European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00136.24D.1211.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
I. Die Revision wird im Umfang von 400,76 EUR sA als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Revision teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 400,76 EUR lautet:
a) Die Klagsforderung auf Zahlung von 2.935,17 EUR besteht mit 1.887,98 EUR zu Recht.
Die Aufrechnungseinrede gegen diese Forderung wird abgewiesen.
b) Darüber hinaus besteht die Klagsforderung mit 716,23 EURzu Recht.
Die gegen diese Forderung aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung besteht bis zu dieser Höhe zu Recht.
c) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 1.887,98 EUR samt 4 % Zinsen seit 6. 2. 2023 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Das Klagemehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 11.241,08 EUR samt 4 % Zinsen aus 2.754,30 EUR seit 11. 4. 1997, 4 % Zinsen aus 3.566,70 EUR seit 9. 6. 1999, 4 % Zinsen aus 234,35 EUR seit 3. 9. 1999 und 4 % Zinsen aus 4.685,73 EUR seit 6. 2. 2023 binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.372,16 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin enthalten 562,03 EUR an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Beklagte ist Anwalt, der Kläger sein ehemaliger Mandant. Der Beklagte sollte für den Kläger die exekutive Durchsetzung dreier in den Jahren 1997 und 1999 erwirkter Exekutionstitel betreiben, zu denen der Kläger bis ins Jahr 2019 keine exekutiven Schritte gesetzt hatte.
[2] Dabei handelte es sich um
-) das Teilanerkenntnisurteil des Landesgerichts * vom 22. 9. 1997, * Cg *, über 20.700 ATS (1.504,33 EUR) samt 4 % Zinsen seit 11. 4. 1997 (in Hinkunft nur mehr Teilanerkenntnisurteil)
-) das (End-)Urteil des Landesgerichts * vom 9. 6. 1999, * Cg *, über 17.200 ATS (1.249,97 EUR) samt 4 % Zinsen seit 11. 4. 1997 (in Hinkunft nur mehr Endurteil) und
-) den Beschluss des Oberlandesgerichts * vom 3. 9. 1999, * R *, über Kosten von 50.987,90 ATS (3.705,44 EUR [3.566,70 EUR sowie vom Oberlandesgericht zusätzlich zuerkannte 138,73 EUR] an Kosten des zum Teil- und Endurteil geführt habenden Verfahrens) als abgeänderte Kostenentscheidung sowie Kosten des Rechtsmittelverfahrens in Höhe von 1.315,78 ATS (95,62 EUR) (in Hinkunft nur mehr: Kostentitel).
[3] Nach außergerichtlicher Mahnung durch den Beklagten und nach Weiterleitung der Mitteilung der Gegenseite, es habe die I*-Versicherung AG die urteilsmäßig bestimmten Beträge bereits längst zur Überweisung gebracht, äußerte der Kläger, er habe nach so langer Zeit leider keine Kontoauszüge mehr vorliegen und könne einen diesbezüglichen Zahlungseingang nicht überprüfen. Allerdings sei die Forderung laut seinen Unterlagen noch offen, es werde Sache der Gegenseite sein, die entsprechenden Zahlungen durch unbedenkliche Urkunden betreffend offene Forderungen aus den rechtskräftigen Titeln innerhalb kurzer Zeit nachzuweisen; ansonsten wäre die beauftragte Exekution einzubringen.
[4] In dem in der Folge vom Beklagten für den Kläger gestellten Exekutionsantrag schienen statt drei Forderungen (1.504,33 EUR, 1.249,97 EUR und 3.705,44 EUR) und drei Titeln (Teilurteil, Endurteil, Kostentitel) nur zwei Geldforderungen, nämlich 2.754,30 EUR und 3.705,44 EUR, sowie zwei Titel (Endurteil und Kostentitel) auf. In Bezug auf die Hauptforderung wurde damit (bloß) die Summe des aus Teilanerkenntnisurteil und Endurteil resultierenden Zuspruchs in der Hauptsache und dazu auch nur das Endurteil als Titel angegeben.
[5] Wegen dieses Fehlers kam es zur amtswegigen Einschränkung um die Kapitalforderung(en) der ursprünglich wegen 2.754,30 EUR und Kosten von 3.705,44 EUR bewilligten Exekution auf 3.705,44 EUR beruhend auf dem Kostentitel, zur Betreibung der durch Teilanerkenntnis und Endurteil titulierten Hauptforderungen im Wege eines zweiten Exekutionsverfahrens und daher in der Folge auch zu zwei (statt einem) von der Verpflichteten angestrengten Oppositionsprozessen.
[6] Die Verpflichtete war mit beiden Oppositionsklagen erfolgreich. Dem Kläger wurden Kostenersatz gegenüber der Verpflichteten in den Exekutionsverfahren (172,24 EUR im ersten und 197,94 EUR im zweiten Exekutionsverfahren) und die Kostentragung in den Oppositionsprozessen auferlegt (1.264,71 EUR [darin 192,95 EUR Umsatzsteuer] im ersten und 518,59 EUR [darin 68,60 EUR Umsatzsteuer] im zweiten Oppositionsverfahren).
[7] Von einem von einer Drittschuldnerin im Rahmen der Exekutionsführung bezahlten Betrag in Höhe von 5.477,88 EUR leitete der Beklagte 2.541,95 EUR an den Kläger weiter. Vom restlichen Betrag von 2.935,93 EUR behielt er 400,76 EUR als Honorar wegen einer mit der Betreibung der Forderung nicht im Zusammenhang stehenden Rechtssache (und auch nicht die Verpflichtete betreffend) ein und rechnete den weiteren Betrag von 2.535,17 EUR auf die seiner Ansicht nach in den Exekutionsverfahren entstandenen Honoraransprüche an.
[8] Der Kläger wurde in einem weiteren Verfahren aufgrund eines von der Verpflichteten angestrengten Prozesses zur (Rück-)Zahlung des von der Drittschuldnerin bezahlten Betrags von 5.477,88 EUR verpflichtet.
