OGH 6Ob72/24t

OGH6Ob72/24t6.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Daniela Altendorfer‑Eberl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl.‑Ing. L*, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner und Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in Wien, wegen 224.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. März 2024, GZ 11 R 15/24t‑78, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00072.24T.1106.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Familienrecht (ohne Unterhalt)

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht gab der auf Zahlung des aushaftenden Schenkungsbetrags gerichteten Klage statt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die außerordentliche Revision des Beklagten ist nicht zulässig.

[3] 1. Voraussetzung für einen erfolgreichen Schenkungswiderruf ist, dass sich der Beschenkte gegenüber dem Geschenkgeber eines groben Undanks schuldig macht (§ 948 Satz 1 ABGB). Grober Undank setzt eine Straftat des Beschenkten gegenüber dem Geschenkgeber voraus, die eine Verletzung am Leib, an der Ehre, der Freiheit oder am Vermögen darstellt. Nicht schon jede strafbare Handlung stellt groben Undank dar, sondern nur eine solche, die nach herrschenden Anschauungen als eine solche Vernachlässigung der Dankespflicht gilt, die eine Entziehung des Geschenks rechtfertigt (RS0079367; RS0079468 [T1]; 10 Ob 22/13b [ErwGr 2.1.]). Dabei darf die Beurteilung des zum Anlass des Widerrufs genommenen Verhaltens nicht für sich allein vorgenommen werden; es ist vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Umstände erforderlich (RS0079367 [T1]).

[4] Ob eine festgestellte strafgesetzwidrige Handlung eines Beschenkten einen Mangel an dankbarer Gesinnung bekundet, der den Widerruf der Schenkung wegen Undanks nach § 948 ABGB rechtfertigt, ist immer nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden (9 Ob 104/22t [Rz 13]; vgl RS0031380; RS0079373 [T2]).

[5] 2. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der von der klagenden Geschenknehmerin zu verantwortende Missbrauch von Tonaufnahme‑ und Abhörgeräten gemäß § 120 Abs 2 StGB in Zusammenschau mit der Verletzung der Privatsphäre des Beklagten dadurch, dass die Klägerin ohne sein Einverständnis einen an ihn gerichteten Brief öffnete, nicht ein solches Gewicht zukomme, das die Entziehung des Geschenks rechtfertigen würde. In seine Abwägung ließ es auch einfließen, dass es eine strafbare Handlung darin nicht erkennen konnte, dass die Klägerin einen zumindest ursprünglich dem Beklagten gehörenden Laptop, den der gemeinsame Sohn der Streitteile – ob mit oder ohne Zustimmung des Beklagten, war nicht feststellbar – aus dem Büro des Beklagten mitgenommen hatte, der dann von der Finanzpolizei beschlagnahmt und schließlich an die Klägerin ausgefolgt worden war, nicht an den Beklagten zurückgestellt hatte.

[6] 3. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung zu § 948 ABGB zutreffend dargestellt und den vorliegenden Einzelfall anhand der sich daraus ergebenden Grundsätze vertretbar gelöst.

[7] Dass es die Handlungen der Klägerin in den Kontext der Scheidungsauseinandersetzung der Parteien stellte, bedeutet keineswegs, dass Verhaltensweisen im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren generell nicht als grober Undank gewertet werden dürften. Eine allgemeine Aussage dieses Inhalts hat das Berufungsgericht auch nicht getroffen. Dass es im konkreten Einzelfall angesichts der bereits im Schenkungszeitpunkt bestehenden Eheprobleme der Parteien die Verhaltensweisen der Klägerin in diesen Kontext stellte, vermag ein Abweichen von den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht darzutun. Die behauptete Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt sich daher nicht.

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