OGH 3Ob87/25b

OGH3Ob87/25b24.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T* e.U., Inhaber P*, vertreten durch die Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei K* GmbH, *, vertreten durch Dr. Hanno Hofmann, Rechtsanwalt in Graz, wegen § 37 EO, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 12. März 2025, GZ 5 R 10/25i‑19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑West vom 8. Oktober 2024, GZ 111 C 100/24v‑13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00087.25B.0924.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Bestandrecht, Exekutionsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte ist Eigentümerin der drei aneinander grenzenden Liegenschaften EZ 127 (mit dem Grundstück 349/1), EZ 1726 (bestehend aus den Grundstücken 348/2 und .711) und EZ 1750 (mit dem Grundstück 349/3) jeweils Grundbuch *, auf denen verschiedene Gebäude (mehrere Hallen, Werkstättengebäude, Tankstelle mit Flugdach, Verladestation) errichtet und diverse Freiflächen vorhanden sind.

[2] Die Beklagte hat große Teile dieser Liegenschaften, nämlich das Grundstück 348/2 sowie Teile der Grundstücke 349/1 (EZ 127) und 349/3 (EZ 1750), auf zehn Jahre befristet (mit Enddatum 31. Mai 2022) an die R* GmbH (im Folgenden: Hauptmieterin) vermietet. Von diesem Mietvertrag ausdrücklich nicht umfasst waren bestimmte im Mietvertrag näher umschriebene Bereiche (Teile von Gebäuden sowie Freiflächen), die bereits zuvor an andere Personen vermietet worden waren.

[3] Die Hauptmieterin hat in der Folge mit drei gesonderten Verträgen Teile der von ihr in Bestand genommenen Flächen an den Kläger zum Betrieb einer Fahrschule „untervermietet“. Zunächst wurde am 4. Mai 2021 ein Untermietvertrag über in einem Plan ersichtlich gemachte Freiflächen, nämlich Anlaufspuren und Übungsflächen insbesondere für Kraftfahrzeuge und Motorräder zu Übungszwecken, Abstellflächen für Fahrzeuge und betriebliche Gegenstände jeder Art, überdachte Abstellflächen insbesondere für Fahrzeuge und Motorräder direkt an der vormaligen Haustankstelle sowie eine überdachte Fläche des westlichen Teils des Flugdaches der Halle 2 als Teil der Übungsflächen abgeschlossen. In der Folge wurden am 16. Dezember 2021 zwei gesonderte Untermietverträge über eine Teilfläche der Halle 7 und über weitere näher umschriebene Freiflächen (Anlaufspuren, Übungsflächen, Auslaufspuren sowie Abstellflächen) geschlossen.

[4] Mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichts vom 29. Dezember 2022 zu 111 C 5/22w wurde der von der Beklagten gegen die Hauptmieterin erwirkte Übergabeauftrag vom 17. Jänner 2022 für rechtswirksam erklärt und diese zur geräumten Übergabe der von ihr gemieteten Flächen verpflichtet. Aufgrund dieses Titels wurde der Beklagten gegen die Hauptmieterin die Räumungsexekution bewilligt.

[5] Der Kläger macht mit seiner Exszindierungsklage geltend, die Beklagte habe Teile ihrer Liegenschaften als wirtschaftlich selbständige Einheit zum Zweck der Verwertung durch gänzliche gewinnbringende Untervermietung an die Hauptmieterin als Generalbestandnehmerin vermietet, und zwar zwei Fahrübungsplätze und einen Teilbereich der Halle 7. Dieses Mietverhältnis unterliege ebenso wie die sich hieraus ergebenden Untermietverhältnisse dem MRG. Der zwischen der Beklagten und der Hauptmieterin geschlossene Vertrag erfülle alle Voraussetzungen des § 2 Abs 1 letzter Satz MRG. Der Kläger leite sein Benutzungsrecht aus einem Bestandverhältnis ab, das ex lege mit der Beklagten entstanden sei, nämlich durch deren Eintritt in das vormals mit der Hauptmieterin bestandene Mietverhältnis gemäß § 2 MRG. Dies habe zur Folge, dass der von der Beklagten gegenüber der Hauptmieterin erwirkte Räumungstitel nicht gegenüber dem Kläger vollstreckbar sei, weil zwischen den Streitteilen ein eigenes Rechtsverhältnis bestehe.

