VfGH B251/77

VfGHB251/7713.6.1981

Bodenseefischereigesetz; keine Bedenken gegen §8 Abs1 lite im Hinblick auf das Gleichheitsgebot; das Haldenpatent und das Hochseepatent sind höchstpersönliche und unübertragbare Rechte;

StGG Art6; der Gebrauch der Liegenschaft ist nicht Gegenstand dieses Grundrechtes

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
BodenseefischereiG §2 litc
BodenseefischereiG §6, §6 Abs2, §6 Abs3
BodenseefischereiG §8 Abs1 litf
BodenseefischereiG §8, §8 Abs1 lite
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
BodenseefischereiG §2 litc
BodenseefischereiG §6, §6 Abs2, §6 Abs3
BodenseefischereiG §8 Abs1 litf
BodenseefischereiG §8, §8 Abs1 lite

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer behauptet, er allein besitze das Fischereirecht auf dem Bodensee auf der GP 1/1 KG R. und auf der GP 737/1 KG B. Diese Behauptung ist im Verwaltungsverfahren und in diesem Verfahren vor dem VfGH unbestritten geblieben.

Die Bezirkshauptmannschaft B. hat am 21. April 1977 an den Beschwerdeführer über seinen Antrag für das Jahr 1977 je ein Hochsee- und ein Haldenpatent zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem Bodensee ausgestellt (§6 des Bodenseefischereigesetzes, Vbg. LGBl. 34/1976; im folgenden: BSFG), und zwar das Hochseepatent zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem "Hohen See", das Haldenpatent zur Ausübung der Berufsfischerei im Bereiche der Halden KG R. und B. (nämlich im oben erwähnten Eigenrevier des Beschwerdeführers).

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer, ihm für das Jahr 1977 und die folgenden Jahre weitere je "3,4" Hochsee- und Haldenpatente für die Ausübung der Berufsfischerei auf dem Bodensee auszustellen. Da sein - oben erwähntes - Fischereigebiet im Verhältnis zum Fischereigebiet der übrigen Fischereiberechtigten entsprechend groß sei, stünden ihm nicht bloß je ein Hochsee- und ein Haldenpatent zu; vielmehr habe er Anspruch auf insgesamt je "4,4" Hochsee- und Haldenpatente.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Vbg. Landesregierung vom 24. Juni 1977 wurde diesem Antrag keine Folge gegeben. Diese ablehnende Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer für das Jahr 1977 bereits je ein Hochsee- und ein Haldenpatent besitze. Gemäß §8 Abs1 lite BSFG dürften an ihn daher keine weiteren Patente ausgestellt werden.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Liegenschaftserwerbsfreiheit behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach §1 Abs1 BSFG ist die Fischerei und die Fischereiaufsicht am Bodensee nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuüben.

§2 litb definiert den Begriff der "Halde" als den an das Ufer anschließenden Teil des Bodensees, dessen Wassertiefe bei mittlerem Wasserstand 25 m nicht übersteigt. §2 litc umschreibt den Begriff des "Hohen Sees" als den außerhalb der Halde gelegenen Teil des Bodensees.

Gemäß §3 Abs1 BSFG darf die Fischerei nur auf Grund eines Haldenpatentes (§6 Abs1), eines Hochseepatentes (§6 Abs1), einer Gehilfenkarte (§9 Abs1) oder einer Erlaubnis zur Sportfischerei (§10 Abs1) ausgeübt werden.

§6 lautet auszugsweise:

"(1) Die Berufsfischerei darf, soweit im §9" (betrifft die Hilfskräfte des Patentinhabers) "nichts anderes bestimmt ist, nur auf Grund eines von der Behörde ausgestellten Haldenpatentes oder Hochseepatentes ausgeübt werden.

(2) Das Haldenpatent berechtigt zur Ausübung der Berufsfischerei auf jenem Teil der inländischen Halde, für den der Besitz des Fischereirechtes oder die privatrechtliche Erlaubnis des Fischereiberechtigten nachgewiesen ist (§8 Abs1 litf).

(3) Das Hochseepatent berechtigt zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem Hohen See. Es darf nur gleichzeitig mit einem Haldenpatent ausgestellt werden.

(4) ..."

