fast nur Kassenpatienten). Beim Vergleich hat sich ergeben, daß der Berufungswerber im Jahre 1976 - bei knapp überdurchschnittlichem Umsatz und einem deutlich unterdurchschnittlichen Gewinnanteil vom Umsatz - den höchsten Lohnaufwand von 32,18% des Umsatzes, gegenüber 12,18% im Durchschnitt, zu verzeichnen hatte. Im Durchschnitt werden 2,06 Dienstnehmer beschäftigt, beim Berufungswerber hingegen 3,25. Der Pro-Kopf-Personalaufwand beträgt im Durchschnitt insgesamt für alle Arbeitnehmer 89923 S, beim Berufungswerber 188628 S; für angehörige

Arbeitnehmer 102911 S, beim Berufungswerber 278259 S; für fremde

Arbeitnehmer 74343 S, beim Berufungswerber 148792 S. Der vom Berufungswerber erklärte Personalaufwand überschreitet in jeder Hinsicht die beim Vergleich ermittelten Höchstbeträge. Er wendet für die fremden Dienstnehmer um zirka 100% und für die angestellte Ehegattin um zirka 170% mehr auf, als der Durchschnitt der zum Vergleich herangezogenen Ärzte einerseits für fremde und andererseits für familienangehörige Dienstnehmer bezahlt.

Obgleich es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich freisteht, seine Berufstätigkeit auch so zu organisieren, daß er durch ungewöhnlich hohe Lohnaufwendungen (die in der Folge einen niedrigeren Ertrag bedingen) seine eigene Arbeitsbelastung minimiert, so sind dieser Dispositionsfreiheit vom Steuerrecht her dennoch gewisse Grenzen gesetzt. Zum einen können Aufwendungen ihrem Grunde nach nur insoweit als abzugsfähige Lohnaufwendungen anerkannt werden, als ihnen Verbindlichkeiten aus einem Dienstverhältnis zugrunde liegen. Soweit die, trotz Vorliegens eines Dienstverhältnisses, dennoch weiter bestehende Mitwirkungspflicht der Ehegattin im Erwerb des Steuerpflichtigen abgegolten wird, handelt es sich dabei um keine Betriebsausgaben, sondern um privat begründete Aufwendungen. Zum anderen sind Lohnaufwendungen für nahe Angehörige nur insoweit anzuerkennen, als diese vom Steuerpflichtigen in gleicher Höhe auch einem fremden Dienstnehmer für eine qualitativ und quantitativ gleiche Leistung gezahlt worden wären.

Aufgrund des gegebenen Sachverhaltes und des inneren und äußeren Betriebsvergleiches ist der Senat zur Überzeugung gekommen, daß der Berufungswerber seine Ehegattin einerseits teilweise auch für Leistungen entlohnt, die nicht im bestehenden Dienstverhältnis, sondern in der ehelichen Mitwirkungspflicht begründet sind, und daß er andererseits für tatsächlich aufgrund des Dienstverhältnisses erbrachte Leistungen einen Lohn bezahlt, den er einem fremden Dienstnehmer für quantitativ und qualitativ gleiche Arbeit nicht bezahlt hätte.