[6] Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, sie habe der Hauptmieterin nicht die gesamte Liegenschaft in Bestand gegeben. § 2 MRG sei daher von vornherein nicht anwendbar.

[7] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 2 Abs 1 letzter Satz MRG liege ein Generalmietvertrag nur vor, wenn sich der Vertrag auf „das ganze Haus“ beziehe. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil Teile des Grundstücks 349/1, auf dem sich die vom Kläger gemieteten Objekte befunden hätten, vom Mietvertrag zwischen der Beklagten und der Hauptmieterin explizit ausgenommen gewesen seien. Der Kläger leite seine Rechte zur Nutzung der Liegenschaft daher ausschließlich aus den zwischen ihm und der Hauptmieterin geschlossenen Untermietverträgen ab und müsse deshalb den von der Beklagten gegen die Hauptmieterin erwirkten Räumungstitel auch gegen sich gelten lassen.

[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Seit dem 3. WÄG begründe auch der „Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses“ gemäß § 2 Abs 1 MRG Hauptmietrechte. Dies setze voraus, dass es sich um ein Haus handle, das seiner Art nach aus selbständigen Mietgegenständen bestehe, die üblicherweise gesondert vermietet würden, wobei darunter aber auch eine wirtschaftliche Einheit bildende Teile des Hauses zu verstehen seien. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Rechtsnachfolgeanordnung des § 2 Abs 1 letzter Satz MRG nur für den Fall gelte, dass der Generalbestandvertrag aufgelöst werde. Hier sei dieser Vertrag jedoch nicht aufgelöst worden, sondern habe durch Zeitablauf geendet. Es komme deshalb gar nicht darauf an, ob die Hauptmieterin als Generalbestandnehmerin anzusehen gewesen sei.

[9] Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision zur Frage für zulässig, ob unter der Wortfolge „aufgelöst wird“ in § 2 Abs 1 letzter Satz MRG auch eine Beendigung des Mietvertrags durch Zeitablauf zu verstehen sei.

[10] Mit seiner Revision strebt der Kläger primär die Stattgebung seines Klagebegehrens an; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

[11] In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[13] 1. Gemäß § 2 Abs 1 erster Satz MRG idF des 3. WÄG liegt Hauptmiete vor, wenn der Mietvertrag mit dem Eigentümer oder dem dinglich oder obligatorisch berechtigten Fruchtnießer der Liegenschaft oder mit dem Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses geschlossen wird. Hingegen liegt gemäß § 2 Abs 2 erster Satz MRG Untermiete vor, wenn der Mietvertrag mit einer Person geschlossen wird, die in Abs 1 nicht genannt ist.

[14] Gemäß § 2 Abs 1 letzter Satz MRG tritt, soweit das Mietverhältnis zwischen dem Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses und dessen Vermieter aufgelöst wird, der Vermieter in den Hauptmietvertrag zwischen dem Mieter oder Pächter des ganzen Hauses und dessen Mieter ein.

[15] 2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, die zuletzt genannte Regelung könne hier schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil der Bestandvertrag zwischen der Beklagten und der vormaligen Hauptmieterin nicht aufgelöst worden sei, sondern durch Zeitablauf geendet habe, kann nicht beigetreten werden.

[16] Zu beachten ist nämlich, dass die Regelung des § 2 Abs 1 erster Satz MRG, wonach auch der Mieter des „Mieters oder Pächters eines ganzen Hauses“ (also des „Generalbestandnehmers“) Hauptmieter wird, zur Folge hat, dass im Umfang einer solchen „Untervermietung“ parallel zwei Hauptmieter vorhanden sind, von denen nur einer, nämlich der Generalbestandnehmer, einen Bestandvertrag mit dem Liegenschaftseigentümer (oder allenfalls dem Fruchtnießer der Liegenschaft) abgeschlossen hat.

[17] Auch in einem solchen Fall ist nach § 2 Abs 1 vierter Satz MRG der (Einzel‑)Rechtsnachfolger des Vermieters an den Mietvertrag gebunden. Im Fall einer Beendigung des Generalbestandvertrags gibt es allerdings (trotz einer Hauptmiete zwischen Generalbestandnehmer und „Untermieter“) keinen Einzelrechtsnachfolger des Generalbestandnehmers, der in den Bestandvertrag mit dem „Untermieter“ eintreten könnte, sodass dieser (ohne Eintritt des Vermieters nach § 2 Abs 1 letzter Satz MRG) keinen Vertragspartner (Vermieter) mehr hätte, der ihm das Benützungsrecht am Bestandobjekt vermitteln könnte (vgl § 568 ZPO; siehe dazu sogleich Punkt 4.). Ein solches Ergebnis wäre aber systemwidrig, und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag mit dem Generalbestandnehmer durch einseitige Willenserklärung, wie etwa eine Aufkündigung, aufgelöst wurde oder aber infolge Ablaufs der Befristung geendet hat. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 29 Abs 1 MRG.

