European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060NC00035.24K.1106.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Akten werden dem vorlegenden Gericht (Landesgericht Leoben) zurückgestellt.
Begründung:
[1] Die I* GmbH & Co OG (künftig: die Gesellschaft) brachte am 15. 7. 2024 beim Landesgericht Innsbruck eine Anmeldung zur Eintragung ins Firmenbuch ein.
[2] Mit Beschluss vom 29. 7. 2024 sprach das Landesgericht Innsbruck aus, die Zuständigkeit gemäß § 120 Abs 6 JN werde auf das Landesgericht Leoben übertragen. Dieser Beschluss wurde der Gesellschaft am 30. 7. 2024 zugestellt. Ein Rechtsmittel wurde nicht erhoben.
[3] Am 10. 8. 2024 legte das Landesgericht Leoben den Akt dem Obersten Gerichtshof „gemäß § 47 JN zur Entscheidung über die Zuständigkeit“ vor.
Rechtliche Beurteilung
[4] Diese Aktenvorlage ist verfrüht.
[5] Die – vom Obersten Gerichtshof im Fünfersenat nach § 6 OGHG zu treffende (RS0126085) – Entscheidung über einen positiven oder negativen Kompetenzkonflikt iSd § 47 JN setzt voraus, dass beide konfligierenden Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig bejaht oder verneint haben (RS0118692 [T2]; RS0046354; RS0046374).
[6] Allerdings hat weder das Landesgericht Innsbruck seine Unzuständigkeit ausgesprochen, sondern nur einen Überweisungsbeschluss gefasst noch hat das Landesgericht Leoben bisher überhaupt irgendeinen Beschluss gefasst. Es liegen daher nicht zwei, die eigene Zuständigkeit verneinende und daher einen negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN auslösende Gerichtsbeschlüsse vor (vgl 2 Nc 47/19p; RS0046374 [T10]).
[7] Unter den gegebenen Umständen kann eine Rückstellung der Akten an das Landesgericht Innsbruck zur Nachholung des eigenen Unzuständigkeitsbeschlusses unterbleiben. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Entscheidung nach § 47 JN auf die gegenüber dem Adressatgericht bestehende Bindungswirkung (RS0046315; RS0002439) des – im vorliegenden Fall in Rechtskraft erwachsenen – Überweisungsbeschlusses unabhängig von dessen Richtigkeit Bedacht zu nehmen (RS0046391).
[8] Allerdings muss das Landesgericht Leoben, wenn es einen negativen Kompetenzkonflikt zur Entscheidung an den Obersten Gerichtshof vorlegen will, vorher einen seine Zuständigkeit verneinenden Beschluss fassen, für dessen Zustellung sorgen und die Rechtskraft abwarten (6 Nc 6/24w; 3 Nc 6/23x). Es wird dabei zu beachten haben, dass es eine von ihm angenommene Unzuständigkeit nicht – wie das in seinen Ausführungen zur Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof zum Ausdruck kommt – darauf stützen kann, das Landesgericht Innsbruck sei zuständig (RS0046391 [T11]; RS0081664 [T3]; 10 Nc 8/24v).
[9] Die Akten werden daher dem Landesgericht Leoben zurückgestellt.
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