Der Berufungswerber (Angaben der Frau A) konnte im Verfahren etwa nachstehende zeitliche Arbeitsauslastung seiner Ehegattin pro Woche glaubhaft machen, wobei die Ansätze nach Art und Größe des Betriebes wohl an der Obergrenze des üblichen liegen: Lohnverrechnung 1 Stunde, Krankenkassenabrechnung und deren Überprüfung 10 Stunden, Einkauf 2 Stunden, Mitarbeit und Mitfahrt bei der Gutachtertätigkeit des Berufungswerbers 8 Stunden, Journalführung 10 Stunden, Kontakte mit dem Steuerberater 1 Stunde, Tätigkeit in Ärztevereinen für den Ehegatten 4 Stunden, in Summe somit 36 Wochenstunden. Die darin miterfaßten Arbeiten im Zusammenhang mit der Gutachtertätigkeit des Steuerpflichtigen für die Sozialversicherung (Vorbereitung der Fahrten im Bezirk und Lenkung des PKW dabei) sowie die Arbeiten in Ärztevereinen betreffen einen von der sonstigen Berufstätigkeit des Einschreiters abgesonderten Bereich. Fremde Dienstnehmer würden für solche Tätigkeiten (insgesamt 12 Wochenstunden) wohl nicht herangezogen werden. Die Unterstützung durch die Ehegattin erfolgt diesbezüglich nach der Auffassung des Senates im Rahmen ihrer nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten ihr zumutbaren - im Streitjahr überdies noch entgeltslosen - ehelichen Mitwirkungspflicht nach §§44 ff. ABGB (siehe dazu Faistenberger in Gschnitzer, Familienrecht, 2. Auflage, S 66 bis 70). Neben der dann verbleibenden Tätigkeit von zirka 24 Wochenstunden erscheint dem Senat noch die Behauptung der Ehegattin des Berufungswerbers glaubwürdig, daß sie laufend etwa 20 Wochenstunden die beiden anderen Dienstnehmerinnen in den anfallenden Arbeiten unterstütze. Was die restliche, von der Berufung behauptete Tätigkeit der Frau A auf 70 Stunden wöchentlich betrifft, werden diese Arbeiten (soweit tatsächlich erfolgt) nach der Erfahrung des Senates ebenfalls im Rahmen der ehelichen Mitwirkungspflicht erbracht; handelt es sich dabei doch um Telefon- und Bereitschaftsdienste sowie Mithilfen aller Art im Rahmen der Wochenend- und Nachtdienste. Insoweit werden nämlich Ärzte in aller Regel von ihren Gattinnen unterstützt, und dafür werden keine Dienstverhältnisse begründet. Die laufende Leistung von 70 vollen Arbeitsstunden pro Woche in einem Dienstverhältnis dürfte in der Praxis auch kaum vorkommen. Die glaubhaft gemachte Arbeitszeit der Ehegattin des Berufungswerbers im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses beläuft sich demnach auf höchstens 45 Wochenstunden, dh. auf 40 Wochenstunden Normalarbeitszeit zuzüglich 5 Überstunden.

Hinsichtlich der angemessenen Entlohnung für diese Arbeitszeit hält der Senat den Lohn für die angestellte Dipl.-Krankenschwester, die in der Ordination eines praktischen Arztes im allgemeinen als erste Fachkraft gelten kann, für einen brauchbaren Maßstab. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß Frau A - wie glaubhaft dargetan - eine Allroundkraft darstellt und sich für den Betrieb in ganz besonderer Weise einsetzt, wird sie in der Ordination Dr. A die erste Mitarbeiterin sein, was nach Meinung des Senates einen Zuschlag von 10% zum Arbeitslohn der Dipl.-Krankenschwester rechtfertigt. Somit erweist sich für die Ehegattin des Berufungswerbers ein Monatslohn von 12500 S (8532 S auf 40 Wochenstunden umgerechnet + Lohn für 5 Überstunden einschließlich Zuschläge + 10%) als angemessen. Diesen Lohn, glaubt der Senat, hätte der Einschreiter auch einer fremden Arbeitskraft für deren Tätigkeit in der Ordination bezahlt. Das ergibt bei 14 Monatsgehältern im Jahre 1976 einen Aufwand von 175000 S und einen insgesamt anzuerkennenden Lohnaufwand des Berufungswerbers für seine Ehegattin von 207375 S (175000 S zuzüglich 18,5% = 32375 S Beiträge des Arbeitgebers). Dieser Betrag liegt zirka 100% über dem durchschnittlichen Lohnaufwand für familienangehörige Dienstnehmer vergleichbarer Ärzte und wird im Ergebnis somit auch dem bereits festgestellten Umstand gerecht, daß der Berufungswerber Löhne auch an fremde Dienstnehmer um zirka 100% über dem Durchschnitt bezahlte."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der ausdrücklich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums, der Sache nach aber auch die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die Beschwerde ist im wesentlichen wie folgt begründet:

"Im gegenständlichen Fall wird ... das Vorliegen eines zivilrechtlichen Dienstverhältnisses nicht bestritten. Ebensowenig wird das Vorliegen eines Dienstverhältnisses aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht bestritten, im Gegenteil, das angefochtene Erk. weist ausdrücklich darauf hin, daß Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Auch die Lohnsteuerpflicht meiner Gattin steht in keiner Weise in Zweifel. Die belangte Behörde erachtet sich jedoch berechtigt, das zivilrechtlich wirksam vereinbarte Entgelt, welches auch die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge und die zu leistende Lohnsteuer (und die sonstigen lohnabhängigen Abgaben) bildet, für den Bereich meiner Betriebsausgaben deshalb 'zu kürzen', weil es sich um meine Ehegattin handelt.