[18] Aus diesem Grund kann die Regelung des § 2 Abs 1 letzter Satz MRG nur so verstanden werden, dass unter „Auflösung“ jede Form der Beendigung des Mietvertrags zwischen dem Generalbestandnehmer und seinem Bestandgeber zu verstehen ist (vgl H. Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht, § 2 MRG Rz 47, und Würth in Rummel 2 § 2 MRG Rz 7).

[19] 3. Das vom Erstgericht herangezogene Argument für die Klageabweisung, die Anwendung des § 2 Abs 1 MRG müsse schon daran scheitern, dass die Beklagte der Hauptmieterin die (eine wirtschaftliche Einheit bildenden) drei Liegenschaften nicht zur Gänze in Bestand gegeben habe, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend verneint. Es wurde nämlich bereits in der Entscheidung zu 10 Ob 44/11k ausgesprochen, dass § 2 Abs 1 MRG dahin teleologisch zu reduzieren ist, dass unter einem „ganzen Haus“ auch eine wirtschaftliche Einheit bildende Teile dieses Hauses, jedenfalls selbständige Trakte, zu verstehen sind.

[20] 4. Gemäß § 568 ZPO sind alle gegen den Bestandnehmer erwirkten Aufkündigungen, Aufträge, Entscheidungen und Verfügungen, die das Bestehen oder die Auflösung eines Bestandvertrags über einen der in § 560 ZPO bezeichneten Gegenstände betreffen, auch gegen den Afterbestandnehmer wirksam und vollstreckbar, sofern nicht ein zwischen dem Afterbestandnehmer und dem Bestandgeber bestehendes Rechtsverhältnis entgegensteht.

[21] Nach Beendigung des Hauptbestandverhältnisses kann der Unterbestandnehmer das aufrechte Unterbestandverhältnis deshalb nur gegenüber seinem Vertragspartner, nicht aber auch gegenüber dem Liegenschaftseigentümer, der ihn auf Räumung in Anspruch nimmt, erfolgreich einwenden (vgl RS0062380 [T8]), sofern der Unterbestandnehmer sein Benützungsrecht nicht materiell-rechtlich direkt vom Liegenschaftseigentümer ableitet (RS0000907 [T2]). Nur im zuletzt erwähnten Fall der direkten Rechtsbeziehung zum Eigentümer steht dem Unterbestandnehmer die Erhebung einer Exszindierungsklage offen (RS0000907).

[22] 5.1. Eine abschließende Beurteilung, ob der vom Kläger behauptete, auf § 2 Abs 1 letzter Satz MRG basierende Eintritt der Beklagten in seinen Bestandvertrag tatsächlich erfolgt – und damit der von ihm geltend gemachte Exszindierungsgrund gegeben – ist, ist derzeit noch nicht möglich.

[23] 5.2. Die Vorinstanzen gehen wie der Kläger ohne nähere Prüfung von der Anwendbarkeit des MRG – und damit auch dessen § 2 – auf die Bestandverträge zwischen dem Kläger und der vormaligen Hauptmieterin aus, obwohl sich zwei der drei Untermietverträge ausschließlich auf Freiflächen beziehen und das MRG grundsätzlich nur die Raummiete, nicht aber die Flächenmiete regelt. Die selbständige Miete eines Parkplatzes oder einer sonstigen Freifläche fällt daher grundsätzlich nicht unter das MRG. Anderes gilt jedoch dann, wenn eine solche Fläche mit einer Wohnung oder einer Geschäftsräumlichkeit mitgemietet wurde (H. Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht, § 1 MRG Rz 32 f mwN).

