European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00107.24K.0725.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannten Mängel, zu denen die Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG zählt (vgl RS0121265 [T4]), können auch dann in einem Revisionsrekurs geltend gemacht werden, wenn sie vom Rekursgericht verneint wurden (RS0121265). Der Anfechtungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist aber dadurch gekennzeichnet, dass er nicht mehr absolut – wie die Nichtigkeitsgründe der ZPO – wirkt, sondern nur dann zur Aufhebung führen kann, wenn er zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers ausschlagen könnte (RS0120213).
[2] Da der Gerichtskommissär die Parteien des Verlassenschaftsverfahrens im Zusammenhang mit der Ladung zur Tagsatzung am 22. Juni 2023 darüber informierte, dass dieser Termin vorsorglich für zwei Stunden anberaumt worden sei, um die „Beendigung des Verfahrens“ vornehmen zu können und den Parteien die Erstattung „aller erforderlichen Erklärungen und Anträge“ zu Protokoll zu ermöglichen, ist der Argumentation der Revisionsrekurswerberin zum angeblich überraschenden Vorgehen des Gerichtskommissärs der Boden entzogen. Dass die Revisionsrekurswerberin ungeachtet dieser Mitteilung von einer ausschließlich der Errichtung eines Inventars dienenden Tagsatzung ausging, begründet keine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs.
[3] Die in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[4] 2. Einander widersprechende Erbantrittserklärungen, die das in den §§ 160 ff AußStrG geregelte Verfahren über das Erbrecht auslösen, liegen dann vor, wenn die von den Erbanwärtern geltend gemachten Erbquoten insgesamt mehr als ein Ganzes betragen, somit von vornherein klar ist, dass der Nachlassumfang nicht ausreicht, um allen Erbanwärtern die von ihnen beanspruchte Quote zukommen zu lassen (5 Ob 167/14s Punkt 3.6. mwN). Da beide Töchter Erbantrittserklärungen je zur Hälfte des Nachlasses abgegeben haben, bestand kein Anlass zur amtswegigen (2 Ob 54/18g Punkt 8.1.) Durchführung eines Verfahrens über das Erbrecht. Sowohl Streitigkeiten über den Umfang eines Vermächtnisses (vgl 2 Ob 104/22s Rz 29 mwN) als auch solche über Fragen der Erbteilung (RS0008145) sind grundsätzlich im Streitverfahren auszutragen.
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