Da solcherart von mir tatsächlich getätigte und zivilrechtlich auch geschuldete (beim Arbeitsgericht einklagbare) Ausgaben nicht anerkannt werden und solcherart eine höhere Einkommensteuerbelastung für mich hervorgerufen wird, greift der angefochtene Bescheid in meine Vermögenssphäre ein. Bei ihrer Argumentation wendet die belangte Behörde jedoch das Gesetz denkunmöglich und gleichheitswidrig an.

a) Die belangte Behörde bemängelt, daß das 'Lohnniveau' in meiner Ordination über dem von 'Vergleichspraxen' liege. Dieser Vorwurf trifft sowohl hinsichtlich solcher Angestellter zu, die zum jeweiligen Arbeitgeber fremd sind, als auch hinsichtlich Angestellter, die Ehegattinnen sind (Seite 4 des angefochtenen Bescheides).

Die nach Ansicht der belangten Behörde 'überhöhten' Entgelte für meine 'fremden' Dienstnehmer werden von der belangten Behörde - zu Recht, da für eine gegenteilige Vorgangsweise keine gesetzliche Grundlage bestünde - anerkannt. Gleiches wird jedoch in bezug auf meine Gattin verweigert, und zwar ausschließlich deshalb, weil es sich um meine Gattin handelt. Die belangte Behörde, die sich offenkundig aufgrund des EStG zu einer derartigen Argumentation berechtigt erachtet, unterstellt dem Gesetz, dh. einer von ihr nicht näher zitierten gesetzlichen Bestimmung, die sie zu einer derartigen Vorgangsweise berechtigen soll, einen gleichheitssatzwidrigen Sinn. Sollte im EStG tatsächlich eine Bestimmung enthalten sein, die die belangte Behörde berechtigt, bei anerkanntem Dienstverhältnis hinsichtlich der Anerkennung der vom Dienstgeber zu bezahlenden Entlohnung als Betriebsausgabe zu unterscheiden, ob es sich um fremde Dienstnehmer handelt oder um solche, die mit dem Dienstgeber durch das Band der Ehe (oder durch ein verwandtschaftliches Band) verbunden sind, so wäre eine solche Bestimmung verfassungswidrig. Gleicherart verletzt der angefochtene Bescheid mein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, wenn er dem EStG einen solchen Inhalt unterstellt.

b) Die belangte Behörde unterstellt dem Gesetz auch einen gleichheitssatzwidrigen Inhalt, wenn sie davon ausgeht, daß vom zivilrechtlich gültig vereinbarten, angemessenen und beim Arbeitsgericht gegebenenfalls einklagbaren Entgelt das in Abzug zu bringen ist, was sich 'auf eine entgeltlose Mitwirkungspflicht nach §§44 ff. ABGB' bezieht. Mit den diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides will die belangte Behörde offenkundig unter Hinweis auf §44 ABGB sowie auf den (damals bereits in Kraft stehenden) §90 ABGB dartun, daß im Rahmen der wechselseitigen Beistandspflicht meine Gattin verpflichtet wäre, gewisse Agenden unentgeltlich für mich zu tätigen.

Fürs erste ist festzuhalten, daß im Gegensatz zu §92 ABGB aF im §90 ABGB nF nunmehr eine wechselseitige Beistandspflicht gegeben ist. Die belangte Behörde läßt gänzlich außer Acht, inwieweit ich meiner Beistandspflicht nachkomme bzw. aufgrund meiner beruflichen Inanspruchnahme in der Lage bin, dieser Beistandspflicht nachzukommen. Darüber hinaus legt die belangte Behörde die von ihr in der Folge als 'eheliche Mitwirkungspflicht' bezeichnete Beistandspflicht zu weit aus, wenn sie hiedurch als mitumfaßt ansieht