[9] Der Kläger fordert Schadenersatz und die Auszahlung des von der Gegenseite bezahlten, vom Beklagten aber zu Unrecht einbehaltenen Geldes. Er stützt sich – soweit in dritter Instanz relevant – auf anwaltliche Fehler des Beklagten im Rahmen der exekutiven Eintreibung (Unterlassung der Nennung aller drei Exekutionstitel) und bei Vertretung in den dazu von der Verpflichteten angestrengten Oppositionsverfahren. Dadurch sei es zu einem weiteren, ansonsten nicht nötigen Exekutionsantrag und einem zweiten Oppositionsprozess gekommen. Hätte der Beklagte im Oppositionsprozess einen Vertagungsantrag gestellt, wären die Oppositionsprozesse gewonnen worden. Der Kläger hätte dann keine Zeugengebühren (160,60 EUR und 45 EUR) und keinen Kostenersatz in den Oppositionsprozessen (2.392,40 EUR) sowie Kostenersatz in den Exekutionsverfahren (369,88 EUR) an die Verpflichtete leisten müssen. Außerdem hätte er die Exekutionstitel gegenüber dieser durchsetzen können (6.459,74 EUR [Kapital: 2.754,30 EUR und 3.705,44 EUR an Kosten]). Er habe zudem einen Schaden in Höhe der Pauschalgebühr für die Berufung im Oppositionsprozess (571 EUR) erlitten. Der Beklagte habe aufgrund „wertloser Leistungen“ zu Unrecht Honorar einbehalten und hätte überdies „Mandantengelder“ nicht einbehalten dürfen, ohne dies mit ihm abzuklären.
[10] Der Beklagte entgegnete, er habe auftragsgemäß gehandelt und den Kläger auch umfassend aufgeklärt. Durch den zweiten Exekutionsantrag sei kein Schaden entstanden, weil dadurch auch die Streitwerte vermindert worden seien und sich rechnerisch kein Schaden ergebe. Er wendete für den Fall des Bestands einer Forderung des Klägers aufrechnungsweise seine offenen Honorarforderungen im Umfang von 3.799,02 EUR ein.
[11] Das Erstgericht stellte zum Kernvorwurf eines Fehlverhaltens des Beklagten bei Beratung und Vertretung in den verbundenen Oppositionsverfahren soweit für das Revisionsverfahren wesentlich und zusammengefasst – wobei andere Teile der festgestellten Sachverhaltsgrundlage zur besseren Verständlichkeit der Entscheidung an späterer Stelle referiert werden –, fest:
[12] Der Kläger erschien trotz Ladung mit dem Beweisthema „Bezahlung der dem Kläger im Verfahren * Cg * d. LG * zugesprochenen Forderung“ im Oppositionsverfahren nicht. Er entband auch einen (nunmehr) für die vormalige Rechtsvertretung des Klägers tätigen Zeugen nicht von dessen Verschwiegenheitsverpflichtung.
[13] Dem war vorhergegangen, dass die Verpflichtete mitgeteilt hatte, es sei schwierig, Überweisungsbelege nach so langer Zeit vorlegen zu können. Es gehe aber aus den eigenen Unterlagen in einer Zusammenschau hervor, wann und welche Beträge an die seinerzeitigen Rechtsanwälte des Klägers weitergeleitet worden seien. Diese Unterlagen würden grundsätzlich als ausreichend erachtet, den bestehenden Oppositionsanspruch erfolgreich durchzusetzen. Man sehe sich gezwungen, Oppositionsklage einzubringen. In diesem Verfahren werde auch der seinerzeitige Klagevertreter zur Einvernahme als Zeuge beantragt werden.
[14] Daraufhin hatte der Kläger geäußert, er sehe sich mangels vorgelegter unbedenklicher Urkunden über die Zahlung außer Stande, das Exekutionsverfahren einzustellen, und werde den seinerzeitigen Klagevertreter auch nicht von der anwaltlichen Verschwiegenheit entbinden. Ebenso stehe er für seine Parteienvernehmung nicht zur Verfügung.
[15] Der Beklagte ersuchte den Kläger bereits Mitte Juni 2019, den Verhandlungstermin in den (dann schon laufenden) Oppositionsprozessen bereits jetzt in Vormerkung zu nehmen, „da eine Anwesenheit Ihrerseits zu dieser Verhandlung erforderlich ist.“, und im Sinne des erteilten Gerichtsauftrags auch um Mitteilung, ob ein bestimmter Zeuge von der Verschwiegenheit entbunden werden würde. Letzteres verneinte der Kläger Anfang August 2019 (erneut).
[16] Ungefähr eine Woche vor dem Verhandlungstermin im September 2019 wies der Beklagte den Kläger nochmals auf diesen Termin hin, übermittelte die Ladung, hob als „Thema dieser Verhandlung“ die Frage, „ob die nunmehr in Exekution gezogene Forderung an Sie bereits bezahlt wurde“, hervor und erneuerte auch, dass „eine Einvernahme Ihrerseits erforderlich sein [werde], die Gegenseite hat bekannterweise die Einvernahme von Zeugen beantragt, nämlich […]“. Er gehe davon aus, dass deswegen, weil der Zeuge nicht vom Kläger von seiner Verschwiegenheit entbunden werde, dieser zur Verhandlung nicht geladen werden werde. Zwar führte der Beklagte im Schreiben auch aus, es komme letztendlich darauf an, ob die Gegenseite beweisen könne, „ob Ihnen die nunmehr in Exekution gezogene Forderung bereits bezahlt wurde oder nicht“, er wiederholte aber dann erneut das schon eingangs im Schreiben gestellte Ersuchen, „den Verhandlungstermin bereits jetzt in Vormerk zu nehmen, da eine Anwesenheit Ihrerseits erforderlich ist“.
[17] Der Kläger erklärte erst am Tag vor der Verhandlung, er habe leider erst jetzt einen anderen Gerichtstermin bemerkt, und wiederholte seinerseits, er stehe für eine Parteieneinvernahme nicht zur Verfügung. Er ersuchte den Beklagten, „die Richterin am 25. 9. 2019 zu ersuchen, die Verhandlung ohne meine Einvernahme zu schließen“. Er sei „nicht bereit, hier nach * anzureisen, wenn doch die klagende Partei hier beweispflichtig ist“.
