VfGH B302/80

VfGHB302/8013.10.1982

Oö. Ausländergrunderwerbsgesetz 1966; keine Bedenken gegen §1 Abs1 lita und §3 Abs1; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige Anwendung; keine Verletzung des Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes

Normen

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Oö AusländergrunderwerbsG §1 Abs1 lita
Oö AusländergrunderwerbsG §3 Abs1
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Oö AusländergrunderwerbsG §1 Abs1 lita
Oö AusländergrunderwerbsG §3 Abs1

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom 6. Feber 1980 erwarben die Ehegatten Dr. Ing. H. und H. Sch. (im folgenden Käufer) von Dipl. Ing. W. S. (im folgenden Verkäufer) das Grundstück Nr. 166/25 KG O-G. im Ausmaß von 876 Quadratmeter um den Kaufpreis von S 1,314.000,-.

Die Käufer sind nicht österreichische Staatsbürger.

2. Mit dem Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung vom 9. April 1980 wurde der Antrag auf Genehmigung des in Z1 angeführten Kaufvertrages nach den Bestimmungen des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. 53, zurückgewiesen. Der Antrag, das Rechtsgeschäft nach den Vorschriften der §§1 und 3 des Oö. Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl. 30/1966 (im folgenden Oö. AuslGEG), zu genehmigen, wurde abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, daß es sich beim Kaufobjekt um kein landwirtschaftliches Grundstück handle und daß daher die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörden zur Genehmigung des Rechtsgeschäftes nach den Vorschriften des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 (Oö. GVG 1975) nicht gegeben sei.

Nach Anführung der Bestimmung des §3 Abs1 Oö. AuslGEG wird ausgeführt, daß es Zweck dieses Gesetzes sei, eine Überfremdung des oö. Grundbesitzes und eine unerwünschte Erhöhung der Grundstückspreise hintanzuhalten (Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für volkswirtschaftliche Angelegenheiten des Oö. Landtages L-222/2-IXX).

Gerade dies treffe im vorliegenden Fall jedoch zu. Nach dem Bericht des Stadtamtes Gmunden habe der Verkäufer in den Jahren 1961 bis 1963 mit mehreren Rechtsgeschäften das Kaufobjekt um insgesamt S 70.650,-, sohin um einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von ungefähr S 80,- erworben. Nunmehr verkaufe er diese Liegenschaft um einen Quadratmeterpreis von S 1.500,-. Dies habe zur Folge, daß die Grundpreise im Bereich von Gmunden derart negativ beeinflußt würden, daß es in Zukunft der einheimischen Bevölkerung nur sehr schwer möglich sein werde, entsprechende Grundstücke zur Befriedigung ihres Dauerwohnbedürfnisses zu erwerben. Gegen das Rechtsgeschäft sprächen sohin wichtige volkswirtschaftliche und sozialpolitische Interessen, sodaß dem Rechtsgeschäft schon aus diesem Grunde die Genehmigung versagt werden müsse, ohne daß die Frage zu prüfen sei, ob im Hinblick auf die Herkunft der Käufer durch das Rechtsgeschäft auch öffentliche Interessen in Richtung einer Überfremdung des inländischen Grundbesitzes verletzt würden.

3. Gegen die im Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 9. April 1980 enthaltene Versagung der Genehmigung richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Es wird die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht. In der Beschwerde wird zunächst vom Verkäufer die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte begründet. Die Käufer schließen sich den Ausführungen des Verkäufers, soweit diese auf sie "anwendbar" seien, "vollinhaltlich an", denn auch ihnen stehe das Recht zu, daß ihr Ansuchen iS der Bestimmungen des Oö. AuslGEG behandelt und ein abschlägiger Bescheid aus diesen gesetzlichen Bestimmungen heraus begründet werde.

Einvernehmlich wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Aus §5 Abs1 AuslGEG ergibt sich, daß gegen Entscheidungen der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung kein administratives Rechtsmittel zusteht. Der administrative Instanzenzug ist somit erschöpft.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig (vgl. VfSlg. 8893/1980).

2. Nach §1 Abs1 lita Oö. AuslGEG bedürfen Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die die Übertragung des Eigentums an Grundstücken zum Gegenstand haben, der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist. Nach §3 Abs1 Oö. AuslGEG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn nicht wichtige kulturelle, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere an der sparsamen Verwertung der Bodenreserve beeinträchtigt werden. Andernfalls ist die Genehmigung zu versagen.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten Bestimmungen des Oö. AuslGEG und der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Vorschriften sind von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht worden. Solche Bedenken sind im Verfahren vor dem VfGH nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8893/1980 und die dort angeführte Vorjudikatur).

