VfGH B410/79

VfGHB410/791.10.1982

Gebührengesetz 1957; keine Bedenken gegen §26 und §33 TP5 Abs1 und 3; keine denkunmögliche Anwendung des §33 TP5 (Einbeziehung des Baukostenzuschusses in die Gebührenbemessung)

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
GebührenG 1957 §26
GebührenG 1957 §33 TP5 idF BGBl 668/1976
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
GebührenG 1957 §26
GebührenG 1957 §33 TP5 idF BGBl 668/1976

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Der Beschwerdeführer hat mit einem Mietvertrag vom 3. Juli 1978 von einer gemeinnützigen Siedlungs- und Baugesellschaft eine Wohnung auf unbestimmte Zeit gemietet. Die Miete beträgt monatlich (einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer) S 4.317,10. Darüber hinaus hatte der Beschwerdeführer noch einen Baukostenbeitrag von

S 250.000,- zu leisten, der im Fall einer Kündigung, gekürzt um eine 2%ige Amortisationsquote pro Jahr, rückerstattet wird.

b) Mit dem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 2. Jänner 1979 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §33 TP5 des Gebührengesetzes in der Fassung der Gebührengesetznov. BGBl. 668/1976 (im folgenden: GebG) eine Gebühr in der Höhe von S 4.054,- (1% der Summe des 36fachen Monatsentgeltes und des Baukostenzuschusses von

S 250.000,-, somit insgesamt 1% von einem Betrag von S 405.412,-) vorgeschrieben.

Gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin wurde die Gebührenpflicht nicht dem Grunde nach, sondern - unter Hinweis auf die Erk. des VwGH vom 7. Dezember 1977, Z 1005 und 1552/75 (verstärkter Senat), vom 24. April 1978, Z 1610/75 und vom 22. Mai 1978, Z 1924 - 1928/75 - der Höhe nach insofern bestritten, als der Gebührenbemessung neben dem 36fachen Monatsmietzins auch der geleistete Baukostenzuschuß in voller Höhe zugrunde gelegt wurde.

In den angeführten, - unter der Geltung des §33 TP5 GebG vor der Fassung der Gebührengesetznov. 1976, BGBl. 668/1976 - ergangenen Erk. hat der VwGH zur Frage der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Rechtsgebühr für Bestandverträge auf unbestimmte Dauer seine bis dahin in der Judikatur vertretene Ansicht (vgl. VwSlg. 1835/F, 2485/F, VwGH 25. 10. 1973 Z 1542/73), wonach jede einmalige Leistung des Bestandnehmers zur Gänze in die Gebührenbemessungsgrundlage einzubeziehen sei, dahin gehend geändert, daß auch einmalige Leistungen, wie etwa Baukostenzuschüsse oder Grundkostenanteile, nur anteilsmäßig in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden dürfen, wenn sie für eine längere Nutzungszeit als drei Jahre bestimmt sind und wenn sich aus dem Inhalt der Vereinbarung oder auf Grund gesetzlicher Vorschriften ergibt, daß ein aliquoter Rückforderungsanspruch des Bestandnehmers hinsichtlich der von ihm erbrachten einmaligen Leistung für den Fall besteht, daß das Vertragsverhältnis vor Ablauf des Aufteilungszeitraumes endet.

c) Die Berufung wurde mit dem Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 29. August 1979 als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, der vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf die angeführten Erk. des VwGH vorgebrachten Rechtsansicht des Beschwerdeführers sei entgegenzuhalten, daß diese Erk. im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden seien, da sie Bestandverträge beträfen, die vor dem Inkrafttreten der Gebührengesetznov. 1976 abgeschlossen worden seien. Der berufungsgegenständliche Bestandvertrag sei aber nach dem Inkrafttreten der Nov. 1976 abgeschlossen worden, sodaß §33 TP5 GebG in der nunmehrigen Fassung anzuwenden sei, wonach im Abs2 leg. cit. ausdrücklich ausgesprochen werde, daß einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart würden, auch dann zum Wert zählten, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen anzurechnen seien.

Auch die in den zitierten Erk. vertretene Rechtsansicht, daß einmalige Leistungen dann anteilsmäßig in die Bemessungsgrundlage einbezogen würden, wenn sie für eine längere Nutzungszeit als drei Jahre bestimmt seien und ein aliquoter Rückforderungsanspruch für den Fall einer früheren Lösung des Vertragsverhältnisses bestehe, sei nicht mehr anwendbar, da diese Rechtsansicht ebenfalls auf dem Gebührengesetz in der Fassung vor der Nov. 1976 basiere, wonach im §33 TP5 Abs3 GebG allgemein bestimmt gewesen sei, daß als "Wert" das "dreifache Jahresentgelt" anzunehmen sei.

Demgegenüber werde in der für den berufungsgegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung des Gebührengesetzes (Nov. 1976) nunmehr bestimmt, daß bei unbestimmter Dauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten seien. Es sei also nur von wiederkehrenden Leistungen die Rede.

Durch die nunmehrige Fassung der Bestimmungen des §33 TP5 Abs2 und 3 GebG habe der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, daß einmalige Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart würden, nunmehr in jedem Fall ungekürzt der Vergebührung unterlägen.

2. Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §33 TP5 GebG. Diese Bestimmung lautet:

"5 Bestandverträge

(1) Bestandverträge

(§§1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert

1. im allgemeinen ................................... 1 v.H.;

2. beim Jagdpachtvertrag ............................ 2 v.H.

