European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:008OBS00003.24K.1205.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Klägerin war von 21. 9. 2020 bis 3. 5. 2023 bei einer Gesellschaft beschäftigt, über deren Vermögen mit Wirkung vom 28. 4. 2023 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft war der (damalige) Ehegatte der Klägerin. Aufgrund ihrer administrativen Tätigkeiten hatte die Klägerin einen Überblick über einlangende Rechnungen und die Auftragslage des Unternehmens. Ab Jänner 2022 erhielt sie keine regelmäßigen Entgeltzahlungen mehr; ausbezahlt wurde nur noch ein „kleiner Teil“, um Besorgungen des täglichen Lebens zu erledigen. Im Anschluss an eine Steuerprüfung im April 2022 versicherte ihr der Geschäftsführer (auch) im Rahmen einer schriftlichen Vereinbarung, dass Anträge bei der COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) anhängig seien und er die ausständigen Lohnforderungen begleichen werde, sobald die Corona‑Hilfen ausbezahlt seien. Dies erfolgte jedoch auch nach einer neuerlichen Steuerprüfung im September/Oktober 2022 nicht.
[2] Die Klägerin hielt es für möglich und fand sich damit ab, dass ihre Arbeitgeberin nicht mehr in der Lage sein wird, ihre Ansprüche zu befriedigen und ihre Ansprüche erst durch die Beklagte befriedigt werden können, sodass sich das Risiko der Einbringlichkeit der Ansprüche durch ihr Zuwarten von ihr auf die Beklagte abwälzt.
[3] Dass das Erstgericht dies – neben dem Umstand, dass die Klägerin selbst zuvor Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer Gesellschaft war, die 2016 und neuerlich 2018 insolvent geworden war – auch auf die Indizien stützt, die im Rahmen des Fremdvergleichs zu berücksichtigen waren, ändert entgegen der Revision nichts daran, dass es sich um eine Feststellung auf Tatsachenebene handelt, die der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist. Wenn das Berufungsgericht diese Sachverhaltsfeststellung im Sinne eines bedingten Vorsatzes verstanden und bereits daraus auf das Vorliegen von Rechtsmissbrauch geschlossen hat, ist dies nicht zu beanstanden (vgl RS0112127; RS0114470).
[4] Aber auch ausgehend von den weiteren Feststellungen bewegt sich die Entscheidung der Vorinstanzen selbst dann im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RS0111281 [insb T11]; RS0114470 [insb T5, T28, T31]; RS0112127 [insb T17]; RS0110971 [insb T8]), wenn man – wie in der Revision gefordert – die „besonderen Umstände der Coronakrise“, insbesondere die Arbeitsmarktlage und die damit erschwerte Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, in den Fremdvergleich miteinbezieht.
[5] Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
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