European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00106.24P.1113.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 206 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB (A/) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 207 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB (B/), weiters „der“ Verbrechen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Satz und Abs 3b zweiter Fall StGB (C/), der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 StGB idF BGBl I2017/117 (D/), des Verbrechens des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 1 Z 2 dritter Fall, Abs 1a StGB (E/), der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach §§ 12 zweiter Fall, 207a Abs 1 Z 1 StGB idF BGBl I 2017/117 (F/) und der Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach §§ 12 zweiter Fall, 207a Abs 1 Z 1 StGB (G/) schuldig erkannt, hierfür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und nach § 21 Abs 2 StGB in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum untergebracht.
[2] Danach hat er von 16. November 2022 bis 18. Dezember 2023 in W* und an anderen Orten (zusammengefasst),
A/ um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, mehrere unmündige Personen durch an diese gerichtete Aufforderungen zu dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen an sich selbst, nämlich zur Selbstpenetration ihrer Scheiden mit Fingern und Gegenständen verleitet oder zu verleiten versucht,
B/ um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, mehrere unmündige Personen durch an diese gerichtete Aufforderungen zu geschlechtlichen Handlungen an sich selbst oder mit einer anderen Person, nämlich zur Vorname der Masturbation am eigenen Penis oder zum Berühren des Penis eines anderen mit der Hand verleitet oder zu verleiten versucht,
C/ bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen mündiger und unmündiger minderjähriger Personen – darunter auch viele solche Abbildungen oder Darstellungen einer unmündigen Person – sich durch Chats verschafft und durch Speicherung auf seinem Mobiltelefon und in seinem Cloudspeicher besessen, und zwar zahlreiche Fotos und Videos, zeigend wirklichkeitsnahe geschlechtliche Handlungen mit mündigen und mit unmündigen Minderjährigen, nämlich Vaginalverkehr, sowie geschlechtliche Handlungen durch diese an sich selbst, nämlich Masturbation und vaginale Selbstpenetration, ferner wirklichkeitsnahe Abbildungen eines Geschehens mit einer unmündigen Person, dessen Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelte, dass es sich dabei um eine geschlechtliche Handlung an der unmündigen Person oder der unmündigen Person an sich selbst oder an einer anderen Person handelt, sowie wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend mündiger und unmündiger Minderjähriger, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen,
D/ bis 30. November 2023 anderen Personen pornographische Darstellungen Minderjähriger durch elektronische Übermittlung per Chat überlassen, und zwar ein Video, das ein unmündiges Mädchen bei einer geschlechtlichen Handlung an sich selbst, nämlich der Selbstpenetration ihrer Scheide mit einem Filzstift zeigt, ferner ein Lichtbild vom Unterleib eines minderjährigen Mädchens mit gespreizten Beinen, somit eine wirklichkeitsnahe Abbildung der Genitalien oder der Schamgegend Minderjähriger, wobei es sich um eine reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildung handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dient, sowie mehrere der unter C/ genannten Darstellungen,
E/ von 1. bis 18. Dezember 2023 anderen Personen bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen mündiger und unmündiger minderjähriger Personen überlassen, nämlich viele der unter C/ genannten Darstellungen,
F/ bis 30. November 2023 drei Unmündige und Minderjährige zur Herstellung und Übermittlung von Lichtbildern von deren Vagina, Gesäß und erigiertem Penis, sohin von zu C/ genannten Darstellungen bestimmt,
G/ am 16. Dezember 2023 einen Unmündigen wiederholt zur Herstellung und Übermittlung von Penis- und Masturbationsfotos, sohin von zu C/ genannten Darstellungen bestimmt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die nicht berechtigt ist.
[4] Die das Vorliegen der Voraussetzungen des Schuldausschließungsgrundes der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit b) bringt unter Bezugnahme auf Urteilsannahmen zur schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung sowie deren Auswirkung auf sein deliktisches Verhalten vor, dem Rechtsmittelwerber sei es unmöglich gewesen, entsprechend der Unrechtseinsicht zu handeln. Damit bestreitet sie prozessordnungswidrig (vgl RIS-Justiz RS0099810 [insb T15]) die – gegenteilige – Feststellung der Tatrichter, wonach „Diskretions- und Dispositionsfähigkeit [...] beim Angeklagten zu sämtlichen Tatzeitpunkten gegeben [war]“ (US 9).
[5] Die Sanktionsrüge (Z 11) behauptet unzureichende Sachverhaltsannahmen zur Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB, insbesondere zur Person des Beschwerdeführers als Erkenntnisquelle der Gefährlichkeitsprognose.
[6] Sie lässt jedoch die Konstatierungen auf US 9 zu seiner schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung (Kernpädophilie), zur Begehung der Anlasstaten der Unterbringung (A/; vgl US 14) unter deren maßgeblichem Einfluss sowie zur – unter Berücksichtigung aller der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person, Zustand und Art der Taten) bejahten – Befürchtung hoch wahrscheinlicher störungsbedingter unterbringungstauglicher Prognosetaten nach Art der Anlasstaten außer Acht (vgl aber RIS‑Justiz RS0099775) und erklärt auch nicht, welche weiteren Annahmen zu welchem Unterbringungskriterium erforderlich sein sollten (vgl aber RIS‑Justiz RS0118342).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[8] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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