Vor allem aber ist zu sagen, daß eine solche 'eheliche Mitwirkung' keineswegs unentgeltlich zu erfolgen hat. §98 ABGB spricht ausdrücklich aus, daß der am Erwerb mitwirkende Ehegatte Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung hat; §100 ABGB trifft eine ausdrückliche Kollisionsregelung, wenn Abgeltungsansprüche nach §98 ABGB mit" (gemeint offenbar: neben) "Ansprüchen aus bestehenden Verträgen, insbesondere Dienstverträgen, bestehen. Es ist nun - nochmals - zuzubilligen, daß die §§98 bis 100 ABGB erst am 1. 7. 1978 in Kraft traten, mithin im Streitjahr 1976 noch nicht in Geltung standen; entgegen der Ansicht der belangten Behörde war es aber keineswegs so, daß die 1976 neu geregelte Beistandspflicht wesensmäßig - vor allem auch dann, wenn nur ein Ehegatte seiner Beistandspflicht nachkommt - unentgeltlich ist. Anläßlich der Neuformulierung des §90 ABGB wurde die gesetzliche Regelung der Ansprüche des mitwirkenden Ehegatten aus Beistandsleistungen zwar zurückgestellt (vgl. JABl. 1662 BeilNR 13. GP 2), jedoch keineswegs zum Ausdruck gebracht, daß bis zu dieser gesetzlichen Neuregelung Beistandsleistungen der oben beschriebenen Art (wenn sie überhaupt dem Begriff der Beistandsleistungen zuzuzählen sind) zwingend unentgeltlich zu erfolgen haben und steuerlich nicht als Betriebsausgabe, sondern als Schenkung zu qualifizieren wären (vgl. Torggler, ÖStZB 1980, 124 und 129, Arnold, ZGV 1979, 10).

c) Denkunmöglich ist auch die Annahme der belangten Behörde, man könnte eine angemessene Entlohnung der Ehegattin durch einen Zuschlag in Höhe von 10% auf die Entlohnung des bestbezahlten fremden Dienstnehmers errechnen. Dies schließt jede Differenzierung nach Leistung, Vorbildung, Verantwortung usw. mit Ausnahme des eng eingeschränkten 10% Schwankungsbereiches völlig aus. Gerade in einem Kleinunternehmen mit wenigen Angestellten ist hier Zufälligkeiten Tür und Tor geöffnet und besteht keine Möglichkeit einer gerechten Differenzierung nach Leistung, Vorbildung, Verantwortung usw. Es würde aber selbst in einem Großbetrieb niemandem einfallen zu fordern, daß der bestqualifizierte Dienstnehmer nicht über 10% mehr als der am zweitbesten qualifizierte Dienstnehmer verdienen könne. Die hier vorgenommene Einschränkung für den bestverdienenden Arbeiter wird nur wegen des aufrechten Ehebandes - mithin aus gleichheitssatzwidrigen Überlegungen heraus - vorgenommen.

d) Denkunmöglich ist die Annahme der belangten Behörde, ihre aus einem äußeren Betriebsvergleich erstellte Vergleichstabelle sei ein geeigneter Maßstab für die von ihr angestellten Berechnungen. Die von der belangten Behörde angewandte Vorgangsweise widerspricht den - für den vorliegenden Fall erforderlichen - wissenschaftlichen Grundsätzen der Statistik; das vorliegende Zahlenmaterial ist unbrauchbar. Ein 'Jahrespersonalaufwand pro Kopf', der dann in der Folge untergegliedert wird in 'Fremde' und 'Angehörige', kann denknotwendigerweise kein Vergleichsmaßstab für die angemessene Entlohnung sein, zumal diese Zahlen auf Angaben in Bilanzen und/oder Beilagen zu Steuererklärungen aufbauen und keinerlei Aussage über die Arbeitszeit treffen. Es werden also 'Äpfel mit Birnen' verglichen, wenn undifferenziert Halbtagsbeschäftigte, Vollbeschäftigte und Dienstnehmer mit Überstunden einer statistischen Durchschnittsberechnung zugeführt werden.

e) Da es sich bei den von der Finanzverwaltung ausgeschiedenen Fällen nicht um solche der 'ideellen Beistandspflicht', sondern um solche einer materiellen Beistandspflicht handelt (vgl. hiezu Fenyves in Ruppe aaO 67, insbesondere - in FN 174 - unter Bezugnahme auf den JAB 1662 BeilNR 13. GP), kann die volle Abzugsfähigkeit der vereinbarten und ausgezahlten Entlohnung nicht strittig sein. Die Aufwendungen sind daher betrieblich bedingt und erfolgen auch nicht teilweise freiwillig. Ein allgemeiner Grundsatz, demzufolge die steuerliche Anerkennung von Angehörigenvereinbarungen ihre inhaltliche Übereinstimmung mit Fremdvereinbarungen voraussetzt, existiert nicht (Ruppe in Ruppe aaO 90). Eine solche Anerkennungsschranke wäre im übrigen in keiner Weise zielführend und - insoweit sind Ruppes Ausführungen wohl zu ergänzen - auch gleichheitswidrig, weil gerade zwischen Fremden ungewöhnliche und atypische Abreden regelmäßig auch steuerlich anzuerkennen sind. Ruppe kommt daher aaO zum Ergebnis, daß bei konsequenter Anlegung dieses Vergleichsmaßstabes (oder aber auch über den Gleichheitssatz) auch bei Angehörigenvereinbarungen atypische Vereinbarungen gerade nicht die Anerkennung versagt werden darf.