[18] Umgehend und noch am selben Tag bemühte sich der Beklagte um eine „Bestätigung, dass [der Kläger] bis zur Exekutionsführung gegen die [Verpflichtete] keine Zahlungen in gegenständlicher Causa erhalten“ habe, mit der Urgenz: „Diese Bestätigung muss ich spätestens morgen vorlegen, dies aufgrund Ihrer Weigerung, als Partei einvernommen zu werden. Ich verweise darauf, dass das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung auch die Weigerung Ihrerseits, als Partei einvernommen zu werden, bewerten wird. Ich ersuche um unverzügliche Übermittlung der Bestätigung.“
[19] Es steht nicht fest, dass eine derartige Bestätigung übermittelt wurde.
[20] In der Verhandlung entschuldigte der Beklagte den Kläger unter Vorlage der Ladung zum zuvor erwähnten anderen Gerichtstermin, er konnte aber – so das Protokoll – nicht angeben, warum der Beklagte dies erst jetzt bekanntgegeben habe, obwohl (so offenkundig der Vorhalt der Richterin) die Ladung vom 28. 5. 2019 stammte.
[21] Nach Einvernahme der Zeugen verzichtete der Beklagte auf die Einvernahme des Klägers und brachte nochmals vor, es sei die Oppositionsklägerin für die Zahlungen beweispflichtig.
[22] Die Verhandlung endete mit der mündlichen Verkündung eines klagsstattgebenden Urteils.
[23] Am Tag danach berichtete der Beklagte dem Kläger über den Verlauf der Verhandlung und den Verfahrensausgang. Er wies auf die Möglichkeit der Berufungsanmeldung und darauf hin, dass er ohne Weisung keine Berufungsanmeldung erheben werde. Erst drei Tage später übermittelte der Kläger erstmals eine Inkasso‑Beauftragung seinerseits aus dem Jahr 1999 und äußerte seinen Unmut über den Verfahrensausgang. Die Zeugenaussagen seien aus seiner Sicht völlig unglaubwürdig. Er beauftragte den Beklagten mit der Erhebung von Kosteneinwendungen und eines Rechtsmittels am letzten Tag der Frist.
[24] Die nach Anmeldung eingebrachte Berufung blieb erfolglos.
[25] Ausgehend von seinen Feststellungen wies das Erstgerichtdie Klage zur Gänze ab.
[26] Das Berufungsgericht stellte das Bestehen der Klagsforderung wegen der unnötigen Führung zweier Oppositionsprozesse statt nur einer Oppositionsklage (wenn dem Kläger der Fehler im Exekutionsverfahren nicht unterlaufen wäre) in Höhe von 729,48 EUR und das Bestehen der eingewendeten Gegenforderungen bis zu dieser Höhe fest, weswegen es im Ergebnis bei der Klagsabweisung blieb. Dabei ging es im Rahmen der Schadensermittlung von einer Bemessungsgrundlage im (einzigen) Oppositionsprozess in Höhe der Summe von Haupt- und Nebengebühren aus.
[27] Die nachträgliche Zulassung der Revision begründete es mit der Korrekturbedürftigkeit seiner Entscheidung im Hinblick auf die in der Revision erwähnte Rechtsprechung zur Höhe der Bemessungsgrundlage im Oppositionsprozess.
Rechtliche Beurteilung
[28] Die vom Beklagten beantwortete Revision ist teilweise jedenfalls unzulässig (400,76 EUR). Im Übrigen ist sie aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und teilweise berechtigt.
I. Zur absoluten Unzulässigkeit der Revision im Umfang von 400,76 EUR:
[29] I.1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand – und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts –, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RS0053096; RS0042753). § 55 Abs 1 JN ist als Ausnahme vom Grundsatz der Nichtzusammenrechnung anzusehen. Daher scheidet eine Zusammenrechnung im Zweifel aus (RS0122950). Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RS0042741; RS0106759). Fehlt es an einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang, so muss als Entscheidungsgegenstand jeder dieser Ansprüche einzeln betrachtet werden.
[30] Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 4 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend (vgl auch RS0053096).
[31] Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über den anderen Anspruch ohne ergänzendes Sachvorbringen entscheiden zu können (RS0042766; RS0037648 [T4]). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt etwa dann vor, wenn die Ansprüche aus derselben Rechtsnorm oder demselben Vertrag abgeleitet werden, zB aus einem einheitlichen Liefervertrag (RS0037648). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RS0037648 [T11, T18, T20]; RS0037899).
[32] I.2. Nach seinem Vorbringen hat der Kläger wegen eines Vertretungsfehlers des Beklagten die Oppositionsprozesse verloren (dies betrifft die im Oppositionsverfahren entstandenen Kosten: 2.392,40 EUR [Kostenersatz an den Gegner], 160,60 EUR und 45 EUR [Zeugengebühren] und 571 EUR [Pauschalgebühr], sohin insgesamt 3.169 EUR). Aufgrund des Unterliegens im Oppositionsprozess sei es zur Einstellung im Exekutionsverfahren gekommen, weswegen die dort entstandenen Kosten der Gegenseite und die eigenen Kosten (98,90 EUR) zu bezahlen gewesen seien und er keine exekutive Befriedigung seiner titulierten Ansprüche habe erreichen können (insgesamt 6.555,35 EUR).
[33] Diese Forderungen (im Umfang von 10.094,23 EUR) stehen in einem – vom Kläger schlüssig dargelegten – Zusammenhang, weil sich all diese Schäden auf den behaupteten Vertretungsfehler, der zum Verlust des Oppositionsprozesses führte, zurückführen lassen. Insoweit ist eine Zusammenrechnung nach § 55 Abs 1 JN zu bejahen.
[34] Auch in Ansehung der Forderung von 2.935,93 EUR (zu der sich der Kläger auf einen unberechtigten Einbehalt der Drittschuldnerzahlung, also auf einen weiteren Fehler stützt) besteht bis zu einem Betrag von 2.535,17 EUR der nach § 55 JN geforderten Zusammenhang, weil zwar mit dem Vorwurf des Einbehalts ein eigenständiger Fehler behauptet wurde, der Kläger aber im Umfang von 2.535,17 EUR behauptete, es seien diese Beträge wegen der Fehlerhaftigkeit der vom Beklagten erbrachten Leistungen im Oppositionsprozess (und Exekutionsverfahren) „wertlos“ gewesen; ohne den Fehler im Oppositionsverfahren hätte er „Vollzahlung“ vom Gegner erhalten.