[24] Ob eine Haus‑ oder Grundfläche mitgemietet oder Gegenstand eines selbständigen Mietvertrags ist, muss stets durch Vertragsauslegung beurteilt werden. Dabei ist aber nicht vornehmlich an Äußerlichkeiten zu haften, wie etwa der Frage, ob über die betreffenden Objekte eine gemeinsame oder zwei Vertragsurkunden ausgefertigt wurden, sondern nach § 914 ABGB der gemeinsame übereinstimmende Wille der Parteien zu erforschen. Es kommt also darauf an, ob nach dem übereinstimmenden Parteiwillen ein einheitliches oder zwei (oder mehrere) voneinander unabhängige Mietverhältnisse vorliegen sollten (H. Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht, § 1 MRG Rz 35 mwN).

[25] Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung wird im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern sein, ob alle drei Untermietverträge oder zumindest zwei von ihnen nach dem erklärten Willen der Vertragsparteien ein einheitliches Mietverhältnis (also über einen Teil einer Halle und über Freiflächen) begründen sollten. Sollte dies nicht der Fall sein, so wäre das Klagebegehren hinsichtlich der Freiflächen schon mangels Anwendbarkeit des MRG auf das Bestandverhältnis abzuweisen.

[26] 5.3. Hinzu kommt, dass die Hauptmieterin, wie sich aus dem vom Erstgericht verlesenen Vorakt zu 111 C 5/22w ergibt, in der dort als Beilage ./D vorgelegten E‑Mail vom 9. September 2015 ihre Anschrift mit „Wirtschaftspark R*“ an der Liegenschaftsadresse angab. Auch dieser Umstand wäre mit den Parteien im fortgesetzten Verfahren zu erörtern, weil gemäß § 1 Abs 5 MRG für Mietgegenstände in einem Wirtschaftspark – das ist eine wirtschaftliche Einheit von ausschließlich zu Geschäftszwecken genutzten Gebäuden und Liegenschaften, in bzw auf denen nicht überwiegend Handelsgewerbe betrieben werden – nur die §§ 14 und 29 bis 36, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des I. und II. Hauptstücks des MRG gelten, also auch nicht dessen § 2.

[27] 5.4. Für den Fall, dass sich im fortgesetzten Verfahren ergeben sollte, dass § 2 MRG auf das Untermietverhältnis des Klägers (zumindest im Umfang der Anmietung des Teilbereichs der Halle 7) anwendbar ist, wäre auch Folgendes zu beachten:

[28] 5.4.1. § 2 Abs 1 erster Satz MRG spricht vom Mieter oder Pächter eines ganzen „Hauses“. Der Gesetzgeber hat bei dieser Regelung zweifellos an den Fall eines Zinshauses gedacht (H. Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht, § 2 MRG Rz 45). Allerdings wurde bereits in der Entscheidung zu 7 Ob 250/03w ein Mietvertrag über eine Lager‑ und Verkaufshalle als Miete eines „ganzes Hauses“ iSd § 2 Abs 1 MRG qualifiziert. Daran ist festzuhalten.

[29] Den bisherigen Feststellungen ist zwar nicht dezidiert zu entnehmen, ob die Beklagte auch die gesamte (auf den Grundstücken 349/1 und 348/2 errichtete) Halle 7 an die Hauptmieterin in Bestand gegeben hatte; davon ist allerdings insbesondere aufgrund der planlichen Darstellung in Beilage ./F im Akt zu 111 C 5/22w auszugehen.

[30] 5.4.2. Wie bereits ausgeführt, begründet seit dem Inkrafttreten des 3. WÄG (BGBl 1993/800) mit 1. März 1994 auch der „Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses“ (Generalbestandnehmer) gegenüber seinem „Untermieter“ („fingierte“) Hauptmietrechte.

[31] Diese Rechtslage bestand schon vor dem Inkrafttreten des MRG. Bereits damals stellte die Judikatur zum MG den Mieter oder Pächter des ganzen Hauses oder von selbständigen Teilen eines Hauses dem Fruchtnießer gleich. Dies wurde damit begründet, dass hier nicht die Benützung des Bestandobjekts durch den (General-)Mieter im Vordergrund stehe, sondern der Vertragszweck darauf gerichtet sei, diesem die gewinnbringende Verwertung des Bestandobjekts zu ermöglichen, weshalb auch die mit dem Mieter oder Pächter abgeschlossenen Verträge als Hauptmietverträge anzusehen seien (10 Ob 44/11k [Pkt 3.5] mwN). Dies galt auch für die Vermietung einzelner Wohnungen oder sonstiger Räumlichkeiten durch den Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses, also durch den Generalbestandnehmer (vgl H. Böhm/Prader in GeKo Wohnrecht, § 2 MRG Rz 44 mwN).