f) Hinsichtlich der JAB hat zu den §§98 ff. ABGB ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Ehegatten die Mitwirkung eines von ihnen im Erwerb des anderen häufig auf eine - ausdrückliche oder stillschweigende - vertragliche Grundlage stellen (vgl. Arnold aaO 9). Auch damit wird - zum alten Recht! - neuerlich indiziert, daß eine derartige Grundlage ein entgeltlicher Dienstvertrag sein kann. Der JAB hat aber auch daran erinnert, daß der OGH in wiederholten Entscheidungen den Standpunkt eingenommen hat, daß dann, wenn Ehegatten Kapital oder ihre Arbeit zur Erreichung eines beschränkten wirtschaftlichen Zwecks vereinigt haben, eine Erwerbsgesellschaft nach Bürgerlichem Recht iS §§1175 ff. ABGB vorliegt (vgl. JABl. 5 linke Spalte mit Belegstellen). Unter Bezugnahme auf Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht, 17 ff., bezeichnet Torggler derartige, bei Führung eines Bauunternehmens, bei Erwerb eines Naschmarktstandes oder bei Betrieb einer Gaststätte zustande kommende Gesellschaftsverträge als von der Judikatur konstruiert.

Wollte man - lediglich zu Vergleichszwecken - eine derartige Gesellschaft Bürgerlichen Rechts zwischen mir und meiner Ehegattin annehmen, so käme man nach Hinzuzählung der Entlohnung meiner Gattin und Auflösung der Abfertigungsrücklage zu einem berichtigten Gewinn von rund knapp 1 Million S und zu einem Gewinnanteil meiner Gattin von knapp 23%. Ob standesrechtlich eine solche Gesellschaft Bürgerlichen Rechts zulässig ist, braucht hier nicht näher untersucht werden, zumal die steuerliche Anerkennung einer derartigen Gesellschaft nicht streitig sein kann (siehe auch Lehre und Rechtsprechung zur Frage, wenn ein freiberuflich Tätiger in allgemeiner Gütergemeinschaft unter Lebenden lebt; vgl. die Zusammenstellung von Arnold in Ruppe aaO 392, 394 ff.). Ein Gewinnanteil von knapp 25% für meine Gattin an einer gedachten Gesellschaft Bürgerlichen Rechts wäre jedenfalls steuerlich anzuerkennen (vgl. Gassner in Ruppe aaO 247 ff.).

g) Schließlich ist auf die - damals geltenden - EStR 1975 zu verweisen, die in Abschnitt 20 bestimmen:

'Vertragliche Gestaltungen zwischen Ehegatten ... bedürfen zu ihrer steuerlichen Anerkennung der vorangehenden eindeutigen und ernst gemeinten Vereinbarung, die nach außen hin mit genügender Deutlichkeit in Erscheinung tritt und auch tatsächlich durchgeführt wird (Abs3; insoweit unstrittig).'

In Abs4 wird angeführt, daß für Dienstverträge zwischen Ehegatten die Schriftform nicht unbedingt erforderlich ist (diese und die nachfolgenden Ausführungen in Abs6 sind jedoch ein Beweis dafür, daß auch die Finanzverwaltung ein Dienstverhältnis anerkennt): 'Ein Dienstverhältnis zwischen Ehegatten ... setzt das Vorliegen einer besonderen Vereinbarung voraus, die über die im Familienrecht begründete Mitwirkungspflicht hinausgeht. Ein solches Dienstverhältnis wird in der Regel nur angenommen werden können, wenn alle Merkmale eines echten Dienstverhältnisses vorliegen (Ersetzung einer sonst notwendigen Arbeitskraft im Betrieb, eine der Dienstleistung angemessene Entlohnung, Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und der Sozialversicherungsbeitrag). Liegt ein ernsthaft gewolltes Dienstverhältnis vor, bilden die durch das Dienstverhältnis veranlaßten Aufwendungen Betriebsausgaben.'