[35] Soweit aber – auch nach seinem Vorbringen – der Einbehalt im Umfang von 400,76 EUR Honoraransprüche für die Vertretung in einer ganz anderen, nicht mit dem hier zu beurteilenden Komplex im Zusammenhang stehenden Rechtssache betraf, besteht kein Zusammenhang mit einem Beratungs- und Vertretungsfehler im Oppositionsverfahren. Es lag in Ansehung dieses Betrags auch nach den Behauptungen des Klägers (nur) der Fehler des unberechtigten und eigenmächtigen Einbehalts von Geld durch den Beklagten vor, das ihm zugestanden wäre, bzw die – im Übrigen völlig substratlos gebliebene – Behauptung einer Fehlvertretung auch in jener anderen Rechtssache. Damit fehlt es an der Behauptung eines Zusammenhangs in Bezug auf 5.000 EUR übersteigende Forderungen nach § 55 JN, weil der gesamte Einbehalt 5.000 EUR nicht überstieg (2.935,93 EUR).
[36] I.3. Die Revision ist folglich im Umfang von 400,76 EUR gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Die Abweisung des Zahlungsbegehrens durch die Vorinstanzen ist in Ansehung von 400,76 EUR in Rechtskraft erwachsen.
[37] I.4. Zwar wären die auf diesen Teil des Klagebegehrens entfallenden Kosten der Revisionsbeantwortung grundsätzlich vom Beklagten selbst zu tragen (§ 40 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO), weil der Beklagte auf den maßgeblichen Rechtsmittelausschluss nicht hingewiesen hat (RS0035979; 2 Ob 221/23y; 6 Ob 98/24s). Es fällt aber dieser Anteil kostenmäßig nicht ins Gewicht und ist daher zu vernachlässigen, sodass eine gesonderte Kostenentscheidung nicht zu ergehen hat.
II. Zur Revision im Umfang von 12.728,30 EUR:
[38] II.1. Die Revision zeigt – wie auch das Berufungsgericht erkannt hat – ein Abweichen von der Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Bemessungsgrundlage im Exekutionsverfahren (richtigerweise bei Exekution wegen Kapital samt Zinsen und Kosten: nur Kapital, nicht aber auch Zinsen oder Kosten [§ 3 iVm § 13 RATG; 3 Ob 120/90]; zum Streitwert der Oppositionsklage siehe 3 Ob 1036/87 RS0001623 [T1, T3]; RS0001567; 3 Ob 52/14i; 3 Ob 161/16x; Obermaier, Kostenhandbuch4 [2024] Rz 1.502 f) auf, sodass im Rahmen der ordentlichen Erledigung des Rechtsmittels die Entscheidung des Berufungsgerichts auf seine Richtigkeit hin allseitig zu prüfen ist (RS0043352). Dieser Grundsatz ist jedoch insoweit eingeschränkt, als der Rechtsmittelwerber Rechtsgründe, denen in sich geschlossene – also selbstständige rechtserzeugende, rechtshemmende oder rechtsvernichtende – Tatsachen zugrunde liegen, im Rechtsmittel behandeln muss, damit sie nicht aus dem Nachprüfungsrahmen herausfallen (RS0043352 [T34]). Kommt daher der Rechtsmittelwerber in seiner Revision auf bestimmte Rechtsgründe oder selbstständige Einwendungen nicht mehr zurück, so sind diese damit aus der ansonsten umfassenden Beurteilungspflicht des Obersten Gerichtshofs ausgeschieden (RS0043352 [T35]).
[39] II.2. Vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel können nach § 503 Z 2 ZPO in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963).
[40] II.3. In offenbaren Unrichtigkeiten (etwa der Angabe einer falschen Jahreszahl oder einer offenkundig bloß um eine Ziffer unrichtig wiedergegebenen Aktenzahl) liegt – zumal diese keine Auswirkungen auf die Entscheidung hatten – keine Aktenwidrigkeit (RS0043396). Als Tippfehler identifizierbare Fehler begründen keine Aktenwidrigkeit und hätten überdies, soweit sie schon dem Ersturteil anhafteten, bereits in der Berufung geltend gemacht werden müssen (vgl 9 ObA 78/15h; RS0041773).
[41] II.4.1. Als gravierenden, den gesamten Schaden nach sich ziehenden Fehler sieht der Kläger das Verhalten des Beklagten im (verbundenen) Oppositionsprozess. Er wirft dem Beklagten vor, dieser habe ihn unrichtig über die Beweislast belehrt und hätte in der letzten Verhandlung einen Vertagungsantrag stellen müssen. Die Richterin habe den Hinweis erteilt, dass eine Parteieneinvernahme essentiell sei. Der Kläger habe am Verhandlungstag wegen eines anderen Gerichtstermins nicht erscheinen können. Hätte der Beklagte die Verhandlung „vertagen lassen“, hätten vom Kläger schriftliche Inkasso‑Beauftragungen vorgelegt werden können, mit denen er hätte beweisen können, dass seitens der Verpflichteten keine Zahlungen erfolgt seien. Dann hätte er die verbundenen Oppositionsprozesse gewonnen und hätte nicht nur keine Kosten tragen müssen, sondern auch die betriebenen Forderungen einbringlich machen können.
[42] II.4.2. Der Rechtsanwalt ist aufgrund des Bevollmächtigungsvertrags zur sachgemäßen Vertretung und Belehrung seines (meist rechtsunkundigen) Klienten verpflichtet (RS0038695 [T3]; RS0038682). Er schuldet eine fachgerechte Geschäftsbesorgung und hat für Fehler bei der Betreuung seiner Klienten mit dem Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB einzustehen (vgl RS0038703 [T2]). Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht dürfen aber auch nicht überspannt werden (RS0026584 [T5]), und es sind bei Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabs der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich.
