OGH 6Ob163/24z

OGH6Ob163/24z6.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* GmbH, *, vertreten durch Dr. Klaus Perchtold, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei G* GmbH, *, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Christopher Fink, Rechtsanwälte in Imst, wegen 64.680 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. August 2024, GZ 2 R 76/24d‑72, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00163.24Z.1106.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Ein deklaratives Anerkenntnis enthält kein Leistungsversprechen, es ist vielmehr (bloß) eine durch Gegenbeweis widerlegbare Wissenserklärung. In einem konstitutiven Anerkenntnis liegt dagegen ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Ein konstitutives Anerkenntnis setzt die – nach der Vertrauenstheorie zu beurteilende – Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig vom bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (dazu ausführlich 6 Ob 103/24a).

[2] 2. Eine Zahlungszusage kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – ein deklaratives oder ein konstitutives Anerkenntnis begründen. Ob ein deklaratives oder ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln und bildet daher in der Regel – wie auch hier – keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO (RS0044468). Gleiches gilt für die jeweils einzelfallbezogene Auslegung der in einer gerichtlichen Entscheidung enthaltenen Feststellungen (RS0118891).

[3] 3. Die Klägerin stellte der Beklagten am 22. 11. 2019 eine Teilrechnung über die in diesem Rechtsstreit gegenständlichen Leistungen aus. Anfang Dezember 2019 fand eine Besprechung zwischen den Geschäftsführern der Streitteile und der Tochtergesellschaft der Klägerin über die „damals offenen Punkte“ (betreffend die Geschäfte zwischen diesen Gesellschaften) statt. Diese Besprechung führte zu keiner Einigung, sondern vielmehr zu einem „Eklat“, infolge dessen der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Klägerin die Besprechungsräume „zornentbrannt“ verließ. Die Auslegung dieser Feststellungen des Erstgerichts durch das Berufungsgericht dahin, dass „ernsthafte Zweifel“ zwischen den Streitteilen über die Berechtigung der mit der Klage geltend gemachten Forderung der Klägerin aus der Teilrechnung vom November 2019 bestanden hatten, ist keinesfalls eine unvertretbare Beurteilung (vgl RS0118891 [T5, T10]).

[4] Wenn das Berufungsgericht darauf aufbauend die nicht einmal zwei Monate später im Rahmen einer neuerlichen Besprechung getätigte Zusage des Geschäftsführers der Beklagten, die Teilrechnung (in Höhe des Klagsbetrags) zu bezahlen, als konstitutives Anerkenntnis wertete, liegt darin keine unvertretbare Auslegung der Parteienerklärungen, zumal feststeht, dass der Geschäftsführer der Beklagten – nachdem die Geschäftsführer der Streitteile die Teilrechnung durchgegangen waren – sowohl „mit der Stellung einer Teilrechnung wie auch mit der Höhe der einzelnen in der Zeitrechnung verzeichneten Positionen“ einverstanden gewesen war und deren Zahlung ausdrücklich zusagte. Seine Beurteilung, die Einigung der Streitteile im Zuge der Besprechung im Jänner 2020 habe bei redlichem Verständnis Bereinigungswirkung entfalten sollen, überschreitet den dem Berufungsgericht eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht.

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