European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00125.24G.1113.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 4. Oktober 2024, GZ 23 Hv 82/24a-27, verletzt
‑ im Schuldspruch § 148 zweiter Fall StGB und § 270 Abs 4 Z 2 StPO sowie
‑ im Strafausspruch § 43a Abs 3 StGB.
Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in der Unterstellung der der Angeklagten zur Last liegenden Taten (auch) unter § 148 zweiter Fall StGB, demzufolge im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.
Gründe:
[1] Mit – unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem und in gekürzter Form ausgefertigtem (§ 270 Abs 4 StPO) – Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Oktober 2024, GZ 23 Hv 82/24a-27, wurde * T* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe von fünf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
[2] Nach dem Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) hat die Genannte mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch die Vortäuschung ihrer Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, und zwar
I./ von 21. Juni bis 6. August 2024 in K* und an anderen Orten gewerbsmäßig zur Gewährung von Kost, Logis und sonstigen Dienstleistungen, zur Auslieferung oder Anfertigung von personalisierten Fahrrädern samt deren Übergabe und zur Erbringung von zahnärztlichen Leistungen, wodurch die nachfolgend angeführten Personen an ihrem Vermögen geschädigt wurden bzw geschädigt werden sollten, wobei sie einen insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte,
1./ Verfügungsberechtigte des Hotels A* im Gesamtbetrag von 1.888 Euro;
2./ Verfügungsberechtigte des Hotels S* im Gesamtbetrag von 941,06 Euro;
3./ Verfügungsberechtigte des Hotels Sc* im Gesamtbetrag von 2.392,60 Euro;
4./ Verfügungsberechtigte des Hotels St* im Gesamtbetrag von 18.342,92 Euro;
5./ Verfügungsberechtigte des Sporthotels E* im Gesamtbetrag von 820 Euro;
6./ Verfügungsberechtigte des F* im Gesamtbetrag von 29.829,68 Euro;
7./ Verfügungsberechtigte des Hotels Sa* im Gesamtbetrag von 385,80 Euro;
8./ Verfügungsberechtigte des Hotels P* im Gesamtbetrag von 1.522,55 Euro;
9./ Verfügungsberechtigte des Hotels K* im Gesamtbetrag von 1.500 Euro;
10./ Verfügungsberechtigte des Hotels G* im Gesamtbetrag von 1.008 Euro;
11./ Verfügungsberechtigte des Sportgeschäfts „B* GmbH“ zur Übergabe von drei Fahrrädern im Wert von rund 19.000 Euro, wobei die Tat beim Versuch blieb;
12./ den Kieferchirurgen Dr. * N* zur Durchführung einer kieferchirurgischen Untersuchung im Gesamtwert von 125 Euro;
II./ gemeinsam mit * S* von 10. bis 17. September 2023 in L* * Sc* zur Beherbergung im Appartementhaus „So*“, die die Betreiberin in der Höhe von 1.114,50 Euro am Vermögen schädigte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ausführt, verletzt dieses Urteil in zweifacher Hinsicht das Gesetz.
[4] 1./ Eine gekürzte Urteilsausfertigung hat gemäß § 270 Abs 4 StPO die in § 270 Abs 2 StPO genannten Angaben mit Ausnahme der Entscheidungsgründe (Z 1) sowie im Fall einer Verurteilung die vom Gericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung (Z 2) zu enthalten. Aus einer gekürzten Urteilsausfertigung muss insgesamt – also unter Einbeziehung des Referats der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) – hervorgehen, welcher Tat der Angeklagte für schuldig befunden wurde, und zwar unter ausdrücklicher Bezeichnung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände, sohin unter Anführung der für die Subsumtion entscheidenden Tatsachen (RIS-Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0125764&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False; Danek/Mann, WK-StPO § 270 Rz 60).
[5] Die Qualifikation des § 148 zweiter Fall StGB verlangt (ua) die Absicht des Täters, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen (§ 147 Abs 1 oder 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (RIS-Justiz RS0122009, RS0101356; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 148 Rz 6). Die Beurteilung aber, dass die Absicht der Verurteilten auf eine Einkommensverschaffung durch wiederholte (hier relevant: nach § 147 Abs 2 StGB) qualifizierte Betrügereien gerichtet war, lässt die bloße Verwendung des Begriffs „gewerbsmäßig“ im Referat der entscheidenden Tatsachen (US 2) nicht zu. Die Unterstellung unter § 148 zweiter Fall StGB verletzt daher das Gesetz in dieser Bestimmung. Der Mangel an Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen verletzt auch § 270 Abs 4 Z 2 StPO.
[6] 2./ Gemäß ausdrücklicher Anordnung des § 43a Abs 3 StGB darf bei Gewährung bedingter Nachsicht eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe nicht mehr als ein Drittel betragen. Ausgehend von der hier aktuellen Freiheitsstrafe von acht Monaten wurde durch die Bestimmung des unbedingten Teils der Strafe mit drei Monaten die zulässige Obergrenze überschritten (RIS-Justiz RS0109806 [T2]).
[7] Da die aufgezeigten Gesetzesverletzungen der Verurteilten zum Nachteil gereichen, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
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