[43] Im hier zu beurteilenden Fall trifft die übereinstimmende Ansicht der Vorinstanzen, es sei in Bezug auf Vertretung und Beratung im Oppositionsprozess kein Pflichtverstoß des Beklagten vorgelegen, zu:
[44] Dem Kläger war die ihm ohnehin schon zuvor selbst bekannte Beweislast für den Nachweis der erfolgten Zahlung bei der Oppositionsklägerin richtig vermittelt worden. Der Beklagte hatte ihn zudem mehrfach an den Termin und ebenso mehrfach an die Notwendigkeit seiner Anwesenheit und die Notwendigkeit seiner Einvernahme erinnert. Ganz klar war dem Kläger vom Beklagten geraten worden, wozu er auch mehrfach aufgefordert worden war, zum Verhandlungstermin zu erscheinen. Der Beklagte hatte den Kläger nach dessen apodiktischer Weigerung zu erscheinen, und dessen Weisung, die Richterin zu ersuchen, die Verhandlung ohne seine Einvernahme zu schließen, umgehend über die möglichen, für den Kläger negativen Folgen des Nichterscheinens im Rahmen der Beweiswürdigung aufgeklärt. Er bemühte sich zudem, vom Kläger eine dies womöglich abwendende „Bestätigung“ zu erlangen. Von einer unrichtigen Beratung oder Belehrung und einem in der Revision relevierten unrichtigen „im-Glauben-Lassen“ durch den Beklagten, die Verpflichtete hätte die Zahlung zu beweisen gehabt und nicht er die Nichtzahlung, wo doch „ein Nullum“ nicht bewiesen werden könne, kann keine Rede sein. Die Ausführungen der Revision zur Verletzung einer Pflicht zur Erforschung des „wahren Parteiwillens“ und jene dazu, dass es sich dabei um eine quaestio mixta handle, bleiben – angesichts der deutlichen Aufforderungen zu erscheinen und der erteilten Belehrungen – in ihrer Zielrichtung unerfindlich. Die Revision geht schlicht von einem tatsächlich nicht vorliegenden Aufklärungsfehler aus und stellt die Anforderung, der Beklagte hätte richtigerweise diametral entgegen dem geäußerten Willen des Klägers (Ersuchen an die Richterin, ohne seine Einvernahme zu schließen) zu handeln gehabt.
[45] II.4.3. Lag ein Fehlverhalten des Beklagten bei Beratung und Vertretung im Oppositionsprozess nicht vor, sind die aus dem Prozessverlust resultierenden Folgen und Auswirkungen auf die Exekutionsführung, die Durchsetzung der Forderungen und die grundsätzlich dadurch ausgelöste Konsequenz der Kostenbelastung (der eigenen Kosten und des Kostenersatzes der Gegenseite) dem Beklagten nicht anzulasten.
[46] II.4.4. Schadenersatz für die Uneinbringlichkeit der titulierten Forderungen (6.555,35 EUR [Kapital: 2.754,30 EUR und 3.801,05 EUR an Kosten]) und die Belastung mit Pauschalgebühren und Zeugengebühren im Oppositionsverfahren (insgesamt 776,60 EUR) steht damit zur Gänze nicht zu, wobei die Revision zu den beiden zuletzt genannten Positionen (Pauschalgebühren und Zeugengebühren) gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts zwar die unrichtige Beurteilung des Verschuldens des Beklagten am Prozessverlust bemängelt, aber sonst keine anderen Einwendungen konkret ausführt (RS0043352 [T34, T35]). Die Höhe von Zeugengebühren und jene der Pauschalgebühr im Oppositionsprozess ist auch nicht von der in der Revision bekrittelten Bemessungsgrundlage für die Anwaltskosten (nur im Umfang des Kapitals ohne Nebengebühren) abhängig.
[47] II.5.1. Im nächsten Schritt sind die Vorwürfe hinsichtlich der Unterlassung der Aufsplittung des titulierten Kapitals samt Nennung des Teilanerkenntnisurteils im ersten Exekutionsantrag und die dadurch verursachte erhöhte Kostenersatzpflicht gegenüber dem Gegner im Exekutions- (369,88 EUR) und im Oppositionsverfahren (2.392,40 EUR) sowie der dem Beklagten in Form von höheren eigenen Verfahrenskosten entstandene Schaden (dies betrifft restliche 2.535,17 EUR [2.935,93 EUR verringert um 400,76 EUR] sowie 98,90 EUR an Pauschalgebühr im Exekutionsverfahren an eigenen Kosten) zu prüfen. Darüber hinaus ist hinsichtlich des Betrags von (restlichen) 2.535,17 EUR auch auf den Vorwurf des unberechtigten Einbehalts von „Mandantengeld“ einzugehen.
II.5.2. Zum unberechtigten Einbehalt in Höhe von 2.535,93 EUR:
[48] II.5.2.1. Dazu stützt sich die Revision auf das in erster Instanz erstattete Vorbringen, es sei Anwälten und Mandanten untersagt, „Mandantengeld“ (hier betreffend die Drittschuldnerzahlung) „einzubehalten, ohne dies mit dem Mandanten abzuklären“. Es sei ein Einbehalt nur bei unstrittigen Forderungen erlaubt, was hier nicht der Fall gewesen sei, wobei sich der Kläger durch den damaligen Hinweis auf den zu RS0056451 gebildeten Rechtssatz gerade noch ausreichend erkennbar auf das aus § 19 Abs 3 RAO abgeleitete Aufrechnungsverbot berief.
[49] II.5.2.2. Hinsichtlich des einbehaltenen Betrags ist – unter Einschluss des Inhalts unstrittig echter Urkunden (RS0121557 [T3]) – von folgendem (teilweise unstrittigem und teilweise festgestelltem) Sachverhalt auszugehen:
[50] Von der im Laufe des Exekutionsverfahrens eingegangenen Drittschuldnerzahlung (die der Kläger später aufgrund einer ihm im Jahr 2021 in einem weiteren Prozess urteilsmäßig auferlegten Verpflichtung an die Verpflichtete zurück zu leisten hatte) in Höhe von 5.477,88 EUR leitete der Beklagte 2.541,95 EUR an den Kläger weiter.
