OGH 1Ob157/24f

OGH1Ob157/24f9.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers R*, Serbien, vertreten durch Dr. Ernst Brunner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Z*, vertreten durch Dr. Kordula Fleiß‑Goll, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Juli 2024, GZ 44 R 35/24h‑20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00157.24F.1009.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Familienrecht (ohne Unterhalt)

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht sprach mit seiner als „Teilbeschluss“ bezeichneten Entscheidung aus, dass eine im Alleineigentum der Antragsgegnerin stehende Liegenschaft (mit einem Reihenhaus) in W* Teil der Aufteilungsmasse sei.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[3] Es ging wie das Erstgericht davon aus, dass es sich bei der während der Ehe erworbenen Liegenschaft mit dem Reihenhaus um die ehemalige Ehewohnung der Parteien handle, die daher der Aufteilung unterliege. Ein von den Parteien während der Ehe vor einem serbischen Gericht geschlossener Vergleich über die Aufteilung von in Serbien gelegenen – vom Mann während der Ehe angeschafften – Grundstücken habe sich nach den erstinstanzlichen Feststellungen nicht auf die Liegenschaft in W* bezogen. Dieser Vergleich hätte auch die Formerfordernisse für eine Vorwegvereinbarung über die Aufteilung der ehelichen Errungenschaft nach § 97 Abs 1 EheG nicht erfüllt.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegnerin legt keine erhebliche Rechtsfrage dar:

[5] 1. Die Frau ist österreichische, der Mann serbischer Staatsbürger. Die VO (EU) 2016/1103 (EuGüVO) ist aufgrund der Eheschließung vor dem 30. 1. 2019 nach deren Art 69 Abs 3 nicht anwendbar. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats erfolgt die Anknüpfung des Rechts der nachehelichen Vermögensaufteilung daher gemäß § 20 Abs 1 IPRG nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht zum Zeitpunkt der Ehescheidung (1 Ob 113/23h mwN). Aufgrund des letzten gemeinsamen Aufenthalts der Parteien in Österreich wandten die Vorinstanzen gemäß § 18 Abs 1 IPRG zutreffend materielles österreichisches Aufteilungsrecht an.

[6] 2. Der Fachsenat legte bereits zu 1 Ob 112/18d dar, dass im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG ein (hier gefasster) Zwischenbeschluss iSd § 36 Abs 2 AußStrG über die Vorfrage, welche Aktiva oder Passiva der Ehegatten in die Aufteilung einzubeziehen sind, nicht zulässig ist. Die Zulässigkeit eines solchen Beschlusses ist aber grundsätzlich eine verfahrensrechtliche Frage, deren unrichtige Lösung eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bedeutet. Um im Rechtsmittelverfahren Beachtung finden zu können, muss der in der Erlassung einer solchen Zwischenentscheidung gelegene Verstoß daher gerügt werden. Von Amts wegen ist darauf nicht Bedacht zu nehmen. Die Antragsgegnerin hat die Fassung des (richtig) Zwischenbeschlusses über die Vorfrage, ob die Liegenschaft in W* der Aufteilung unterliegt, bereits in ihrem Rekurs nicht releviert, sodass dies in dritter Instanz nicht aufgegriffen werden kann (1 Ob 103/22m mwN).

[7] 3. Dass die Frage der Zuordnung der Liegenschaft zur Aufteilungsmasse materiell-rechtlich falsch beurteilt worden wäre (vgl RS0040918 [T22]), zeigt die Frau nicht auf:

[8] 3.1. Soweit sie argumentiert, dass die Liegenschaft in W* Gegenstand des vor Ehescheidung vor einem serbischen Gericht geschlossenen Vergleichs gewesen, widerspricht dies dem Wortlaut dieses Vergleichs, in dem von dieser Liegenschaft keine Rede ist. Warum sich der Vergleich dennoch auch auf diese Liegenschaft bezogen haben sollte, legt die Frau nicht plausibel dar. Sie leitet dies vor allem daraus ab, dass die in Österreich gelegene Liegenschaft darin nicht ausdrücklich ausgenommen worden sei. Damit zeigt sie aber keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen auf, die dies für nicht ausreichend erachteten. Auf die Frage der Formgültigkeit des in Serbien geschlossenen Vergleichs (vgl § 8 IPRG) kommt es daher nicht an).

[9] 3.2. Warum die während der Ehe erworbene und nach den Feststellungen zumindest teilweise kreditfinanzierte Liegenschaft in W* deshalb nicht der Aufteilung unterliegen sollte, weil der Mann der Frau seinen ursprünglichen Hälfteanteil schenkte, ist im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung, wonach einem Ehegatten vom anderen geschenkte Sachen nicht unter die Ausnahme des § 82 Abs 1 Z 1 EheG fallen (RS0057377), nicht nachvollziehbar. Da schon der Rekurs dazu keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Rechtsrüge erkennen ließ, muss auf dieses Argument aber ohnehin nicht weiter eingegangen werden (vgl RS0043480 [T12]). Es schadet aus diesem Grund auch nicht, dass sich das Rekursgericht damit nicht näher auseinandersetzte.

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