(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

(4) Gebührenfrei sind

1. Verträge über die Miete von Wohnräumen bis zu einer Dauer von drei Monaten. Wird ein Mietverhältnis über diesen Zeitraum hinaus fortgesetzt, so wird der Mietvertrag im Zeitpunkt der Fortsetzung gebührenpflichtig und gilt mangels anderer beurkundeter Parteienvereinbarung vertraglich als auf unbestimmte Zeit verlängert;

2. Werknutzungs- und Patentlizenzverträge;

3. Der Beschwerdeführer begründet die behauptete Eigentumsverletzung im wesentlichen damit, daß die belangte Behörde bei der Vorschreibung der Gebühr das Gesetz deswegen denkunmöglich angewendet habe, weil der Bemessung der Baukostenzuschuß in der vollen Höhe von S 250.000,-

zugrunde gelegt worden sei. Unter Hinweis auf das Erk. VwGH 7. 12. 1977 Z 1005/75 und 1552/75 wird vorgebracht, daß nach Auffassung des Beschwerdeführers - entgegen der Meinung der belangten Behörde - eine Änderung des Inhaltes der TP5 in §33 GebG durch die Gebührengesetznov. 1976 nicht herbeigeführt worden sei. Andernfalls sei das Gesetz verfassungswidrig. Es werde in sachlich nicht gerechtfertigter Weise Gleiches ungleich behandelt. Werde der Baukostenbeitrag nach einer Berechnungsmethode in eine wiederkehrende Leistung umgewandelt, so sei er nur mit dem Dreifachen des Jahreswertes in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen; werde praktisch dasselbe wirtschaftliche Ergebnis dadurch erreicht, daß der Baukostenbeitrag zuerst zu bezahlen, aber amortisiert rückerstattet werde, so wäre er - unter Zugrundelegung der oben aufgestellten Prämisse, daß diese Rechtsansicht durch das Gesetz gedeckt wäre - in voller Höhe ungekürzt in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen. Der Beschwerdeführer regt an, ein amtswegiges Gesetzesprüfungsverfahren nach Art140 Abs1 B-VG hinsichtlich des Wortes "wiederkehrenden" im §33 TP5 Abs3 erster Satz GebG idF BGBl. 668/1976 einzuleiten, weil durch eine Aufhebung dieses Wortes die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden könnte. Subsidiär werde angeregt, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des §26 GebG iVm §5 des Bewertungsgesetzes 1955 einzuleiten, falls durch diese Bestimmungen die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des Gesetzes als gedeckt angesehen werden sollte.

4. Der VfGH ist der Auffassung, daß der Bestimmung des §33 TP5 GebG (idF der Gebührengesetznov. 1976) denkmöglich ein Inhalt unterstellt werden kann, nach dem ein Baukostenzuschuß als einmalige Leistung anzusehen und damit der Gebührenbemessung nach Abs1 in voller Höhe zugrunde zu legen ist, während für die wiederkehrenden Leistungen (monatliche Mietzinse) der Gebührenbetrag nach Abs3 ermittelt wird. Es ist aber auch ein Inhalt dieser Bestimmung denkbar, nach dem bei der Gebührenbemessung ein Baukostenzuschuß, der vom Bestandnehmer in einem Betrag zu leisten, aber auf Grund der Vereinbarung im Falle der Beendigung des Bestandvertrages vom Bestandgeber nach einer Amortisationsquote von 2% pro Jahr zurückzugeben ist, als wiederkehrende Leistung zu gelten hat und dementsprechend - wie der als wiederkehrende Leistung festgesetzte Mietzins - nur mit dem Dreifachen des Jahreswertes in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers liege bei dieser Regelung deshalb eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, weil die Gebühr in dem Fall, daß ein Baukostenzuschuß als einmalige Leistung erbracht werde, anders bemessen werde als in dem Fall, in dem die Vereinbarung bestehe, den gleich hohen Baukostenbeitrag in Teilbeträgen innerhalb einer bestimmten Frist (von etwa drei Jahren) zu leisten. Es sei daher bei einem wirtschaftlich gleichgelagerten Sachverhalt eine unterschiedliche Regelung vorgesehen.

Hiezu ist zu bemerken, daß die Leistung eines einmaligen Betrages mit der Vereinbarung der Rückerstattung nach einer bestimmten Amortisationsquote auch in wirtschaftlicher Hinsicht jedenfalls nicht zur Gänze gleich zu beurteilen ist wie der Fall, in dem ein Betrag in gleicher Höhe in Teilleistungen innerhalb einer bestimmten Frist geleistet wird.

Weiters ist zu beachten, daß nach dem Gebührengesetz bei der Bemessung der Höhe der Gebühr auf den Zeitpunkt der Vertragserrichtung und auf den Inhalt der Urkunde (Urkundenprinzip nach §§17 und 21 GebG) abzustellen ist und daß demnach die Höhe der Gebühr von vornherein feststehen muß. Die nachträgliche Amortisation ist für die Bemessung der Gebühr unmaßgeblich, weil nach §26 GebG auf eine auflösende Bedingung nicht Bedacht zu nehmen ist. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung sind beim VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.

Daraus folgt, daß die Behauptungen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Gleichheitsverletzung des §33 TP5 GebG nicht zutreffen.

Anhaltspunkte, wonach die belangte Behörde diese verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung und auch die sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften denkunmöglich angewendet hätte, sind im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.

Ob dem Beschwerdeführer die Gebühr auch in richtiger Anwendung der Bestimmungen vorgeschrieben wurde, ist nicht vom VfGH, sondern vom VwGH zu prüfen (vgl. VwGH 17. 4. 1980 Z 2694/79).

Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden.

5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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