[51] Er teilte dem Kläger unter Beilage einer Schuldnerabrechnung am 13. 5. und am 21. 5. 2019 unter Beilage von fünf Honorarnoten (HN 19/164–167 und HN 19/88) mit, von der eingegangenen Drittschuldnerzahlung bisherige Honorare in Höhe von 2.098,23 EUR und 436,94 EUR sowie das Honorar in der (schon eingangs erwähnten) anderen Rechtssache in Höhe von 400,76 EUR in Abzug bzw in Abrechnung gebracht zu haben. Die Honorarnoten HN 19/166 [280,54 EUR] und HN 19/167 [335,64 EUR] umfassten die jeweiligen Kosten für den vorbereitenden Schriftsatz in den Oppositionsverfahren vom 20. 5. 2019 vor Verbindung der beiden Oppositionsprozesse.
[52] Der Kläger reagierte noch am 21. 5. 2019 mit der Frage, warum überhaupt ein zweites Exekutionsverfahren eingeleitet worden sei, für das er nun auch Kosten bezahlen solle. Nach seinem Referat zum Auftrag (aufgrund der drei Titel Exekution zu führen) monierte er überdies schon damals, dass die Kosten für das (nach Einschränkung eigene) Verfahren wegen des Kostentitels bei richtiger Einbringung des Antrags gar nicht angefallen wären. Er ging dann auf einzelne Position der Honorarabrechnung ein (so etwa auf die Bemessungsgrundlage nur mit 2.754,30 EUR ohne Zinsen und Kosten, die dafür außer Betracht zu bleiben hätten). Zuletzt erklärte er, es ergäbe sich laut der von ihm (der E‑Mail) „beigelegten“ Abrechnung ein Betrag von 4.830,69 EUR abzüglich der bereits vom Beklagten an ihn geleisteten Zahlung zu seinen Gunsten. Er ersuche, den „restlich zustehenden zusätzlichen Betrag“ an ihn zu überweisen. Dieser Abrechnung sind Leistungen auf Basis einer Bemessungsgrundlage der Hauptforderungen (2.754,30 EUR), nämlich Exekutionsantrag samt Pauschalgebühr, Vorlage des Exekutionstitels, Äußerung und vorbereitender Schriftsatz jeweils unter Nennung von TP und Betrag, zu entnehmen, wobei von der daraus gebildeten Summe von 746,09 EUR die bereits vorab geleistete Akontozahlung für die (unstrittig vom Kläger bezahlte) Pauschalgebühr in Höhe von 98,90 EUR abgezogen wird. Der daraus resultierende Kostensumme von 647,19 EUR stellte er in der Folge den „Zahlungseingang“ (der Drittschuldnerzahlung) von 5.477,88 EUR gegenüber und gab die daraus gebildete (und zuletzt im Schreiben genannte) Differenz von 4.830,69 EUR wieder.
[53] II.5.2.3. Damit hat der Kläger sein Einverständnis zum Einbehalt des Beklagten im Umfang von 647,19 EUR (Differenz von 5.477,88 EUR und 4.830,69 EUR) für das (vom Kläger auch spezifizierte) Honorar des Beklagten (ohne die vom Kläger bezahlte Pauschal- und Vollzugsgebühr in Höhe von 98,90 EUR) erklärt. Einbehalt und Anrechnung erfolgten insoweit einvernehmlich und für unstrittiges Honorar. Auch wenn in dieser Erklärung kein konstitutives Anerkenntnis liegen mag, war der Einbehalt damit rechtens, woran spätere Willensänderungen des über den Ablauf voll informierten Klägers nichts mehr ändern können.
[54] II.5.2.4. Es verbleiben damit von dieser Forderung des Klägers (2.935,93 EUR minus 400,76 EUR [siehe Punkt I.] minus 647,19 EUR) 1.887,98 EUR. Eine Hinterlegung hat der Beklagte nicht behauptet und deren Notwendigkeit in der Revisionsbeantwortung in Abrede gestellt. Soweit kein Abzug von unstrittigem Honorar erfolgte, hätte der Beklagte 1.887,98 EUR – mangels Hinterlegung – an den Kläger weiterleiten müssen:
[55] Der Rechtsanwalt hat zu Gunsten einer strittigen Honorarforderung kein Zurückbehaltungsrecht. Er kann im Fall der Bestreitung seiner Honorarforderung nur zwischen (Rück-)Zahlung oder gerichtlichem Erlag wählen (RS0033851 [T1]; RS0056451; vgl RS0121917). Hat er nicht ordnungsgemäß bei Gericht erlegt, muss er das für seinen Mandanten bestimmte Geld herausgeben, ohne dass er dieser Herausgabeverpflichtung nach § 1009 ABGB seinen Kostenanspruch entgegensetzen könnte (RS0072014; RS0033851 [T5]; zuletzt 7 Ob 124/19i). Über Bestand oder Nichtbestand einer Gegenforderung ist im Verhältnis zu diesem Herausgabeanspruch nicht abzusprechen (RS0033996; 9 Ob 2/17k [ErwGr IV.]; vgl auch RS0072014).
[56] II.5.2.5. Zur behaupteten „Wertlosigkeit“ der vom Beklagten angerechneten Honorare im Exekutionsverfahren und Oppositionsverfahren im Umfang von 647,19 EUR ist dem Kläger nur einzuräumen, dass durch die unterbliebene Nennung des Teilanerkenntnisurteils im ersten Exekutionsantrag ein zweites Exekutionsverfahren und ein zweites Oppositionsverfahren eingeleitet werden mussten. Warum aber die von ihm selbst in seiner eigenen Abrechnung angegebenen Positionen auch bei hypothetisch richtiger Einbringung des ersten Exekutionsantrags nicht oder in anderer Höhe zu honorieren gewesen wären, kann er nicht verständlich machen. Von einer vom Anwalt verschuldeten gänzlichen Wertlosigkeit der Leistungen kann dabei keine Rede sein. Nur für die durch die Führung des zweiten Exekutionsverfahrens (und daher auch notwendigen zweiten Oppositionsverfahrens) zusätzlich angefallenen (eigenen) Mehrkosten stünde kein Honorar zu, was aber auf jene Positionen nicht zutrifft:
[57] Es besteht daher kein Rückzahlungsanspruch betreffend (eigene) Kosten für einen Exekutionsantrag, die Vorlage der Exekutionstitel, eine Äußerung im Exekutionsverfahren (welche hier im zweiten Exekutionsverfahren erstattet worden war, aber ansonsten im ersten zu erstatten gewesen wäre) und einen vorbereitenden Schriftsatz im Oppositionsverfahren (gesamt jedenfalls 647,19 EUR).