[32] Davon ausgehend wird die fragliche Wendung „Mieter oder Pächter des ganzen Hauses“ in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zum MRG in der Fassung des 3. WÄG im Sinn der Rechtsprechung zum früheren MG verstanden, wonach der Zweck des Bestandvertrags zwischen dem Vermieter und dem Generalbestandnehmer darauf gerichtet sein muss, Letzterem eine gewinnbringende Verwertung der Bestandobjekte durch Weitergabe zu ermöglichen. Insofern wird eine teleologische Reduktion der in Rede stehenden Wendung vorgenommen. Einerseits ergebe sich schon aus dem sonst sinnlosen Attribut „ganz“, dass es sich um ein Haus handeln müsse, das seiner Art nach aus selbständigen Mietgegenständen bestehe, die üblicherweise gesondert vermietet würden. Andererseits müssten darunter auch eine wirtschaftliche Einheit bildende Teile des Hauses, jedenfalls selbständige Trakte, verstanden werden (10 Ob 44/11k [Pkt 3.4] mwN).

[33] An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Dementsprechend ist die in der früheren Rechtsprechung zum MG vertretene Einschränkung, dass der Vertragszweck des Generalbestandvertrags auf eine gewinnbringende Verwertung des „ganzen Hauses“ gerichtet sein muss, auch bei der Auslegung des Begriffs „Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses“ iSd § 2 Abs 1 MRG weiterhin beachtlich. So hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung zu 5 Ob 2099/96d im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 2 Abs 3 MRG ausgeführt, dass auch die Verleasung eines ganzen Hauses jedenfalls dann, wenn der (General‑)Leasingnehmer das Objekt selbst nicht benützt, sondern gewinnbringend weiter vermietet, regelmäßig den Abschluss einer Hauptmiete und nicht einer bloßen Untermiete indiziert. Durch die Einschränkung, dass der Vertragszweck auf eine gewinnbringende Verwertung gerichtet sein muss, soll demnach ausgeschlossen werden, dass die Inbestandgabe des ganzen Hauses zum Zwecke der Befriedigung eines eigenen Wohnbedürfnisses bzw geschäftlichen Bedürfnisses des (General-)Mieters unter die Bestimmung des § 2 Abs 1 MRG fällt. Mietet daher etwa ein Unternehmer ein Haus mit mehreren für geschäftliche Zwecke geeigneten Einheiten, um dort für den eigenen Betrieb Büros einzurichten, und vermietet er einzelne Räumlichkeiten, die er derzeit nicht benötigt, so soll einer darin aufgenommenen dritten Person nicht der starke Schutz eines Hauptmieters zukommen, weil das Haus primär zur Sicherung der räumlichen Existenz des Unternehmens gemietet wurde (10 Ob 44/11k [Pkt 3.5] mwN).

[34] 5.4.3. Die bisher getroffenen Feststellungen reichen auch für die Beurteilung, ob der Mietvertrag zwischen der Beklagten und der Hauptmieterin als Generalbestandvertrag iSd § 2 Abs 1 MRG anzusehen ist, nicht aus. Zum einen ist daraus nicht ableitbar, ob der Bestandvertrag der Beklagten mit der Hauptmieterin überhaupt den Zweck hatte, dieser die gewinnbringende Verwertung des Bestandobjekts durch (teilweise) Weitergabe zu ermöglichen. Dass die Hauptmieterin nach Punkt 5. des Mietvertrags (Beilage ./B) zur gänzlichen oder teilweisen Untervermietung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung des Mietobjekts an Dritte berechtigt war, bedeutet für sich allein noch nicht, dass der Zweck einer solchen ermöglichten Weitergabe in der gewinnbringenden Verwertung des Bestandobjekts durch die Generalbestandnehmerin bestanden hat. Zum anderen kann den Feststellungen auch nicht entnommen werden, ob es sich bei der gesamten an die Hauptmieterin vermieteten Anlage oder auch nur bei der teilweise untervermieteten Halle 7 um ein Objekt handelt, das seiner Art nach aus selbständigen, üblicherweise gesonderten Mietgegenständen besteht.

[35] Auch insoweit wird das Erstgericht die Entscheidungsgrundlage im fortgesetzten Verfahren zu verbreitern haben.

[36] 6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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