3. a) Der Verkäufer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein.

Er bringt hiezu vor, daß nach der Begründung des angefochtenen Bescheides das Rechtsgeschäft allein aus dem Grunde, daß wichtige volkswirtschaftliche und sozialpolitische Interessen dagegen sprächen, nicht genehmigt worden sei. Die Frage, ob im Hinblick auf die Herkunft der Käufer das Rechtsgeschäft auch öffentliche Interessen in Richtung einer Überfremdung des inländischen Grundbesitzes verletze, sei gar nicht geprüft worden. "Die Unterlassung dieser Prüfung" entziehe den Verkäufer nach seiner Auffassung "dem gesetzlichen Richter iS des Art83 BVG". Mit diesem auch auf sie anwendbaren Vorbringen behaupten auch die Käufer, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein.

b) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ua. dann verletzt, wenn eine Behörde eine Zuständigkeit in Anspruch nimmt, die ihr nach dem Gesetz nicht zusteht, oder wenn sie gesetzwidrigerweise ihre Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung verweigert.

Daß die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig war und damit nicht eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die ihr nach dem Gesetz nicht zusteht, wird von den Beschwerdeführern nicht in Zweifel gezogen. Allein schon daraus, daß im angefochtenen Bescheid von der zuständigen Behörde eine Sachentscheidung gefällt wurde, ergibt sich, daß die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht vorliegt.

Mit dem Vorbringen, daß eine Prüfung hinsichtlich der Verletzung öffentlicher Interessen in Richtung einer Überfremdung des inländischen Grundbesitzes nicht vorgenommen worden sei und daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Auseinandersetzungen über die Unangemessenheit des Kaufpreises "nicht in die Kompetenz der Landesgrundverkehrskommission" fielen, wird, da die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nach den vorherigen Ausführungen feststeht, geltend gemacht, daß der angefochtene Bescheid wegen der Nichtübereinstimmung seines Inhaltes mit dem Gesetz und wegen einer Mangelhaftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens rechtswidrig sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH gewährleistet das Grundrecht nach Art83 Abs2 B-VG nicht die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes des angefochtenen Verwaltungsaktes; vielmehr wird die Zuständigkeit der Behörde und damit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine unrichtige Entscheidung, insbesondere auch durch allfällige, der Behörde vorzuwerfende Verfahrensmängel nicht berührt (vgl. VfSlg. 8727/1980, 8828/1980, 9104/1981).

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

4. a) Vom Verkäufer wird vorgebracht, daß er entgegen den Bestimmungen der Art5 und 6 StGG daran gehindert werde, über sein Eigentum zu verfügen und die ihm gehörige Liegenschaft zu veräußern. Wenn im Staatsgrundgesetz verfügt werde, daß Beschränkungen hinsichtlich der Liegenschaftsverfügungen aus Gründen des öffentlichen Wohles zulässig seien, so sei dem entgegenzuhalten, daß der angefochtene Bescheid die von ihm zitierte Bestimmung des Oö. AuslGEG "als Veräußerungsbeschränkung ohne wirkliche Deckung durch dieses Gesetz" heranziehe. Es müsse für das "öffentliche Wohl" bedeutungslos sein, an welchen Erwerber der Verkäufer seine Liegenschaft zu einem volkswirtschaftlich angemessenen Preis verkaufe.

b) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung werden, da das Rechtsgeschäft, dem die Genehmigung versagt wird, nichtig ist (§4 Abs1 Oö. AuslGEG), sowohl der Verkäufer als auch der Käufer in der Ausübung ihrer Privatrechte beschränkt. Ein eine Versagung der Zustimmung zum Rechtserwerb aussprechender Bescheid greift demnach in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht des Käufers und des Verkäufers ein (vgl. VfSlg. 8893/1980).

