VfGH B10/79

VfGHB10/7915.6.1981

Stmk. Grundverkehrsgesetz 1973; keine Bedenken gegen §4 Abs1 litb und c und §7 Z3; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige Anwendung des §4 Abs1 litb und c

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art4
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Stmk GVG 1973 §4 Abs1 litb
§4 Abs1 litc
Stmk GVG 1973 §7 Abs3
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art4
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Stmk GVG 1973 §4 Abs1 litb
§4 Abs1 litc
Stmk GVG 1973 §7 Abs3

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Das Bezirksgericht Liezen hat mit Beschluß vom 26. April 1978 dem Beschwerdeführer den der verpflichteten Partei F.R. gehörenden Hälfteanteil der Liegenschaften EZ 108 und EZ 109, KG G. im Ausmaß von 26,12 ha zugeschlagen.

Die Grundverkehrs-Bezirkskommission für den Gerichtsbezirk Liezen hat mit Bescheid vom 22. August 1978 festgestellt, daß die Übertragung des Hälfteanteiles auf Grund des Zuschlages an den Meistbietenden (den Beschwerdeführer) der Bestimmung des §4 Abs1 litb und c im Zusammenhalt mit §7 Z3 des Stmk. Grundverkehrsgesetzes 1973 (GVG), LGBl. 72/1973, widerspreche.

Die Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Stmk. Landesregierung hat der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung mit Bescheid vom 20. November 1978 keine Folge gegeben.

2. Gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes (Art4 StGG) sowie auf das Recht, Liegenschaften jeder Art zu erwerben und über dieselben frei zu verfügen (Art6 StGG), verletzt erachtet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach §4 Abs1 GVG ist die Zustimmung nur zu erteilen, wenn die Gewähr für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung gegeben ist und wenn sie dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung und Förderung eines leistungsfähigen Bauernstandes (litb) oder der Erhaltung und Schaffung eines landwirtschaftlich gesunden mittleren oder kleineren land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes (litc) nicht widerspricht.

Gemäß §7 Z3 GVG ist einem Rechtsgeschäft iS dieses Gesetzes die Zustimmung insbesondere nicht zu erteilen, wenn zu besorgen ist, daß "der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung ganz oder teilweise gewidmete Grundstücke ... nur zur spekulativen Kapitalsanlage erworben werden und hiedurch eine den Umständen nach mögliche Schaffung oder Stärkung eines Bauerngutes oder eines gesunden mittleren oder kleineren land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes verhindert würde ...".

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides sind weder vorgebracht worden noch beim VfGH entstanden (vgl. auch VfSlg. 8174/1977 und 8317/1978).

2. Im Hinblick auf die Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 7996/1977) nur dann vorliegen, wenn die Behörde Willkür geübt hätte. Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren.

a) Zur Begründung des von ihm behaupteten Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot bringt der Beschwerdeführer vor, §4 Abs1 lita GVG bestimme ausdrücklich, daß Voraussetzung zur Erteilung der Zustimmung die Gewähr für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung sein muß und daß die Zustimmung dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen nicht widerspricht. Da besonders die Voraussetzung gemäß §4 Abs1 lita GVG gegeben sei und den Bestimmungen des §5 GVG Rechnung zu tragen sei, habe die belangte Behörde, die in der Person des Beschwerdeführers derzeit keinen Landwirt erblicke, einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot "zu verantworten". Die belangte Behörde beschränke sich darauf, die persönlichen Verhältnisse und die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in Kritik zu ziehen und komme dadurch zu einer Schlechterstellung des Beschwerdeführers, der zweifelsohne die forstwirtschaftliche Tätigkeit in dem Maß ausübe, wie es die Billigung der belangten Behörde finde, sich "im Augenblick" aber zuwenig mit rein landwirtschaftlichen Tätigkeiten beschäftige.

b) Einer bei den Verwaltungsakten befindlichen Stellungnahme der Fachabteilung Forstwesen beim Amt der Stmk. Landesregierung ist zu entnehmen, daß die Liegenschaft R. ein Gesamtausmaß von 26,12 ha hat, davon sind ca. 20 ha Wald mit sehr guter Bonität. Der Beschwerdeführer ist zur Hälfte Miteigentümer einer 85 ha großen Liegenschaft (überwiegend Wald) und Besitzer eines Großsägewerkes. Bei einer angestrebten Teilung der Liegenschaft R. durch den Ersteigerer würde ein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb zerschlagen werden. Der Ersteigerer gebe selbst zu, daß er hauptsächlich am Wald interessiert sei und die landwirtschaftlichen Flächen unter Umständen abverkaufen würde. Es handle sich daher offenkundig um eine Kapitalsanlage und um keine Neugründung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Es seien bäuerliche Interessenten vorhanden, die gleichzeitig Anrainer und schon durch viele Jahre Pächter der landwirtschaftlichen Nutzflächen seien; für diese angrenzenden Bauern wäre der Ankauf der Liegenschaft eine echte Besitzaufstockung. Der Ersteigerer habe derzeit in der Gemeinde G. noch keinen Grundbesitz.