Von einer teilweisen Nichtanerkennung oder von einer formelmäßigen Berechnung des angemessenen Entgelts ist in den EStR nicht die Rede. Im Hinblick auf die Präambel zu den EStR 1975 scheint dem Beschwerdeführer hier keine Verordnung vorzuliegen, deren Gesetzmäßigkeit zu überprüfen es gälte. Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides hat daher ausschließlich nach der eingangs dargelegten Gesetzeslage zu erfolgen und kann nur zu dessen Aufhebung führen."

3. Die FLD als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe vorgeschrieben; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

b) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde ua. dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf. aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. zB VfSlg. 8783/1980, 9024/1981).

2. a) Der angefochtene Bescheid ist nicht gesetzlos ergangen. Er wird auf §4 Abs4 EStG 1972 gestützt. Danach sind "Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind".

b) Die Vorwürfe des Bf. gehen - zusammengefaßt - dahin, die Behörde habe dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt: Sie habe den Lohnaufwand nur deshalb reduziert, weil die Dienstnehmerin seine (des Bf.) Ehegattin sei und habe für einige Dienstleistungen eine entgeltlose Mitwirkungspflicht nach §§44 ff. ABGB angenommen. Die Behörde habe das von ihr anerkannte Entgelt auf denkunmögliche Art berechnet.

c) In der Tat verstieße eine Rechtsvorschrift, die bei Lösung der Frage, ob das einem Dienstnehmer bezahlte Gehalt als gewinnmindernde Betriebsausgabe anerkannt wird oder nicht, danach unterschiede, ob der Dienstnehmer in einem nahen Verwandtschaftsverhältnis zum Abgabepflichtigen steht oder nicht, gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot (vgl. zB VfSlg. 9417/1982 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).

Hier hat aber die bel. Beh. nicht in dieser Weise argumentiert. Der Umstand, daß die Dienstnehmerin die Ehegattin des Bf. ist, war keineswegs das einzige Argument dafür, nicht das gesamte an sie bezahlte Gehalt als Betriebsausgabe anzuerkennen. Dieser Umstand war möglicherweise für die Behörde der Anlaß dafür, zu untersuchen, ob das gesamte Gehalt tatsächlich als durch den Betrieb veranlaßt anzusehen ist. Die Behörde anerkennt ausdrücklich, daß zwischen dem Bf. und seiner Ehegattin ein Dienstverhältnis besteht und daß dem Grunde nach das ihr bezahlte Gehalt als Betriebsausgabe zu werten ist.

Wenn die Behörde davon ausgegangen ist, daß der bestehende Vertrag einkommensteuerrechtlich nur insoweit anzuerkennen ist, als er auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre, daß er also insoweit nicht anzuerkennen ist, als er wesentlich über den zwischen Familienfremden üblichen Bezug hinausgeht, so kann diese Auslegung des §4 Abs4 EStG 1972 keineswegs als denkunmöglich oder willkürlich bezeichnet werden; sie entspricht der ständigen Judikatur des VwGH (zB VwGH 17. September 1979, Z 2223, 2335/78; 4. März 1980, Z 2334, 2423/79; 24. März 1981, 14/2857/80 ua. Z; 21. September 1981, Z 17/2546/80; 5. Oktober 1982, Z 82/14/0006, 0008). Auch wenn das Gesetz diesen von der Behörde - in Übereinstimmung mit der Judikatur des VwGH - angenommenen Inhalt hat (der im übrigen auch in den §§21 bis 23 BAO seine Stütze finden kann), bestehen dagegen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

d) Die übrigen vom Bf. erhobenen Vorwürfe berühren die Verfassungssphäre nicht. Es stellt lediglich eine Frage der richtigen Gesetzesanwendung dar, ob ein Teil der von der Ehegattin des Bf. erbrachten Leistungen im Rahmen ihres Dienstverhältnisses oder aber ihrer ehelichen Mitwirkungspflicht nach den §§44 ff. ABGB erbracht wurde. Die bel. Beh. hat diese Frage jedenfalls nicht denkunmöglich oder willkürlich gelöst. Gleiches gilt für die Berechnungsmethoden, mit denen die Beh. zum Schluß kam, daß der von der Ehegattin des Bf. bezogene Gehalt wesentlich über den üblichen Bezug hinausgeht.

e) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen das Gesetz, (auch wenn es den von der bel. Beh. angenommenen Inhalt hat) keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und daß die Beh. das Gesetz weder denkunmöglich noch willkürlich angewendet hat.

Der Bf. ist daher weder im Eigentumsrecht noch im Gleichheitsrecht verletzt worden.

3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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