Da der durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Schutz des Eigentums nicht auf Inländer beschränkt ist, sondern auch Ausländern zusteht, sind die Ausführungen des Verkäufers zur behaupteten Eigentumsverletzung auch auf die Käufer anwendbar. Auch von ihnen wird behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein.

c) Der durch den angefochtenen Bescheid bewirkte Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführer wäre bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen nur dann verfassungswidrig, wenn der Erlassung des Bescheides eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes zugrunde läge, ein Fall, der nur dann gegeben wäre, wenn der Behörde ein einer Gesetzlosigkeit gleichkommendes Fehlverhalten zum Vorwurf gemacht werden müßte.

d) Der Beschwerde ist ein Vorbringen zur Begründung eines solchen Fehlverhaltens nicht zu entnehmen.

Die belangte Behörde ist nach der Begründung des angefochtenen Bescheides offensichtlich davon ausgegangen, daß durch den Unterschied des Preises beim Erwerb der Grundstücke durch den Verkäufer im Verhältnis zum Verkaufspreis eine negative Beeinflussung der Preisgestaltung im Grundstücksverkehr und dadurch eine Verletzung wirtschaftlicher und sozialpolitischer Interessen herbeigeführt wird. Dieser Schlußfolgerung der belangten Behörde liegt jedenfalls eine denkunmögliche Gesetzesanwendung nicht zugrunde. Ob dabei das Gesetz auch richtig angewendet wurde - dies allein wird nach dem inhaltlichen Vorbringen in der Beschwerde bestritten - hat der VfGH nicht zu prüfen, und zwar auch in dem - hier vorliegenden - Fall, daß eine Abtretung der Beschwerde, die sich gegen einen Bescheid einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, an den VwGH ausgeschlossen ist (vgl. VfSlg. 8309/1978 und 8893/1980 sowie VfGH 30. 1. 1980 B95/79).

Die Beschwerdeführer sind im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden.

5. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, Liegenschaften aller Art zu erwerben und über dieselben frei zu verfügen, steht nach Art6 StGG nur österreichischen Staatsbürgern zu. Eine Verletzung dieses Rechtes kann daher nur beim Verkäufer, nicht aber bei den Käufern in Betracht kommen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH richtet sich das im Art6 StGG ausgesprochene Verbot, durch Gesetz oder Verwaltungsverfügung den Liegenschaftserwerb zu beschränken, nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Einschränkungen allgemeiner Art dagegen (zB durch die Grundverkehrsgesetze) sollten nicht ausgeschlossen werden (vgl. VfSlg. 8766/1980). Art6 Abs1 StGG verbietet auch nicht die Beschränkung des Grundstücksverkehrs mit Ausländern (vgl. VfSlg. 6718/1972).

Der Verkäufer ist durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, über Liegenschaften frei zu verfügen, nicht verletzt worden.

6. Der Verkäufer bringt vor, daß er, da ihm der Verkauf seiner Liegenschaft an derzeit ausländische Staatsbürger verwehrt werde, obwohl er "unter gleichen Bedingungen genehmigungslos an einen österreichischen Staatsbürger verkaufen könnte", im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden sei.

Da das Grundrecht der Gleichheit nur österreichischen Staatsbürgern und nicht auch Ausländern gewährleistet ist (vgl. VfSlg. 5059/1965, 8006/1977), kommt eine Verletzung der Käufer im Gleichheitsrecht nicht in Betracht.

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Beschwerdeführer in diesem Recht nur verletzt worden sein, wenn die Behörde den bei seiner Erlassung angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte.

Der VfGH kann weder aus dem Vorbringen in der Beschwerde noch aus den vorgelegten Verwaltungsakten einen Anhaltspunkt finden, aus dem auf ein eine Gleichheitsverletzung des Verkäufers bewirkendes Verhalten der belangten Behörde geschlossen werden könnte. Im Gleichheitsrecht ist der Verkäufer durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt worden.

7. Abschließend verweisen die Käufer auf die Bestimmungen der MRK, die es ihrer Meinung nach verhinderten, daß ihr "Ansuchen mit den vom angefochtenen Bescheid gegebenen Begründungen abgelehnt" werde.

Eine weitere Begründung für eine behauptete Verletzung von Rechten, die in Bestimmungen der MRK verfassungsgesetzlich gewährleistet sind, wird nicht vorgebracht.

Im Verfahren vor dem VfGH hat sich nicht ergeben, daß die Käufer in einem durch die MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wären. Eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen der Käufer ist dem VfGH mangels einer Begründung ihrer Behauptung nicht möglich.

8. Daß eine sonstige, von den Beschwerdeführern nicht behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattgefunden hätte, ist im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind die Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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