Nach §8 Abs1 darf ein Patent nur an natürliche Personen ausgestellt werden, die bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen. Unter anderem darf die Behörde ein Patent nur an natürliche Personen ausstellen, die "für das Kalenderjahr, für das die Ausstellung beantragt wird, nicht schon ein gleichartiges Patent besitzen" (§8 Abs1 lite) und die "für das Gebiet, für das die Ausstellung eines Haldenpatentes beantragt wird, den Besitz des Fischereirechtes oder die privatrechtliche Erlaubnis des Fischereiberechtigten zur Ausübung der Berufsfischerei nachweisen" (§8 Abs1 litf).

2. Der Beschwerdeführer begründet in langatmigen Ausführungen seine Behauptung, in den oben (I.2.) erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, ausschließlich damit, daß §8 Abs1 lite BSFG verfassungswidrig sei. Soweit sich die Antragsausführungen überhaupt in einer für den vorliegenden Fall möglichen rechtlichen Relevanz einordnen lassen, versteht sie der VfGH wie folgt:

Die GP 1/1 KG R. und die GP 737/1 KG B. hätten ein Ausmaß von

1.348 ha. Der Beschwerdeführer sei grundbücherlicher Eigentümer des Fischereirechtes auf diesen Grundparzellen. Die vier anderen österreichischen Besitzer von Fischereirechten am Bodensee - ds. die Gemeinden Hard, Höchst, Gaißau und Fußach besäßen Fischereirechte auf insgesamt 4.406 ha und hätten insgesamt je 18 Patente erhalten, er (der Beschwerdeführer) aber nur je eines. Im Verhältnis des Ausmaßes des Fischereigebietes des Beschwerdeführers zum Ausmaß der Fischereigebiete der übrigen Fischereiberechtigten müßte er Anspruch auf je 4,4 Hochsee- und Haldenpatente haben. Die Patente müßten nicht an die Berufsfischer, sondern an die Fischereibesitzer nach dem Umfang ihres Fischereirechtes ausgestellt werden, die sie nach ihrem Belieben an Berufsfischer weitergeben könnten. Nur eine solche Regelung wäre verfassungskonform; sie werde aber durch §8 Abs1 lite BSFG verhindert. Diese Bestimmung verstoße daher gegen die erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte, die zu beachten auch der Landesgesetzgeber verhalten sei.

3. a) Zunächst ist festzuhalten, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, den Gemeinden Hard, Höchst, Gaißau und Fußach seien insgesamt je 18 Patente ausgestellt worden, nicht zutrifft. Vielmehr wurden diese Patente - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unwidersprochen ausführt - an 18 Berufsfischer ausgestellt, denen die Gemeinden als Inhaber der Fischereirechte auf den Halden die privatrechtliche Erlaubnis zur Ausübung der Fischerei auf ihren Halden eingeräumt hatten.

Das Fischereirecht ist ein Privatrecht (vgl. zB VfSlg. 5709/1968, 7292/1974, 8201/1977, 8361/1978). Seine Ausübung darf aber im allgemeinen Interesse der Fischereiwirtschaft und der Fischereipolizei durch die Landesgesetzgebung geregelt und damit eingeschränkt werden (siehe die zu vergleichbaren jagdrechtlichen Vorschriften ergangene Judikatur VfSlg. 7891/1976 und 8779/1980; vgl. auch VfSlg. 8527/1979).

Daß die mit dem BSFG getroffenen Regelungen den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes berühren und damit das Eigentumsrecht verletzen (vgl. zB VfSlg. 8759/1980), ist nicht erkennbar.

Art6 StGG bezieht sich nur auf den Erwerb und die Veräußerung von Liegenschaften. Der Gebrauch der Liegenschaft (wie ihn das BSFG regelt) ist nicht Gegenstand dieses Grundrechtes (vgl. zB VfSlg. 6321/1970, 7922/1976, 7959/1976).

Zu untersuchen ist noch, ob §8 Abs1 lite BSFG das Gleichheitsrecht verletzt, nämlich - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - dadurch, daß der Gesetzgeber sachwidrig Ungleiches gleich behandelt hat (vgl. zB VfSlg. 8279/1978), indem er jedem Berufsfischer nur je ein Hochsee- und Haldenpatent zuweist, unabhängig von der räumlichen Größe seines Fischereigebietes.

Der VfGH teilt die Bedenken des Beschwerdeführers nicht:

Voranzustellen ist, daß sowohl das Haldenpatent als auch das Hochseepatent nach dem BSFG höchstpersönliche und unübertragbare Rechte sind. Eine Weitergabe der durch die Patente verliehenen Rechte ist sohin ausgeschlossen.

Diese Regelung ist sachlich, da es durchaus sinnvoll ist, im Interesse der Fischereiwirtschaft die Patente nur natürlichen Personen zu verleihen, die bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen und die Fischerei selbst ausüben.

