OGH 22Ns3/24x

OGH22Ns3/24x18.11.2024

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 18. November 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Raming und Dr. Pressl als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, AZ KA 2024/55 des Kammeranwalts der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, über den Antrag des Kammeranwaltstellvertreters auf Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0220NS00003.24X.1118.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Standes- und Disziplinarrecht der Anwälte

 

Spruch:

Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien übertragen.

 

Gründe:

[1] Beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich wurde gegen *, Rechtsanwalt in *, Disziplinaranzeige erstattet.

[2] * übt die Funktion des Kammeranwalts der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich aus.

[3] Der Kammeranwaltstellvertreter legte die Disziplinaranzeige dem Obersten Gerichtshof mit dem Antrag vor, die Durchführung des Disziplinarverfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer zu delegieren.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gemäß § 25 Abs 1 DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Beschuldigten, des Kammeranwalts oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.

[5] Der Umstand, dass der angezeigte Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich als Kammeranwalt eine Organfunktion ausübt (Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO11 § 5 DSt Rz 6), stellt einen wichtigen Grund im Sinn des § 25 Abs 1 DSt dar (RIS‑Justiz RS0055477), der in analoger Anwendung dieser Bestimmung die Delegierung an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer schon im Stadium vor der formalen Einleitung eines Disziplinarverfahrens (§ 22 Abs 3 DSt) notwendig macht, weil auch diesfalls der bloße Anschein einer Parteilichkeit der Entscheidungsträger zu vermeiden ist (RIS‑Justiz RS0106278 [insbesondere T3 und T5]).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte