European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00137.24V.0903.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wirdzurückgewiesen.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 453,17 EUR (darin enthalten 75,53 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Vorinstanzen wiesen das Begehren des Antragstellers, die Zustimmung der Vermieterin zurInstallation einer näher bezeichneten Außenklimaanlage auf der Loggia seiner Wohnung zu ersetzen, übereinstimmend ab. Beide Instanzen stützten sich dabei auf die vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze. Den Revisionsrekurs erklärte das Gericht zweiter Instanz dennoch für zulässig, weil „im Hinblick auf die immer zwingender werdenden Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel die Bedeutung der Rechtsfrage über den Einzelfall“ hinausgehe.
Rechtliche Beurteilung
[2] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:
[3] 1. Voraussetzung für die Genehmigung einer vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung ist unter anderem, dass diese Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass diese beiden Voraussetzungen kumulativ vorhanden sind, trifft den Mieter (RS0069551 [T2]). Nur bei den nach § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 MRG privilegierten Arbeiten wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen unwiderlegbar vermutet. Die Errichtung einer Außenklimaanlage zählt unstrittig nicht zu solchen privilegierten Veränderungen.
[4] 2. Mit der im Revisionsrekurs allein angesprochenen Frage, nach der Verkehrsüblichkeit von Klimaanlagen, hat sich der Fachsenat schon wiederholt befasst (vgl nur 5 Ob 245/18t; 5 Ob 10/21p; 5 Ob 59/21v). Die Entscheidung der Vorinstanzen entsprechen den darin vertretenen Grundsätzen. Davon abzugehen, bietet das vorliegende Rechtsmittel keinen Anlass:
[5] 2.1. Ob eine vom Mieter beabsichtigte Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht, richtet sich nach objektiven Umständen. Auf persönliche Bedürfnisse des Mieters kommt es dabei nicht an (RS0069695 [T1; T2]). Damit spricht der Antragsteller mit seiner Forderung nach einer Auslegung des § 9 MRG, die den „technischen Entwicklungen und den dadurch geschaffenen neuen Bedürfnissen“ von „Mietern im Vollanwendungsbereich des MRG“ gerecht werde, keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG an.
[6] 2.2. Die Wohnung entspricht aufgrund ihrer Ausstattung mit Außenrollläden und Vollwärmeschutz grundsätzlich den normativen Vorgaben für die Vermeidung sommerlicher Überwärmung (5 Ob 245/18t). Vor diesem Hintergrund kann aus der allgemeinen Lebenserfahrung keineswegs auf die Verkehrsüblichkeit der vom Antragsteller beabsichtigten Maßnahme geschlossen werden. Die vom Rekursgericht in seinem Zulassungsausspruch und vom Antragsteller angesprochene Klimaentwicklung („Erderwärmung“) vermag den für eine Bejahung der Verkehrsüblichkeit erforderlichen Tatsachenbeweis daher nicht zu ersetzen (vgl 5 Ob 29/21v).
[7] 2.3. Objektive Umstände, aus denen sich ableiten ließe, dass ungeachtet dessen die Installation einer Außenklimaanlage der Übung des Verkehrs entspreche, hat das Beweisverfahren nicht ergeben. Solche spricht auch der Antragsteller in seinem Rechtsmittel nicht an.
[8] 3. Auch die verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers sind nicht berechtigt, sodass auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (RS0116943). Dem einfachen Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich insofern zu, als er in seinen rechtspolitischen und wirtschaftlichen Zielsetzungen frei ist (RS0053889), sofern keine unsachliche Ungleichbehandlung vorliegt (RS0072903; RS0053889 [T28]). Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Rechtsstellung des Mieters mit jener des Wohnungseigentümers nicht vergleichbar ist. Schon deshalb kann entgegen der Ansicht des Antragstellers aus dem im Vergleich zu § 16 Abs 2 WEG unterschiedlichen Regelungsinhalt des § 9 Abs 1 Z 2 MRG keine dem Sachlichkeitsgebot widersprechende Ungleichbehandlung abgeleitet werden. Seiner Anregung, gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 140 Abs 1 B‑VG ein Normprüfungsverfahren einzuleiten, ist damit nicht näher zu treten.
[9] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[10] 5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel nicht zulässig ist. Damit entspricht es der Billigkeit, dass ihr der Antragsteller die Kosten des Revisionsrekursverfahrens ersetzt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)