VfGH B69/84

VfGHB69/843.12.1984

B-VG Art144; Beschlagnahme aufgrund richterlichen Befehls; nicht jede Abweichung von der Beschlagnahmeanordnung unterbricht die Zurechnung zur anordnenden Stelle; Beschlagnahme daher Akt eines Gerichtes; keine Zuständigkeit des VfGH

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
VfGG §19 Abs3 Z2 lita idF BGBl 353/1981
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
VfGG §19 Abs3 Z2 lita idF BGBl 353/1981

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. a) Der Bf. betreibt seinen Angaben zufolge seit dem Jahre 1976 eine Schätzstelle für Pretiosen mit einem Laboratorium für Edelsteinuntersuchung und Edelsteinbewertung.

Das LG Sbg. erließ am 10. November 1983 zu Z 28 Vr 901/83-62 einen Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl mit folgendem Spruch:

"In der Strafsache gegen J J K wegen Verdachtes des Schmuggels und der Hinterziehung von Eingangsabgaben und der Abgabenhehlerei, nach dem §§35/1, 37/1 FinStrG wird gemäß den §§139, 140 StPO und §197/3 FinStrG, die Durchsuchung des Schätzungslaboratoriums W M, ..., ..., sowie die Beschlagnahme von Belastungsmaterial betreffend das gegenständliche Strafverfahren verfügt.

..."

Am 13. Dezember 1983 beschlagnahmten Zollorgane beim Bf. an der erwähnten Adresse "gemäß §89 des Finanzstrafgesetzes" nachstehende Gegenstände:

24 Stück Ordner mit Schätzungsgutachten mit lfd. Nr. 45-9533

19 Stück Ordner mit Schätzungsaufträgen mit lfd. Nr. 432-9533.

b) Die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde wendet sich gegen diese Beschlagnahme. Der Bf. behauptet, daß die beschlagnahmten Gegenstände mit dem Verfahren gegen J J K weitestgehend nichts zu tun gehabt hätten und daß daher die Beschlagnahme in Überschreitung des Gerichtsauftrages erfolgt sei. Er beantragt, kostenpflichtig festzustellen, daß er dadurch in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sei.

c) Der VfGH hat gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen mehrere Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§89 bis 92 FinStrG, BGBl. 129/1958, idF der Nov. BGBl. 335/1975 eingeleitet.

Das aus Anlaß dieser Beschwerde eingeleitete, zu G107/84 geführte Gesetzesprüfungsverfahren wurde mit hg. Beschluß vom 3. Dezember 1984 eingestellt.

2. a) Erfolgt eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme aufgrund eines richterlichen Befehles, so sind die Durchführungsmaßnahmen als Akte der Gerichtsbarkeit nicht vor dem VfGH bekämpfbar.

Nicht jede Abweichung der durchführenden Organe vom Hausdurchsuchungsbefehl (der Beschlagnahmeanordnung) unterbricht die Zurechnung des Aktes zur anordnenden Stelle. Unterläuft bei Durchführung einer gerichtlichen Anordnung eine durch diese nicht gedeckte Gesetzwidrigkeit, so bleibt die Hausdurchsuchung oder Beschlagnahme gleichwohl der Akt eines Gerichtes und deshalb einer Überprüfung durch den VfGH entzogen.

In diesem Beschwerdeverfahren erfolgte die Durchführung der Hausdurchsuchung und Beschlagnahme aufgrund eines richterlichen Befehls, sodaß auch der Durchführungsakt - selbst bei Abweichung vom richterlichen Befehl - ein Akt der Gerichtsbarkeit ist, der einer Überprüfung durch den VfGH entzogen ist (s. den oben zitierten Beschluß).

Die Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.

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