European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00190.24P.0130.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Das Erstgericht sprach über Antrag aus, dass der für die beiden Minderjährigen unterhaltspflichtige Vater beginnend mit 1. April 2023 zu bestimmten erhöhten monatlichen Zahlungen verpflichtet sei. Die (jeweils unterhalb der Regelbedarfssätze liegende) Höhe setzte es nach der Prozentwertmethode auf Basis des unstrittigen monatlichen Nettoeinkommens des Vaters fest.
[2] Das Einkommen des Vaters habe sich seit der letzten Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung um mehr als 8 % erhöht und die jüngere Tochter habe inzwischen das zehnte Lebensjahr vollendet, welche Änderungen eine Erhöhung rechtfertigten. Die vom Vater gegen den Antrag eingewendeten Kosten für seine eigenen Lebensaufwendungen (Kleidung, Lebensmittel und eigene Wohnkosten) seien nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen.
[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
[4] Die vom Vater genannten Zahlungspflichten für Miete und sonstige Kosten des täglichen Lebens bildeten keine Abzugsposten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Soweit der Vater auf den Anstieg dieser Kosten infolge der hohen Inflation hinweise, gelte dies ebenso für die Kosten der Bedarfsdeckung seiner unterhaltsberechtigten Kinder.
[5] Das Rekursgericht ließ nachträglich den Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung mit der Begründung zu, dass zur Frage der Berücksichtigung eines Nettoeinkommensverlusts eines Unterhaltsschuldners als Folge der Inflation keine bundesweite aktuelle und/oder gefestigte Rechtsprechung existiere.
[6] In seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater die Abänderung der Entscheidungen dahin, dass das Erhöhungsbegehren kostenpflichtig abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[8] 1. Hat das Gericht zweiter Instanz den ordentlichen Revisionsrekurs zugelassen, macht das Rechtsmittel aber tatsächlich nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof trotz Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RS0102059 [T22]). Der Vater wirft in seinem Revisionsrekurs keine solche Rechtsfrage auf.
[9] 2.1 Nach ständiger Rechtsprechung wird der Unterhalt nicht exakt mathematisch berechnet, sondern im Rahmen einer Ermessensentscheidung bemessen (RS0057284 [T6, T9, T14]). Dass die inflationsbedingte Erhöhung der Bedürfnisse unterhaltsberechtigter Kinder durch die Anpassung der Regelbedarfssätze berücksichtigt wird, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (6 Ob 154/99m = RS0047395 [T2]). Auch nach der Erhöhung liegt im vorliegenden Fall der vom Vater zu leistende Unterhalt unter den geltenden Sätzen. Ebenso besteht kein Zweifel, dass die Kaufkraftminderung bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen beide Seiten in gleichem Maße trifft, weshalb sie für sich allein keinen Grund für eine Erhöhung des Unterhaltsanspruchs bilden kann (6 Ob 154/99m mwN). Nichts anderes kann für die vom Vater angestrebte Minderung seiner Unterhaltsverpflichtungen gelten.
[10] 2.2 Mit dem Argument des Rekursgerichts, dass die spürbare Inflation der Lebenserhaltungskosten die Unterhaltsberechtigten gleichermaßen trifft wie die Unterhaltsschuldner, setzt sich der Revisionsrekurs auch nicht auseinander. Die Behauptungen, die Rechtsprechung habe ihre Leitlinien „auch im Hinblick auf die starr angewendete Prozentsatzmethode“ weiterzuentwickeln und dabei „die ungewöhnlich hohe Inflation sehr wohl zu berücksichtigen“, sodass es „nicht zu der schon automatisierten Unterhalterhöhung aufgrund des Alterssprungs der Kinder“ kommen dürfe, zeigen weder eine Fehlbeurteilung des Rekursgerichts noch eine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Begründung des Erstgerichts, dass der Erhöhungsantrag abgesehen vom Alter der Kinder auch infolge der relevanten Steigerung des Nettoeinkommens des Vaters berechtigt gewesen sei, blieb im Übrigen schon im Rekursverfahren unbekämpft.
[11] 2.3 Soweit der Vater meint, er sei bereit, über das übliche Maß hinaus die Kinder zu betreuen (was daran scheitere, dass die Mutter ihm die Kinder entfremdet habe), übersieht er, dass seine (bloße) Bereitschaft, mehr Naturalunterhalt zu leisten, für die Höhe seiner derzeitigen Unterhaltsverpflichtung nicht relevant sein kann. Gleiches gilt für das Argument, es habe „für die echten Lebensumstände“ eine „enorme Auswirkung, ob derjenige Elternteil, der den Naturalunterhalt schuldet, alle Lebenskosten allein zu stemmen hat, oder ob durch eine neue Partnerschaft die Lebenserhaltungskosten wie Miete, Gas, Strom, Heizung, etc. auf mehrere Schultern verteilt“ seien. Gegenstand des Verfahrens sind die (erhöhten) Unterhaltsansprüche seiner Kinder und nicht solche seiner früheren Ehefrau.
[12] 3. Den Beschluss des Rekursgerichts, mit dem die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt wurde, hat die Vertretung der Kinder am 13. September 2024 zugestellt erhalten. Die vierzehntägige Frist (§ 68 Abs 1 Satz 2 AußStrG) zur Beantwortung, die direkt beim Rekursgericht einzubringen war (§ 68 Abs 4 Z 1 AußStrG), hat gemäß § 68 Abs 3 Z 2 AußStrG mit der Zustellung der Mitteilung, dass die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde, begonnen. Die erst am 30. September 2024 beim Obersten Gerichtshof eingelangte Revisionsrekursbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen (RS0108631 [T4]).
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