[58] II.5.3. Gleiches gilt für den Anspruch auf Schadenersatz für die bezahlte Pauschalgebühr für einen Exekutionsantrag und – wie schon ausgeführt – für die Berufung im Oppositionsverfahren. Auch bei Nennung aller drei Beträge und der drei Titeln im ersten Antrag wären Kosten eines Exekutionsverfahrens und einer Berufung im Oppositionsprozess angefallen. Der Revision lassen sich dazu – abseits der Behauptung der tatsächlich nicht vorliegenden Fehler des Beklagten im Oppositionsverfahren (unrichtige Belehrung, kein Vertagungsantrag) – keine konkreten Einwendungen entnehmen (RS0043352 [T35]).
II.5.4. Zu den an die Gegenseite zu leistenden Mehrkosten in den Exekutions- und Oppositionsverfahren:
[59] Für die der Gegenseite in den Exekutions- (369,88 EUR) und Oppositionsverfahren (2.392,40 EUR) geleisteten Zahlungen kann es nach dem Vorhergesagten ebenfalls nur zum Ersatz jener Mehrkosten, die durch die Führung zweiter Exekutionsverfahren und zweier Oppositionsverfahren verursacht wurden, kommen. Diese bezifferte der Kläger mit 518,59 EUR (im Oppositionsverfahren) und 197,64 EUR (im Exekutionsverfahren).
[60] 197,64 EUR an Mehrkosten im Exekutionsverfahren beurteilte schon das Berufungsgericht – vom Kläger in dieser Höhe begehrt und zutreffend von beiden Seiten nicht in Kritik gezogen – als zu Recht bestehend.
[61] Hinsichtlich der Mehrkosten im Oppositionsverfahren unterlief dem Berufungsgericht anlässlich seines Vergleichs mit der Situation bei Einbringung nur einer Oppositionsklage jedoch der vom Kläger in der Revision aufgedeckte Fehler der Zugrundelegung einer unrichtigen Bemessungsgrundlage bei den Rechtsanwaltskosten (Kapital und Kosten statt [auch dann nur] Kapital; siehe dazu Pkt II.1.).
[62] Die vom Kläger für das Oppositionsverfahren begehrten Mehrkosten von (brutto) 518,59 EUR finden Deckung im Vergleich zwischen den Kosten der Einbringung nur einer statt zweier Oppositionsklagen (es wären bloß einmal Kosten auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 2.754,30 EUR, also netto 429,70 EUR angefallen, nicht aber auch die Kosten einer [weiteren] Klage auf Basis 492,80 EUR netto).
[63] Bei der Belastung des Klägers mit der vom Erstgericht im Oppositionsverfahren dem Gegner zugesprochenen Umsatzsteuer hat es – jedenfalls für ein Oppositionsverfahren – zu bleiben, weil die Revision selbst zugesteht, dass im Kostenverzeichnis der Verpflichteten keine Mehrwertsteuer verzeichnet wurde. Der erstmals in der Revision erhobene Vorwurf, der Beklagte habe diesen Kostenfehler nicht in der Berufung gerügt, verstößt gegen das Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO).
[64] II.5.5. Das Berufungsgericht hat das Zu-Recht-Bestehen einer Forderung des Klägers mit 197,40 EUR an Mehrkosten beim Honorar des Beklagten für die Vertretung im Oppositionsverfahren angenommen, weil es den Einwand zum unberechtigten Einbehalt (samt Aufrechnungsverbot) nicht beachtete und daher von einer Zahlung des Honorars durch Aufrechnung in diesem Umfang ausging.
[65] Dieser Betrag ist in jenen 1.887,98 EUR enthalten, die dem Kläger schon wegen des Einbehalts zustehen. Er ist nicht mehr (ein zweites Mal) zu berücksichtigen, weil durch den Zuspruch von 1.887,98 EUR die vom Berufungsgericht angenommene Zahlung des Klägers dieser Kosten (durch Aufrechnung) wegfällt.
[66] II.5.6. Es besteht damit die Klagsforderung des Klägers insgesamt mit 2.604,21 EUR (1.887,98 EUR + 716,23 EUR) zu Recht, wobei ihr der Beklagte im Umfang von 1.887,98 EUR Gegenforderungen für Honoraransprüche nicht entgegensetzen kann (siehe Pkt II.5.2.5.).
[67] II.6.1. Für seine aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung (wobei eine Prüfung insoweit nur bis zur Höhe von 716,23 EUR stattzufinden hat) eingewendeten Gegenforderungen in Höhe von 3.799,02 EUR hat sich der Beklagte auf die mit 20. 6. 2020 abgerechneten Honorarnoten HN 20/161–163 berufen.
II.6.2. Dazu steht fest:
[68] Im ersten Exekutionsverfahren äußerte sich der Beklagte am 21. 11. 2019 namens des Klägers als Betreibender über Auftrag des Gerichts.
[69] Am 23. 6. 2020 rechnete der Beklagte gegenüber dem Kläger mit den Honorarnoten HN 20/161 Kosten betreffend das erste Oppositionsverfahren mit 2.790,56 EUR, mit HN 20/162 Kosten betreffend das zweite Oppositionsverfahren in Höhe von 727,92 EUR sowie mit HN 20/163 Kosten betreffend das erste Exekutionsverfahren in Höhe von 280,54 EUR ab und ersuchte um Überweisung binnen 14 Tagen auf sein Kanzleikonto.
[70] Die Honorarnote HN 20/163 betraf die Kosten für die zuvor erwähnte Äußerung vom 21. 11. 2019 im ersten Exekutionsverfahren berechnet mit TP 3A auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 2.754,30 EUR (280,54 EUR brutto).
[71] Die Honorarnote HN 20/162 betraf folgende Leistungen im zweiten Oppositionsverfahren: eine Replik vom 6. 6. 2019 (verzeichnet auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 5.477,88 EUR mit TP 3A brutto 418,78 EUR), eine Kostenrüge vom 7. 10. 2019 mit TP 3A brutto 278,02 EUR, die Rechtsmittelanmeldung vom 10. 10. 2019 verzeichnet mit TP 1 brutto 31,13 EUR, gesamt sohin samt Umsatzsteuer 727,92 EUR brutto.