Im besonderen bemerkt der VfGH:

Was das Hochseepatent anlangt, darf dieses zwar gemäß §6 Abs3 BSFG nur gleichzeitig mit einem Haldenpatent ausgestellt werden. Ein Hochseepatent setzt aber nicht unmittelbar das Bestehen eines privatrechtlichen Fischereirechtes voraus, dessen Ausübung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen wird. Die Argumente des Beschwerdeführers gehen daher in Ansehung des Hochseepatentes von vornherein ins Leere. Im übrigen ist es nicht unsachlich, wenn die Ausstellung eines Hochseepatentes an die Ausstellung eines Haldenpatentes geknüpft wird; es ist vom Standpunkt einer zweckmäßigen Ausübung der Fischerei sinnvoll, die Fischerei auf dem "Hohen See" nur jenen Personen zu gestatten, die auch im Ufergebiet (Halde - s. §2 litb BSFG) fischereiberechtigt sind. Der Beschwerdeführer wendet sich im übrigen selbst nicht gegen diese Verknüpfung der beiden Patentarten. Für alle auf dem "Hohen See" Fischereiberechtigten gelten gemäß §6 Abs3 iVm §8 dieselben Voraussetzungen. Es widerspricht keineswegs dem Gleichheitsgebot, wenn allen Personen das gleiche öffentliche Recht zur Fischereiausübung eingeräumt, nämlich an alle Personen nur je ein Hochseepatent ausgestellt wird, das allen Patentinhabern das Recht zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem ganzen "Hohen See" (§2 litc BSFG) zuweist.

Was das Haldenpatent anlangt, so verwechselt der Beschwerdeführer offenbar einerseits das ihm auf Grund privaten Rechtes zustehende Fischereirecht auf den oben unter I.1. erwähnten Teilen des Bodensees (der Halden bei R. und B.) und andererseits die aus öffentlichen Rücksichten (nämlich im Interesse einer geordneten Fischereiwirtschaft) verfügten Beschränkungen, dieses Recht auszuüben. Das Haldenpatent berechtigt zur Ausübung der Berufsfischerei auf jenen Teilen der inländischen Halde, für die ein privatrechtlicher Titel (§6 Abs2 iVm §8 Abs1 litf BSFG) besteht. Diese öffentlich-rechtliche Fischereiausübungsberechtigung erstreckt sich sohin nur auf dieses räumliche Gebiet, erfaßt es aber auch jeweils zur Gänze.

Bei dieser Konstruktion des Gesetzes wäre es geradezu sinnlos, von mehreren Fischereiausübungsrechten zu sprechen und einer Person mehrere Haldenpatente und Hochseepatente zu verleihen. Auch wenn nämlich dem Beschwerdeführer mehrere derartige Patente ausgestellt würden, würde dies den Umfang seiner Berechtigung zur Ausübung der Fischerei nicht vergrößern, und zwar weder auf der Halde noch auf dem Hohen See.

Der VfGH verkennt nicht, daß die rechtliche Problematik für den rechtsunkundigen Beschwerdeführer schwierig zu erfassen ist. Der VfGH bedauert, daß der Rechtsanwalt, der die anscheinend vom Beschwerdeführer selbst konzipierte Beschwerde unterfertigt hat, es offenbar unterließ, auf ihren Inhalt derart Einfluß zu nehmen, daß eine rechtlich ergiebige Auseinandersetzung mit ihr möglich wäre.

b) Auf den Hinweis des Beschwerdeführers, auch §15 BSFG (der den Beitrag zur Förderung der Bodenseefischerei behandelt) sei verfassungswidrig, war nicht einzugehen, da diese Bestimmung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides von der Behörde weder angewendet wurde noch anzuwenden war. Auch der VfGH hat sie bei Behandlung der vorliegenden Beschwerde nicht anzuwenden.

c) Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles weder gegen §8 Abs1 lite BSFG noch gegen die anderen, den angefochtenen Bescheid tragenden Vorschriften verfassungsrechtliche Bedenken.

Der Beschwerdeführer ist daher nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

d) Anhaltspunkte dafür, daß der Behörde bei Anwendung der Rechtsvorschriften in die Verfassungssphäre reichende Fehler unterlaufen sind - etwa dadurch, daß sie das Gesetz denkunmöglich oder willkürlich gehandhabt hat - sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Derartiges macht im übrigen der Beschwerdeführer selbst nicht geltend.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

e) Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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