Anläßlich der mündlichen Verhandlung vor der Grundverkehrs-Landeskommission am 20. November 1978 gab der Beschwerdeführer an, daß er 6 ha Wiese und Weide besitze, die verpachtet seien. Sein Besitz bestehe überwiegend aus Wald. Der im erstinstanzlichen Verfahren gemachte Vorschlag betreffend einen Zukauf der zweiten Liegenschaftshälfte und eine nachfolgende Abtretung landwirtschaftlicher Nutzflächen an bäuerliche Bewerber sei nicht realisierbar, weil die Miteigentümerin I.R. nicht verkaufen wolle.

Die belangte Behörde hat auf Grund dessen die Feststellung getroffen, daß der Beschwerdeführer neben seinem Sägewerksunternehmen beträchtliche Forstflächen besitze, jedoch keine Landwirtschaft führe, daß er für die ersteigerte Liegenschaftshälfte mit Ausnahme der Holzzucht keine wirtschaftliche Verwendung erweisen könne, daß ferner eine gemeinsame Betriebsführung hinsichtlich beider Liegenschaftshälften kaum durchführbar erscheine und die demnach zu erwartende Realteilung die Auflösung der Wirtschaftseinheit zur Folge hätte; die in diesen Vorgängen gelegene Entwicklung entspreche nicht dem Grundgedanken des §4 Abs1 GVG. Die belangte Behörde sei zur Auffassung gelangt, daß der Eigentumsübertragung an der ideellen Hälfte des bäuerlichen Betriebes wegen der konkreten Umstände und Folgen nicht zugestimmt werden könne. Darüber hinaus sei nach den persönlichen Verhältnissen, der beruflichen Tätigkeit und Inanspruchnahme des Meistbieters, den Ersteigerungsbedingungen und örtlichen Gegebenheiten eine reine Kapitalsanlage iS des §7 Z3 GVG zu besorgen, die nicht nur eine mögliche Stärkung von Bauerngütern anderer Interessenten verhindern würde, sondern primär die Erhaltung der bäuerlichen Versteigerungsliegenschaft als bisherige Wirtschaftseinheit in Frage stelle.

c) Die belangte Behörde hat die Bestimmung des §4 Abs1 litb und c GVG nicht denkunmöglich angewendet, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Zustimmung zur Eigentumsübertragung der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleineren land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widersprechen würde. Im Hinblick auf die Sachlage im vorliegenden Fall ist die Überlegung keineswegs denkunmöglich, daß die mit der Übernahme der Besitzhälfte durch den Beschwerdeführer verbundenen Auswirkungen zur Auflösung einer bäuerlichen Wirtschaftseinheit führen würden, wobei dieser Auflösung auf der anderen Seite keine erkennbaren Vorteile in der Richtung der Förderung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder der Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleineren land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gegenüberstünde.

Hiezu kommt, daß nach §4 Abs2 GVG bei Grundstücken, die ausschließlich dem forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind, oder wenn Grund zur Annahme besteht, daß die Erwerbung anderer selbständiger Waldgrundstücke oder von Grundstücken, die einen der Hauptsache nach landwirtschaftlichen Betrieb bilden oder zu einem solchen gehören, vornehmlich zur gewinnbringenden Verwertung der darauf befindlichen Holzbestände beabsichtigt ist, die Zustimmung überdies nur dann zu erteilen ist, wenn das Rechtsgeschäft dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse und dem Interesse der Forstwirtschaft im besonderen nicht widerstreitet.

Es kann daher keine Rede davon sein, daß die belangte Behörde den §4 GVG denkunmöglich angewendet hätte, zumal - falls wirklich eine Zerschlagung der bäuerlichen Wirtschaftseinheit R. erforderlich wäre - nach der Aktenlage der Erwerb der Liegenschaftshälfte für zwei angrenzende Bauernbetriebe eine echte Besitzaufstockung darstellen würde.

Da die belangte Behörde ihre Entscheidung denkmöglich auf §4 Abs1 litb und c GVG gestützt hat, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch die Heranziehung des weiteren Versagungsgrundes nach §7 Z3 GVG bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides in denkmöglicher Weise erfolgt ist (vgl. VfSlg. 8317/1978 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Da auch sonst nichts hervorgekommen ist, was darauf hindeuten würde, daß die Behörde Willkür geübt hat, liegt der behauptete Verstoß gegen das Gleichheitsgebot nicht vor.

3. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens nach Art4 StGG bezieht sich (nur) auf die örtliche Bewegung als solche (s. VfSlg. 8086/1977 und die dort angeführte Vorjudikatur) und kommt daher im Liegenschaftsverkehr schon begrifflich nicht in Betracht.

Ein Verstoß gegen Art4 StGG liegt somit nicht vor.

4. Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 6029/1969, 6063/1969, 7468/1974, 7539/1975, 8174/1977) nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden dagegen durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen.

5. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden. Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

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