[72] Die Honorarnote HN 20/161 betraf das erste Oppositionsverfahren und erfasste unter anderem die Verrichtung der (zweistündigen) Streitverhandlung vom 25. 9. 2019, die der Beklagte auf einer Bemessungsgrundlage von 9.183,32 EUR mit TP 3A zu 1.143,65 EUR abrechnete, sowie die Kosten für die Berufung nach TP 3B in Höhe von brutto 730,96 EUR.
[73] II.6.3. Dass diese Leistungen nicht erbracht worden wären, wurde nicht behauptet. Im Gegenteil behauptet der Kläger, die Berufungsanmeldung sei nicht notwendig gewesen und die Berufung aussichtslos. Allerdings erklärte er – abseits dieser pauschalen und unüberprüfbaren Einschätzung als aussichtslos – nicht, warum dies der Fall gewesen sein sollte. Eine Fehlerhaftigkeit dieser Leistungen (zur Streitverhandlung siehe Pkt II.4.2. f) ist damit nicht belegt.
[74] Inwiefern die Kosten der Äußerung vom 21. 11. 2019 (280,54 EUR) unrichtig oder im Vergleich mit der Situation bei Führung nur eines Exekutionsverfahrens (und im Hinblick auf die Anrechnung der Drittschuldnerzahlung; vgl 3 Ob 141/75; siehe auch Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1416 Rz 120 [Stand 1. 10. 2020, rdb.at]; zur Anwendung der Regelung des § 216 Abs 2 EO und zu dessen Rangfolge Angst in Angst/Oberhammer, EO3 § 216 EO Rz 19 ff [Stand 1. 7. 2015, rdb.at]; 10 Ob 42/14w [ErwGr 2.2.]) auf Basis einer anderen Bemessungsgrundlage als der des Kapitals abzurechnen gewesen wären, legt der Kläger nicht dar. Gleiches gilt für den Streitwert bei Führung nur eines Oppositionsprozesses.
[75] Die (vor Einschränkung im Oppositionsprozess) erstattete Replik wäre bei einer Oppositionsklage noch auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 2.754,30 EUR zu honorieren gewesen (280,54 EUR).
[76] Im weiteren Verfahren hätte die Bemessungsgrundlage des hypothetisch „einen“ Oppositionsprozesses – auch unter der Annahme einer Einschränkung im Exekutionsverfahren und einer dem nachfolgendem Einschränkung im Oppositionsverfahren – 1.617,56 EUR betragen, zumal an Forderungen, wären sie in einem einzigen Exekutionsverfahren betrieben worden, (jedenfalls) bis 28. 2. 2019 der Gesamtbetrag von 7.095,44 EUR angewachsen war (2.754,30 EUR an Kapital, 340,48 EUR an Zinsen aus dem Kapital, 3.705,44 EUR titulierte Kosten und 295,22 EUR an Kosten im Exekutionsverfahren; vgl dazu auch die Hinweise in der ersten, ursprünglich ja betragsmäßig alle drei Titel enthaltenden Exekutionsbewilligung). Es hätte daher die Bemessungsgrundlage im Oppositionsprozess jedenfalls 1.617,56 EUR betragen (7.095,44 EUR minus Drittschuldnerzahlung 5.477,88 EUR [im Übrigen noch ohne Einrechnung der Kosten der Äußerung vom 3. 4. 2019 in Höhe von 141,72 EUR, die dann in dem einen Exekutionsverfahren erstattet worden wäre; dann hätte sie 1.759,28 EUR betragen, was aber keinen Tarifsprung auslöst]).
[77] Für die Verhandlung wären dann 343,46 EUR angefallen.
[78] Zwar normiert § 54 Abs 1a ZPO den Ausschluss einer Kostenersatzpflicht des Gegners für Einwendungen gegen die Kosten. Die als „Kostenrüge“ bezeichneten Einwendungen (die hier im Übrigen zu einer Reduktion der Kostenentscheidung führten) sind aber vom Mandanten gegenüber dem eigenen Anwalt als Leistung (nach der Generalklausel) nach TP 2 zu entlohnen. Dafür hätte das Honorar 125,76 EUR betragen.
[79] Die vom Kläger beauftragte Berufung, deren Aussichtslosigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Kläger weder nachvollziehbar erklärte noch ersichtlich ist, bedurfte entgegen der unrichtigen Behauptung des Klägers der Anmeldung aufgrund der mündlichen Verkündung des Ersturteils (§ 461 Abs 2 ZPO), für welche 28,35 EUR aufgelaufen wären. Die Kosten der Berufung hätten 548,85 EUR betragen.
[80] Selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers unterstellte, dass seine Aufstellung (in Reaktion auf die Mitteilung über den teilweisen Einbehalt der Drittschuldnerzahlung) die (dann) „eine“ Äußerung im Exekutionsverfahren (in der Honorarnote des Klägers mit Datum 2. 4. 2019 und in jener des Beklagten mit 21. 11. 2019) bereits umfasst hätte und diese, wie von ihm veranschlagt, nur nach TP 2 zu verrechnen gewesen wäre, bestünden berechtigte Forderungen des Beklagten in Höhe von 1.326,96 EUR.
[81] II.7. Ergebnis des Verfahrens ist daher der Bestand von Forderungen des Klägers im Umfang von 2.604,21 EUR, wobei der Beklagte nur im Umfang von 716,23 EUR seine (bis zu dieser Höhe bestehende) Gegenforderungen aufrechnungsweise einwenden kann. Die Revision ist somit im Gesamtergebnis im Umfang von 1.887 EUR sA erfolgreich.
[82] II.8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Es steht zwar im Umfang von 400,76 EUR auch dem Beklagten kein Ersatz zu (siehe Pkt I.5.), jedoch ist der darauf entfallende Kostenanteil so gering, dass er zu vernachlässigen ist.
[83] Der Beklagte ist mit rund 85 % als obsiegend anzusehen und hat Anspruch auf 70 % der Verfahrenskosten aller drei Instanzen. Er hat aber seinerseits dem Kläger 15 % der Pauschalgebühren zu ersetzen. Insgesamt ergibt dies einen Anspruch von 3.372,16 EUR (darin enthalten 563,03 EUR Umsatzsteuer).
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